Es mag schon das eine oder andere Mal angeklungen sein: ich interessiere mich nicht so brennend für Fotos. Zwar mache ich manchmal welche, die lungern dann aber ein halbes Jahr auf dem Kamerachip herum, bis sie auf eine Festplatte überführt werden, bis in alle Ewigkeit.
Das ist ja total egal und kann jeder halten, wie er will, grundsätzlich, aber wenn man ein Kind hat, wächst der familiäre Druck, in regelmäßigen Abständen Fotos desselben zu liefern. Am geschätztesten sind wohl Abzüge in schönen Klappkarten verschickt, aber nunja, die klappkartenschickende (Schwieger-)tochter, das bin nicht ich. E-Mail-Anhänge sind aber mittlerweile auch akzeptabel. Tatsächlich hatte ich zum Zwecke der familiären Bilderverbreitung ursprünglich ein (passwortgeschütztes) Blog für Mademoiselle angelegt. Jaha, das war mein allererstes, aber auch da war mir das hochladen-klick-hier-klick-da schon zu aufwendig und es schlief ein.
Um die Fotosituation nicht eskalieren zu lassen, gehe ich den folgenden Weg: einmal im Jahr bekommen die Großeltern ein Fotobuch vom Kind. So habe ich erstens den Rest der Zeit Ruhe, und zweitens immer ein schönes Weihnachtsgeschenk.
Dieses Verfahren geht nun in die 9. Runde. In den ersten 3 Jahren war ich enorm angestrengt und das Fotobuch wurde immer deutlich nach dem im Netz angezeigten letzten Abgabetermin für eine Lieferung bis zum 24.12. eingereicht - immer aber pünktlich fertig. In den Jahren 4 - 7 hatte ich mich so weit wieder organisiert, dass mir eine Abgabe exakt am Stichtag möglich war. Und dann im letzten Jahr etwas ganz abgefahrenes: Ich war ein paar Tage zu früh fertig! Das war dann übrigens das erste Jahr, in dem das Fotobuch nicht rechtzeitig in der Filiale lag. Alle Beteiligten entschuldigten sich wortreich, aber das hilft dann ja auch nicht.
Jetzt müssen Sie aber nicht denken, dass ich mich davon beeindrucken lassen würde. Im Gegenteil. Letztes Jahr war ich 2 Tage zu früh fertig, so dass ich dieses Jahr 3 Tage vor Fristablauf abgebe! Ha! Was wird nun geschehen? Kommt das Buch dann noch später als letztes Jahr? Oder wird das Fotolabor implodieren? Man weiß es noch nicht. Ich bin aber sehr gespannt.
Die Sache mit den Weihnachtsgeschenken läuft außerordentlich gut dieses Jahr. Ich besaß nämlich die unglaubliche Weitsicht, als allererstes - schon im August oder so - für meinen Vater einen Koffer einzukaufen. Also online natürlich, Lieferung ins Büro.
Im Januar schon sprachen Schwester N. und ich bereits mit den Eltern über einen Koffer. Das Thema kam auf, weil Mama N. Geburstag hatte und einen Koffer erhalten sollte - einen Rollkoffer mit vier Rollen, der Bequemlichkeit wegen. Papa N. war dagegen. Sie hätten schon Koffer, vielen Dank, und sowieso wäre es besser, zu Hause zu bleiben. Reisen sei unbequem. Drei Kinder versuchten, dagegen anzureden und zu preisen, in welch unermessliche Höhen ein Rollkoffer den Reisekomfort steigern würde. Vergeblich. Papa N. hat nämlich schon einen Rollkoffer, so einen aus den 80er Jahren, also ein normaler länglicher Koffer mit so einem ausfahrbaren Metallriegel an der Seite, mit dem man den Koffer anheben und dann auf zwei an der langen, schmalen Seite befestigten Rollen balancieren kann. Wir wissen alle: die Kofferentwicklung hat seitdem Fortschritte gemacht. Papa N. aber wollte das nicht wissen.
Nun kann Papa N. aber natürlich nicht bestimmen, was wir Mama N. zum Geburtstag schenken - daher bekam sie den Koffer. Wenig später verreisten beide, kamen mit vielen Bildern zurück und auf jedem Bild steht Papa N. da mit dem roten, vierrädrigen Rollkoffer von Mama N., in eleganter Pose vor internationalen Sehenswürdigkeiten, während Mama N. sich mit dem Unterbettkommodentrumm im Hintergrund schweißüberströmt an Bordsteinen abmüht.
Wir teilten Papa N. also im Frühsommer schon die Tatsache mit, dass er einen eigenen neuen Koffer zu Weihnachten erhalten würde. Zunächst verhielt er sich unnatürlich ruhig, um nur ein paar Wochen später völlige Amnesie in der Kofferangelegenheit vorzutäuschen und telefonisch anzuregen, dass die Erwachsenen sich einfach gar nichts mehr schenken sollten. Oder jedenfalls ihm nicht. Oder den Eltern nicht. Wir Kinder waren nicht einverstanden, besonders meine Schwester nicht, die meist schon auf Jahre im Voraus Geschenke organisiert. Aber nicht nur deshalb: bei uns wird Weihnachten zelebriert. Natürlich gibt es Geschenke!
Die Sache ging also hin und her, statt "Bis bald, und pass auf dich auf." sagte Papa N. bis in den Herbst hinein nur noch "Bis bald, und kauf keinen Koffer!" Und beim Plätzchenbacken verlor ich dann die Nerven und versuchte den Befreiungsschlag, in dem ich sagte: "Ich kaufe auch keinen. Ich hab ihn schon!"
Papa N. fand das schlecht. So schlecht dass er zum Killerargument ausholte: "Ihr könnt ja machen, was ihr wollt, aber ich sag euch: Das lohnt nicht mehr. Ich lebe nicht mehr so lang, dass sich ein neuer Koffer noch lohnt!" Worauf meine Schwester, Expertin für Mediation und Streitschlichtung, gelassen antwortete: "Das macht nichts. Frau N. möchte ihn dann erben. Das haben wir alles schon besprochen."
Erstaunlicherweise hat Papa N. seither seinen Frieden mit der Kofferangelegenheit gemacht. Man unterschätze nie die Experten.
Das alles aber nur als kurze Vorbemerkung. Eigentlich wollte ich berichten, wie überaus geschickt es von mir war, diesen Koffer schon im August in mein Büro liefern zu lassen. Seit einigen Wochen nämlich trudeln nun die weiteren Geschenke, besonders die fürs Kind ein. Und ich stecke einfach alles in den Koffer, den ich am am 20.12. elegant auf vier Rollen aus dem Büro und in die Nachbarstadt überführen werde.
Chrchr.
Neues Hobby:
Wenn ich richtig erkältet bin, liege ich möglichst viel mit geschlossenen Augen unter warmen Decken herum, trinke viel und unternehme zwischendurch längere, aber sehr ruhig gehaltene Ausflüge an die frische Luft und wenn ich davon genug habe, nehme ich viele Medikamente und tue so, als wäre ich gesund.
Wenn Herr N. erkältet ist seufzt und jammert er sehr viel und liegt ebenfalls möglichst viel herum, jedoch so, wie ihn die Erkätung gerade getroffen hat - das mag auch mal ohne Decke, Socken und nur im T-Shirt sein. Dann klagt er, dass er friert, dass er Kopfschmerzen hat oder Halsschmerzen und wartet geduldig ohne jegliche Beeinflussung der Situation, bis es besser wird. Also unter der Woche. Am Wochenende vergisst er seine Erkrankung und geht aus, um sich am Sonntagabend doppelt krank wieder am Anfang der Schleife einzufinden.
Wenn Mademoiselle richtig erkältet ist, verbringt sie Intervalle von etwa 45 Minuten mit weit aufgerissenen glasigen Augen reglos auf der Couch, springt dann auf und turnt an einer Reckstange/vollführt Bodenübungen/verwendet den Badewannenrand als Schwebebalken/macht mit den Katzen wilde Wettrennen durch die Wohnung, entwickelt dann plötzliche SEHR STARKE Schmerzen, bricht quasi auf der Stelle zusammen und lässt sich zur Couch zurücktragen, sitzt dann dort wieder reglos mit glasigen Augen und reagiert nach etwa einer halben Stunde auf die mehrmalige Aufforderung, doch einfach ins Bett zu gehen, indem sie sich auf den Boden fallen lässt und zum Bett liegestützhopst (diese Fortbewegungsart war mir bis heute auch fremd - man geht in den Liegestütz, hüpft dann mit allen Armen und Beinen gleichzeitig hoch und ein Stück nach vorn, landet wieder im Liegestütz und so weiter), dort vom Boden aufspringt und versucht, auf das immerhin ca. 1,30m-hohe Hochbett ohne Verwendung der Leiter oder sonstiger Hilfsmittel allein durch Sprungkraft vom Boden aus zu springen. Nach unzähligen Anläufen inklusive Abprallen an der Bettkante ist es geschafft, dann liegt sie im Bett und klagt: "Mein ganzer Körper tut mir weh!"
Da sieht man mal, wie unterschiedlich die Leute sind.
Das größte Ereignis an diesem Wochende war, dass mir der Jackenkauf geglückt ist. Genau gesagt, der Kauf einer Jacke und eines Mantels.
Der Mantel ist ein Duffel Coat, schwarz und innen petrol-schwarz-kariert, ein minibisschen zu weit, aber kleiner gab es nicht mehr und wer weiß, was man im tiefsten Winter da noch alles drunter tragen will. Die Jacke ist okaaaaaaay, also eine relativ unauffällige schwarze Jacke ohne Ringe und ohne Rettungskragen, dafür mit etwas Fell und diversten Taschen, mehr kann man in dieser Saison nicht erwarten. Etwas dicker könnte die Jacke noch sein dachte ich nach abendlichem Probetragen. Einen Outdoortrip durch die Nordwestpassage würde ich damit vermutlich nicht überstehen. Hatte ich aber ja auch gar nicht geplant, insofern ist das okay. Und falls das wider Erwarten doch in diesem Winter nötig sein sollte, kannn ich vielleicht die Jacke unter dem Duffelcoat tragen.
Unter dem Duffel Coat tragen könnte ich auch die wunderbare hellblaue Strickjacke mit weißem Teddyfutter, die zufällig noch den Weg in meinen Rucksack fand. Kurz darauf sah ich eine Frau mit ähnlicher Strickjacke, die darüber eine schwarze Daunenweste (ohne Ringe!) trug. Daunenwesten hatte ich mental bislang in der Nähe von "Reihenhaus", "Evangelischer Kirchentag", "Sprühsahne" abgelegt. Vielleicht muss ich da umdenken.
Letzte Nacht wurde ich 7 Mal geweckt. Dreimal von zwei Kindern (Nase verstopft, Bauchweh, Angst im Dunkeln), zweimal von den Katzen (Kater: Bällchen ins Bett getragen und wild gesucht; Katze: Kuschelanfall mit dem Versuch, in mein Pyjamahosenbein zu kriechen), zweimal von Herrn N. (einmal scheppernd etwas in der Küche fallen gelassen, einmal sich schwungvoll aufs Bett geworfen, aber genau dahin, wo ich schon lag). Das verteilt auf eine "Schlaf"zeit von Mitternacht bis 7:20 Uhr.
Ich bin unzufrieden. Und müde. Gute Nacht.
Ich brauche eine neue Jacke.
Natürlich habe ich schon ein paar Jacken, die aber leider aktuell nicht die notwendigen Punktzahlen in den Grunderfordernissen aufweisen. Jeder normale Mensch hat ja ein Bewertungssystem für Ober-Überbekleidung.
Nur für den (sehr unwahrscheinlichen) Fall, dass Ihres noch nicht vollkommen optimiert sein sollte, stelle ich Ihnen ganz kurz das meinige sehr bewährte dar: es gibt die Kategorien "Aussehen an Bügel", "Aussehen an Person" (kann durchaus signifikant von "Aussehen an Bügel" abweichen!), "Bequemlichkeit" (besonders wichtig ist, dass man die Arme hochreißen kann, ohne dass die gesamte Garderobe nachhaltig in Unordnung gerät - sie darf verrutschen, muss aber wiederzurückrutschen, darf sich keinesfalls knüllen oder rollen. Und jetzt denken Sie nicht, dass dazu die Jacke einfach möglichst groß sein muss, das ist natürlich nicht richtig, zu große Jacken sind unbequem, weil man sich fühlt, als trüge man seine Bettdecke spazieren) und "praktisch" (z.B. einfach zu reinigen, gute Taschen, geringe Faltenneigung, viele Kombinationsmöglichkeiten).
Es gibt in jeder Kategorie Punkte von 1 bis 10, wobei "Bequemlichkeit" und "Aussehen an Person" kritische Faktoren sind - bei Werten unter 6 scheidet eine Jacke hier sofort aus.
Ich besitzte derzeit 7 Jacken, davon 4 für die aktuelle Jahreszeit nicht geeignet: eine Jeansjacke (6-8-9-10), eine petrolfarbene Kunstlederjacke (9-9-6-7), einen schwarzen Trenchcoat (7-9-10-7), eine schwarze Fleecejacke (5-7-10-8).
Dann eine Softshelljacke, genannt "die Familienjacke", denn jede weibliche Person in meiner Familie hat sie, was nicht daran liegt, dass diese Jacke so toll wäre, sondern daran, dass meine Mutter sie un-be-dingt haben wollte, aber nicht nur immer die falsche Größe bestellte, sondern auch immer vergaß, die falschen Größen Retour zu schicken. Deshalb haben neben meiner Mutter auch meine beiden Schwestern, meine Tante und ich diese Jacke, die aber leider in "Bequemlichkeit" nur eine 6 erbringt, denn zum einen verschiebt sich Kleidung unter ihr, zum zweiten weist sie zwar nach außen prima Wasser ab, nach innen aber auch, brrrr. Die Familienjacke also mit 7-7-6-6.
Weiter einen Mantel, den ich schon seit 5 Jahren trage und jedes Jahr zweimal reinigen lasse (Reinigung gleich für den Abzug bei "praktisch" vormerken) - leider sind die Ärmel vom Mantel jedes Jahr nach der Reinigung etwas kürzer; dieses Jahr sind sie unangenehm kurz. Außerdem weist der Mantel eigentlich nur zwei kleine seitliche Taschen auf, die sich über die Jahre jedoch zu einer sehr, sehr großen Tasche verbunden haben, nämlich über den Rücken sozusagen, oder auch: das gesamte Mantelinnere ist nun Tasche. Was zwar sehr praktisch ist, doch bringt es Abzüge in der Attraktivität, wenn links im Saum der Schlüssel hängt, rechts das Handy und die Geldbörse auf dem Rücken. Außerdem habe ich mich etwas am Mantel sattgesehen, der Mantel hat also nur noch 7-6-4-5 und muss leider weg.
Und dann gibt es noch eine Art Wollparka mit Fischgrätmuster, den ich in einer anderen Lebensphase erworben haben muss. Er ist zwar sehr praktisch und ziemlich bequem, optisch jedoch kann man es am besten so erklären, dass ein Freund von mir, der bei den Zeugen Jehovas ist, eine zum Verwechseln ähnliche Jacke hat - es ist also die Art Jacke, mit der man sich in Fußgängerzonen stellt und den Wachturm hochhält und ich finde, das passt - zumindest aktuelle - nicht zu mir. 3-3-8-9 für den Wollparka.
Ich möchte also eine Jacke kaufen, eigentlich eine Jacke und einen Mantel. Am liebsten mit Fell (unecht), Fell steht mir nämlich erstaunlich gut. Mir stehen die merkwürdigsten Sachen, regelmäßig ist es in meiner Familie so, dass jemand ein eigenartiges Kleidungsstück oder Accessoire geschenkt bekommt und das Gespräch am Tisch etwa so abläuft: Schwester A: "Was ist das denn Merkwürdiges?" - Schwester B: "Sieht nach Puff aus" - Mama N. "Sowas zieht doch kein Mensch an!" - Alle zusammen, zu mir: "DIR könnte das stehen!!".
Und so ist es dann. Sachen mit Fell und Plüsch, Sachen mit Wildtiermuster, Federboas - ich kann sowas tragen. Hemdchen mit aufgesetzten Taschen vorn, in denen Frau Herzbruch wie ein entlaufener Gartenzwerg aussieht - an mir total schick. Es ist wohl so: andere Leute erfinden Raketenantrieb oder haben das absolute Gehör oder flüstern mit Pferden, ich kann dafür eine Netzstrumpfhose im Büro tragen, ohne dass das jemanden veranlasst, mit der Wimper zu zucken. Was bei mir hingegen gar nicht geht, ist weiß - ganz häufig wirde ja gesagt, weiß mache frisch und rein, aber ich sehe dann aus wie ein alkoholabhängiger Rauschgoldengel.
Ich schweife ab. Was ich nicht so gern möchte, ist eine Jacke mit Ringen, diese klassischen Michelin-Daunenringe, Sie wissen schon. Auch ungern möchte ich - das scheint dieses Jahr modern geworden zu sein - eine Jacke, die aussieht, als hätte sie ein in den Kragen eingebautes aufgeblasenes Reiseschlafkissen.
Zwei Jacken habe ich bereits bestellt - eine ein Parka, sehr schlicht, so schlicht, dass er leider wirkt, als habe man sich einen Mumienschlafsack übergestülpt und unten abgeschnitten. 3-2-7-8 für den Parka, damit raus. Und dann ein schwarz-petrolfarbenes Dufflecoat, leider sehr, sehr, sehr schwer und in den Schulter zu weit doch an den Ärmeln zu kurz: 10-7-3-4, auch raus. Morgen gehen die Pakete zurück, ich bin ja nicht meine Mutter. Vielleicht schaue ich auf dem Rückweg dann mal in eine Kaufhaus vorbei.
Zwei Kinder schlafen hier in dieser Wohnung unter einem Apfel- und einem Feigenbaum. Eigentlich gehören diese Bäume ja auf den Balkon und das eine Kind gehört zu anderen Eltern, aber Sie wissen ja: es ist Sturm.
Nicht, dass hier bisher sonderlich viel Sturm wäre. Es wäre auch keinesfalls notwendig gewesen, die Bäume vom Balkon hineinzuwuchten, aber die Kinder konnten nicht schlafen, weil sie sich um die Bäume sorgten. Und dass Kinder nicht einschlafen abends will ja nun wirklich kein Mensch. Also sind die jetzt drin, die Bäume, ins Matratzenlager integriert, mehr kann man nicht tun.
Es ist auch natürlich auch nicht so viel Sturm, dass das Gastkind nicht nach Hause gekonnt hätte, aber es wohnt etwas weiter weg und die Eltern sorgten sich, dass es morgen sonst wegen dem Sturm eventuell auf dem Schulweg gefährdet wäre, also fragten sie, ob es hier schlafen könne. Natürlich kann es das. Niemand erinnerte mich aber daran, dass heute Nacht der Nikolaus kommt, das ist das einzige, was ich in diesem Zuammenhang negativ bemerken möchte. Zwar hatte ich für den Nikolaus vorgesorgt, aber für Mademoiselle nur eine kleine Süßigkeit im Kopf gehabt, sie hat ja teilweise einen recht exklusiven Geschmack. Es handelte sich dabei um einen Dreierpack Mozartkugeln. Dass man die nicht auf 2 Kinder aufteilen kann, ist wohl jedem einsichtig. Man möchte nicht absurd wirken. Zusätzlich ist das Gastkind meines Wissens kein Mozartkugelfan sondern mag eher die gängigeren Kindersüßigkeiten und erwartet in jedem Fall einen Schokonikolaus, was mir die Eltern freundlicherweise mitteilten. Ich ging also heute Morgen - vor der Arbeit noch - einkaufen und wurde mitgerissen, so dass ich die Beute dann auch noch wieder nach Hause schleppen musste. Sie hätte zwar (natürlich!) noch in den großen Rucksack gepasst, allerdings waren wir nach der Schule auf dem Weihnachtsmarkt verabredet und ich sah den großen Rucksack mit 1x Bürosachen, 2x Schwimmsachen und 1x Übernachtungssachen schon recht gefordert, zumal Schokonikoläuse auch meist nicht so robust sind. Und ich gehe davon aus, das Gastkind erwartet einen unversehrten Nikolaus, auch wenn die Eltern das nicht speziell dazugesagt haben.
Wie dem auch sei, die Kinder haben diverse Schuhe des Haushaltes geputzt und rausgestellt mit einer Kerze, ich habe die Kerze schon ausgepustet (Angst, das das Haus abbrennt) und werde gleich die Schuhe alle reinholen (Angst, dass die Schuhe geklaut werden), werde morgen früh dann heimlich die Schuhe wieder rausstellen, die Kerze wieder anzünden und großflächig eine völlig irrwitzige Menge Süßigkeiten streuen und das ganze argwöhnisch bewachen (Angst, die Süßigkeiten könnten geklaut werden).
Nikolaus. Schönes Fest.
Bis auf die Krippe - ich berichtete neulich davon - ist hier noch nichts weihnachtlich, weil mir nämlich nicht danach ist. Normalerweise verfalle ich jedes Jahr umgehend nach meinem Geburstag in eine Art Vorweihnachtsrausch installiere in der gesamten Wohnung Besinnlichkeitsutensilien. Dieses Jahr fiel ich aber, nachdem wir drei Tage durchgefeiert haben, in eine Art Wachkoma, aus dem ich vermutlich nur durch den mehrwöchigen Aufenthalt in komplett reizarmer Umgebung wieder zurückkehren werde.
Nur ganz kurz heute zwischendurch dachte ich heute, ich könnte doch wenigstens die großen Nikolaustassen, aus denen der Kaffee besonders gut schmeckt weil eben so besonders viel hineinpasst, aus dem Keller holen. Und vielleicht die eine oder andere Lichterkette. Um mich in die geeignete Stimmung zu versetzen, wies ich die Kinder an weihnachtlich zu singen und sortierte die Schafe in der Krippe, die die Katzen teils umgeworfen teils verschleppt hatten. Dazu schaltete ich das darin befindliche Licht ein, das angenehm schummrig auf Ochs und Esel leuchtete. Ja, ich geriet in Weihnachtsstimmung.
Papa N. hatte ja die Krippe kernsaniert. Im letzten Jahr noch war ein selbstgedrehtes Büschel aus Lichterkettenbirnchen irgendwie zu einem Sternartigen Gebilde geformt gewesen und hatte im Dachboden der Krippe gehangen. Durch Probleme mit der Elektrik musste diese Vorrichtung ausgetauscht werden und wie man weiß gibt es jetzt gar keine Glühbirnchen mehr. Die neue Krippenbeleuchtung ist also - und ich habe wirklich keine Ahnung, was Papa N. sich dabei gedacht hat - eine veritable Energiesparbirne. Die tatsächlich erst heimelig leuchtete, während ich sinnierend vor der Krippe saß aber immer heller wurde und schließlich wie ein Suchscheinwerfer das Wohnzimmer bestrahlte. 100 Watt? 500? 1000? Die hellste Krippe in ganz Deutschland, die habe ich. Weil in der Herberge kein Platz für sie war, nächtigen Maria und Josef bei mir unter einer Lichtdusche.
Sie müssen wissen: was Licht angeht, bin ich schwierig, ich bin sehr blendempfindlich und bekomme dann schnell mal richtig fiese Kopfschmerzen. Insofern schaltet ich die Krippenbeleuchtung sofort wieder aus - ganz Hessen atmete erleichtert auf, weil allen anderen Haushalten nun wieder ausreichend Strom zur Verfügung stand - und zog mich auf die Couch zurück.
Die Besinnlichkeit wird noch warten müssen.
Seit einigen Wochen habe ich einen Rucksack, und dieser Rucksack hat - ich sage es ohne jegliche Übertreibung - meine Lebensqualität um mindestens 1000 Prozent gesteigert.
Sie müssen wissen: ich habe immer viel Gepäck. Das liegt nicht an mir, sondern an der Struktur meines Alltags. Ich verlasse gegen 7:30 Uhr das Haus und kehre gegen 18:00 Uhr zurück, dazwischen liegen aber mehrere Stationen. Wäre ich Autofahrer, läge also immer diverser Krempel im Kofferraum. Ich bin aber ja Bahn- und Radfahrer, und so transportierte ich meine Handtasche, einen Beutel mit Zeugs, das nicht in die Handtasche passte (Bücher, Brötchen und so), Turnsachen, Schwimmsachen, Musikschulsachen, ein Strickjäckchen (wenn man in Büroklamotten in Turnhallen sitzt, ist es im Winter recht frisch), Schals/Handschuhe/Mützen (wenn man im Winter mit all dem in der Bahn sitzt, ist es zu warm), Bücher, die in die Bücherei müssen oder gerade von dort kommen, Päckchen von/für die Post, irgendwas Ausgeliehenes, irgendwelche Einkäufe und Ähnliches eben zwischen 7:30 Uhr und 18:00 Uhr mit mir herum. Immerhin sind Mademoiselle und ich zur Zeit beide nicht in einem Alter, in dem wir auch noch komplette Wechselwäsche benötigen. Sie können sich nicht vorstellen, wie froh mich das macht.
Neulich stieg ich irgendwann mal in die Bahn und war außerordentlich angestrengt. Ich wusste nicht warum und überlegte, wie es kommt, dass ich so unglaublich angestrengt bin, obwohl ich doch eigentlich noch gar nichts gemacht habe und gerade nur Bahn fahre. Und dann fiel es mir ein: weil ich ständig mit zig Taschen und Beuteln unterwegs bin und meine sämtliche geistigen Kapazitäten schon damit ausgelastet sind, darauf zu achten, dass ich nichts irgenwo liegenlasse. Und dann fiel mir auch die Lösung dazu ein: ich brauchte eine andere Art von Tasche. Eine große, die mir aber die Hände freilässt (für den Kaffee).
Sofort stieg ich aus der Bahn aus und ging in den nächstgelegenen Taschenladen. "Sehen Sie hier so laufe ich herum mit all dem Zeug", sagte ich. "Ich brauche eine Tasche, in die das alles hineinkann und die zu mir und meinem Kleidungsstil passt." Die Verkäuferin führte mich zu einem Ständer mit unattraktiven Laptoprucksäcken; ich verließ beleidigt den Einzelhandel und recherchierte im Internet. Drei Stunden später bestellte ich, einen Tag später kam die Lieferung, seitdem bin ich ein rundum glücklicher Mensch.
Heute allerdings wagte jemand, meinen heiligen Gral zu kritisieren. Ich gebe zu: der Rucksack ist groß. Weshalb ich ihn in Geschäften und in der Bahn immer absetze und in der Hand trage. Heute meinte aber ein Mann, auf offener Straße nicht an mir vorbeizukommen, genau gesagt stand ich an der Ampel und er rannte von hinten in mich hinein.
Mann: "Ihre Tasche ist voll gefährlich!"
Frau N: "Wieso das denn?"
Mann: "Da kann man sich die Augen dran ausstechen!"
Frau N: "Das ist extra so, weil ich es nicht mag, wenn mir Leute von hinten so nah kommen."
Mann: "Das ist ja eine Unverschämtheit! Da kann man sich verletzen!"
Frau N: "Ja. Halten Sie Abstand!"
Mann: "Sie müssen sich eine normale Tasche kaufen!"
Frau N: "Ach so ein Unsinn, ziehen Sie doch einfach in eine andere Stadt, dann begegnen Sie meiner Tasche nicht mehr."
Mann: "Die Tasche kommt jetzt weg!" (zerrt an der Tasche)
Frau N. (brüllt dem Mann ins Ohr): "HEY!!!!"
Mann (sich das Ohr haltend): "Aua! Sind Sie verrückt?!"
Frau N. (weiter brüllend): "JA!! TOTAL VERRÜCKT!!!"
Mann (schnell weggehend): "Das gibt es ja gar nicht... völlig hysterisch!"
Ts. Meine neue Tasche austauschen. Auf so einen Gedanken können nur richtig Irre kommen.