Die Stimme der einen Bäckereiverkäuferin, durchdringend und immer einen Tick zu knapp, um freundlich zu sein, hört man bis auf die Straße. Es sind jedes Mal dieselben Worte. "Guten Tag!! Was darf's denn sein??". "Bitte schön!!". "Danke schön!!" "Schönen Tag noch!!". Beim "Schönen Tag noch!!" schaut sie immer schon die nächste Person in der Reihe an. Der Blickkontakt ist genauso exakt abgemessen wie die Wortlänge und die zackigen Bewegungen hinter der Theke. Die Haare sind ein bisschen zu toupiert und ein bisschen zu blond und das Make-up ein bisschen zu stark. Kurz gesagt: diese Frau verursacht mir oft das erste Augenbrauenzucken des Tages.
Die andere Bäckereiverkäuferin ist eigentlich genau so wie die erste, nur in ein paar Lagen semitransparenten Vorhangstoff gewickelt. Die erste in gedämpft. Sehr stark gedämpft. Sie spricht so leise, dass man sie kaum versteht, die Worte schweben nach hinten offen im Raum und man kann es kaum fassen, wie sie hinter der Theke neben der anderen existieren kannn, ohne ständig - unscheinbar wie sie ist - über den Haufen gerannt zu werden. Sie hat dieselbe Größe und Figur wie die andere, dieselbe Frisur, nur in platt und maus, und ist immer sehr blass. Auch sie verursacht mir oft dieses Augenbrauenzucken, weil ich mich so sehr auf sie konzentrieren muss, um sie überhaupt wahrzunehmen.
Die beiden sind sich sehr ähnlich, nur so völlig entgegengesetzt. Das ist kein Widerspruch. Bestimmt sind es Schwestern.
Beim Anblick des heute überraschend doppelt-so-groß-wie-sonstenem Körnerbrötchen ganz unlogisch "ich hätte zwei kaufen sollen!" denken.
Dass es das Zeug gibt, heißt nicht, dass man das überall reinpacken muss. So!
Speziell für die Frau Midori hier ein kurzer Abriss.
Man braucht für 2 sehr hungrige Personen oder 3 Normalesser zwei Pfannen und einen großen Topf und die folgenden Zutaten in Reihenfolge der Verwendung:
1 Zwiebel
1 bisschen Öl
Mangold (ein dickes Büschel)
1 bisschen Gemüsebrühe
1 Knoblauchzehe
braune Champignons (hm - 2 Hand voll?)
noch 1 bisschen Öl
Lachs (je nach Hunger)
Nudeln (je nach Hunger)
getrocknete Tomane (hm - 5?)
Pfeffer, Salz, Muskatnuss
1 bisschen Sahne (hm - 3 Eßlöffel?)
Pfanne 1: Zwiebel gehackt in Öl anbraten. Derweil (lustiges Wort) Mangold "filetieren" (also wie immer, halt - das Weiße vom Grünen abschneiden), das Weiße in Streifen schneiden und zur Zwiebel kippen. Kurz anbraten, dann ein bisschen Gemüsebrühe dazu, Deckel drauf und ein bisschen dünsten. Nämlich genau so lang, bis die Knoblauchzehe gehackt und die Pilze gewaschen und in Scheiben sind. Dann das alles dazu. Wieder Deckel drauf und nun zum:
Topf: Nudeln kochen. Und währenddessen zu:
Pfanne 2: Öl erhitzen, Lachs würfeln und in die Pfanne werfen. Braten. Ab und zu wenden. Mit Pfeffer und Salz würzen. Und zwischendurch zurück zu:
Pfanne 1: erstmal schauen: wenn das sehr suppig aussieht vom Pilzsud, Deckel ab und wegkochen lassen, das soll nur feucht sein und nicht schwimmen. Getrocknete Tomaten in Streifen schneiden und in die Pfanne rühren. Das Grüne vom Mangold in grobe Streifen und obendrauf werfen. Zusammenfallen lassen. Mit Pfeffer, Salz, Muskatnuss würzen und ein bisschen Sahne drüber (nur so dass es glänzt, nicht schwimmt!), nochmal unterheben, fertig.
Nudeln aufn Teller, Mangold drüber, obendrauf der Lachs.
Ich weiß nicht, woran es liegt, aber manche Kosmetikerinnen (hm, das Wort klingt verdächtig nach politisch inkorrekt, aber wie mag das sonst heißen - face artist??) haben das so richtig drauf mit dem Augenbrauenzupfen und manche nicht. Bei denen, die es nicht drauf haben, bekomme ich viele Tränen und Kopfschmerzen. Bei denen die es drauf haben, fühlt es sich an wie ein Wellensittichschnabel, der ein bisschen um Nase und Brauen knabbert und dabei gurrende Laute ausstößt. Sie kennen ja sicher das Gefühl, wenn man einen Wellensittich auf der Brille sitzen hat, der einem gerade die (natürlich spärliche!) Gesichtsbehaarung ausreißt.
Also habe ich heute viel an meine Wellensittiche gedacht. Der erste war grün und nach dem damaligen Torwart der Fußballnationalmannschaft Nationalspieler benannt und gar nicht meiner, aber ich durfte ihn noch kennen lernen und erinnere mich an die dumpfen Schläge, die er allmorgendlich beim Frühstück verursachte, indem er mit seiner Schaukel so heftig schaukelte, dass er gegen das Käfigdach knallte, herunterfiel, benommen liegen blieb, aufstand und dann den normalen Tag eines Wellensittichs begann. Eines Morgens erhob er sich jedoch nicht mehr aus dem Vogelsand.
Der zweite war blau und gehörte mir. Wann ich ihn bekam, weiß ich nicht mehr, aber die Vögelchen überlebten nie wirklich lange bei uns, was wir Kinder gern auf Mamas Dauerdurchzuglüften zurückführten. So schwächelte auch der blaue Wellensittich (den Namen verrate ich nicht) bald und ich erinnere mich noch an den Abend, als er in Papas Hand starb, während ich schon im Bett lag und nicht wissen sollte, was vor sich ging, es aber trotzdem genau wusste. Eine etwas unglückliche Situation, die sich in einem meiner ersten Tagebücher in übergroßer krakeliger 6jährigenschrift verewigt findet.
Dann war erstmal Schluss mit den Vögeln, bis meine Schwestern einen weiteren blauen aus der Schule mitbrachte, den ein Freund nicht mehr behalten durfte, da das Tier verhaltensgestört war. Bei uns stört sowas nicht, er blieb dann also und erlitt quasi-epileptische Anfälle, sobald man sich bis auf 5 Meter-oder-so dem Käfig näherte. Bis in den Sommerferien dann viele meiner Freunde gleichzeitig verreisten und ich vorübergehend sechs Pflegevögel bei mir aufnahm. Da blühte er auf. Und ich fand es eine wunderschöne Idee, die Vögel mal alle gleichzeitig fliegen zu lassen. Das war auch toll. Nur wusste ich hinterher nicht mehr genau, welcher welcher war (sie waren alle blau!). Aber ich habe bestimmt alles richtig zurücksortiert.
Ich sage ja auch gern, dass die Narbe auf meiner Nasenwurzel von einem Wellensittichbiss stammt. Was nicht stimmt, aber ich weiß nicht, wie ich sie mir zugezogen habe. An die Situation erinnere ich mich, aber wie sagt man so schön - Wasser hat keine Balken. Wie soll es da bittschön möglich sein, mitten beim Schwimmen plötzlich eine klaffende Schnittwunde im Gesicht zu haben? Der Fall ist bis heute ungeklärt, weshalb es auch gut ein Wellensittich gewesen sein kann, der da über dem 50-Meter-Becken schwebte.
Eine weitere Narbe habe ich auch noch, über die ich immer so viel lüge, dass ich gar nicht mehr weiß, wie das nun genau damit war. Es war jedenfalls ein Messerstich. Das ist eine zutreffende, doch in ihrer Kürze aufregende Variante. Lassen wir es doch dabei, man muss nicht alles zerreden.
Die Kosmetikerin hat auch nicht geredet und konnte das mit dem Wellensittichschnabelgefühl. Da geh ich wieder hin.
Griff vom Fahrradkorb nach drei Tagen auf der Straße wiedergefunden. Mitten in der Stadt.
Heute ist ein ganz besonders guter Tag, um den Weg zum Kindergarten wegen vergessener überlebensnotwendiger Kind-Utensilien gleich dreifach mit dem Fahrrad abzufahren. Immerhin nur einmal mit 14 Kilo zappelndem Lebendgepäck (lauthals "Reeeeeegentropfen, die an dein Fäääääänster klopfen" krähend) hintendrauf. Dafür komme ich mir jetzt mit der dicken Winterjacke und der fahrradhelmgeplätteten Ober"frisur" plus regengedredlocktem Unterfell vor, wie Mama Schaf.
Mama Schaf braucht jetzt erstmal was Warmes zum Trinken. Ich denke ja immer spontan, Schafe tränken Milch. Hab ich aber glaube ich schonmal gesagt, nur mit Kühen. Und dass ich manchmal neidisch bin auf Leute, die sich morgens fertig machen, also so richtig schick, und dann unbehelligt von irgendwelchen Schweiß-, Tränen- oder Rotzausbrüchen ihren Arbeitsplatz erreichen, habe ich auch schonmal erwähnt. Wobei das auf Dauer vermutlich langweilig ist. Immer dasselbe sagen aber auch.
Was ist also neu? Hm, also für mich, in jedem Fall das Gefühl, das sich nach dieser Sache mit dem LKW in Kombination mit so einer richtig tiefen, großen Pfütze und einer für Radfahrer roten Ampel ergibt. Naja, ist ja nur Wasser. Also hauptsächlich. Themenwechsel.
Falls hier ein Mitarbeiter der ESO mitliest, dem gegen 8:05 Uhr in der Karlstraße eine Mama Schaf im Rumpelstilzchenmodus mehrfach gegen das Müllauto trat und dabei wild artikulierte: das war ich. Und das war, weil Sie mir die Vorfahrt genommen haben. Und dann noch direkt vor mir stehen geblieben sind, um dieses Mülltonnenkippding zu machen. Ich weiß, das ist ihr Job. Aber ich war noch unterwegs zu meinem Job und das genau ist mein Punkt - ich hätte schon längst dort sein sollen, halten Sie mich gefälligst nicht auf. Außerdem saßen Sie im Warmen und ich im Regen und drittens funktionieren doch meine Bremsen nicht so richtig. Und viertens gibt es Verkehrsregeln. Naja, gut, sonst ist mir das auch immer alles egal, aber es gibt halt diese Tage. Bestimmt war das auch spaßig anzuschauen.
Jetzt sitze ich im Rapunzelturm und schaue mir den Regen an, der gar nicht mehr da ist. Ist ja typisch. Erstmal Kaffee. Und ich bin ganz sicher, dass ich mir das "Na, Frau N., ist heute Rocktag?" vom Empfang ganz unten nur eingebildet habe.
Gerade beim Aufräumen fiel es mir wieder ein.
Heute Nacht träumte ich, der Herr N. habe, weil ich ja schon um kurz nach 20:00 Uhr vom Tag ermattet schlafen ging, höchst spontan den Herrn Cabman zum Biertrinken eingeladen. Da ich ja schon schlief und nichts davon ahnte, hatte ich vorher keine privaten Gegenstände verräumt.
So entdeckte ich am nächsten Morgen, dass sich das gesamte Internet über mein im Flur aufgehängtes Funkenmariechen-Kleid in rot-silber und insbesondere die dazugehörigen weißen, überkniehohen Lackstiefel mit 10cm Stiletto-Absatz das Maul zerriss.
Nur ein Traum, nur ein Traum...
- Selten drei Tagen kindbedinger Couch-Küchen-Haft so viele Erlebnisse abgerungen.
- Begegnung heute: Kindergartenmami, die mir berichtete, sie könnte ihrem Kind diesen Fiebersaft, den ich verwende, nicht geben, weil der ja aussähe wie Sperma. Ah. Dazu kann man nun nichts weiter schreiben, wenn man nicht in Roche'sche Gefilde abdriften möchte.
- Wissenschaftliche Gedankenexperimente. In der Ecke neben dem Kühlschrank liegen immer ziemlich genau zwei leer Packungen vom Pizzabringdienst. Dies lässt folgende mögliche Rückschlüsse zu: 1. Wir essen recht selten gelieferte Pizza, oder 2. Wir bringen recht häufig das Altpapier weg, oder 3. es besteht ein Zusammenhang zwischen Altpapierentsorgung und Pizzabestellung, der lauten könnte a) Pizza wird erst neu bestellt wenn alte Schachteln weg oder b) bei Entsorgung alter Schachteln entsteht durch noch näher zu untersuchende Umstände unmittelbar Pizzahunger, 4. das Kind bekommt keine eigene Pizza, 5. Besuch wird nicht mit Fastfood abgefüttert sondern ordnungsgemäß bekocht (reine Theorie! möglicherweise hungert er auch).
- Ähnlich: Immer, wenn ich mich entschließe, das Hustensaft-Fiebersaft-Fieberthermometer-Globuli-Gekruschel aus der Küche zu entfernen, erkrankt das Kind.
- Den Gemüsemann angerufen. Ja, tatsächlich angerufen, nicht gemailt. Um die Bestellung abzuändern, und dabei erwähnt, dass die mitgelieferten Möhren dieses Mal absolut geschmacksneutral waren. Bedauern am anderen Ende der Leitung, Zusage einer Gutschrift und Versprechen, die Qualität zu überprüfen. Am Abend gekocht und beim Abschmecken auch nach verrühren der dritten sonst-so-höllisch-scharfen Chilischoten so gut wie gar nichts am Essen gemerkt. Heute morgen (besser spät als nie) fügten sich diese Erlebnisse dann im Kopf zusammen und warfen eine Erkenntnis aus. Erneuter Anruf (!) beim Gemüsemann mit entschuldigendem Dementi in Sachen Möhren. Frau am anderen Ende der Leitung sagt nur freundlich, sie habe gestern schon bemerkt, dass ich äußerst verrotzt klänge, das ginge schon in Ordnung. Auf meine Rückfrage, warum sie um Himmels Willen denn nichts gesagt hätte, die lapidare Antwort: "Bei uns ist der Kunde König, Frau N." Ja, ich weiß, warum ich beim Gemüsemann bestelle.
- Tja.
Search Request: Schwangerschafsstreifen
Frau Grasdackel, Sie hätten doch was sagen können...
- Wieder so viel Meta übers Schreiben begegnet, das ist mir doch sehr fremd. Klar kenne ich das, grundsätzlich, aus Schule und Uni, aber dieser Vorsatz, selbst zu schreiben nach gewissen Regeln (einigermaßen rechtzuschreiben mal ausgenommen), nach Formalität, mit Beachtung des Diesen und des Jenen - so ernsthaft. Geht das überhaupt? Wird das dann nicht "herzlos"? Und, ähm - macht das Spaß?
- Halsschmerzen deutlich besser. Turbo-Erkältungen, meine Spezialität. Psychosomatik nicht erkennbar.
- Keine neuen aufregenden Begegnungen beim Sport, von der verkappten Sadistin mal abgesehen, die sich immer als Schlaftablette tarnt und mir beim letzten Kontrolltraining beinahe - beinahe! - so eine Muskelkater beschwerte, dass ich nicht mehr tippen konnte.
- Irgendwo im Wohnzimmer leben Motten. Es sind zu viele, als dass man es auf "mal von draußen reingekommen" schieben könnte, aber zu wenige, als das man ernsthaft etwas unternehmen würde. Cleveres Viehzeug.
- Netz. Passender Begriff. Lauter Fallstricke und Verknüpfungen. Lauter kleine Spinnen, die Fäden ziehen. Manchmal zum Schaudern.
- Und ich. So ein bisschen roh. Nicht das Weiche, wo alles durchgeht. Nicht das Harte, wo alles abprallt. Nunja.
Und wo Sie gerade einmal hier sind, gehen sie doch bitte auch noch dort vorbei.
(Ähm - und nicht nur schauen, sondern auch... Sie wissen schon. Muss ich doch nicht extra dazu sagen, oder?)
Es fing ja alles ganz harmlos an. Kurz vor Weihnachten bemerkte ich beim Friseur, dass meine immerhin schon vier Jahre alte EC-Karte nicht so richtig funktionierte. Also ging ich auf dem Rückweg gleich bei der Bank vorbei, wo der freundliche Herr am Schalter mir sagte: "Joooooo - dann bestellen wir mal eine neue. Die kommt demnächst, so Anfang Januar. Mit neuer PIN." Mehr nicht. Mehr nicht.
Am 23.12. wollte ich dann mal Geld ziehen. Abends. "Karte nicht lesbar", sagte der Automat. "Rufen Sie uns mal an". Hm, so Heiligabend und die Feiertage und die darauf noch folgende Woche unterwegs ganz ohne Bargeld ist ja doof, dachte ich mir. Und rief mal an. Und man sagte mir, dass ich doch eine neue Karte bekäme. So Anfang Januar. Die alte sei - selbstverständlich! - gesperrt. Entsperren nicht möglich, wir bedauern sehr.
Ein kleiner Tobsuchtsanfall am Telefon. Wie soll ich denn die Weihnachtsgeschenke kaufen? Nur gähnende Leere und keine leuchtenden Kinderaugen unterm Weihnachtsbaum. Naja, ich hatte schon alles, aber ich hatte mich vor dem Anruf gut gecoacht. Ich musste fast selber weinen. Ekelhaft kompetent war der aber, der Mann da im Callcenter. Können die da nicht wenigstens Leute hinsetzen, mit denen man Streiten kann? Ich glitt immer wieder an der Professionalität ab, auflegen wollte er auch nicht, erhöhte das Limit der Kreditkarte und wünschte mir am Ende noch ein schönes Fest. Unverschämt!
Größerer Tobsuchtsanfall in der Bank. Rumpelstilzchen deluxe. Die Tür ließ sich nicht eintreten, recht erfreulich im Nachhinein, aber in dem Moment Öl ins Feuer. Ein weiterer Bankkunde ergriff die Flucht. Decken wir den Mantel des Schweigens über den Rest.
Die Karte kam dann so Anfang Januar, und auch die PIN. Ich zog aus, um Bargeld zu holen. "Karte nicht lesbar, rufen Sie uns mal an." Angerufen - Karte wohl kaputt - neue kommt. Na gut.
Die nächste Karte kam so Mitte Januar. Ich zog aus, um Bargeld zu holen. "3x falsche PIN, Karte gesperrt. Rufen Sie uns mal an." "Sie bekommen doch natürlich eine neue PIN! Die geht in den nächsten Tagen ein!". Na gut. Karte entsperrt, in den nächsten Tagen die neue PIN.
Also wieder zur Bank. Karte in den Automaten. "Karte nicht lesbar. Rufen Sie uns mal an." Fassungsloses Erstarren. Weltsprengungsszenarien im Kopf. Viel Lärm, viel Blut, Fetzen, Splatter, Staub, grelle Blitze, Detonationen. "Die neue Karte kommt so Mitte Februar. Eine neue PIN etwas später. Was stellen Sie eigentlich immer mit den Karten an?" Aufgelegt. Nebenbemerkung: So einen roten Knopf am Telefon zu drücken ist nicht gleichzusetzen mit der Befriedigung, einen Hörer auf eine Gabel zu knallen.
Na gut. Geld musste her. Karte des Ehegatten einkassiert und beschwingten Schrittes zur Bank getrabt. Der Gedanke, Karte + PIN des Besserverdienenden in der eigenen Tasche zu wissen, kann einen schon einmal beschwingen. Auf dem Weg zur Bank die Schaufenster gesichtet und eine mentale Liste erstellt. Karte in den Automaten. "Karte nicht lesbar. Rufen Sie uns mal an." Ähmja. Die Karte zum zweiten Konto hat der Herr N. mir dann nicht gegeben. Komisch, oder?
Ein paar Tage lang versucht, Metallgegenstände per Gedankenkraft zu verbiegen. Oder der Kreditkarte das Geheimnis ihrer Resistenz gegenüber der ganz offensichtlich von mir ausgehenden Strahlung zu entlocken. Unterwegs immer wieder an alle möglichen Gegenstände gegriffen, um mich zu "erden".
Die neue Karte und PIN trafen pünktlich zum letzten Wochenende ein. Eingekauft, als gäbe es kein morgen mehr, und einen großen Batzen Bargeld für unters Kopfkissen geholt. Karte seitdem nicht mehr verwendet. Ich trau mich nicht.