Heute morgen in der überfüllten S-Bahn steuerte ich den letzten freien Platz im Waggon, vermutlich sogar in der gesamten Bahn an, wobei der Platz nicht ganz frei war - eine Tasche saß darauf. Wie ich aber schon einmal erklärt hatte, ist das ja gar kein Problem.
Frau N: Darf ich, bitte?
Taschenbesitzer: *murmelgrummelmurmel* (nimmt die Tasche auf den Schoß)
Frau N: Danke
Frau gegenüber vom Taschenbesitzter: (guckt böse)
Frau N: (guckt erstaunt)
Frau gegenüber: (guckt weg)
Frau N: (guckt aus dem Fenster. guckt sich um)
Frau gegenüber: (guckt sehr böse)
Frau N: (runzelt die Stirn)
Frau gegenüber: Dass Sie jetzt da sitzen mussten!
Frau N: Woanders war nichts frei.
Frau gegenüber: Da war auch nicht frei, der Herr hatte eine Tasche dort!
Frau N: Die Tasche sitzt jetzt auf seinem Schoß. Alles ist gut.
Frau gegenüber: Sie hätten sich woanders hinsetzen können.
Frau N: Ja. Wenn Sie sich auf den Schoß von dem Herrn setzen, kann ich auf Ihren Platz und die Tasche wieder hier hin. Wollen wir?
Frau gegenüber: (guckt extrem böse)
Herr: (wird unruhig)
Frau gegenüber: Das ist unmögliches Benehmen!
Frau N: (zuckt mit den Schultern)
Frau gegenüber: Der Herr hatte seine Tasche da stehen!
Frau N: Ja. Aber an dem Punkt waren wir schon. Es tut mir leid, ich möchte jetzt Musik hören und stehe für Konversation nicht mehr zur Verfügung.
Frau gegenüber: (guckt mörderisch)
Frau N: (macht Musik an und die Augen zu)
"Alle irre" ist noch viel zu schwach ausgedrückt...
Heute vor zig Jahren:
Mein Cousine kommt zu Besuch. Abends bei Pe, um 21 Uhr mit dem Hund gehen danach labern.
Früher ist mir schon öfters das Stockwerk-Phänomen aufgefallen. Ich wohnte immer im 3. Stock, 64 Stufen. 64 Stufen konnte ich in jedem Zustand locker und ohne zu schnaufen gehen. 65 nicht. Ächz!! Später wohnte Herr N. dann auf Stufe 84. Ich konnte bald gut 84 Stufen gehen. 85? Ächz!
Darauf komme ich, weil ich heute die Fahrradfahrsaison zum Büro eingeläutet habe. Ich fahre das ganze Jahr über Rad, aber nicht immer bis komplett zum Büro, das liegt an den roten Schotterwegen, die mich dort in der regnerischen Jahreszeit gesprenkelt ankommen lassen. Trotzdem: ich fahre jeden Werktag Rad, jeden einzelnen bei jedem Wetter. So ca. 4 km. Und heute, nach dem kompletten Weg ins Büro, tut mir der Hintern weh?? Ich fasse es nicht. Das ist das Treppenphänomen!
Treppen kann ich mittlerweile übrigens fast unendlich steigen. Was daran liegt, dass ich im Büro so häufig zur mentalen Abkühlung Treppen steige, und es gibt dort ja wirklich reichlich davon.
Heute vor zig Jahren:
Um 8:30 Uhr stehe ich zum Ostereiersuchen auf. Nachher schlafe ich noch einmal bis 12. dann jobbe ich. Um 18 Uhr gehe ich zu Pe, um 20 Uhr kommen Kuli, Schmidt und Andi. Um 21 Uhr geht Schmidt "mal kurz", kommt aber nicht wieder. die anderen beiden kaufen usn die Hälfte vom Dope ab und wir rauchen dann. Danach wollen Pe und ich unsere Ruhe und sagen deshalb nichts mehr. Um 1:30 Uhr gehen die beiden dann und wir machen uns erstmal Spaghetti. Um 3 Uhr schlafen wir.
Seit einer Woche erzählt mir meine Mutter, dass wir für die Kirche am Kommionssonntag Eintrittskarten brauchen würden. Natürlich habe ich das geflissentlich ignoriert. Eintrittskarten, in der Kirche. Hihi. Am Samstagabend habe ich auch noch spottend davon erzählt. Alle in der Runde waren sich einig, dass man keine Eintrittskarten benötigen würde.
Heute Morgen dann: Haben Sie Karten?!
Dann noch ein Pastor, der sich erdreistete, die Messe in Düsseldorf mit deutlichem Kölsch-Einschlag zu verlesen. Und ein Drache von einer Ordnerin (also: in der Kirche), die ein Kind, das zum Gesang im Takt mit dem Fuß tippte, zurechwies und sich einen älteren Herrn, der mit seiner Frau Sitzplatz-Enkelkinder-Koordinationsfragen flüsternd klärte, nicht zurechtzuweisen traute, denn er hatte eine rote Eintrittskarte (es gab verschiedene Farben, Rot war am besten).
Einen kurzen Augenblick waren wir irritiert, als die Ordnerdrachin sich kurz vor dem Abendmahl kniend mitten im Gang zu Boden warf. Einen Augenblick länger waren wir irritiert, als Mademoiselle am anderen Ende der Kirche am Abendmahl teilnahm. Besonders verwirrend war dann noch, dass die Ordnerdrachin kurz vor dem Auszug der Kommionkinder Pe am Ärmel fasste und in die Sakristei verschleppte. Und dann sagte der Pastor, für uns sehr unvermittelt: "Bei uns ist die Stimmung ja immer besser als die Leistung."
Dann war auch alles schon vorbei.
Heute vor zig Jahren:
Um 16 Uhr treffen wir uns an der Telefonzelle, in die wir, wegen einer Baustelle einbrechen müssen. Von da rufen wir den Kuli an und bestellen ihn zu der Fete vom Huhn. Dann gehen wir zu Pe und hängen Fotos auf. Wir holen Anja ab und gehen dann zur Huhnfete. Das Huhn selbst treffen wir schon an der Ecke. Es sind ziemlich viele Punks da und nach einiger Zeit sind wir ziemlich breit. Wir lernen massig Leute kennen, einige kennen wir auch schon. Einer heißt Schüppe und irgendwann gehen wir mit Schüppe einen Kasten Bier holen. Um 3:30 Uhr gehen wir nach Hause.
Wenn Sie heute nicht mehr von mir hören, gibt es exakt zwei Möglichkeiten:
Vielleicht habe ich Frau Herzbruch die ganzen Jahre falsch eingeschätzt. Sie hat nie hier gearbeitet, brauchte nie wirklich ein Zimmer sondern hat nur darauf hingearbeitet, uns in Sicherheit zu wiegen um dann, nach etwa drei Jahren, ein Treffen mit Psychopathen aus dem Internet zu arrangieren und einen heimtückischen Mord zu begehen. Sie finden mich dann also entweder im Salzsäurebad oder zerhackt im Eisfach.
Sollte dies nicht der Fall sein, war es wohl einfach ein rosa Freixenet mit O-Saft zu viel.
Heute vor zig Jahren:
Nichts besonderes. Ich mache mit Papa Marzipan und färbe mit meiner Schwester Ostereier.
Esma ist die weltbeste Augenbrauenzupferin des Jahrtausends:
Esma: "Was machen wir denn heute mit Dir, Augenbrauen abrasieren und Wimpern auszupfen, wie immer?"
Frau N. "Ja, und nicht vergessen alle Haare ab."
Esma nimmt große Schere und hält Haarsträhne hoch. Blicke treffen sich im Spiegel. Ich weiß, eines Tages wird sie es tun.
Esma nimmt den Faden in den Mund:
"Ist jetzt endlich wärmer vorher hatten alle sooooone Laune, weißte, da kommt meine Cousine und sagt, komm wir gehen erst zu Douglas und ich flipp voll aus, ey wir wollten ganz woanders hin, dabei liegt Douglas auf dem Weg, aber ich flipp so aus, ist alles das miese Wetter, die miese Stimmung, auch die Leute hier im Laden. Und die Lehrerin in der Schule auch, ich hatte heute 5 Stunden dieselbe Lehrerin, gut, es sind 17 Lernfelder aber immer dieselbe Lehrerin und in der ersten und zweiten Stunde Sport - ok Oberlippe machen wir heute nicht, du warst voll erkältet das seh ich, die Haut ist ausgetrocknet, das ist zu viel Schmerz und bei dir sieht man das sowieso nicht - also was soll ich mit Sport im Beruf, ey gut, hier sind manchmal Männer die finden Fußball gut, aber weißte in Sport haben wir heute Völkerball gespielt, in der Zeit hätte ich so viel lernen können, ich mein, ich muss nichts lernen, das kommt mir alles so, weil ich schon 8 Jahre hier im Salon bin und jetzt sagt der Chef, ich soll Ausbildung machen, 8 Jahre ey, da weiß man das halt, Fachabitur ist mir viel schwerer gefallen, da musste ich Sachen lernen! Und Realschule vorher war voll schwer und dann wollte ich nach München gehn und was mit Kunst machen aber die Familie, weißt Du, ich hab mir schon gedacht dass die stressen aber ich dachte okeeee, die flippen aus, aber das regelt sich, ist ein bisschen Streit und dann alles und so weiter aber die sind voll ausgeflippt - ich mach die Augenbraue hier was schmaler in der anderen hast du da ne Unebenheit dann fällt das nicht auf - ich mein, meine Mutter, die ist voll altertümlich, die ist auch schon fast 45, also hab ich gesagt okay mach ich was mit Sozialpädagogik hier an der Uni aber die haben voll die Zugangskontrolle..."
Frau N: "Zulassungsbeschränkung..."
Esma: "Jetzt mach ich da Lehre und dann mit Meister kann ich auch studieren aber hey, Völkerball? Weil meine Mutter voll nicht klargekommen ist mit München und dann hat sich mein Bruder eingemischt, weißt ja wie das bei uns ist, ne - also das ist extrem hier mit deinen Augenbrauen, man sieht da nix wenn man normal guckt aber wenn man so nah ist wie ich, also so, guck mal..."
Frau N: *öffnet Auge und sieht ein Esma-Auge 0,5 cm vor sich* "Wahhh!"
Esma: "Dann ist das echt wie, wie Mammut. Also von den Haaren her an den Augenbrauen. Man sieht nix, die sind so hell, aber wie ein Mammut und so hell, wie heißt das...
Frau N: "Albino?"
Esma: "Das ist bei euch mit den ganz blonden Haaren so, man sieht da von weitem nix, sieht aus, als hättet ihr gar keine Haare und dann von ganz nah: Mammut."
Frau N: "Wolln wir über Völkerball zu reden?"
Esma: "Bei uns ist das ja anders, da haben die Frauen alle voll Bart, muss man alle 3 Wochen wegmachen, das sieht man sofort, da rennt dir der Mann weg, bei dir, da kannste ein Jahr mit rumlaufen, deshalb kommst du auch nicht so oft und dann tuts weh, wär auch besser wenn du Mascara nimmst, du hast voll lange Wimpern aber die sieht man gar nicht, die sind auch hell.
Frau N: "Ich nehme doch Mascara!"
Esma: "Achso, das hast du alles weggeheult, das ist auch anders bei uns, da heulen die Frauen nicht, da schreien die. Du schreist nicht aber du heulst, ich kann dir auch mal Intimwaxing machen, dann schreist du auch.
Frau N. "Nein, danke!!"
Esma: "Haste Angst, was?"
Frau N: "Ja!"
Esma: "Aber nimm mal Mascara, nimm mal wasserfeste Mascara, dann sieht man auch deine Wimpern, ich kann halt auch Intimwaxing, ich kann ja alles, das hab ich alles in Ägypten damals gemacht, ey ich hab bei der Meisterin der arabischen Welt gelernt dort, jahrelang, deshalb kommen hier jetzt auch immer alle zu mir, immer Esma, Esma, Esma und ich kann kaum mal ne Rauchpause machen, melde dich doch nächstes Mal per SMS an lieber, ey in Ägypten da haben kam dann sooooooo ne Limousine und der Typ hat seine Frau da reingebracht und alles gezahlt, da hab ich alles gelernt, ich mein, bei uns können das sowieso alle, das mit dem Faden, aber ich hab das bei der Meisterin der arabischen Welt gelernt..."
Frau N: "Du warst in Ägypten? Wann war denn das?!" (Anmerkung: ich würde Esma auf höchstens Mitte 20 schätzen)
Esma: "Ja, klar, Ägypten, da lief das dann alles auf Englisch, ne. Also und die ganzen Reichen da in Dubai dann auf Englisch."
Frau N: "Wie jetzt, Dubai oder Ägypten?"
Esma: "Ja, genau, auf Englisch alles, da kam keiner nur mal für Augenbrauen, da haben wir Sachen über den ganzen Tag gemacht, alles gemacht und dann hinterher wieder Schleier drüber und alles, Burka sagt ihr, ne, soll halt nur der sehen, der es bezahlt hat..."
Frau N: "Und wann war das?"
Esma: "Vorher. Ey ich hab jetzt Politik in der Schule, echt, auch Politik, soll ich mit den Leuten hier über Politik reden? Soll ich sagen, ey, für wen bist Du..."
Frau N: "Wen wählst Du..."
Esma: "Wir machen doch Oberlippe jetzt..."
Frau N: "Autsch!"
Esma: "Pscht *klackt mit der Zunge* weißte du korrigierst mein Deutsch ich korrigier Dein Gesicht, wir können über Politik reden oder über Völkerball, aber die Leute wollen ja immer über sich reden. Ist immer so, ich hab nie Probleme, mit den Leuten was zu reden, das ist für mich ganz natürlich. Mathe hab ich auch noch gehabt heute, gut, Mathe ist noch ok, wenn du dann Meister hast musst du kalkulieren können, Extensions soundso das Stück, aber sonst geh ich da halt einfach hin und hör mit einem Auge zu und zu Hause muss ich nichts mehr machen - tut weh, oder? - willst du später Familie? Ich weiß ja noch nicht, ich hab jetzt erstmal hier mit Karriere zu tun, ich muss erstmal was aufbauen, dann geh ich vielleicht noch ins Ausland, ich interessier mich echt für Kunst, da gibt's ja in anderen Ländern ganz andere Sachen, warte mal, die Türkinnen da drüben die tuscheln über dich weil das so lang dauert - *schwallt etwas auf Türkisch - ich meine, das Wort "Mammut" zu verstehen* - ich erklär denen, weil die nicht verstehen, wieso das so lang dauert, wenn man gar keine Haare sieht, aber da sind eben doch welche, da müssen die mir vertrauen. Und du musst noch aufhören zu heulen, so kann ich dich nicht rausschicken, was denken die draußen dann, was ich hier drinnen mit den Leuten mache *klackt mit der Zunge*, soll ich noch schminken, ey ich hätte total Bock bei dir mal Haare zu färben, da kann man ja jede Farbe machen, bei meinen Leuten gehn halt nur so Schimmer, bei dir kann ich alles färben, musste nur sagen, mach die Augen jetzt auf, dann wisch ich dir die Tränen weg und mach dir den Lidstrich neu, so 8 Euro dann, bei Scheinen kann ich nur auf 10 rausgeben."
Frau N. "Auf 10 ist perfekt."
Esma: "Hier ich schreib dir mal meine Handynummer auf, dann kannst du anrufen, vorher oder du schickst SMS, hey Esma biste heute nachmittag da, also ich bin immer ab 14 Uhr da, schreib einfach SMS. Und dann machen wir alles."
Ich bin ein bisschen in Esma verliebt.
Heute vor zig Jahren:
Nachdem der Chef da war (erkennt mich erst nicht) bade ich. Wir sind am Wochenende auf einer Fete von so einem Huhn aus unserer Klasse eingeladen und kaufen Batida als Geschenk, den wir bei Pe einpacken. Um 19 Uhr gehen wir zu mir, um Mitternacht schlafen wir.
Morgens, mit 1 Kind:
Frau N: "1 Rosinenbrötchen und 1 Laugenbrezel bitte."
Bäckereifrau: "1,45"
Frau N: (gibt 20 Euro-Schein)
Bäckereifrau: "Hammses auch noch größer?!"
Frau N: "Ja? Bis 50 könnte ich gehen?!"
Bäckereifrau: "Kein Kleingeld?"
Frau N: "Moment, ich suche." (durchsucht alle Jacken und Taschen) - "Tut mir leid, nein."
Bäckereifrau: *atmet extrem laut aus* *verdreht die Augen* *wühlt laut raschelnd in der Kasse und knallt Restgeld auf die Theke*
Frau N: "Danke!"
Bäckereifrau: *knurrt*
Nachmittags, mit 2 Kindern:
Frau N: "2 Stück Apfelkuchen, bitte."
Bäckereifrau: "1,89"
Frau N: (gibt 20 Euro-Schein)
Bäckereifrau: "Sie!!! Sie warn doch heut morgen schon hier!"
Frau N: "Ja, stimmt."
Bäckereifrau: "Da hab ich Ihnen schon 20 Euro gewechselt! Wo haben Sie denn jetzt das Wechselgeld??"
Frau N (wahrheitsgemäß!!): "Das habe ich mittlerweile ausgegeben."
Bäckereifrau: "So geht das nicht! Ich bin doch keine Bank! Sie können nicht immer Ihre 20-Euro-Scheine bei mir wechseln!"
Frau N: "Das will ich auch gar nicht, ich möchte nur zwei Stück Apfelkuchen kaufen. Der Rest ist Zufall."
Bäckereifrau: "Mit 20 Euro geht das hier aber nicht."
Frau N: "Gut, dann tschüss."
Bäckereifrau: (brüllt) "Und was mach ich jetzt mit dem eingepackten Kuchen?!"
Frau N: "Schreien Sie mich nicht an - wenn ich hier nichts kaufen soll, müssen Sie sowieso auch gar nicht mit mir reden, dann bin ich nicht zuständig."
Bäckereifrau: (brüllt) "Den müssen Sie bezahlen!"
Frau N: (brüllt auch) "Reißen Sie sich mal zusammen! Kuchen oder kein Kuchen?"
Bäckereifrau: "Kuchen."
Frau N: "Bitte." (gibt 20 Euro-Schein)
Bäckereifrau: *sieht einen Moment so aus, als würde sie den Schein in der Luft zerfetzen* - *knallt Restgeld auf die Theke*
Frau N: "Danke!"
Bäckereifrau: *knurrt*
Frau N: "Tschüss."
Alle irre.
Heute vor zig Jahren:
Ich muss um 10 Uhr aufstehen und habe um 10:30 Uhr einen Arzttermin. Nach dem Essen treffen wir uns um 16 Uhr auf halbem We und gehen dann zum Second-Hand-Shop, wo es aber keine einzige gute Jacke gibt. Wir gehen zu mir und schlafen um Mitternacht.
Das gute an Fieber ist: die Haut sieht super aus! Ganz glatt und so leicht gerötet, als wäre man gerade total engagiert im Gespräch.
Der Rest ist eher so hm. Man erlebt ja nichts auf der Couch. Klar, man könnte sich Gedanken über Gott und die Welt machne, aber in Wirklichkeit denkt man immer nur: "Hoffentlich ist noch ein Taschentuch in der Packung", "Wo ist jetzt die bekloppte Lippensalbe" und "Bitte lassen den Tee nicht schon wieder leer sein."
Morgen ist es aber sicher weg.
Heute vor zig Jahren:
Absoluter Ruhetag.
11 Uhr aufstehen, 12 Uhr Essen (bei mir), 15 Uhr Pe geht, ausruhen, Fernsehen. 20:30 Uhr das Mädel vom Dorf ruft an, erzählt nichts besonderes, ist gechockt über die Entwicklungen bei uns.
Da wundert man sich den halben Tag über so ein merkwürdiges schlechtes Gefühl im Körper und dann fällt der Groschen: das ist ja Fieber!
Sowas. Gute Nacht.
Heute vor zig Jahren:
Um 6:30 Uhr fängt die Oma an, herumzuschleichen, deshalb werfe ich den Kuli um 9 Uhr raus. Kurze Zeit später lässt Pe mich rein, sie hat oben noch überall rumgekotzt. Wir schlafen dann. Um 12 Uh gehe ich essen und jobben, um 16 Uhr ruft Pe anund um 17 Uhr gehe ich zu ihr und wir räumen auf. Ich hole Pizza, wir sehen fern und um 23 Uhr gehen wir schlafen.
Vor ein paar Tagen erwähnte Berenike hier im Zusammenhang mit meiner Kaffee-Angewohnheit den "Latte-Faktor".
Googeln können Sie alle selbst, ich habe es heute auch getan, daher nur kurz:
Der Latte-Faktor besagt in erster Linie, dass regelmäßig gezahlte kleine Geldbeträge sich über die Zeit zu einer großen Summe aufaddieren. Das ist absolut unstrittig. Darüber hinaus impliziert der Latte-Faktor aber, dass Personen, die dauernd kleine Beträge für irgendwas ausgeben, wie beispielsweise für Café Latte, unvernünftig handeln. Denn über das Leben summieren sich die Café Lattes zu einer satten Million (Dollar - der Latte-Faktor kommt aus Amerika, und zu sagen "summieren sich die Café Lattes zu beim gegenwärtigen Umrechnungskurs Interbankrate +/-0 rund € 771.754" wäre natürlich ungewollt polemisch).
Der Latte-Faktor ist nicht unstrittig. Kritisiert wird jedoch hauptsächlich die Berechnung: es wäre doch arg gerundet worden, die Inflation nicht berücksichtigt, Lebenserwartung/Lebenssituation nicht sinnvoll angesetzt etc. Die Berechnung interessiert mich aber nicht, lassen wir es eine Million sein, als Sinnbild für "viel Geld". Diese Million könnte ich am Ende meines Lebens haben, wenn ich keinen Kaffee im Pappbecher mehr kaufe.
auf meine Latte-Million.
Es fängt ja schon damit an: am Ende meines Lebens? Danke auch! Was soll ich denn dann damit? Gut, den Nachkommen vererben, natürlich. Mademoiselle wird sich über die Million (minus Steuern) freuen, das ist klar. Kann man ja viel mit machen, sich was Gönnen. Kaffee zum Mintnehmen zum Beispiel, wenn einem danach ist. Oh.
Halten wir uns aber auch nicht an Spitzfindigkeiten auf und nehmen an, mir stünde die Latte-Million bei entsprechendem Verhalten tatsächlich zur Verfügung. Ich könnte ein Haus kaufen. Hm, ich habe ja schon eine Wohnung, die mir sehr gut gefällt. Das Haus wäre vermutlich irgendwo in der Pampa, ich bräuchte noch ein Auto und müsste das Kind dauernd herumfahren. Wir würden alle umziehen, irgendwohin, wo wir jetzt akut gar nich so dringend wohnen möchten. Schulwechsel und so. Hmhm. Vielleicht doch lieber reisen. Naja, reisen kann ich auch so. Nicht im Millionärsstil zwar. Habe ich aber bisher auch noch nicht vermisst. Zugeben - es ist mein Problem, wenn ich auf Anhieb nicht weiß, wofür ich die Million verwenden würde. Auf's Konto damit, das Geld wird ja nicht schlecht. Für später, irgendwann wird man sich was leisten wollen, das einen ein Stück weit zufriedener oder die Welt etwas besser macht. Dafür ist Geld schließlich da.
Aber tatsächlich macht es mich häufig morgens glücklich, mir einen Kaffee zu kaufen. Vielleicht ist das sogar nicht nur für mich, sondern auch für meine Umwelt gut: für Familie, Freunde und Kollegen, Fremde auf der Straße, die mich meistens gut gelaunt und zufrieden erleben, weil ich meinen Alltag prima finde, so wie er ist. Mit Coffee-to-go.
Sie sehen, die Sache ist vielschichtig. In diesem Sinne: Lassen Sie sich nicht von Theorien einnorden. Begreifen Sie die Spielregeln. Und unterschätzen Sie nie das kleine Glück.
Heute vor zig Jahren:
Um 10 Uhr stehen wir auf und machen Fotos mit den alten Frisuren und Klamotten. Danach fahren wir zum Friseur und lassen uns nen Bob schneiden, kinnlang, der über alles abrasierte drüberfällt, so dass man es nicht sieht. Dann fahren wir in die Stadt Klamotten kaufen. Und normale Schuhe. Und ziehen das alles gleich an.
Um 14 Uhr essen wir bei uns und meine Mutter erkennt uns nicht auf Anhieb, findet die Frisur aber schön. Wir suchen bei mir ein paar Sachen raus und gehen dann zu Pe.
Abends gehen wir zu zweit in der Pizzeria Essen, wo wir meine Schwester mit einem Typen treffen, der anscheinend ihr Freund ist. Sie erkennen uns aber nicht. Dann gehen wir nochmal zu mir und dann zu Pe (Fernsehen).
Gegen 22:30 Uhr ruft der Kuli an und läd sich und einen Typ namens Schmidt, der auch auf unserer Schule ist, ein. Gegen 23 Uhr kommen sie. Kuli erkennt uns nicht. Wir trinken Bier, Sekt und labern ganz gut, gucken Fotos an.
Um 1 Uhr geht Schmidt, wir machen noch weiter, irgendwann fängt Pe an zu kotzen. Sie geht dann hoch und kommt nicht wieder, lässt uns aber auch nicht herein, und antwortet an der Sprechanlage immer nur, dass wir sie in Ruhe lassen sollen, so dass Kuli und ich in ihrem Zimmer im Souterrain schlafen, weil wir nicht mehr raus kommen.
Zum Geburstag bekam ich von einem Kollegen eine aufgeladene Kaffeeladen-Kundenkarte für den Kaffeeladen direkt unten im Rapunzelturm.
Ich kaufe mir dort unglaublich gern Kaffee. Logisch ist das natürlich nicht: im Rapunzelturmbüro gibt es Kaffee, dieser ist gut, in quasi unbgrenzter Menge verfügbar und für mich kostenlos. Außerdem habe ich dort natürlich eine Porzellantasse. Aus ungeklärten Gründen bereitet es mir aber Freude, überteuerten Kaffee iim Erdgeschoss zu kaufen, in den 24. Stock zu transportieren und aus einem Pappbecher zu trinken.
Man konnte diese Kundenkarte registrieren und dann irgendwann mal ein Freigetränk bekommen. In einem Moment im Büro, in dem ich sonst nichts weiter zu tun hatte (scheint eine Ewigkeit her zu sein), registrierte ich diese Karte also und bekam eine Mail, in der mir erklärt wurde, dass ich nach einer wahnwitzigen Anzahl an gekauften Kaffees im Jahr, die ich natürlich sofort in Bargeld umrechnete und mit einem Kurzurlaub gleichsetzte, eine personalisierte Goldkarte erhalten würde und zusätzlich immer kostenfrei nachgefüllten Filterkaffee, den ich nie trinke.
Mein Geburstag ist bekanntlich im November.
Vor ein paar Tagen - ach. Ach wissen Sie was, ich möchte eigentlich nicht darüber reden. Denken Sie sich alles weitere oder noch besser - vergessen Sie das alles. Vielen Dank.
Heute vor zig Jahren:
Um 10 Uhr stehe ich auf und warte auf den Chef, der mir neue Sachen zum Arbeiten vorbeibringen wollte. Um 12 bade ich und um kurz nach 12 kommt er. Heute ist Ruhetag. Nach dem Essen lese ich und räume auf. Abends fernsehen.