Letztes Jahr an meinem Geburtstag war ich unschlüssig, was für Kuchen ich ins Büro mitbringen sollte und sah dann im Internet irgendwo Waffelbecherkuchen. Sofort war ich entflammt, Waffelbecherkuchen, total hübsch und angemessen albern für einen Bankenturm, die wollte ich machen. Ich stürmte in den Supermarkt meines Vertrauens, fand aber nirgendwo Waffelbecher, die kleine Eistruhe, an der sie sonst immer standen, war im November verblüffenderweise nicht vor Ort, statt dessen tummelten sich dort Schokoweihnachtsmänner. Einen Supermarkt nach dem anderen klapperte ich ab und wurde immer nervöser, schließlich fragte ich irgendwo einen Verkäufer und der sagte: "Natürlich stehen die beim Eierlikör."
Achso, beim Eierlikör natürlich, ja, stand auch auf der Packung, dass man die für Eierlikör verwenden kann, 16 Becher sind in einer Packung, ich kaufte 10 Packungen weil ja Waffelbecherkuchen so toll sind und ich die ab jetzt für immer bei jedem Anlass machen wollte.
Ein paar Tage später hatte ich 4 Packungen Waffelbecher verbraucht und wusste: ich will garantiert in meinem ganzen Leben nie wieder Waffelbecherkuchen machen. Erstens das Gefummele mit dem Sprizbeutel, um den Teig hineinzubekommen, trotzdem haben sie oft Schlagseite oder sind kopflastig und kippen beim Anrichten ständig um, Unordnung wohin man schaut, und dann die Arbeit mit dem Überziehen und verzieren, ja, lasst die Leute im Internet ruhig Waffelbecherkuchen machen und hübsche Fotos von aufgeräumten Küchen und angeordneten Becherchen posten, aber ich selbst mit absoluter Sicherheit nie wieder, Scheißzeug.
Ich legte die übrigen Becherpackungen unter die Nudeln. Vor ungefähr einer Woche fielen sie mir in die Hände, weil die Nudeln alle waren. Haltbar noch bis Jahresende, also entweder statt Weihachtsplätzchen Waffelbecherkuchen (natürlich nicht – nie wieder!) oder aber 96 Becherchen Eierlikör, bis Jahresende, also so 5-6 Stück pro Tag – auch schwierig, aber wahrscheinlicher als Waffelbecherkuchen.
Scheinbar völlig unzusammenhängend: gestern habe ich ja die neuen Devices für Papa und Mama N. eingerichtet, dabei entdeckte ich irgendwann, dass das Smartphone gar keine SD-Karte in sich drinnen hatte, sehr ungünstig, keine Zeit mehr zum Einkaufengehen, zähneknirschend bestellte ich bei Amazon Prime ohne wirkliche Hoffnung, dass das noch klappt und bereitete mich mental schon auf die Beschimpfungen der Schwestern ("was richtest du das auch alles erst zwei Tage vorher ein, hättest du dich auch mal eher mit befassen können, dann wäre das längst geregelt, lalala") vor.
Dann ging ich heute morgen zu Papa und Mama N. in deren Hotel frühstücken und heimlich das Hotel W-Lan auf den Geräten einrichten und machte mich anschließend auf den Weg ins Büro – anderer Weg, andere verrückte Menschen – ein paar Straßen weiter rief jemand "He, du – he, he… ich MUSS mit dir Kaffee trinken und Eier essen!"
Das war jetzt neu. Also, Kaffee trinken nicht, das war ja neulich schon, aber Eier essen noch überhaupt nie, also fragte ich reflexartig "Wieso Eier essen?!", so kamen wir ins Gespräch. Frühstücken wollte der Herr, er frühstückt immer mit Ei, ich erzählte, dass ich selbst gerade vom Frühstück komme und dabei sogar auch schon ein Ei verspeist hatte, wir sprachen kurz über Nutella und Schokocremes im Allgemeinen, drückten dann wechselseitiges Bedauern aus, dass es mit dem gemeinsamen Ei heute morgen nicht klappen würde, zumal ich heute auch noch Bürofrühstück hatte, drei Frühstücke an einem Tag sind selbst mir zu viel – doch da fiel mir ein: ich trage ja lösungsorientiert eine Flasche Eierlikör und drei Packungen Waffelbecher zu eben diesem Bürofrühstück! Und so machte ich ein Angebot zur Güte: nicht Kaffee und Ei, aber Eierlikör im Waffelbecher gleich hier auf der Straße. Der Herr war begeistert, ließ es sich nicht nehmen, auch noch Mokka aus dem Cafe gegenüber zu holen und das trotz seiner Sorge, ich könnte währenddessen weglaufen. Aber warum sollte ich das tun, ich spielte natürlich währenddessen Scrabble.
Dann tranken wir Mokka und Eierlikör und sprachen über Weihnachten und Geschenke, ich erwähnte, dass ich eigentlich alles so gut im Griff hatte bis es dann wegen einer fehlenden Speicherkarte ganz und gar anstrengend wurde, der Herr ließ sich das Handy zeigen und sagte: "Speicherkarte hab ich in meinem Laden. Empfehle 4 GB oder 8 GB, 4 läuft schneller." "Wie-wo-was Laden?!" sagte ich, "komm, wir gehen hin!" Wir standen tatsächlich die ganze Zeit direkt davor, ein bisschen zierte er sich, er würde erst um 10 Uhr öffnen, aber das schien mir nur pro forma, jedenfalls legte er wenig später auch gleich formvollendet die Karte auch ein und schaute, ob alles funktionierte, noch ein Becherchen Eierlikör, dann trennten sich unsere Wege, bevor ich ihn noch zu Heiligabend unter den Weihnachtsbaum einlud.
Fazit: Kaufen Sie Waffelbecher. Dieser Waffelbecherkuchen ist eine Zumutung, aber sonst sind die für so ziemlich alle Lebenslagen gut.