Es kann gute Gründe dafür geben, dass zwei Personen, die sich einen Nachmittag lang am Küchentisch gegenüber setzen, sich eine Mail nach der anderen schicken.
Angenehm ist es auch, dass es im novemberregenschen Haushalt wunderbar nach Gebäck duftet und man es auch essen dürfen wird - jedoch nur die Gäste backen. Bzw. halt, gerade wurde ich in der Erstellung eines "Zebrakuchens" unterwiesen, und zwar per ganz indirekter Verhaltensanweisung ("Also, Herr Herzbruch macht das immer soundso und das klappt dann nicht so gut...")
Ona Herzbruch stellt derweil Mängel an der Badwanne fest: "Man kann hier noch nicht so richtig gut baden!". Glücklicherweise lag es aber nur an der Füllhöhe, war also leicht zu beheben.
Handy des Mannes hinter Frau Herzbruch klingelt in der langen, langen Schlange vor dem Geldautomaten der bereits geschlossenen Postfiliale.
"Ja! Hallo wie gehts?? Ja! Bin ich hier gerade Postbank! Mal so bisschen gucken!"
Frau H. und Frau N. gucken geradeaus. Frau Herzbruch vergräbt das Gesicht in ihrem Schal. Frau N. wendet sich ab um hoch konzentriert eine Broschüre zu Migrantenberatung zu studieren.
Meine Güte, was man alles verpassen könnte, wenn man das Haus nicht verlässt...
Seit etwa zwei Wochen jammere ich (innerlich) vor mich hin, weil ich mich heute mit einer Frau treffen muss, die ich nicht mag, um die ich aber wegen eines Ehrenamtes in den nächsten zwei Jahren nicht herumkommen werde. Besser also, sich gleich damit abzufinden.
An der Frau stört mich hauptsächlich die geballte Sprücheladung, die einem bei jedem Gespräch entgegenquillt. Sie wissen schon - Leute, die "Männe" sagen, sagen auch "die Kurzen" und Leute, die "zum Bleistift" sagen, sagen auch "erstens kommt es anders und zweitens als man denkt" und "den ganzen Tag und abends mit Beleuchtung". Ich bin da leider allergisch. Außerdem stört mich Anfassen, so am Arm und auf die Schulter hauen auch. Da ist der Zug dann schon fast abgefahren. Satz mit ix. Nicht immer, aber immer öfter. Sie sehen, ich bin schon infiziert.
Also dachte ich, besser bei ihr treffen als bei mir, bei mir hatten wir nämlich schon, und das war nicht gut, weil sie länger blieb, viel länger, als erhofft.
Und nun, bei ihr, war es wirklich okay. Nach Wohnung gucken und hinsetzen und Kaffee trinken und runterkommen kam plötzlich eine ganz warmherzige Person zum Vorschein, die unheimlich gut mit Kindern kann und irgendwo hinter den tausendfach gehörten Sprüchen plötzlich Ansichten und Meinungen hervorzieht. Freunde werden wir sicher nicht, aber ich habe etwas - mehreres - gefunden, dass ich an ihr schätzen kann und es war ein angenehmer Nachmittag.
Ich bin sehr erleichtert.
Der aktuelle Stand in der Sache Vodafone ist so, dass ich nach 3 Wochen komplettem Schweigen, als das Internet kaputt war, nun in den 6 Tagen, in denen es wieder funktioinert, schon zwei Mails bekommen habe. Eine mit einer Umfrage zur Kundenzufriedenheit. Das ist jetzt an sich ein bisschen witzig, außer, dass das natürlich automatisiert verläuft. Und zusätzlich betrifft es auch noch einen Teil des Services, mit dem ich halbwegs zufrieden war. Ich habe mir aber überlegt, trotzdem zu antworten, jedoch zu dem Thema, über das ich gerne sprechen möchte.
Die zweite Mail ist noch ein bisschen lustiger. Der angekündigte Techniker kam ja nicht, so dass ich mir erlaubt hatte, dem Anbieter eine Pauschale in Höhe von € 40 für die mir entstandenen Mühen zu berechnen. Wenn der Techniker kommt und man selbst ist nicht da, muss man schließlich auch etwas bezahlen, warum sollte das umgekehrt nicht genauso funktionieren. Und siehe da: es funktioniert. Auch wenn mir nur ein Viertel des Betrages geboten wird, und auch das selbstverständlich nur aus "Kulanz". Um den Betrag geht es aber ja auch gar nicht. Es geht ums Prinzip und darum, dass ich finde, alle Menschen sollten ab jetzt ihre Dienstleister zur Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung auffordern, wenn sie versetzt werden. Man kann das sportlich sehen und das Geld dann irgendwem spenden. Also los, gehen Sie denen auf die Nerven.
Kalt, kalt, kalt. Viel zu viel Zeit draußen verbracht (1 Stunde radfahren, 3 Stunden rumlatschen), zu viel eingekauft und beim Schleppen der Taschen über die eigenen Füße gefallen. Alles inklusive eigener Person aufgefangen aber dabei "Rücken" zugezogen. Rücken gekonnt (stellen Sie sich ein schlangenartiges Eichhörnchenhüpfen vor) wieder eingerenkt und morgen vermutlich deshalb und wegen des bibbernd Zusammenkauerns die Mutter aller Muskelkater.
Immerhin: ich habe eine Heizdecke, und ich werde sie benutzen!
Lange im Büro keinen Sonnenuntergang mehr gesehen, obwohl das doch eine der wirklichen Zusatzleistungen der Tätigkeit im Rapunzelturm ist.
Der heute ist nicht reißerisch-spektakulär, eher mild. Der Himmel von Flieder über Taupe zu einem hellen Türkis, dazwischen ein paar pinkfarbene Schlieren. Die Bürotürme davor wie Schattenschnitte. Sehr entspannt.
Extra dafür so lange bleiben, lohnt dann aber auch wieder nicht, denn in fünf Minuten ist sowieso alles vorbei.
Mysteriöse Dinge gehen im Hause Novemberregen vor. Heute sollte der Ableser-für-Alles kommen und die gesamte Hausgemeinschaft war vorbereitet, hatte untereinander Kinderabholungstermine und Schlüsselübergaben koordiniert und sogar Einkäufe so terminiert, dass auf jeden Fall immer irgendwer da war. Nun ist es 17:00 Uhr und alle stehen im Treppenhaus und wundern sich über die Stockwerke hinweg, dass der Ableser gar kam. Beherzt schwingt sich Frau N. die zwei Stockwerke hinab, um die Handynummer des Ablesers vom Zettel an der Tür in das Mobiltelefon in der Hand einzutippen und Klärung zu verlangen, und da steht auf dem Zettel. "31. Januar 2012". Sehr verwirrend. Dass ich Termine durcheinanderschmeiße, kommt vor. Dass es acht Parteien so geht, ist schon sehr irritierend.
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Was zieht man denn zu einer Videokonferenz an, wenn man direkt danach entspannt ausgehen und Bier trinken möchte? Konkret gesagt, was zieht man denn zu einer Videokonferenz mit lauter Damen, die sich für wichtig halten, an, wenn man direkt danach entspannt ausgehen und Bier trinken möchte? Oder ganz konkret gesagt, was zieht man zu einer Videokonferenz mit lauter Damen, die sich für wichtig halten, und die sich nie abschließend sicher sind, ob sie mich für extrem minderbemittelt oder für extrem störrisch halten sollen, an, wenn man - Sie wissen schon? Und womit vertreibt man sich die Zeit, während sie Managementgefasel absondern und sich ausführlich wundern, dass in anderen Ländern manchmal alles anders ist? Kann man alleine Bullshit-Bingo spielen? Ich wette, der Begriff "Best Practice" fällt in den ersten drei Minuten. Ich muss mir vorher genau den Winkel der Kamera zeigen lassen, damit ich weiß, ob es auffällt, wenn ich heimlich unter dem Tisch twittere.
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Und noch eine Frage, fürs nächste Mal: was hätte ich denn am besten mit den Austernpilzen gemacht, wenn Sie nicht ob meiner Entscheidungslosigkeit mittlerweile verschimmelt wären?
Den Januar, der ja bekanntlich nicht so mein Monat ist, habe ich in diesem Jahr schlichtweg elegant überspielt.
Erst in der Mitte der ersten Woche aus dem Urlaub zurückzukehren war ein kluger Zug - bis man realisiert hat, welcher Tag, welcher Monat, welches Jahr es ist, ist die erste Woche dann auch komplett rum. Dann wurde die komplette Wohnung renoviert, so dass zur zeitlichen Verwirurng eine komplette Ortsverwirrung hinzutrat. Gut, dass es die DSL-Angelegenheit gab: durch die Fristsetzungen ist es mir gelungen, den Monat ordentlich zu strukturieren. Das eigene Leben auf Wiedervorlage.
Nachdem sich all das in den letzten Tagen aufgelöst hat und nur noch ein paar Bilder anzubringen und Schrott zu entsorgen ist, ist auch der Monat fast rum. Das habe ich wirklich gut hinbekommen.
Heute war einer der wenigen Tage, an denen es mir gelungen ist, absolut nichts zu machen. Von einem klitzekleinen Ausflug in den Supermarkt abgesehen, um die entsprechenden Zutaten zu besorgen um auf Anregung Herrn Giardinos Spaghetti-Eis herzustellen - mit einer Knetpresse geht das befriedigend gut. Aber ansonsten habe ich nichts gemacht, unterbrochen nur von Essen und Nickerchen. Gut, und zwei Waschladungen Wäsche. Aber sonst gar nichts. (Außer Kochen.)
Mein Kopf fühlt sich jetzt an wie ein großer Vanillepudding, aber sicher war das total gesund. Ist schließlich dieses Entspannen, von der immer alle reden.
Als ich heute von der Arbeit nach Hause kam, sah ich einen Herren mit Punkten auf der Jacke und einem kleinen Computer in der Hand aus unserer Einfahrt herauseilen. Rasch hinterhergestöckelt fasste ich ihn am Arm, zum Äußersten bereit, und fragte ihn, ob er wohl gerade bei Familie N. geklingelt habe. Der Mann bejahte und wich, als ich ihn umarmen wollte, einen Schritt zurück.
"Das ich das noch erleben darf!", jubelte ich und der Mann brummelte etwas von "bisher noch jeden Termin eingehalten". Auf meinen Hinweis, dass wir aber heute gar keinen Termin haben, sagte er schlicht: "Doch. 13-17 Uhr." Für das Protokoll verneinte ich, nahm ihn aber trotzdem ins Haus mit. In den Keller wollte er nicht, nur in die Wohnung, wo er einmal guckte, ein Dings anschloss, ein paar Sekunden "Messungen" machte und dann sagte: "Geht doch!".
Es war dies einer der wenigen Momente, ich denen ich einmal komplett sprachlos war.
Der Mann zeigte auf seinen Bildschirm, wo Internet war. Ich krabbelte unter den Tisch um eigenäugig zu überprüfen, dass er das Kabel auch an meinem Internet festgemacht hatte und nicht etwa an einem heimlich eingebrachten Mobiltelefon oder sowas. Der Mann hatte Internet aus meiner Wand. "Darf ich mal?", fragte er, und schaltete den Router ein. Der Router blinkte froh. Das Internet war in meinem Router.
"Wenn ich Sie jetzt frage, ob Sie vorhin irgendwas an irgeneinem Verteilerkasten draußen gemacht haben, sagen Sie 'Nein', oder?", fragte ich. "Nö, hab ich nicht", sagte der Mann mit der gepunkteten Jacke. Und zweifelte die Richtigkeit der Messung der Vodafone-Techniker an, wobei ich wieder - fürs Protokoll - Veto einlegte, denn nicht nur hatten die Vodafone-Techniker bei mir kein Internet, ich hatte ja auch keins, also lag es nicht an einer falschen Messung und anschließender Spontanheilung sämtlicher beteiligter Geräte sondern - ja, an was?
"Es liegt an Ihnen, Sie müssen jetzt für immer hierbleiben." Logik ist meine Stärke. Schnell ergriff der Mann die Flucht, immerhin konnte ich ihn noch dazu bewegen, seinen Namen dazulassen, seine Handynummer wollte er mir partout nicht geben.
Das Projekt "DSL" ist also vorerst abgeschlossen. Grämen müssen Sie sich aber nicht - als nächstes steht vermutlich das Projekt "Rechnung" an. Mein mittlerweile ca. 2 cm hoher Stapel mit Gesprächsnotizen wird jedenfalls noch nicht geschreddert. Denn nicht umsonst sagte mir neulich ein bekannter deutscher Strafrechtler: "Meiner Erfahrung nach gewinnt meistens der mit der dickeren Akte".