Heute möchte ich Lernmaterialien in der Erwachsenenbildung anprangern.
Hier, Lernzeuganbieter: Ich bin erwachsen. Wenn ich mich entscheide, irgenwas zu lernen bzw. zu lesen, dann tue ich das, weil ich das, was da steht, wissen will. Sei es aus brennendem Interesse (selten) oder weil ich aus rationalen Gründen die Notwendigkeit dazu sehe, mir dieses Wissen anzueignen. Beides ist Motivation genug und deshalb, das ist der wichtige Punkt, bedarf es keiner zusätzlicher Motivaton von Ihrer Seite durch beknackte Kalauer oder Wortspiele oder "provokante Thesen in Form von rhetorischen Fragen" zu Beginn des Stoffes, bis man dann mal zur Sache kommt. Sparen Sie sich das und ersparen Sie es mir, denn es klappt nicht. Es stört sogar. Statt mich darüber aufzuregen könnte ich jetzt beispielsweise etwas über Personalmarketing lesen, wenn das Buch nicht so blöd angefangen hätte. Konzentrieren Sie sich inhaltlich auf die Sache und in Bezug auf Layout und Rechschreibung verhalten Sie sich am besten unauffällig. Und am Ende keine doofen Wiederholungsfragen bitte. Ich bin in der Lage, zurückzublättern und bezahle nicht für Redundanz.
"Over-Ende-und-Tschö", wie Mademoiselles Freundin am Telefon zu sagen pflegt.
Heute vor zig Jahren:
Es ist wieder KJG-Fete und wieder total langweilig. Deshalb sind wir um 21 Uhr gegangen und haben uns noch ein bisschen auf den Spielplatz vor dem Haus vom Kuli gesetzt. Dann sind wir in die Altstadt gefahren und holten uns eine Pizza und setzten uns an den Rhein und überlegen, dass wir jetzt eine Zeit lang nicht in die Altstadt gehen werden weil wir Angst haben, Illy zu begegnen.
Danach wollten wir bei der Tankstelle vorbeischauen und dann zum HBF fahren. In der U-Bahn trafen wir einen Typen aus Martinique, Bob, den wir schon ein paar Mal in der Bahn getroffen und mit ihm geredet haben. Er fragte uns flüsternd, ob wir Dope kaufen wollten und ich hatte einen Lachanfall weil er mich so an den Typen aus der Sesamstraße, der Buchstaben verkauft, erinnert hat. Er wollte 10 DM pro g und das fanden wir ok. Als er das Geld schon am HBF haben wollte, wurden wir misstrauisch. Wir beschlossen, ihn zu verfolgen, als er das Zeug holen wollte.
Wir rennen also hinterher und sehen, wie er in eine Straßenbahn einsteigt und erwischen gerade noch die letzte Tür. Als er aussteigt, steigen wir auch aus und verfolgen ihn weiter, er geht zu den besetzten Häusern und wir warten an einer Straßenecke. [Kommentar heute für Frau Herzbruch: vor der schönen Amasya!]. Als Bob zurückkommt, sprechen wir ihn an und er ist glaube ich etwas genervt, dass wir ihn verfolgt haben und will uns das Dope auch erst am HBF geben weil ihn da in der Gegend zu viele Leute kennen. Also fahren wir wieder zurück zum HBF und machen die Übergabe. Danach quatschen wir noch ein bisschen und Bob dreht sich eine Tüte und raucht die und ein paar Prolls kommen und fragen, ob er ihnen Koks besorgen könnte aber er sagt, damit will er nichts zu tun haben.
Heute stand ein großes Ereignis im Hause Novemberregen an. Und zwar der Stadtlauf der Kuscheltiere.
Bereits am Mittwoch hatten Mademoiselles Kuscheltiere einen Zettel erhalten, auf dem die Erziehungsberechtigte, Mademoiselle, ankreuzen konnte, ob das jeweilige Tier am Stadtlauf teilnehmen kann und darf. Der Rücklauf ging bis Freitag ein und mit Stolz können wir verkünden, dass sich 30 Tiere mitlaufen wollten. Ich befand mich in der glücklichen Situation als ehrenamtliche Helferin ausgewählt worden zu sein. So wurde also morgens zunächst die Laufstrecke abgesteckt, und zwar fast ganz exakt 1,5 km durch die Wohnung.
Danach war schnell die Aufstellung erledigt und das geeignete Instrument zur Auswertung der Schritte/Schnelligkeit gefunden.
Und dann fiel auch schon der Startschuss. Das Feld zog sich relativ schnell auseinander.
Bei einer Teilnehmerin wurde relativ schnell klar, dass sie außer Konkurrenz lief.
Würde der Spitzenreiter seinen Vorsprung ins Ziel retten können?? Die Spannung war beinahe unerträglich.
Natürlich schafften es alle ins Ziel, wenn auch manch einer mit letzter Kraft.
Die Auswertung nahm mehrere Stunden in Anspruch, derweil waren die Tiere bei der Pasta-Party.
Und am Ende standen die Sieger fest. Für jeden Teilnehmer gab es eine Urkunde und die Läuferin, die außer Konkurrenz angetreten war, wurde besonders geehrt.
Und wie haben Sie den Sonntag verbracht?
Heute vor zig Jahren:
Den ganzen Tag schwimmen am See
Neuerdings schaue ich, wenn ich den Rechner einschalte, immer als erstes was das Vögelchen macht.
Ansonsten sind die Tage geprägt von gutbürgerlichen Dingen wie dem Verschicken von Dankeskarten, Kühlschrankreinigung, Ausprobieren neuer Gebäckarten und dem gepflegten Kaffee auf dem Balkon. Nachmittäglich liest mir das Kind nun aus der Neukirchener Kinder-Bibel (sehr empfehlenswerte Ausgabe übrigens, falls Sie ein Kommunionsgeschenk oder Vergleichbares suchen. Schöne Sprache, schöne Bilder, kindgerecht aber mit Anspruch.) und sogar der Telefonanbieter hat klein beigegeben und mein virtuelles Guthaben erstattet.
Es muss auch solche Zeiten geben. Sonst wird man ja bekloppt.
Heute vor zig Jahren:
Schulfest. Danach gehen wir im See schwimmen.
Ein wenig ernüchternd ist es schon. Man kommt in die Arztpraxis, stellt sich am Empfangsschalter an, zahlt 10 Euro, wird in ein Wartezimmer geschickt. Exakt zum Termin aus dem Wartezimmer rausgeholt und ein paar Gänge entlang und ein Stockwerk hinunter in einen anderen Wartebereich gebracht. Dort nach ein paar Minuten von der Ärztin abgeholt und in ihr Zimmer mitgenommen. Ein paar Minuten Gespräch, dann gibt es ein Post-it auf dem "Zimmer 7" steht, damit soll man zu einem weiteren Empfangstresen. Von dort aus wird man in den Wartebereich von vorher weitergeleitet, nach ein paar Minuten erscheint eine Sprechstundenhilfe und führt in Zimmer 7. Zimmer 7 ist eigentlich eher eine kleine Zelle mit Liege und Ultraschallgerät. Die Ärztin appariert in Zelle 7, vollführt binnen Sekunden alle möglichen Tests an der Schulter und glibbert ein bisschen mit dem Ultraschallgel. Es gibt ein weiters Post-it für den Empfangstresen, man wartet in einem weiteren Wartebereich und wird nach wenigen Minuten von der Ärztin wieder in ihr Zimmer gebeten um dort eine sicherlich kompetente Auskunft zu erhalten, die allerdings genau dasselbe beinhaltet, was man sich auch selbst schon zusammengereimt hatte. Und die Sachen, die auf dem Rezept stehen, hat man auch schon zu Hause. Was ich nicht grundsätzlich beklagen möchte - eine überraschende und sehr seltene schwere Krankheit diagnostiziert zu bekommen, wäre mir selbstverständlich viel unrechter gewesen.
All das in 30 Minuten - straff durchorganisiert, keine Frage. Allerdings hat es ungefähr weitere 30 Minuten gedauert, bis ich nach dem ganzen Hin und Her den Ausgang wiedergefunden hatte.
Heute vor zig Jahren:
Nach dem Geigen sehe ich vor meinem Haus eine sonderbare Gestalt auftauchen, deren Gang mir bekannt vorkommt. Es ist Phil. Ich hätte ihn fast nicht erkannt, weil er keinen Iro mehr hat. Er begrüßt mich und bewundert die Geige. Als er hört, dass ich auch Klavier spiele, meint er, ich solle in seiner Band mitspielen. Er gibt mir seine Telefonnummer damit ich ihn mal wegen der Band anrufe.
Drei meiner Spezialfähigkeiten habe ich heute eingesetzt:
Erstens die Fähigkeit, auf dem Arbeitsweg so ins Buch vertieft zu sein, dass ich nicht eine, nicht zwei, sondern gleich drei Haltestellen verpasst habe und erst aufmerksam wurde, als die Bahn unerwartet aus dem Tunnel ins Tageslicht fuhr.
Zweitens einen Arzttermin für meine Schulter vereinbart, die nach der Schlepperei des verletzten Kindes gestern fast abfiel und heute morgen dann auch merkwürdig gerötet war. Nicht die Vereinbarung des Arzttermins war die Superkraft sondern die blitzartige Reaktion meines Körpers auf das Wissen um diesen Termin, die in der Mobilisierung jeglicher Selbstheilungskräfte bestand, so dass ich jetzt weitestgehend beschwerdefrei bin (außer ich beuge ich um ca. 35 Grad nach vorne, drehe den Kopf nach rechts und schiebe gleichzeitig die Schulter nach vorne/unten vor).
Ich nehme den Termin aber trotzdem wahr. Einen Orthopäden, bei dem man von heute auf morgen auf der Matte stehen kann, muss man sich anschauen. Naja, und rot ist sie auch immer noch, vielleicht sind ja auch bloß sämtliche Nerven schon abgestorben...
Drittens habe ich einen völlig abgedrehten Vater einer Schulfreundin des Kindes, der mich als Mitbetroffene eines vermeintlichen Medaillenskandals in Bezug auf einen 1,2-km-Stadtlauf der Kinder rekrutieren wollte, zwanzig Minuten geduldig zugehört (okay, ich habe nebenher gekocht) und ihm dann nicht gesagt, dass er einen an der Klatsche hat sondern nur höflich bemerkt, dass wir jetzt essen und es vielleicht gut ist, eine Nacht über diese Sache zu schlafen. Wenn ihm noch ganz dringende Punkte einfielen, könne er mir ja mailen. Seitdem mailt er im Minutentakt irgendwelche Screenshots aus dem Internet, das wird aber sicher bald wieder besser und morgen früh ist er ausgeschlafen und weniger angespannt und wieder ein völlig normaler Mensch. Ganz bestimmt.
Heute vor zig Jahren:
Wir nehmen uns zwei Stunden frei um in die Stadt zu fahren und für mich eine 501 und für Pes Vater einen Rasierapparat zu kaufen.
Mademoiselle hat es heute fertiggebracht, beim Versuch, Rad zu schlagen, mit dem Knie auf dem eigenen kleinen Finger zu landen und zwar mit so einem Wumms der gesamten 22 kg Körpergewicht, dass dieser aufplatzte. Blutbad in der Sporthalle. Ob der Finger tatsächlich nicht mehr bewegt werden konnte oder eher nur nicht wollte, war nicht herauszufinden, praktischerweise liegt aber die Ambulanz des Krankenhauses fast direkt neben der Sporthalle. Der Finger wurde überprüft, gereinigt und fachfrauisch verbunden, die diensthabende Ärztin erzählte noch interessante Geschichten von Fingerverletzungen, typischen Hausfrauenverletzungen nämlich, die entstehen können, wenn man das Spannbettlaken auf die Matratze aufzieht: Sehnenabriss am kleinen Finger der (meist) rechten Hand, und dann kann man den letzten Fingerabschnitt lustig in alle Richtungen klappen. Mademoiselle war fasziniert und glücklich über ihren dicken Verband.
Und ich bin glücklich, dass das Kind nun aus dem Alter raus ist, in dem bei einer Verletzung alle Umstehenden erstmal Arnica-Kügelchen aus den Hand- oder Hosentaschen ziehen...
Heute vor zig Jahren:
Nach dem Klavierunterricht gehen wir noch im See schwimmen.
Geradezu absurd ist, dass ich bisher jedes Spiel der EM gesehen habe, aber noch bei keinem die Hymne mitbekommen habe. Als Kind habe ich mich bei EMs und WMs nämlich immer rufen lassen, um die Hymne mitzuhören, und bin dann wieder zum Spielen veschwunden, zu irgendeinem Geburtstag bekam ich sogar mal eine LP mit Hymnen aller Welt und erstaunlich viele davon kann ich heute noch auswendig, auch in Sprachen, die nicht gar nicht verstehe.
Jedenfalls war ich beim allerersten Spiel einkaufen, weil sich da ja das spontane Grillen bei den Freunden ergeben hatte, die aber nicht genug Essen im Haus hatten. Beim zweiten Spiel war ich zu Hause, aber noch mit Auspacken beschäftigt. Beim dritten Spiel weiß ich nicht mehr, warum ich den Anfang verpasst habe, aber beim vierten, Deutschland, habe ich Mademoiselle rasch Abendessen gemacht und sah nur noch ein paar Mundbewegungen (im Fernsehen meine ich - Mademoiselle bewegte bis sie einschlief ununterbrochen den Mund).
Bei Spiel 5 war wieder irgendwas mit Essen und bei den Hymnen von Spiel 6 habe ich Mademoiselle ins Bett gebracht. Bei Spiel 7 hing der Internet-Stream genau, als es ans Singen ging. Bei Spiel 8 war ich im Bad. Spiel 9, heute, habe ich ohne Ton gesehen weil nebenher Harry Potter lief. Spiel 10, ebenfalls heute, fing wieder an, als ich noch im Kinderzimmer war. Ich hörte die polnische Hymne zwar nicht durch die Wand, aber durchs offene Fenster von der Straße her.
Ich bin gespannt, wie das weitergeht... ein paar Chancen habe ich ja noch.
Heute vor zig Jahren:
Als ich beim Fechten bin ruft Ah bei Pe an, ob wir nicht kommen wollen, bei ihm sei Session. Pe sagte, dass ich bis 22 Uhr beim Fechten bin und sich das dann nicht mehr lohnt und es sich sowieso nicht lohnt sich mit ihm zu treffen weil er immer diesen Nazischeiß redet. Der Ah versprach dann, dass es sich auf jeden Fall lohnen würde und er würde es lohnend machen und Pe solle nur dafür sorgen, dass wir beide kommen. Weil wir sowieso nichts Besseres vorhatten, sind wir hingefahren und waren gegen 23 Uhr dort und haben geklingelt. Ah öffnete uns die Tür, nur mit einer Schlafhose bekleidet und war verschlafen und angetrunken. Beide Seiten waren gleichermaßen erstaunt. Ah hatte nämlich seine Mutter erwartet und wir hatten uns Ah eigentlich mit mehr Kleidung vorgestellt. Wir beschimpften Ah der aber versprach, sofort eine lohnende Session zu machen und zu diesem Zweck bei seinem Nachbarn klingelte, damit der mitmacht. Der brachte dann seinen Rasierapparat mit und rasierte dem Ah die Glatze neu. Wir beschimpften den Ah und den Nachbarn, dann kommt Ahs Mutter nach Hause und beschwert sich über den Lärm und über das verrauchte Zimmer und wirft uns alle raus. Ah sagt, er geht im Keller schlafen und der Nachbar bringt uns noch zur Bahn. Dabei fragen wir ihn ein bisschen aus und finden heraus, dass es sich um den Nachbarn handelt, den der Ah auf der Fete vor Ewigkeiten angerufen und immer „bei Ihnen liegt ne Bombe im Haus“ gesagt hat und dass die Mutter den Ah alle paar Tage rauswirft und der dann meistens im Keller schläft.
Mit der Blume habe ich es mittlerweile schon ganz gut raus. Eine Millisekunde bevor die Blume kommt - sie kommt meist nach einem Kopf in Großaufnahme - sage ich mir innerlich "Blume!" und bin so gewappnet. Was für andere schnödes Fußballgucken ist, ist für mich eine neurologische Umprogrammierung. Was tut man nicht alles für - naja, nichts und wieder nichts.
**************
Neben der Blume ärgere ich mich noch über meinen Fahrradkorb. Ohne nachzudenken habe ich einen Fahrradkorb mit Klick-System gekauft - man kann ihn also ganz einfach an- und abklicken vom Lenker des Rades. Was in einer Gegend, in der man aufpassen muss, dass einem nicht das Rad unterm Hintern weggeklaut wird, eher keine so gute Idee ist. Nun muss ich den Korb nämlich immer mitnehmen, wenn ich das Rad abstelle, also mit in Geschäfte, mit in die S-Bahn, mit ins Büro... ich habe schon ein Schulterleiden davon entwickelt. Und das, wo eigentlich der Fahrradkorb doch eine Erleichterung sein sollte (sprich: nicht mehr beim Fahren eine schwere Tasche umhängen haben) und nicht ein sperriges Gepäckstück zusätzlich zur schweren Tasche. Ich bin unzufrieden. Ab sofort lasse ich den Korb am Rad. Soll ihn doch jemand klauen und sich dann selbst damit herumschlagen.
Heute vor zig Jahren:
Familienausflug.
Liebe Fußballübertragungsdesigner,
bitte macht die doofen schnellen Einblendungen dieser Pseudo-Supermario-Piranhapflanze weg. Oder blendet sie länger ein, jedenfalls nicht so ein Geblitze. Leute bekommen davon Migräne, speziell: ich.
Sowieso will ich - wenn überhaupt - das Spiel sehen und nicht irgendwelche Comicblumen. Von mir aus babbt die irgendwo an den Rand. Generell gilt: Weniger Animation ist mehr.
Sehr verbunden
Frau N.
Heute vor zig Jahren:
Pe und ich erfinden ein Spiel und basteln das zusammen und probieren es aus.
Heute begab es sich, dass ich spontan und ohne dies je beabsichtigt zu haben, zwei Stunden lang auf einem Stadteilfest schätzungsweise 30 Kinder in Schmetterlinge verwandelt habe. Wie es dazu kam? Nunja, es war wie immer halt, was soll man noch großartig erkären. Es lief nicht gut am Schminktisch, von drei Schminktanten verließen zwei ihre Position, ohne dass die Nachfolgerin eingetroffen wäre. Und weil die versammelte Kinderschaft zwischen weinen und prügeln und die versammelte Elternschaft zwischen prügeln und prügeln und die verbleibende Schminktante zwischen weinen und Flucht ergreifen schwankte, setzte ich mich auf einen der freien Plätze und sagte: "Ich kann ja mal aushelfen, bis die Nachhut kommt." Kurz darauf sagte ich noch: "Ich kann aber nur Schmetterlinge." Das war kein Problem und ich kann jetzt "Schmetterling" auf Türkisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Rumänisch und Polnisch sagen - Arabisch, Urdu und Thailändisch habe ich schon wieder vergessen.
Zwischendrin saß plötzlich ein weinendes Mädchen auf der Bank, das gar nicht geschminkt werden wollte. Dass ich nur Kinder anmale, die gerne möchten, wollte der Vater nicht hören - es sei für die Mutter, die fände das doch so niedlich. Ich bot dem Herrn an, ihn selbst als Schmetterling zu bemalen, das fände seine Frau sicher wenn nicht niedlich so aber sicher doch sehr lustig. Es gab einen kleinen Tumult und der Vater zog unter wütendem Geschimpfe davon.
Sonst blieb alles ruhig, nur brach auch meine zweite Stunde am Schminktisch an, ohne dass die Ablöse der nicht gekommenen Ablöse eingetroffen wäre. Zum Glück hatte die eine der Damen vom Rotes-Kreuz-Stand nebenan aber seit geraumer Zeit so herübergeschielt, als wolle sie unbedingt auch einmal zig fremde Kinder anmalen und würde sich nur noch nicht so richtig trauen. Nach nur wenigen Minuten Ermunterung, während derer sie mir - ob aus Freude oder als Abwendungsversuch sei dahingestellt - diverse Fahrradsattelbezüge, Kugelschreiber und Luftballons schenkte - war sie rekrutiert und ich konnte meiner Wege ziehen.
Heute vor zig Jahren:
Nur Schule und schlafen.