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    Samstag, 8. September 2007
    Schwelgen in Jammern

    Der Tag ging dann übrigens so weiter, dass ich gleich nach Ausschalten des Rechners nach einem Schal gegen meine Halsschmerzen suchte und dabei auf ein Mottenlager in den Winterwollklamotten stieß. So war ich für die nächste Stunde gut abgelenkt da gut beschäftigt, bis ich nach einer umfassenden Säuberungs- und Entsorgungsaktion mit einem Schal aus einem anderen Schränkchen umschlungen befriedigt die letzten Ecken mit Killergift ausspritzen konnte, denn - so öko ich ja bei meinen Nahrungsmittel bin, so sehr schwenkt das Pendel in die andere Richtung aus wenn es um unerwünschte Mitbewohner in meinem Haushalt geht. Ich verstehe da keinen Spaß.
    Die Befriedigung war jedoch von kurzer Dauer, denn beim triumphierenden Zuknallen der Zimmertür bei geöffnetem Fenster (das Zeug ist wirklich nicht gesund) stieß ich mit dem Fuß ein großes Glaswindlicht um, in dem sich die Kastaniensammlung des Kindes befand, und es zersprang in Tausend Scherben. Nun wäre dies bis vor wenigen Stunden noch ein Quell weiterer Genugtuung gewesen, habe ich dieses Windlicht doch vor vielen Jahren von einer Frau geschenkt bekommen, die ich all die ganzen Jahre dann lieber vergessen wollte, was mir auch ausnehmend gut gelang, bis auf die wiederkehrenden Begegnungen mit dem Glaswindlicht, das nie zu irgendetwas nütze war (ich habe es nicht so mit "Accessoires"), jedoch dann just heute morgen eine Bestimmung fand, nämlich vom Kind zwecks Deponierung der Kastaniensammlung adoptiert und ins Herz geschlossen wurde, und kurz nach dieser Sinnfindung seine Existenz in meinem Haushalt, die immerhin drei Umzüge überdauert hatte, zu beenden. Man weiß gar nicht, ob man diese Daseinsberechtigung in den letzten Zügen des Daseins nun tröstlich oder tragisch finden soll. Naja, diese existenzphilosophischen Gedanken überfallen mich aber auch gerade erst jetzt, denn in dem Moment des Splitterns fand ich das einfach nur total bescheuert und brüllte eine explizite Verwünschung, woraufhin die Nachbarn gegen die Wand klopften.

    Beim Scherben auffegen zog ich mir diverse Splitter zu (ich habe mich noch nie an Scherben geschnitten, immer nur an absurden Dingen, weshalb ich es nicht einsehe, für Scherben irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen), aber das sei nur am Rande bemerkt denn zu der wirklichen Absurdität kommen wir nun: ich musste dann ein neues Glaswindlicht kaufen, für das Kind, wegen der Kastanien halt. Ich habe jetzt also wieder eins. Ich habe jetzt auch quietschebunte Muffinformen und neue Unterwäsche, drei Packungen Brot in Scheiben (das ist für mich als Bäckerstochter ein untrügliches Anzeichen von Rebellion) sowie vier Sorten Käse von der Käsetheke.

    Soweit also die momentane Sachlage. Der weitere Plan für heute ist: Kuchen backen, Abendessen, Kind ins Bett stecken, Geburtstagstisch mit Girlanden, Luftballons, Konfetti, Luftschlangen und anderem unerträglich buntem Krimskrams sowie einem Geschenkeberg (die Eisenbahn!) herrichten. Danach mit dem Gefühl, etwas geleistet zu haben, mit dem Laptop auf dem Teppich vor dem Fernseher versacken, dabei Bier trinken und alles andere ignorieren.

    Schwelgen in Intoleranz

    Heute bin ich mal ein interolantes Arschloch, ansonsten bekomme ich nämlich ein Magengeschwür, außer, dass ich sowas natürlich nie bekomme, mein Magen ist unverwüstlich, ich krieg immer Migräne und das klingt so weicheiig, darauf hab ich keine Lust. Und deshalb werfe ich alle Vorsätze über Bord und meckere nun 5,5 Minuten lang nach Lust und Laune, darüber, was mich heute alles stört, bis 14:30 werde ich nämlich ganz genau meckern und danach für lange Zeit (was das Meckern angeht) verstummen.

    Mich stört, wenn der Besuch seinen Besuch erst für Freitagabend ankündigt, dann auf Samstag zum Frühstück (wir bringen die Brötchen mit!!) verschiebt um Samstag mittag dann in Erwartung einer warmen Mahlzeit in der Tür zu stehen. Mich stört das, obwohl dieser Besuch eigentlich, erfahrungesgemäß, durch Kürze gewinnt. Aber egal, es stört mich halt, weil ich Absprachen mag, und es mich stört, wenn sich jemand nicht daran hält.
    Außerdem stört es mich, wenn der Besuch dann sofort auf dem Balkon zum rauchen verschwindet und die Tür auflässt, so dass es erstens recht frisch wird und zweitens der Qualm in meine Bügelwäsche (ich bügele nie, aber ich nenen die Stapel trotzdem so weil es vorgibt, es würde noch etwas wirklich gutbürgerlich-produktives damit geschehen) zieht. Dass der Besuch danach eine halbe Stunde auf der Couch sitzt und mit dem neuen Handy spielt, stört mich auch, weil mich Handys tendenziell sowieso nerven, wenn damit herumgespielt wird, ich fühle mich dann nicht genug beachtet und langweile mich, weil mich die Dinger nicht interessieren, bin aber zu höflich, dem Besuch gegenüber zu sitzen und ein Buch aus der Tasche zu ziehen um mich darin zu vertiefen, gut, das ist mein Problem mit der Höflichkeit, zwingt mich ja niemand dazu, aber ist auch egal, man kann immer alles zu seinem eigenen Problem machen, aber dazu habe ich jetzt keine Lust, ich möchte mich einfach nur beschweren und intolerant sein und meckern und nörgeln, herzlichen Dank. Dann stört es mich auch, wenn ich die erwartete warme Mahlzeit beibringe (ich Irre!!) und beim Essen dann mit dem neuen Handy fotografiert wird. Würde meine Anrichtung der Speisen abgelichtet, so ginge das vielleicht gerade noch an, wenn aber alle Anwesenden beim Essen einfach mal abfotografiert werden, finde ich das einfach nur doof. Es stört mich.
    Mich stört auch ein Geschenkeregen, der über die ganze Familie hier hereinbricht, jeder bekommt mindestens fünf nutzlose Kleinteile, hauptsache etwas mitgebracht, ich würde die Kleinteile jetzt wirklich gerne aufzählen, aber dann geht mir die Zeit aus, ich will ja noch weitermeckern.
    Es stört mich nämlich zu diesem allen noch, dass dann die Heizung aufgedreht werden soll weil es kalt ist (ich verweise auf die Balkontür), dass dann alle verschwinden (gut, das stört mich nicht an sich, aber die Art und Weise störte mich), und dass niemand einen Schlüssel mitnahm (fällt unter Art und Weise aber Art und Weise ist doppelt, also kann ich mich darüber auch doppelt aufregen!) und daher jemand gleich das Kind wachklingeln wird, oder aber - stört mich genauso - die alle noch nicht zurück sind, wenn das Kind aufwacht, und arg vermisst werden.

    Es stört mich, dass ich heute Abend keine Platz auf der Couch haben werde, bei dem nicht die mir notwendige Sperrzone von einem halben Meter bis hin zun nächsten Körperkontakt verletzt wird, so dass ich mich gern mit dem Laptop aus Bett zurückziehen werde, dann aber wieder unhöflich bin (mein Problem, ich weiß, halten Sie den Mund!) oder auf dem Teppich kauere, was akzeptabel wäre, auch für mich, da ich beabsichtige, beim computerbegleiteten Fußball gucken reichlich Bier zu mir zu nehmen, und so ist ein Sturz von der Couch schonmal vermieden. Dabei stört mich, dass ich schon für das erste Bier missbilligende Blicke ernten werde (bei Sekt wäre das was anderes, da gäbe es die missbilligenden Blicke erst nach dem dritten oder so, ich mag aber nicht sonderlich gerne Sekt) und dass der durch das Kauern auf dem Fußboden eingehaltene Schutzradius mich nicht vor fußballfremder (und computerfremder) Dauerbeschallung retten wird, währen die anwesenden Herren unbehelligt ihr Bier trinken und unbeschallt dem sicherlich dappigen Fußballkommentator lauschen dürfen - ich fühle mich hier ernsthaft diskriminiert.

    Ich könnte hier noch endlos weiter machen, was mich morgen alles stören wird, aber leider ist die Zeit jetzt um, man muss sich ja Grenzen setzen für sowas, finde ich, sonst räumt man dem störenden Zeugs viel zu viel Raum ein. Insofern war es das jetzt, weshalb ich dieses Thema beende und mir einen schönen Tag mache.

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