...schönes Wort, beschissener Zustand.
Nichts richtig, alles falsch. Die eigenen Haare, denen gegenüber gestern noch eigene spontane Verliebtheitsgefühle entstanden, möchte ich heute am liebsten einfach komplett abrasieren. Die Brille nervt, die Kontaktlinsen brennen, das schon ewig abgesplitterte Stück Zahn stört nun, ach eigentlich das ganze Gesicht stört, was sage ich, der ganze Körper!
Hunger ohne Appetit - Nahrungsaufnahme verursacht Übelkeit ohne die Zwischenstation Sättigungsgefühl auch nur zu tangieren und ständig der Drang, mir das alberne Meerwasserspray in die Nase zu knallen, wenn sonst schon nichts.
Die Jacke brauche ich heute für die Seele, doch sie verschafft mir Schweißausbrüche. Sowieso wechsle ich im Viertelstundentakt (parallel zum Betätigen des Lichtschalters an-aus-an-aus-an-aus) zwischen dünnen Socken, Wollsocken, barfuß und Schuhen. A propros Schuhe - in den hohen knicke ich heute um, in den flachen fühle ich mich wie ein Zwerg. Die Hose ist übrigens zu weit, der Gürtel zu eng.
Wer mich draußen nicht ansieht, findet mich abstoßend (wenig überraschend!), wer meinem Bilck begegnet ist ein aufdringlicher Idiot und verängstigt mich nachhaltig. Musik nervt, das Lieblingsparfüm ist unterträglich. Ich langweile mich und fühlte mich von jedem Ereignis überfordert.
Keine Späße auf meine Kosten heute, bitte, aber bloß keine spürbare Rücksichtnahme, das wäre unerträglich! ich möchte in den Arm genommen werden und gefragt werden, wie es mir geht, empfinde aber jede Berührung und jedes an mich gerichtete Wort als einengend und übergriffig.
Unterträglich für mich, unterträglich vermutlich auch für andere, aber sorry, darum kann ich mich nicht kümmern, ich habe heute mit mir schon genug zu tun.
Schneckenhaus gesucht (Ebay?), alternativ Bier (evtl. viel?) und äußerst unerschrockene Gesellschaft (gute!).
Beim Blick auf die Notizen immer wieder "Mettwurst" statt "Nettoverlust" gelesen. Leichtes Kichern steigerte sich unter den irritierten Blicken der anderen zu unaufhaltsamem Losprusten.
Ich mag gar keine Mettwurst.
Gestern von Phasen geredet und theoretisiert, dass es sich lohnt, und dass weglaufen nicht gilt und dass dies und das, und dabei so viel Energie gehabt und schon vorab froh gelacht, bei dem Gedanken, wie das alles dann wird, ja eigentlich ist.
Nach ein paar Stunden in der Realität heute nur noch Blei statt Blut und so müde, innerlich, und plötzlich dieser kleine fiese Gedanke im Kopf, vielleicht wirklich einfach keine Lust mehr zu haben.
Geistige Einstimmung auf ein internetloses Wochenende, als Vorbereitung auf eine internetlose Woche demnächst und auf zwei internetlose Wochen demübernächst.
Call me Herzschrittmacher, blökt das Blackberrydingens.
den ganzen Tag schon :-)

...so ein Tag, an dem ich mir eine Vollzeitstelle wünsche. Also nicht wegen des Geldes oder der Arbeit (Himmel!). Wegen der Klimaanlage.
- In der U-Bahn einer Frau wie eine dieser Babypuppen gegenüber gesessen, diese, die Plastikarme und -beine haben und am Bauch und so bis knapp über Oberschenkel und Schultern diesen beige-cremefarbenen Stoffbezug. Immer versucht gewesen, ihr auf den Bauch zu drücken, um ihr ein krächzendes "Mama! Mama!" zu entlocken.
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Im Aufzug versucht, meinem Chef den Begriff "Konfektionsgrößengrenzkörpergröße" ans Herz zu legen. Weil meine Körpergröße halt genau auf der Grenze liegt, für die die Hosenlänge bei den Konfektionsgrößen ausgelegt ist. Und weil ich zu kurze Hosen hasse wie die Pest. Und weil ich deshalb immer Langgrößen kaufe, mit dem Vorsatz , diese passend
umzunähenumnähen zu lassen. Mich mitten im Gespräch gefragt, wie es zu dieser Konversation überhaupt kommt. Keine Antwort gefunden.
kommt plötzlich der Tag, an dem einem eine Unterschriftenmappe vorgelegt und beim Call ein Kaffee in so einer langweiligen weißen Tasse gebracht wird.
Für mich der ideale Zeitpunkt, eine Identitätskrise zu entwickeln.
Müde, so unendlich müde, ohne das Adrenalin der letzten 1,5 Wochen scheinbar in eine andere Dimension der Welt eingetreten, in der die Luft aus süßlich-warmem flüssigen Vanillpudding besteht, der jede Bewegung zäh macht und jedes Wort unendlich dehnt, doch die Sonne scheint und alles ist gut. Der Wunsch, mich zusammenzurollen und die Augen zu sclhießen, einfach so, ohne dass etwas wäre, und im Arm gehalten zu werden nur aufzunehmen, einfach so, ohne dass etwas ist, aber es ist ja nichts, und "wir sind alle immer für Dich da, wenn mal was ist", aber wenn nichts ist, dann... "wie jetzt, was ist denn? Nichts? Wie, nichts?" Ich will doch nur einfach so.... "aber was hast Du denn?" Na nichts. "Na wenn nichts ist, dann können wir ja jetzt weitermachen. Du brauchst uns ja gerade nicht." Und da ist wieder dder Punkt mit dem brauchen. Brauchen wäre doch einfacher. Nicht besser, aber einfacher. Einfach muss nicht unbedingt gut sein, vielleicht ist gut mir aber zu kompliziert.
Und dann spüle ich meditativ das Geschirr vom Kaffeetrinken (welches auch nicht gegen den Vanillepuddingzustand helfen wollte), weil ich das Geräusch der Spülmaschine nicht hören möchte, und denke mir, dieses Service habe ich nicht gesucht, sondern gefunden, einfach so, und mitgenommen, einfach so, und jetzt freue ich mich daran, jeden Tag, und will es nicht mehr hergeben, einfach so, weil es wunderschön ist.
Komm lass ich die Augen zu machen und mich zusammenrollen, einfach so, auch wenn nichts ist.
Heute morgen auf dem Weg zum Bäcker, bzw. eigentlich auf dem Weg vom Bäcker zurück stolperte ich über einen Stein, der schon länger da ist und über den ich schon viele Male nicht gestolpert bin, jedoch ist Brötchen holen morgens, am Wochenende, immer eine andere Situation als alle anderen, und so hatte ich die Muße, diesen Stein zu betrachten. Diese Steine eigentlich eher, es sind viele, verdammt viele, in dem Viertel hier, in der Nähe von "Piano Dingens" wo ich normalerweise die Klaviere betrachte, sehnsüchtig, statt die Steine auf der Straße. Aber Brötchen holen ist nicht normalerweise, also war es heute der Stein, die Steine meine ich. Hier ist ein Altbauviertel, teilweise größere Bauten mit großen Torwegen und Hinterhöfen und Hinterhäusern, teilweise kleinere Wohnhäuser, zwei- bis dreigeschossig, mit noch sichtbaren Balken und mit alten Holzfenstern. Von dem Stein, von den Steinen, schon viele Male mit dem Blick gestreift, wanderte mein Blick zu dem Haus, zu den Fenstern, zu den Gardinen und zu den Pflanzen in den Fenstern, und wenn vor so einem kleinen zweigeschossigen Wohnhaus sechs dieser Steine sind, dann wurden irgendwann verdammt viele Leute aus so einem kleinen Haus abgeholt, vielleicht früh morgens oder nachts, oder vielleicht auch einfach ganz lapidar am Nachmittag.
Ich überlege, wie das wäre, wenn meine Nachbarn, einzeln oder gleich en masse irgendwann nachmittags abgeholt würden, vielleicht würden sie heulen und zetern oder nur betreten schauen oder resigniert oder bemüht unauffällig, und ich würde vermutlich denken, naja, das wird schon irgendwie seine Richtigkeit haben, ich kenne meine Nachbarn nicht so gut, wird sich schon alles irgendwie klären, ich koche jetzt erstmal das Mittagessen fertig. Deshalb sind es die Steine mit dem Hinweis "Richtung Osten", die mir noch stärker den Magen umdrehen als die mit der Aufschrift "Theresienstadt" oder "Buchenwald", denn "Richtung Osten" ist äußerst unverbindlich, wenn meine Nachbarn von irgendwem "Richtung Osten" abgeholt würden, könnte ich dafür sehr viele Erklärungen finden, die mich nachts gut schlafen lassen.
Das Thema ist für mich neu. Ich bin ihm bisher gut ausgewichen und habe im Geschichtsunterricht viele Rechenkästchen zu bunten Mustern ausgemalt. Meine Großväter habe ich als Nachzüglerkind nicht mehr kennen gelernt, die Kriegsjahre beschränken sich in meiner Familie auf verschiedene Anekdötchen von einem Opa, der nicht in den Krieg durfte, von einem Onkel der nicht aus Russischer Gefangenschaft zurück wollte von einem anderen Onkel, der sich mit dem anderen Opa einen ganz privaten Krieg lieferte, als dieser nach vielen, vielen Jahren der Abwesenheit überraschend als Familienoberhaupt heimkehrte.
Jetzt bin ich heute morgen über diesen Stein gestolpert. Er hallt noch nach, dieser Bruch im Rhythmus. Vielleicht wäre es an der Zeit.
Kopf zu voll, daher heute Tag der Selbstzensur, aus Sicherheitsgründen, laufe sonst Gefahr, nicht mehr aufhören zu können mit den Gedanken, habe ja noch so viel anderes vor heute und muss mich außerdem ständig mit der ganzen Welt unterhalten denn es ist einer dieser Tage, an dem einem alles und jeder etwas sagen möchte, also zumindest einer dieser Tage an dem man das egozentrisch annimmt, tatsächlich ist das wohl alles ganz anders, aber was ist schon tatsächlich, das ist ja sowieso Ansichtssache. Und so spricht heute jede Wolke am Himmel zu mir und jede Liedzeile und jedes Blog und jeder Kommentar und sogar in die Kleinanzeigen in der Tageszeitung haben irgendwas mit mir zu tun, leider sage sie alle etwas Unterschiedliches und leider sagt niemand "komm mal wieder runter", so wie ich es selbst den ganzen Tag sage, aber es hilft nicht und vermutlich würde es auch nicht helfen, wenn das Toast oder der Kaffee diese Worte plötzlich zu mir sprechen würden, man nimmt ja doch immer nur das wahr, was man erwartet, und ich erwarte nicht, dass die Toastscheibe sagtt "komm mal wieder runter", wenn dann sagt die was anderes, zum Beispiel "heute sollte doch Tag der Selbstzensur sein" und der Kaffee würde spotten "sieht ja wirklich seeeeeeeehr danach aus!" und der Milchschaum würde sich aus der linken Ecke der Kaffeetasse melden, erstens um klarzustellen, dass er eine eigene, vom Kaffee getrennte Identität hat und zweitens um darauf hinzweisen, dass das jetzt reichen sollte, aber was lasse ich mir denn schon vom Milchschaum erzählen.
Selbstzensur klappt nicht. Sagt mein Kopf. Mein Mund verkneift sich einen Kraftausdruck. Das Bauchgefühl schlägt Salto. Die Augen blicken irritiert auf die Finger, die munter weiterschreiben.
Gerade festgestellt, dass ich heute alles mit 14.06.2004 unterschrieben habe.
Nicht gerade erst festgestellt, aber gerade erst wieder gedacht, dass derart froh bin, nur Telefonkonferenzen und seltenst mal eine Videokonferenz zu haben. Ich kann meine Mimik einfach nicht beherrschen.
(Nachgedanke - je größer die Verantwortung wird, desto mehr ist wieder per Hand zu schreiben. Sehr lästig.)
Feierabend, jetzt, würde ich mal sagen.
