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    Freitag, 22. August 2008
    Erpelhaare

    Heute morgen entdeckte das Kind ganz oben auf dem Kleiderschrank, halb hinter einer Kiste, das alte Entenviech vom Herrn N. und wollte es herunterholen und ich sagte ungewöhnlich bestimmt: Nein! Das Ding nich!

    Sie kennen die vermutlich, diese recht großen Plüschenten, weiß und schlapp herumliegend mit gelben Füßen und Schnabel und fusselig, sehr sehr fusselig. Bestimmt kenenn Sie sogar jemanden, der so eine Ente besaß, denn die "hatte" man in den späten 80ern. Also ich nicht, aber der M. Der M. war plötzlich da, ich weiß nicht mehr genau woher er kam und wann, aber als er dann da war, war er nicht mehr wegzudenken und wurde in der Schule der Häuptling von allem. Alle fanden ihn toll und schlau und cool, und ich konnte den M. nicht besonders leiden. Ich weiß gar nicht mal warum, ich mochte den einfach nicht - es gibt das ja, man sieht wen und denkt sich "och nö". So ein Fall war das mit dem M. Und der M. besaß auch so ein Entenviech, nur dass es beim ihm stets prominent auf dem Sofa saß, Haare verlor und den Namen "Erpel" trug. Daran konnte man immer erkennen, welches Mädel aus der Klasse gerade was mit dem M. hatte. An weißen Erpelhaaren auf den 80er-Jahre-Popper-Rollkragenpullovern. Sogar im Biologieunterricht sorgte der Haarausfall des Erpels einmal für einen spektakulären Zwischenfall, erspähte doch die damalige Freundin des M. die unwiderlegbare Beweislast bezüglich des Aufenthaltsortes in der vorangegangenen Freistunde auf der Schulter einer Konkurrentin. Ich sehe das heute noch vor mir: weißer fusseliger Flaum auf bordeauxfarbenem Feinstrick.

    Der M. bliebt mir mitsamt seinem Erpel auch nach der Schulzeit noch für viele Jahre erhalten, und zwar gleich in doppelter Rolle als Freund meiner späteren Mitbewohnerin und bester Kumpel meines Ex. Und als wir beim Abitreffen vor ein paar Jahren unversehens zu zweit mit dem Bier in der Hand in der Ecke hinter dem Billiardtisch wiederfanden, sagte er dann auch, als er ordentlich Schlagseite hatte: "Du... wir mögen uns einfach nicht, oder?". Tja. Und genau in diesem Moment mochte ich ihn dann schon, ein bisschen. Und zupfte ihm einen weißen Fussel vom Pullover und ließ Grüße an den Erpel ausrichten.

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