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    Donnerstag, 3. Juli 2008

    And that has made all the difference.

    Unzählige Entscheidungen treffen wir täglich, die meisten davon nebenher und unbemerkt. Von den bewussten wiegen manche mehr und manche weniger schwer - oft ist das auch stimmungsabhängig und so steht mein grandioser Songtext "Das Bier, das ich nicht trank" auch noch immer aus.

    Manchmal gibt es aber auch Momente, in denen man die Schnittpunkte zwischen den möglichen Handlungssträngen besonders stark spürt. So sehr spürt, dass einem flau wird.

    Ich erinnere mich z.B. an die Situation, ein Messer 3cm tief in meinem Oberschenkel stecken zu sehen. Oder auf offener Straße in einen Polizeiwagen verladen zu werden. Oder die Worte "tut mir leid, ich will nicht mehr" auszusprechen, ein Stück Schneidezahn in der Hand zu halten, eine Faxe-Dose in gezieltem Bogen durch die Luft fliegen zu lassen, morgens im Bett meine Beine nicht mehr zu spüren oder mit blutverschmierten Schuhen an der S-Bahn-Station zu stehen.

    Diesen Situationen gemeinsam ist eine innere Ruhe wie im Auge des Sturms; dafür absolute Ungläubigkeit wie Fassungslosigkeit ob der eigenen Dummheit, da überhaupt hineingeraten zu sein. Vor einem Blick, der plötzlich sehr, sehr klar ist, sehe ich den einen Handlungsstrang, in der Ferne abbiegen und in dichtem Nebel versinken und erlebe einen dieser wenigen Momente absoluter Überzeugung, dass dies nämlich eigentlich der vorzuziehende gewesen wäre. Der nun aber leider unerreichbar ist. Dazu gesellt sich das Gefühl, um eine bessere Geschichte als die, deren Beginn ich gerade erlebe, betrogen worden zu sein.

    Dieses Gefühl hatte ich heute auch. Im beruflichen Kontext, indem eine kleine Unachtsamkeit beinah den absoluten SuperGAU auslöste, mit langfristigen, weitreichenden und kaum abschätzbaren Folgen. Mein Fehler, meine Unachtsamkeit, war es nicht - in letzter Konsequenz aber meine Verantwortung.

    Wie gesagt, beinahe. Letzendlich war es so eine kleine Banalität wie ein klemmendes Schloss, das die Handlungsstränge wieder zusammenschnappen ließ.

    Zurück bleibt ein neuerliches - erfahrungsgemäß schnell verdrängtes - Erstaunen, wie fragil unser Alltag letztendlich doch ist.


    Der Abend fing schon so ein bisschen komisch an. Nämlich so, dass ich mir für diese Freundin etwas anderes anzog - hatte sie doch beim letzten mal gefragt, warum ich eigentlich immer so dunkel gekleidet bin. Viele Gründe gibt es dafür und so wirklich dunkel ist es eigentlich gar nicht - nur keine Muster, keine Blümchen und, nunja, auch nicht die klassischen Sommerfarben. Von den neulich gefundenen Schuhen in rosa mal abgesehen. Aber während ich eine schwarze Cargohose und ein schwarzes Top aus dem Schrank zog, fiel mir dieses Gespräch wieder ein, und warm war es irgendwie auch, und nach einem kurzen Moment dachte ich: nuja, Blümchen halt. In dem kurzen Moment vorher erwog ich übrigens Zickigkeit, was hat die mir zu sagen was ich anziehen soll und so, aber dann: ich muss nicht zickig sein. Ich brauch das gar nicht. Und so wurde es ein unsagbar unzickiger Abend in Blümchen.

    Komisch war das schon - die gaben uns einfach unser Essen nicht, und ich fand das amüsant. Der Kellner war unglaublich unsouverän, wie soll man sich darüber ärgern, das geht doch gar nicht, und so konnte ich ihre Empörung nicht teilen und kicherte in mein nach einer halben Stunde endlich eingetroffenes Bier. Das Essen schmeckte übrigens recht fies und der Kellner fauchte, da könne er doch nichts für. Kann er auch nicht, die können das dort gar nicht mit dem Essen. Dreimal habe ich es schon versucht und grundverschiedene Dinge bestellt, und nichts davon hat gut geschmeckt. Das man aber als Kellner dann quasi repräsentativ für den Laden und so - ach, was soll ich dem das erklären, langfristig ist es eher sein als mein Problem. Ich hatte einen sehr milden Abend.

    Irgendwann hatte ich dann Schluckauf.

    Wir gingen noch spazieren und ich sah einen geöffneten großen Supermarkt, so um kurz vor 10. Wer mich kennt, weiß, was dann geschah. Ich brauchte ja auch wirklich noch einen Liter Milch. Da kann man auch gleich zwei nehmen, einer ist so schnell weg. Und ein Stück Wassermelone. Und weiße Zitronen-Lavendelschokolade hatte ich noch nie. Und Safari-Lollies fürs Kind. Und unbedingt benötigt man gegen 22 Uhr auch noch kalten Kaffee im Plastikbecher.

    Die Freundin teilte mir mit, sie habe sich früher kurz vor Ladenschluss in Kaufhäusern oft Kulturbeutel auf den Kopf gesetzt. Und die Milch in meiner Hand sei nicht Bio. "Aber ich bin doch in zivil", entgegnete ich, und fand mich plötzlich komisch. So als ob die verschiedenen Teile nicht ganz zusammenpassen. So als ob es hakt und ruckelt. Und schlich zum Sekt, aber sie wollte keinen, denn nach vielen Jahren Abstinenz habe ich sie noch nicht weiter als bis Milchkaffee-Baileys gebracht. Den braucht sie manchmal in meiner Gegenwart, sagt sie, und ich denke an die Information über die Kulturbeutel und denke: ja, versteh ich, manchmal ist es nicht so leicht, sich näher kennen zu lernen.

    Der Kastanienbaum vor dem griechischen Lokal hat schon flummigroße Früchte. Sie wissen, welche Flummigröße ich meine. Die "richtige". Zu dem Zeitpunkt ist normalerweise der Hochsommer vorbei. Kommt mir recht früh vor, ich habe es sicherheitshalber fotografiert.

    Kastanien, flummigröße

    Auf dem Heimweg im letzten Dämmerlicht zogen die verschiedenen Stücke mich in so viele verschiedene Richtungen. Die Freundin noch auf einen Cocktail mitzerren? Einfach allein in der netten Kneipe ein Bier trinken gehen? Mich mit dem kalten Kaffee ins Gras setzen? Eine Radtour am Fluss? Dann war es dunkel und ich wollte einfach nur nach Hause.

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