Oft macht man sich ja gar nicht so genau Gedanken, wie ein Tag eigentlich nun war, wie es einem geht, wie der Stresspegel gerade so ist. Ich habe jedoch mein persönliches Stimmungsbarometer, das werktäglich gegen 20:30 Uhr - in der ersten Einschlafphase des Novemberregentröpfchens - in Form eines kackbraunen Größerwagens vor dem gegenüberliegenden Haus vorfährt. "Naaang-nang-nang-nang, nang-naaaang, naaaaang" erschrillt die Hupe des Gefährts, woraufhin im 3. Stock des Hauses drei Grazien ans Fenster treten. "Komme gleich" sopraniert die eine, woraufhin der Fahrzeugführer in unverständlicher Sprache zurückschallt. "Komme gleeeeeiiiiiiiiiiich" wiederholt sie noch eine Stufe vernehmlicher. Der Fahrzeugführer dreht nun orientalische Lala bis zum Anschlag auf und verbleibt in Warteposition neben dem Gefährt. Trifft der Sopran am Wagen ein, wird noch einiges Gekreisch mit den zwei im 3. Stock verbleibenden ausgetauscht, bis nach einigem Türenschlagen die orientalische Lala verklingt.
An guten Tagen nehme ich dies schmunzelnd zur Kenntnis, erfreue mich an der kulturellen Vielfalt meines Wohnortes und wippe den Takt der Lala mit den Zehen.
An normalen Tagen bin ich, leicht irritiert, versucht, mit einem nicht mehr benötigten Gegenstand aus dem Fenster auf das Dach des Fahrzeugs zu zielen.
An schlechten Tagen wird automatisch nach Erklingen des ersten "Naaang" Stressbewältigung initiiert und ich begebe mich in bester autogenes-Training-Manier auf eine Phantasiereise: die Treppe hinunter und auf die Straße, wo ich zunächst die Scheinwerfer und dann sämtliche Scheiben des Fahrzeugs eintrete und dem Fahrer dann derart in die Fresse schlage dass er sich fürderhin nicht mehr daran erinnern wird, wo die Hupe zu bedienen ist.
Heute ist anscheinend weder ein guter noch ein normaler Tag...
Lieber Herr Vortragender,
inhaltlich war es ok, aber als Tipp für's nächste Mal:
- Wenn Sie in den Raum kommen, und es sind schon Teilnehmer da, sollten Sie sie begrüßen - auch wenn das Seminar noch nicht angefangen hat. (Zwischennotiz an die Teilnehmer - wenn Sie in den Raum kommen, und es ist schon jemand da, wirkt auch von Ihrer Seite ein in den Raum gerichtetes "Guten Abend" nicht unangemessen).
- Verstecken Sie sich danach nicht hinter dem Laptop - Ihren Krempel müssen Sie vorher auf die Reihe bringen!
- Wenn Sie öfter Seminare abhalten, einen richtigen Raum dafür haben, lohnt es sich, den ganzen Kabelkrempel am Vortragstisch hinter einer Verkleidung verschwinden zu lassen (Billigvarianten aus Stoff oder Tonpappe möglich). Für über den Boden verlaufende Kabel kann man diese Metallschwellen benutzen, ohne irgendwas anbohren zu müssen.
- Lassen Sie - bei bekannter Teilnehmerzahl - im Vorfeld überflüssige Tische entfernen!!
- Machen Sie keine geplanten Witze! Situationskomik ist ok, aber keine Witze sind definitiv besser als geplante.
- Wenn Sie den Teilnehmern Werbekrempel aufdrücken möchten, verpacken Sie ihn entweder praktisch oder ansprechend (oder beides).
- Ergreifen Sie nach dem Schlusswort nicht sofort die Flucht und verstecken Sie sich auch nicht wieder hinter dem Laptop. Sie können sich z.B. an die Tür stellen, sie den Teilnehmern öffnen und sie dort verabschieden (und ihnen den ansprechend/praktisch verpackten Ramsch in die Hand drücken - funktioniert tausendfach besser als komische Prospektstapel auf einen Tisch vor der Leinwand zu legen, garantiert!).
Danke. Bis zum nächsten Mal.