Gestern bin ich dem Kind knapp vier Stunden im Hochseilgarten nachgejagt. Heute hatte ich zwei jeweils einstündige Personalgespräche und einen Elternabend. Ich weiß gar nicht, ob ich mich gerade körperlich oder geistig plattgefahrener fühle.
Heute vor zig Jahren:
Wir fahren in die Stadt und suchen für Pe einen Bikini. Mit Krücken Bikinis anprobieren ist eine total super Idee. Außerdem kaufen wir rote Schnürsenkel für die Docs.
Sie möchten natürlich wissen, wo Sie endlich ihre Tipps für die EM abgeben können. Das ist hier und selbstverständlich machen Sie als ordentlicher Blogger da mit. Wobei, wenn nicht können sich Herr Büffel und Frau Schneckle und ich die Plätze 1-3 verteilen, dann ist es nicht so frustrierend wie beim letzten Mall, das wäre auch ok. Also machen Sie, wie Sie meinen.
Heute vor zig Jahren:
Pe will "Hauswirtschaftstag" machen und weckt mich um 9 Uhr mit irgendeinem Vitaminzeug. Ich schlafe dann aber wieder ein und wache erst um 2 Uhr wieder auf. Pe kocht Salat mit Dressing, Spargelsuppe und Kartoffeln. Dann hören wir Musik.
Heute habe ich so einige Dinge getan, die ich noch vor ein paar Jahren für ausgeschlossen gehalten hätte: ich habe ein Kind taufen lassen, ich habe meine Handtasche mit einem vierstelligen Eurobetrag in einer Kirche vergessen und ich bin mit bloßen Beinen in ein Brennessel-Feld gelaufen.
Was mich aber am meisten erstaunt ist, dass ich aus Fimo ein Einhorn geknetet modelliert habe, das von zwei Einhornkennerinen vorbehaltlos akzeptiert wurde. Sehen Sie selbst! (In Wirklichkeit ist es natürlich noch viel schöner...)

Heute vor zig Jahren:
Ich wandere mit Pe, die endlich Krücken hat, zum Park und wir kaufen Kellergeister. Dann gehe ich zu einer Party bei Sina, Pe ist noch nicht fit genug, und nach der Party wieder zu Pe und berichte ihr alles was so los war. Wir machen eine 2er Session, ist auch genial, aber immer wenn ich die Augen zumache dreht sich alles und ich denke ich muss Kotzen. Pe zündet zig Kerzen an und ich sage ihr immer, sie soll die ausmachen weil sie mit ihren Krücken immer irgendwas umwirft aber sie macht die nicht aus und irgendwann schlafe ich ein. So um 4 Uhr.
Und während Ihr Euch den ganzen Abend freiwillig schlechte Musik anhört weil Ihr meint, es wäre Kult, habe ich rund 178 Plätzchen in Taubenform gebacken und weiß glasiert, mit einer silbernen Perle als Auge und ein paar bunten Perlen als Deko, und habe nun einen Ohrwurm von Die weißen Tauben sind müde.
Ist das gerecht?
Gute Nacht.
Heute vor zig Jahren:
Nach der Schule besuche ich Pe. Pe meint, ich soll den Ah anrufen. Ich habe aber keine Lust.
Bekanntlich fahre ich ganzjährig ein Teilstück meines Arbeitsweges mit dem Rad. Im Sommer fahre ich, wenn ich stabiles Wetter annehme (was ungleich ist mit vom Wetterbericht vorhergesagtes stabiles Wetter) auch gleich mit dem Rad am Rapunzelturm vor. Bei Regen, auch schon bei Niesel, geht das jedoch nicht, denn ein guter Teil des Weges ist rötlicher Sand/Schotter, der mich bei Feuchtigkeit als Invert-Marienkäfer im Büro eintreffen lässt.
Die letzten Tage war aber schönes Wetter, also fuhr ich den kompletten Weg Rad. Das ist bekanntlich gut, für alles eigentlich, man hat Bewegung, man hat Entspannung, man wird fürchterlich ausgeglichen und bekommt den Kopf frei. Was man jedoch nicht hat, ist Unterhaltung. Gut, ein paar Enten und anderes Geflügel hier und da, ab und an ungeübte Skater, denen man ausweichen muss, damit sie sich nicht an einem festklammern, eine Viererabwehrkette aus Kinderwagenmuttis (ich kann das ja ohne jegliches Wimpernzucken sagen - einer der wirklichen Vorteile, wenn man Nachwuchs hat) und Männer mit zu wenig an. Wenn man Enten durch Tauben ersetzt, hat man das aber eigentlich auch alles in der S-Bahn, und dazu ja noch viel mehr.
Auf meiner letzten S-Bahn-Fahrt - vor der Schönwetterperiode - kam eine sehr schöne Frau in die Bahn und erbat Zugang zu einem der Fensterplätze im Vierersitz. Ich saß außen, mir gegenüber ein Mann, der am Telefon wispernd (immerhin) mit seiner Ex über Geld stritt, neben mir ein anderer Mann, der auf seinem Telefon Tetris spielte. Keiner guckte. Wie kann man nicht gucken, wenn ein Mensch mit Ausstrahlung und Präsenz vorbeikommt? Gut, die einen lesen ein Buch, die anderen machen Dinge am Handy, die nächsten glotzen vor sich hin und wälzen im Kopf vermutlich irgendwelche dringenden 7-Uhr-morgens-Probleme und der Großteil schaut aus dem Fenster. Im Tunnel. Wieso schaut man sich nicht die Leute an, mit denen man zusammen in der Bahn ist? Wie kann einen das nicht interessieren? Ich erkenne in "meiner" Bahn ja jeden Neuzugang, sehe, wenn einer der Stammgäste schlecht geschlafen hat, habe erschlossen, dass die ältere Dame die immer außen sitzen will, alle Terry-Pratchett-Bücher chronologisch durcharbeitet und von der Ex vom Gegenüber weiß ich aus seinen Telefonaten über die Jahre vermutlich insgesamt mehr, als er schon verdrängt hat.
Die schöne Frau war nur ein Zufallsgast, das fand ich heraus, als wir uns über den Mülleimer unterhielten. Trotzdem fahre ich morgen zur Abwechslung wieder einmal Bahn. Ich bin ja schon so ausgeglichen, dass es mir zu den Ohren heraushängt.
Heute vor zig Jahren:
In Physik machen wir eine Exkursion. Ist total doof.
Der Parkettmeister, der heute unangemeldet kam, sagte auf meine Frage hin, ob wir verabredet wären, dies sei nicht der Fall. Er habe jedoch vom Gemüsemann erfahren, dass ich mittwochs um diese Zeit immer daheim sei, denn dann wären die Kinder da.
Nun ist es so: der Gemüsemann kommt schon immer mittwochs und hat diverse Lebensphasen miterlebt: Mademoiselle als Baby mit Mittagssschlaf, das Standard-Mittwochsmittags-Besuchsbaby kreischend im Arm, beide als Krabbelkinder, später, als die Lieferzeit sich verschob, für etwa ein Jahr das damals zu dieser Zeit regulär bei uns anwesende Nachbarskind sowie seit Schulanfang nochmal eine neue Besucherin, die mit Mademoiselle zum Sport geht. Es muss von außen tatsächlich etwas verwirrend wirken.
Auch traf ich den Gemüsemann einmal auf der Straße, als er gerade die Kiste in die Garage gestellt hatte - das tut er, seit das Kind zur Schule geht, immer, denn er liefert gegen 15:30 Uhr und wir kommen frühstens gegen 15:45 Uhr, häufig aber viel später. An diesem Tag hatte er selbst ein paar Minuten Verzug, so dass er sich freute, mich zu sehen. Und offenbar ableitete, mein Leben wäre ein regelmäßiges und wir kämen immer um 15:45 nach Hause.
Und so stand heute der Parkettmeister in der Tür, in der Annahme, dass ich a) immer mittwochs um 15:45 zu Hause bin und dass b) alle fünf anwesenden Kinder meine sind. Immerhin nahm er im Laufe der Parkettgespräche aber wahr, dass zwei Kinder viel dunkler sind als die anderen drei, und das eins von diesen sowie ein anderes Kind Deutsch noch nicht so perfekt sprechen wie der Rest. Was ihn zu der höflich formulierten Bemerkung veranlasste, dass diese Kinder wohl nicht alle von demselben Vater wären.
[An dieser Stelle fragt man sich im Nachhinein natürlich auch, welche Art von Konversationsfortgang jemand nach so einer Bemerkung konkret erwartet.]
Ich bejahte und setzte nach, dass die Kinder sogar auch von unterschiedlichen Müttern seien. Der Parkettmeister schaute ein bisschen mit offenem Mund, dann sagte er "bis nächsten Mittwoch vielleicht" und ging.
Vielleicht fällt bis dahin ja der Groschen. Allerdings bin ich nächsten Mittwoch um 15:45 Uhr gar nicht da. Falls doch muss ich ihn unbedingt fragen, in welchem Verhältnis er zum Gemüsemann steht.
Heute vor zig Jahren:
Ich gehe mit Papa am See schwimmen und besuche danach Pe zu Hause. Wir überlegen, ob wir den Ah anrufen sollen.
Morgen kommt die Putzfrau. Allerdings kommen morgen Nachmittag fünf Kinder. Ich glaube, hier liegt ein Fehler in der Planung vor.
Beinahe wären nur vier Kinder gekommen - nicht, dass das einen wesentlichen Unterschied gemacht hätte - weil die Rückgabe des fünften sich im zeitlichen Ablauf schwierig gestaltete.
Frau N: Also, Sie könnten sie bis 17:15 abholen, oder ich kann sie um 19:30 zu Hause abliefern.
Anderemutter: 19:30 ist zu spät, da muss sich schon im Bett sein. Aber ob ich 17:15 schaffe, weiß ich nicht, ich habe einen Termin um 17 Uhr und einen um 18 Uhr...
Frau N: Sie könnnen auch vor 17 Uhr kommen, ich glaube, wir sind zu Hause, sonst können wir ja kurz telefonieren. Oder Sie kommen dann irgendwann zwischen 17:30 und 18:45 zum Sportverein?
Anderemutter: Ich bin nicht ganz sicher, um 15:30 bin ich auch gebucht, gerade morgen habe ich total viele Anfragen, aber bis 18:45 müsste ich schaffen, der Abendtermin ist nur ganz kurz...
Frau N: Was machen Sie denn beruflich?
Anderemutter: Haha, klingt wie Prostitution, ne?!
Was sie tatsächlich macht, hat sie mir dann übrigens nicht gesagt.
Heute vor zig Jahren:
Pe hatte beim Sport einen Unfall mit Krankenwagen und so – sie muss nun eine Woche zu Hause bleiben.
Das wirklich Gute an sommerlichen Temperaturen ist, dass man sämtliche 14 Türen, mit denen diese Wohnung gesegnet ist, einfach offenstehen lassen kann. In den letzten Wochen hörte man deshalb durch die gesamte Wohnung das Quaken des Frosches der Nachbarn schallen. Ich ging fest davon aus, dass dieser Frosch eingekauft und im gebauten Teich ausgesetzt war. Als ich heute morgen nachfragte, behaupteten die Nachbarsjungen jedoch, der Frosch sei zugelaufen. Ich finde diese Idee gleichsam unglaubwürdig wie charmant: klar, von Krötenwanderungen habe ich auch schon gehört, aber dass sich ein Frosch diverse Kilometer vom Fluß/Park/Stadtrand her aufmacht, durch die Innenstadtstraßen hüpft um schließlich mitten in der City noch entweder eine Hofmauer oder eine Garagenreihe oder einen Hauseingang zu überwinden und in den vermutlich einzigen Teich auf mehreren Quadratkilomtern einzieht... hm hm. Eventuell hat ihn aber auch schnöde ein zufällig vorbeiziehender Storch genau über dem Teich meiner Nachbarn aus dem Maul verloren.
Vielleicht wurden die Kinder instruiert, das mit dem "zugelaufen" zu sagen, für den Fall dass sich jemand über das Gequakte echauffiert. Nichts läge mir ferner, nur: jetzt quakt das Tier nicht mehr. Ob das an meiner Nachfrage liegt (dass die Kinder im Garten jetzt dem Frosch den Mund zuhalten erscheint mir im weiteren Verlauf der gesamten Froschwanderungsgeschichte dann auch nicht mehr so abwegig)? Oder ist der Storch zurückgekommen? Ob ich morgen nochmal fragen soll?
Heute vor zig Jahren:
Der Ah ruft nicht an. Pe und ich spielen Monopoly, es gewittert, danach ist das Wetter total genial. Wir versuchen mit unseren Eltern die Ausgehregelungen an Wochentagen auszuweiten auf 11 Uhr. Klappt nicht.
Eben sprang an der Küchenjalousie das Zugband aus der Rolle. Ich hakte es wieder ein, beim nächsten Versuch war es aber wieder ab. Papa und Mama Novemberregen haben eine ähnliche Jalousie und dort trat das Problem schon öfters auf, so dass ich anrief, um von ihren Reparaturerfahrungen zu profitieren. Das Grundproblem war auch schnell gelöst und der Profitipp die Halterungen, die sich offenbar mit der Zeit gerne lockern, wieder etwas zusammenzudrücken. Just in diesem Moment entstand ein Telefonproblem.
Frau N, ungehört: So, alles drin.
Papa N: Die antwortet einfach nicht mehr.
Frau N, ungehört: Papa?!
Mama N, im Hintergrund: Wieso nicht?
Papa N: Das weiß ich doch nicht!
Frau N, ungehört: Papaaaaaaaaaaaaaaa!!!!!
Mama N: Hast Du sie etwa mit Telefon da hochgeschickt? Hat sie sich wenigstens eine Leiter geholt oder ist sie irgendwo hochgeklettert?
Frau N, ungehört und irgendwo hochgeklettert: Papaaaaaa!!!
Papa N: Meinste, die ist runtergefallen?
Mama N: Bestimmt! Das ist ja mindestens 5 Meter hoch!
Papa N: Ist sie allein?
Mama N: Jetzt ist sie da runtergefallen und da ist sonst keiner und Du bist schuld.
An dieser Stelle legte ich auf, um umgehend wieder anzurufen. Keine Verbindung. Dann klopfte es auf meinem Telefon an, Nummer der Eltern.
Frau N, ungehört: Hört ihr mich?
Papa N: Da ist eine Verbindung, aber sie sagt nichts.
Mama N: Bestimmt liegt sie da und kann nicht mehr sprechen.
Frau N, ungehört: Orrrrrr!!
Ich legte auf und rief mit dem Handy an. Keine Verbindung. Ich rief mich selbst mit dem Handy auf dem Festnetz an. Alles wunderbar. Ich rief mit dem Handy das Handy meiner Eltern an: ausgeschaltet. Schlaufuchsig rief ich meine Schwester an, um die Nummer der Nachbarn meiner Eltern zu erfragen mit der Absicht, diese vorbeizuschicken mit der frohen Kunde, dass das Kind noch lebt. Meine Schwester entschied, selbst erst einmal zu versuchen, meine Eltern anzurufen und andernfalls selbst die Nachbarn zur Beruhigung vorbeizuschicken.
Derweil hatte ich die Jalousie funktionsfähig angebracht. Da klingelte mein Telefon - Nummer der Eltern.
Frau N: Hallo?
Papa N: Hallo? Warum rufst Du denn an?
Frau N: Du hast doch angerufen. Immerhin geht es jetzt wieder!
Papa N: Ich kann jetzt nicht. Ich telefoniere auf dem Handy mit Deiner Schwester. Und Du wolltest Dich doch um Deine Jalousie kümmern. (legt auf).
Ommmmm...
Heute vor zig Jahren:
20.5.
Eigentlich hatten wir den Ah ja schon abgeschrieben. Aber dann hat er heute angerufen. Ich war aber nicht zu Hause, sondern bei Pe. Um 17 Uhr ruft er nochmal an und fragt, ob wir zur KJG-Fete kommen. Wir wussten gar nicht, dass eine ist, aber natürlich kommen wir. Wir unterhalten uns am Telefon über so einiges, zum Beispiel hat er gehört, wir wären jetzt auch skinmäßig drauf. Das hätte er wohl gern, was für ein Scheiß. Vor der KJG trinken wir auf dem Spielplatz beim Kuli vor der Tür Kellergeister und gehen dann weiter, da kommt uns der Ah auf einem Fahrrad entgegen und hat plötzlich wieder Haare. Wir gehen zusammen zur KJG, Ah kauft noch einen Kellergeister. Die Fete ist aber total scheiße, also gehen wir mit Ah zu einem Freund von ihm, der Be heißt. Ich fahre bei Ah auf dem Rad mit und Pe bei Kuli. Beim Be fängt Ah aber sofort wieder mit seinen sonderbaren politischen Theorien an, ist echt unerträglich. Der Kuli bekommt die Aufgabe, ihm immer den Mund zuzuhalten wenn er wieder davon anfängt, aber das klappt nicht, der Ah wird sauer und der Kuli ist zu luschig, sich durchzusetzen. Also gehen Pe und ich weil wir darauf kein Bock haben. Der Ah bringt uns noch zur Straßenbahn und sagt, er würde morgen anrufen und ich sage ihm, er soll nur anrufen wenn er etwas anderes als sein Skingelabere zu sagen hat.
Es scheint in romanischen Sprachen keine 1:1 Übersetzung zu "im Dunkeln lagern" zu geben. Naja, wann gibt es schon 1:1 Übersetzungen. Aber was bei uns schlichtweg "im Dunkeln" heißt, wird auf Französisch mit "à l'abri de la lumière" und im Italienischen mit "al riparo dalla luce" übersetzt, also sozusagen mit ohne Licht. Im Niederländischen hingegen hat man dann ein schönes germanisches "en donker".
Jedenfalls steht das so auf meiner Bierflasche. Ich dachte, Sie sollten das wissen.
Heute vor zig Jahren:
Wir kaufen für Pe eine 501 und färben meine Haare silberblond. Keine Lust, in die Stadt zu gehen.