Ich gebe zu, ich werde von dieser Geburtstagspartysache etwas mitgerissen. Die Kollegen sagen mir schon ins Gesicht, ich sei total bekloppt, manche sagen allerdings auch, sie seien neidisch und manche sagen beides. Die Kollegen habe ich informiert, weil ich dringend und schnell eine große Anzahl an chinesischen Ess-Stäbchen brauchte. Als Zauberstäbe natürlich, das ist ja klar. Es ist in meinem kleinen Büro möglich, innerhalb von zwei Werktagen über 30 Paar Ess-Stäbchen zu erhalten. Die Leute sammeln die. Heute habe ich auch eine große Schale mit Sojasoßenfischchen entdeckt - die brauche ich im Moment nicht, aber wer weiß, wofür es mal gut ist.
Zu Hause habe ich mit Mademoiselle einige Zutaten für Zaubertränke abgefüllt und etikettiert und ausprobiert, was man mit Graupen und Lebensmittelfarbe alles machen kann. Das ist ganz wunderbar. Dann haben wir noch schwarze Schulhefte mit einem selbstgebastelten Hogwarts-Label versehen und Verpackungen für Bertie Botts Bohnen gebastelt. Die Süßigkeitenlieferung kommt morgen. Achso, in diesem Zusammenhang eine Frage an das geschätzte gute Urteilsvermögen der Leserschaft: wenn ihr (vorgestelltes) Kind irgendwo wäre und dort gäbe es Lollies mit Heuschrecken drin, gäbe es da richtig Stress oder wäre das okay? Ich traue mir kein Urteil zu, bin ich doch mit älteren Geschwistern aufgewachsen und musste im Vorschulalter, damit der für mich aufgrund der Höhe unerreichbare Klingelknopf gedrückt wurde, wenn ich aufs Klo musste, standardmäßig nicht nur lateinische unregelmäßige Verben konjugieren oder den kompletten Namen von Hadschi Halef Omar aufsagen, sondern auch mal alles, was sich an Insekten auf einem Spielplatz so findet, verspeisen. Also: Insekten völlig wurscht, oder lieber einen Elternbrief (mein Kind darf Insekten ja/nein, mein Kind darf Schweinefleisch ja/nein, mein Kind darf Milchprodukte ja/nein, mein Kind darf Industriezucker ja/nein) lassen (wobei Mademoiselle die dann alle alleine essen wird...)?
Heute vor zig Jahren:
Nix besonderes.
Die Tagebücher von Victor Klemperer habe ich durch Zufall entdeckt. Ich lese gerne Tagebücher und Briefe, wenig erstaunlich, schließlich lese ich ja auch gern Blogs. Tagebuch geschrieben hat Herr Klemperer von 1918 bis 1959, aber ich habe - Zufall eben - mit dem Schuber 1933 bis 1944 begonnen, Drittes Reich also.
Mit dem Dritten Reich und mir war es immer schwierig. Natürlich habe ich "alles" darüber in der Schule gelernt, die nach den Geschwistern Scholl benannt war, so dass das Thema keinesfalls unter den Tisch gefallen ist. Auch in meiner Verwandtschaft war Krieg und Drittes Reich oft Thema - ein Opa und ein Onkel waren in russischer Kriegsgefangenschaft, mein Vater ist weißer Jahrgang, meine Mutter Großstadt-Kriegskind. Also: das Wissen ist da, das Wissen über die großen Zusammenhänge, die im Nachhinein betrachteten politischen Handlungsstränge. Was nicht da war, war das Verstehen. Ich glaube, etwas so grauenhaftes wie den Holocaust kann man gar nicht verstehen, dafür fehlt mir zum Glück der Erfahrungshorizont. Im Gegensatz dazu kann ich aber z.B. verstehen, wie es ist, seine Katze einschläfern lassen zu müssen. Und so kommen wir zurück zu den Tagebüchern.
Professor Victor Klemperer ist Philologe und jüdischer Abstammung (das schreibe ich so kompliziert, weil er eigentlich Protestant ist, aber seine Mutter eben nicht, daher gilt er im Dritten Reich als Jude), und er beschreibt in seinen Tagebüchern seinen Alltag. Er schreibt über seine Frau, das Essen, die Reinigung des Katzenklos, lästert über die Nachbarn, klagt über Krankheiten und erzählt von den Büchern, die er liest. Es ist eigentlich ganz banal, aber wie sich diese alltäglichen Banalitäten unter der historischen Entwicklung verändern ist das ganz große Ding. Aus heutiger Sicht wissen wir, wie es ausgeht, sowohl mit dem Krieg also auch mit Herrn Klemperer, und trotzdem ist man als Leser furchtbar aufgeregt und möchte ihm immer wieder zurufen, dass er doch jetzt endlich gehen soll, flüchten, egal wohin, während er zaudert und nicht will, wegen der Katzen, wegen dem gerade gebauten Haus, wegen des Berufs, bis ihm dann Katzen, Haus und Beruf genommen sind und er nicht mehr wegkann, selbst wenn er wollte.
Gespräch mit Stühler senior: "Ich will Zeugnis ablegen." - "Was Sie schreiben, ist alles bekannt, und die großen Sachen, Kiew, Minsk etc., kennen Sie nicht." - "Es kommt nicht auf die großen Sachen an, sondern auf den Alltag der Tyrannei, der vergessen wird. Tausend Mückenstiche sind schlimmer als ein Schlag auf den Kopf. Ich beobachte, notiere die Mückenstiche..." Stühler, eine Weile später: "Ich habe mal gelesen, die Angst vor einer Sache ist immer schlimmer als das Ereignis selber. Wie sehr graute mir vor der Haussuchung. Und als die Gestapo kam, war ich ganz kalt und trotzig. Und wie uns das Essen hinterher geschmeckt hat! All die guten Sachen, die wir versteckt und die sie nicht gefunden hatten." - "Sehen Sie, das notiere ich!"
(Victor Klemperer - Tagebücher 1944)
Er hat das ganz richtig gemacht. Lesen Sie das.
Heute vor zig Jahren:
Nichts besonderes.
Und da fällt mir heute erst auf, dass ich seit Anfang der Sommerferien ohne Kalender gelebt habe. Geht auch. Ist aber nicht so schön wie mit, finde ich, weil man es häufiger verpasst, sich beizeiten auf etwas zu freuen.
Heute vor zig Jahren:
Nix besonderes.
Das Hauptproblem schienen die Bändchen zu sein. Überall Bändchen vor dem Gesicht, zum wahnsinnig werden, ich will doch nicht die Bändchen vollkotzen.
Die einen Bändchen stellten sich als meine Haare heraus, die also weggehalten, neue Bändchen vor den Augen. In den Spiegel geschaut - Bändchen weg. Brille gesucht: Keine Bändchen zu sehen. Bei neuer Übekeitswelle Haare wieder weggehalten: Bändchen wieder da! Ich weiß nicht, wie lange es gedauert hat, bis mir klar wurde, dass es sich um die überhängenden Knotenenden des Armbändchens handelte, das Mademoiselle mir geknüpft hatte. Wie soll man darauf auch kommen, ich bin gar kein Fan von so Armbändchen, aber wenn man vom Kind eins bekommt, das es in tagelanger Arbeit hergestellt hat, dann trägt man es. Für zweimal rum reichte es nur ganz knapp, einen Doppelknoten zweier sich um ca. 1 cm überlappender Fäden nur mit der linken Hand und mit der Migräne des Jahrhunderts bedarf einer gewissen geistigen Fokussierung - interessanterweise war da während der paar Minuten absoluter Konzentration kein Schmerz, nur weiße Leere, dafür kam die nächste Welle mit Wucht und ich übergab mich - auf weitere Bändchen! Man beginnt, an seinem Geisteszustand zu zweifeln.
Die weiteren Bändchen kamen vom T-Shirt, sah ich später. Die waren nie so lang gedacht, man kann aber mit einem 7jährigen Kind keine Bändchen am T-Shirt haben, ohne dass diese immer wieder gezogen werden und ausleiern, daher der neuerliche Bändchenalarm.
Die Tabletten wirken nicht, immer wieder werde ich unsicher, ob ich überhaupt eine genommen habe, es fehlt aber eine im Blister, also muss es wohl so sein, und neben der Schachtel habe ich eine Zahl notiert, "3", das soll "drei Uhr nachts" heißen und daraus kann ich ableiten, wann ich nachlegen kann, ohne dass der Kreislauf wegsackt. Ich kann das gerade nicht ausrechnen, aber das wird sechs Stunden später sein, irgendwann morgens also, zehn vielleicht, jedenfalls noch sehr lang hin, denn es ist gerademal vier. Ich kann nicht schlafen, wenn ich Migräne habe, es wird dann nie besser, immer nur noch schlimmer, ich muss wachbleiben, bis die Medikamente wirken, nur bin ich so müde, ganz unendlich müde, weil ich doch die letzte Nacht im Zelt geschlafen habe, und die Nacht davor nur sehr wenig, und die ganzen Nächte davor auch nicht viel, weil es so warm war, und nun war es angenehm kühl und ein frisch bezogenes Bett und es sollte die Nacht mit dem besten Schlaf des Jahres werden. Statt dessen laufe ich seit drei Uhr nachts im Kreis durch die Wohnung.
Ich probiere diverse erlernte Entspannungstechniken, aber weil ich so müde bin, schlafe ich ein, sobald ich mich ansatzweise entspanne, und dann wird es immer nur noch schlimmer. Also laufe ich wieder durch die Wohnung, auf den Balkon, zwischendurch prüfe ich nochmal, ob ich wirklich eine Tablette genommen habe, wann das nochmal war, dann bemühe ich mich, die Uhr abzulesen, manchmal sind fünf Minuten vergangen, manchmal 30, es erscheint mir völlig willkürlich. Was war das nochmal für ein Problem eben, achso, die Bändchen, was waren das nochmal für Bändchen, ich kann mich partout nicht erinnern, habe ich mir doch mittlerweile die Haare zusammengebunden, das Armband doppelt verknotet und das T-Shirt gewechselt, aber irgendwas war da doch mit Bändchen. Und wann war nochmal die Tablette, wieso steht da eine "3", wieso funktioniert dieses Gehirn nicht richtig. Vermutlich bin ich deshalb nie wirklich bei den Drogensachen hängengeblieben: ich habe diese Zustände ja so schon, völlig unverlangt, und der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Trip sind doch nur ein paar Details.
Ein bisschen besser wird es später, Mademoiselle wacht krank auf, ich regele die Informationskette und spreche auf den Anrufbeantworter in der Schule erst den falschen Namen (meinen, nicht Mademoiselles), dann die falsche Klasse, die Mail ins Büro klappt, glaube ich, besser, während die zweite Medikamentenrunde langsam Wirksamkeit zeigt fällt mir ein, dass ich gleich morgens einen Besucher haben würde, auch das noch geregelt, dann Telefon und Klingel ausgestellt, das Kind vor eine DVD gesetzt und nochmal zweieinhalb Stunden tief und fest geschlafen. Danach alles gut.
Den Nachmittag über haben wir dann chinesische Ess-Stäbchen mit Plakafarbe zu Zauberstäben umgestaltet. Das ist ja ein bisschen wie Korbflechten. Jetzt tiefenentspannt.
Heute vor zig Jahren:
Nachmittags war ich mit Marco und ein paar Mädels von zwei Klassen unter uns, die ihn toll finden, auf einem Straßenfest. Pe hatte keine Lust. Es war ganz witzig und man konnte Marco gut mit den Kindern, die ihm hinterherrennen, aufziehen. Sonst nichts wichtiges.
Das Wochenende stand im Zeichen meines Zweitlebens als Hütehund. Freitag beaufsichtigte ich mit einer Kollegin das jährliche Firmensommerfest und stellte neue Rekorde darin auf, denselben Kurzen immer wieder scheinbar zu trinken. Anstrengend war der Abend nicht sondern sehr lustig, aber lang - um halb vier wischten sich die Kellner den Schweiß von der Stirn und schenken uns als Dank für den geordneten Abzug der Truppe noch jedem eine Flasche Wein.
Knapp 12 Stunden später brach ich dann zu einem "Zeltlager" mit sechs pubertierenden Jungen, fünf Mädchen zwischen 7 und 11, einem zerstrittenen Ex-Ehepaar und einem professionellen Jungendcampleiter-Ex-Soldat-mit-Tarnkleidung auf. Das war auch sehr lustig aber gleichzeitig enorm anstrengend und ebenfalls ein ausgedehnter Zeitraum: Um knapp 14 Uhr hatte ich wieder befestigten Boden unter den Füßen, allerdings aus undurchsichtigen Gründen zwei zusätzliche Kinder, die eigentlich in andere Wohnungen gehörten aber in meiner landeten. Das hat sich zum Glück alles noch sortiert.
Vorsatz: in der nächsten Woche kümmere ich mich um überhaupt niemanden.
Heute vor zig Jahren:
Vor der KJG setzen wir uns mit einer Dose Pepsi light vor die KJG. In der Pepsi ist Martini. Bald kommt Marco und wir unterhalten uns mit ihm. Dann kommt noch die Shortsmännin aus unserer Schule, die uns mit ihren 12 Freundinnen nervt. Die KJG ist ganz gut und wir unterhalten uns mit den Jungs aus der Schule und ein paar, die wir noch aus der Grundschule kennen. Der Kuli ist auch da und läuft jetzt anscheinend mit so Leuten rum, die sich „Avantgarde“ nennen und wie Marienkäfer aussehen. Auf Ah hat er keinen Bock mehr. Mit dem Kuli, der Shortsmännin und ihrer Gefolgschaft und den Jungs aus unserer Schule gehen wir hinterher noch in eine Kneipe.
man kommt zu nix...
Heute vor zig Jahren:
1. und 2. Stunde frei, sonst nichts besonderes. Pe und ich machen Salat.
Eben sagte Mademoiselle, ihr Geburtstag dieses Jahr solle das Motto "Harry Potter" haben, und ich sagte erstmal "hmhmjoahschaumerma" und dann überlegte ich ein bisschen und googlete ein bisschen und lief ein bisschen durch die Wohnung und hey, wir machen einen Harry Potter Geburtstag mit einer Einladung in grüner Tinte und wir tun eine Stoffeule in einen Käfig und den Besen hänge ich auf und lege Plastikspinenn überall hin und wenn die Kinder kommen gehen die in ein Geschäft in der Winkelgasse (=Büro) und jedes kriegt einen Zauberstab und ein schwarzes Heft und ne Feder und Zaubertrankutensilien und dann ist Unterricht und Herr N. ist Snape und wir machen Zaubertränke im Klassenraum (=Küche) mit lauter ungiftigem Zeugs und Lebensmittelfarbe und mit den Stöcken umrühren, und die kann man dann hinterher probieren, das Kuchenessen ist in Hagrids Hütte (=Garage), vielleicht machen wir sogar noch Wahrsagen, ich hab ja irgendwo Tarotkarten und eine Glaskugel gibt es hier auch und Teeblätter sowieso und dann wird Voldemort noch irgendwas stehlen und das wird gesucht und dann findet man einen Schatz und kann davon im Honigtopf (=auch Büro) Süßigkeiten aussuchen, die zu kaufen und vorzubereiten ist eh das beste, ich werde Zellophantütchen bestellen und diese essbaren Glubschaugen und weiße Mäuse und blaue Spinnen und Kürbisse und vielleicht sogar Lollis mit echten Insekten drin (oder wird man dann von den anderen Eltern geächtet?!) und natürlich Jelly Beans und Zuckerstangenzauberstäbe - ich bin übrigens natürlich Professor McGonagall - hach ich bin ganz aufgeregt.
Heute vor zig Jahren:
Nichts besonderes.
Blöder Tag. Schon vor der Schule gab es Tränen, weil das Kind so fauchig und trödelig war, dass ich mitteilte, mich dann eben rauszuhalten. Das Ergebnis war eine 15-minütige Verspätung zu - wie der Kenner weiß - mittwochs Religion, wo man nicht zu spät kommen darf. Im Büro wurde es nicht viel besser und wieder zu Hause erwartete mich nicht die ersehnte frische putzfraugewirkte Wohnung sondern eine Art Vorhölle, sauber zwar aber mit gleißendem Sonnenschein und Temperaturen an die 30 Grad aufgrund eines kompletten Rolladenmanagmentversagens der Vertretungsputzfrau. Dann teilte das Mittwochskind noch mit, dass es nun bald wegen Umzug die Schule wechseln muss und es gab wieder Tränen (diesmal gleich von zwei Kindern), die Gemüsekiste war noch nicht da, so dass der Nachmittagssnack ausfiel und kurz vor dem Sport fiel Mademoiselle ganz fies auf den Rücken, so dass beim Sport meine Anwesenheit gefragt war, falls da noch was ist, weshalb ich von der überhitzten sauberen Wohnung in eine überhitzte schmuddelige und müffelige Sporthalle wechselte. Auf der Pizza abends war zu viel Knoblauch, die Omaratte hat nicht gut gefressen, ich habe zwei Klebehaken für Vorhänge an die falsche Stelle geklebt, die grünen Pflaumen sind alle und es waren keine neuen in der Kiste, der blaue Nagellack ist nicht rückstandslos von den Zehennägeln abgegangen, mein rechter Mundwinkel ist eingerissen, der aktuelle Kursleiter von meinem Fortbildungsdings ist ein Idiot, meine Schulzeugsstellvertreterin stellt sich tot und das versprochene Gewitter ist ausgeblieben. Es ist ein Jammertal.
Heute vor zig Jahren:
Heute ist die Verhandlung, soll mir aber egal sein, Ah hat ja nicht angerufen. Wir fahren in die Altstadt und treffen Illy nicht, halten uns aber auch hauptsächlich auf Punk-Gebiet auf.
Hitzefreiiiii!!
Heute vor zig Jahren:
Hitzefreiiiii!!
Im Penny waren heute Esther und Thomas. Esther hatte sich zurechtgemacht - eine dünne weiße Hose, dunkle Unterwäsche, ein schwarzes Top, die schütteren blondierten Haare hochgesteckt, Ballerinas. Thomas hatte sich fürs Einkaufen nicht speziell aufgebrezelt und trug Jogginghose, undefinierbares T-Shirt, lange struppige Haare und unordentlichen Bart sowie Sandalen. Beide hatten schlechte Zähne und schlechte Haut. Thomas tropfte.
Als Esther und Thomas hereinkamen, schien das Supermarktleben schon für einen Moment stillzustehen. Man merke sofort: weder ist das Einkaufen für die beiden leicht, noch fällt es ihnen leicht. Manche Leute sprechen auf eine merkwürdig bemühte Weise, mit einer ganz kleinen Anstrengung oder Verzögerung, als müsste jedes Wort einzeln aus ihrem Gehirn abgerufen und mit dem Rest des Satzes verbunden werden. Und immer einen Tick zu laut, man wird manchmal lauter, wenn man sich anstrengt. Dann war das Geld noch ein Problem, sie mussten rechnen, und auch das Rechnen ging nicht so leicht von der Hand.
Sie stritten ums Toast, sie stritten um den Joghurt, ob man zwei oder vier Becher nehme. Thomas sagte (rief) zwischendurch immer: "Ich wär echt lieber zu Rewe!". Esther wollte noch Kaffee. "Der kostet hier über 4 Euro, Esther, ÜBER VIER EURO!" Es gäbe auch anderen Kaffee, sagte Esther. Thomas sollte stehen bleiben, Esther Kaffee holen, Esther verschwand und Thomas wurde auffällig, riss Sachen aus dem Regal, ließ Joghurt fallen, rief nochmal das mit Rewe. Esther eilte zurück, ohne Kaffee aber mit Cola, sie stritten um die Cola bis Esther sagte, sie wolle die selbst bezahlen.
An der Kasse räumte Thomas erstmal auf. Die Tüten ordentlich ins Fach, die Warentrennhölzer so verteilt, dass an jeder Kasse dieselbe Anzahl ist - die Summe ging aber nicht auf, es gab ein Holz zu viel, Thomas wurde wieder auffällig, er schimpfte und zeterte. Esther blaffte zurück, die Kassiererin sagte "Ey, beruhigen Sie sich mal!", dann gab es ein Problem mit der Cola. Thomas wollte sie mit einem Trennholz vom Rest des Einkaufs abtrennen, Esther wollte (glaube ich) einfach nur raus und stellte die Cola ganz nach hinten, die Cola drohte aber, umzufallen, so dass die Verkäuferin sie schnell griff und in der Mitte des Einkaufs abrechnete - das Colaproblem hatte sie wohl nicht mitbekommen.
Fassungslosigkeit bei Esther und Thomas, was nun? Und sind das unserer vier Joghurt, wollten wir nicht nur zwei? Sie fragten die Frau hinter ihnen, ob es ihre Joghurts seien, die Frau verneinte. Wie konnte das jetzt alles kommen? Wie sollte man das mit dem Joghurt regeln, wie das mit der Cola? Eine schwierige, kaum begreifliche Welt für Esther und Thomas. Nach der Kasse rechneten sie lange, wer nun welchen Anteil für diesen Einkauf von einer Packung Toast, vier großen Bechern Joghurt und einer Flasche Cola zahlen musste. Thomas fühlte sich von Esther übervorteilt, Esther fühlte sich von Thomas angegriffen und beide hatten das Gefühl, irgendwie von der Verkäuferin übers Ohr gehauen worden zu sein. Trotzdem schienen sie erleichtert, den Einkauf geschafft zu haben.
"Nächstes Mal gehen wir aber zu Rewe", sagte Thomas, als sie den Laden verließen.
Heute vor zig Jahren:
Wir lernen den ganzen Krempel aus allen Büchern für die Schule, damit wir uns die nächsten Wochen nicht damit beschäftigen müssen.