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    Donnerstag, 11. Oktober 2007
    Zipperlein

    Ich bin ja jemand, der keine Geduld für Krankheiten hat. Also für Krankheiten anderer schon, aber für eigene nicht. Früher habe ich mich deshalb, wenn mal irgendein Zipperlein auftrat, ins Bett gelegt und geschlafen, bis alles verschwunden war. Aus familienorganisatorischen Gründen ist diese hervorragende Bewältigungsstrategie momentan nicht möglich. So dass ich nun, wenn mal was ist, alle erdenklichen Gegenmittel zusammentrage, anwende, und die Angelegenheit dann verdränge. (Ich bin berühmt für meine Erkältungscocktails.) Irgendwann ist es dann vorbei.

    Als ich heute morgen mit Kind im Arm auf der Treppe fehl trat, kam mir auch als erstes in den Sinn, einfach gleich vor Ort liegen zu bleiben und mehrere Tage zu schlafen. Nein - vorher gratulierte ich mir noch zu der hervorragenden Landung. Zwar einige Stufen weiter unten, aber das Kind und die Tüte mit dem Joghurt noch sicher und unverletzt im Arm und auch sonst schien alles unter Berücksichtigung der Umstände sehr geordnet und sauber. Bis ich dann feststellt, dass mein rechter Fuß sich unter mir und allem befand und das in einem Winkel, der bei meinen allabendlichen gymnastischen Übungen bislang nicht vorkam. Als ich den Fuß herauszog, dachte ich an das mehrtägige Schlafen, an Ort und Stelle. Aber ich dann wieder darauf stand (naja, sagen wir zu 30%) entschied ich mich für Verdrängung. Das klappte gut, bis ich das Kind per Fahrrad im Kindergarten abgeliefert hatte und die Treppen zur S-Bahn herunterhasten wollte. Das ging nämlich einfach nicht, weil mich ein komisches Geräusch im Fuß nachhaltig verunsicherte. Ich bin empfindlich, was Geräusche angeht. Insbesondere, wenn sie meinem Körper (Ausnahme: Mund und evtl. Nase, in Ausnahmefällen Magen) entstammen.

    So entschied ich mich, den nahegelegenen Unfallarzt meines Vertrauens aufzusuchen. Der hatte aber Urlaub und verwies als Vertretung auf den ebenfalls nahegelegenen Orthopäden meines begründeten Misstrauens. Dieser war erkrankt und verwies als Vertretung auf einen mir unbekannten Arzt etwas weiter weg. Dieser sagte mir, er sei kein Unfalleingansarzt und ich solle einen vierten Arzt, noch weiter weg, aufsuchen. Nun war zu diesem Zeitpunkt aber das Ende meiner Geduld mit diesem Zipperlein erreicht, so dass ich mich zu einer kurzen Bestandsaufnahme entschloss. Der Fuß hatte mich mittlerweile per Fahrrad an alle Enden der Stadt transportiert. Ihn zu drehen oder voll zu belasten ist nicht angenehm, aber durchaus möglich und alle Zehen können noch zappeln. Mir war zum zähneklappern kalt und schwindlig, was ich aber auf eine ausgedehnte Fahrradtour (mittlerweile war ich 45 Minuten unterwegs) ohne Kaffee oder Frühstück in Bürooutfit bei herbstlich-kühler Witterung zurückführte. Das Geräusch im Fuß - ein kehliges Schnappen - entsteht vermutlich, wenn sich eine zur Ausführung der Bewegung notwendige Sehne über den zweiten Knöchel, der schräg unterhalb des eigentlich Knöchels neu gewachsen ist (und übrigens novemberregenblau ist), bemüht. Ja, dachte, ich kann da erstmal abwarten, was passiert. Ich habe mir noch nie einen Knochen gebrochen, aber das fühlt sich bestimmt anders an. Und alles andere regelt sich ohne Arzt vermutlich genauso schnell wie mit.

    So begab ich mich unter humpeln und fluchen zum Rapunzelturm und lasse mich seither mit hochgelegtem Fuß bedienen und bedauern. Ab Feierabend wird dann verdrängt.

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