An diesem Morgen wachte ich als erste auf, als zweite kam der Hund ins Wohnzimmer und wir gingen gemeinsam in den Garten, Bälle werfen und die Nachbarin kennenlernen. Als alle anderen aufwachten, war ich schon bei angenehmen 300 ml Kaffee angekommen und gesprächsbereit.
Nach dem Tag gestern, an dem ja gar nichts geschah, wollten wir uns heute nicht gleich mit Erlebnissen überfordern. Frau H und ich fuhren erst einmal einkaufen, der leckere rosa Cidre war aus. Allerdings nicht nur bei uns sondern auch im Supermarkt, in einer Übersprungshandlung kauften wir von allen anderen rosa Cidresorten zwei Flaschen, eine, um festzustellen, ob sie schmecken und die zweite um im positiven Falle dann noch eine Flasche entspannt trinken zu können. Ich glaube, wir hatten beide nicht ganz präsent, dass wir in wenigen Tagen schon abreisen.
Auf dem Hinweg zum Einkaufen forderte Frau Herzbruch Lob ein, dass sie den Weg zurück schon ohne Navi kennt. Der Rückweg war dann ungewöhnlich lang und als wir zum zweiten Mal am Kino vorbeikamen, schalteten wir das Navi dann doch wieder ein.
Zurück im Haus nahmen wir Bestand auf, was alles neu kaputt gegangen war: Waschbecken im WC (Stopfen unentfernbar im Abfluss) und Herr H hatte, als er nachts im Dunkeln schauen wollte, wer vor dem Haus Lärm macht, versehentlich eine Leiste über dem Fenster abgerissen. Gestern ging ja die Grillzange kaputt, an Tag 1 schon fiel in Frau Hs Zimmer die Vorhangstange ab. Reparaturen wurden in die Wege geleitet, es ist ja immer etwas zu tun in so einem Haus.
Als nächstes machten wir uns auf in das schönste Dorf Frankreichts, das hatte ich aber falsch verstanden, es ist das Lieblingsdorf der Franzosen (und Französinnen?) nach einer Umfrage von France 3 und es hatten sich insgesamt unter 20 Orten beworben. Gut, dass ich das falsch verstanden hatte, ich wäre sonst beunruhigt gewesen.
Der Ort war nett. Der Laden, den Frau H unbedingt aufsuchen wollte, war ein Ort des Grauens. Ich kann mir das nur so erklären, dass er früher mal toll war und nun immer noch von einem Ruf lebt. Es war ein ziemlich weitläufiges Ladenlokal und darin untergebracht sämtlicher weltbekannter Nippes und Tourikram. Die geblümten Teetassen, die es auch im Blumenladen in Offenbach gibt, die Seifen, die jede Apotheke hat, die Kosmetik aus der entsprechenden Abteilung bei Manufactum, dazwischen das Sortiment von Depot und dieser Dekoladenkette, die Kikeriki oder so ähnlich heißt. Unfassbar. Es gibt nur einen Weg durch den Laden, man muss alles anschauen, um wieder hinauszukommen. Wir kauften nichts.
Jetzt ist es stürmisch geworden, das ist sehr gemütlich, wir müssen uns nun dem Doppelkopf und dem Cidre und den ca. 20 eingekauften Creme-Brulees widmen.
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Die Herren Herzbruch fuhren heute noch einmal zu Kriegsschauplätzen, wir anderen blieben daher im Anwesen, denn wie gesagt, eine andere Fortbewegungsweise als die per Auto ist hier nicht vorgesehen. So harrten wir – gut versorgt durch morgendliche Einkäufe – auf der Terrasse mit Meerblick den ganzen Tag über aus, in meinem Fall unterbrochen von einem kleinen Schläfchen.
Ich las dabei – beim Auf-der-Terrasse-sitzen, nicht beim Schlafen – die Tagebücher von Erich Mühsam und war amüsiert-verwundert über sein ständiges Jammern hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Situation. Ein erwachsender Mann, der erwartet, von seiner Familie ausgehalten zu werden – war das damals üblich? Und er bekam sogar finanzielle Unterstützung aber fand, es sei zu wenig, schließlich sei ja mehr Geld da. Dann andererseits gehen ja heute auch viele Leute davon aus, es stünde ihnen irgendwie zu, dass andere ihnen ein auskömmliches Leben ermöglichen. Darüber bin ich auch immer wieder verwundert.
Später geschah das Ereignis des Tages: ein Wägelchen hielt am Campingplatz gegenüber und trug die Aufschrift „Le Petit Wan“. Wir gingen es besichtigen, es handelt sich um einen Thai-Imbiss, der immer Mittwochs kommt. Dienstags kommt ein Döner&Burger-Wagen, was an den anderen Tagen kommt, habe ich schon vergessen, was daran liegt, dass kein einziger Wagen für uns irgendwie interessant ist.
Morgen fahren wir einen Ort besichtigen, der auch ganz toll sein soll – er hat die größte Austernzucht Frankreichs (örks), vor der Küste liegt eine Quarantäne-Insel, die bei der Pest und dann noch bis ins letzte Jahrhundert in Gebrauch war, es gibt zwei Türme, die nach einer verlorenen Seeschlacht mit der niederländisch-englischen Flotte entstanden und einer davon wird noch militärisch genutzt, dann gibt es noch eine Kirche die allen im Meer Ertrunkenen gewidmet ist. Das Highlight des Ortes scheint ein Laden mit Gewürzen, Feinkost und Deko-Zeugs zu sein, in dem Frau Herzbruch sich heute schon mental einen Einkaufskorb zusammengeklickt hat.
Die Überfahrt zur Pestinsel haben wir für einen anderen Tag gebucht, morgen war schon alles voll – es dürfen nur 500 Personen pro Tag auf die Insel. Man könnte theoretisch auch zu Fuß durchs Watt hinwandern doch haben wir nicht die richtige Ausrüstung und außerdem ist Nipptide, da zieht das Wasser bei Ebbe nicht weit genug raus, zusätzlich käme es mit den Uhrzeiten auch alles nicht hin. Und Handyempfang um Rettung anzufordern ist hier ja auch nirgendwo.
Dann müssen wir morgen noch einkaufen, und zwar den Cidre rose doux e fruité. Den Champagner nehme ich wieder mit nach Hause, wir haben derzeit einen billigeren Geschmack.
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Gleich morgens ergab sich ein weiterer Quest. Wir hatten einen Ausflug geplant. Mit dem Auto – andere Fortbewegungsarten sind hier nicht vorgesehen. Das Auto war auch offen, der Schlüssel allerdings nicht da. Nicht im Schloss, nicht in der Handtasche, nicht in der Hosentasche, nicht auf der Kommode. Wie ich berichtet hatte, sind wir hier in einem sehr mit wirklich allem vollgestellten Haus, man findet nichts, es ist bestimmt alles da, aber das, was man versendet, ist immer leicht „off“, heute am Abend zum Beispiel servierten wir Spaghetti mit einer Grillzange. In diesem Haus galt es nun, den Autoschlüssel wiederzufinden.
Ich bin unfassbar gut in sowas, noch am Tag vor Abreise fand ich in unserem Haushalt für M einen Ohrring wieder, den sie zuletzt in Schottland getragen hatte und von dem das Gegenstück auf ihrem Schreibtisch lag. Er war in der Schweißnaht des Handgepäckrucksacks, den sie mithatte, verfangen. Den Autoschlüssel fand ich in einer Kommode mit abgeschlossenen Türen, deren Rückwand aber, wie ich beim Abrücken von der Wand sah, fehlte, so dass der Schlüssel in dieses Schränkchen irgenwie unglücklich hineinfallen konnte. Mit nur 20 Minuten Verspätung brachen wir auf.
Gestern waren Frau Herzbruch und ich ja noch einkaufen gewesen, es kam dabei zu einigen unerwarteten Situationen im Straßenverkehr, unter anderem fuhren wir bis zu einer roten Ampel vor, um dann erst festzustellen, dass die davor stehenden Fahrzeuge gar nicht parkten sondern, nunja, der Ampelrückstau waren und wir nun mit unserem Reisebus dem Gegenverkehr den Weg versperrten. Und ähnliche Situationen halt, unglücklicherweise fuhr die ganze Zeit hinter uns derselbe Mann. Keine Ahnung, was der angestellt hat, dass das Schicksal die arme Frau Herzbruch derart für seine Bestrafung heranzog. Zuletzt bog der Mann sogar auf denselben Supermarktparkplatz ab wie wir, Frau Herzbruch hatte Sorge, er könne uns ansprechen, ich habe aber ja Französisch B1 absolviert und hätte dann „La dame est un instrument du destin!“ gesagt und dann hätten wir doch mal herausgefunden, wer von den Beteiligten sich genau was vorzuwerfen hat. Heute fuhr Herr Herzbruch. Er meisterte alle diese Stellen problemlos. Ob es daran lag, dass wir ihm beständig die Gefahren soufflierten, oder ob er eben kein Instrument des Schicksals war, bleibt offen.
Der Ausflug führte und zu den Landungsbrücken, alles sehr wenig erheiternd. Krieg ist scheiße.
Danach waren wir Bettwäsche kaufen. Gestern auch schon. Ich hoffe, das wird kein Running Gag, dass wir jetzt täglich mit Familie Herzbruch Bettwäsche kaufen gehen, ich finde Bettwäsche langweilig. Apfeltarte haben wir auch wieder gekauft, mittlerweile die dritte. Die erste war super, Herr H fand sie aber zu wenig apfelig. Gestern hatten wir eine deutlich apfeligere, unter den Äpfeln war noch Apfelmus (bei der ersten: eine Art Creme), dafür war der Teig für mich aber absolut inakzeptabel, weil er im Mund ein starkes Schwammgefühl machte. Wir probieren weiter, bis wir die ideale Tarte gefunden haben. Beim Cidre sind wir schon am Ziel: Cidre Rosé doux et fruité für irgendwas unter 3 Euro. Allerdings habe ich 4 (unterschiedliche) Flaschen Champagner mitgebracht, die müssen auch irgendwie weg, Champagner wird durch Lagerung ja nicht besser. Heute gibt es daher keinen Cidre sondern der Roederer Rosé 2016 ist dran. Erschreckt fand ich im Flaschenkarton auch noch eine Geschenkkarte, die ich bis dahin nicht bemerkt hatte.
Nach dem Einkauf fand das erste Schwimmen im Meer statt – die Herren Herzbruch und ich waren dabei, dem Hund war es zu kalt. Beim Reingehen schon sehr frisch, dann, einmal untergetaucht, kam es mir so vor als könne ich ewig im Wasser bleiben und nach ca. 20 Minuten wurde es unfassbar kalt.
Jetzt Doppekopf.
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Herr Budddenbohm ist aus dem Urlaub zurück, wir (also Frau Herzbruch und ich) übernehmen an dieser Stelle die Urlaubsstaffel.
Daher reisten Herr N und ich gestern morgen um 5 Uhr zu Familie Herzbruch, um dort in einen kleinen angemieteten Reisebus der ausreichend Platz für 5 Personen, 1 Hund und viel Gepäck (hoffentlich) bot, umzusteigen, dann würde jemand den Bus wegfahren und den so freigewordenen Parkplatz würde für die nächste Woche unser Auto besetzen, versorgt von den freundlichen Nachbarn. Daher blieb unser Autoschlüssel auch bei Herzbruchs, einen Zweitschlüssel habe ich aber an der Frau, man weiß nie, vielleicht brennt oder säuft Herzbruchs die Wohnung ab in unserem Urlaub, es wäre bedauerlich aber das allermeiste vom Hausstand haben sie eh dabei, wir könnten dann in unserem Auto immerhin nach Hause fahren.
Vorher war noch ein fremder Herr auszuzocken, der im Halteverbot vor dem kleinen Bus stand und die Herzbruchs offenbar schon ausgespäht hatte, jedenfalls direkt den Rückwärtsgang einlegte, als Frau Herzbruch sich dem Wagen näherte, elegant drehte sie zu unserem Fahrzeug ab und wir fuhren davon, beobachteten und beratschlagten unauffällig aus dem Hauseingang eine Ecke weiter. Unsere Vermutung war, dass der Herr in den Gottesdienst gehen möchte, der um 8:30 Uhr begann. Bis dahin würde er warten, ob der kleine Bus sich wohl noch in Bewegung setzt oder ein anderer Parkplatz frei wird – falls nicht das Auto dann im Halteverbot stehen lassen. Genau so war es auch, um 8:28 Uhr setzte er sich Richtung Kirche in Bewegung, wir freuten uns sehr, dass er ein guter Gläubiger ist und wünschten ihm, dass zumindest für die Dauer des Gottesdienstes niemand vom Ordnungsamt vorbeikommt.
Gegen 9 Uhr hatten wir Airfryer, Kaffeemaschine und was man sonst so braucht (dieses Jahr keine Wasserkästen) verräumt und fuhren los. Ich als Beifahrerin. Ich bin beflissen, eine ganz besonders gute Beifahrerin zu sein, weil ich ja überhaupt nie fahren möchte, daher versuche ich, die Wünsche der Fahrperson schon zu antizipieren bevor sie geäußert werden. Zu 99 % gelang mir das, ich hatte Feuchttücher, Gebäck und – mein großer Moment – sogar eine Polsterung für die klappernde Getränkehalterung dabei, nur an einem einzigen Punkt hatte ich die Lüftung nicht perfekt eingestellt, so dass Frau Herzbruchs Bein warm wurde und sie selbst die Hand ausstrecken musste, um das Rädchen von 3 auf 5 hochzudrehen. Das tat weh.
Während der Fahrt hörten wir den „Alles Gesagt“-Podcast mit dem Astronauten, Name vergessen, nur die Moderatoren untereinander reden sich ständig mit Namen an, der Gast wird nicht mit Namen angesprochen, wie soll ich ihn mir also merken. Das All ist nichts für uns, beschlossen wir. Augenödeme, Übelkeit, mit den selben Leuten ein halbes Jahr verbringen und wenn die dann alle 9 Stunden am Stück reden, so wie der Herr Dingens, meine Güte. Ich verreise ja sowieso schon nicht so besonders gern. Ich bin zwar gern an anderen Orten und lerne gerne neue, fremde Dinge kennen aber gleichzeitig wäre ich gerne zu Hause, ist ja ein völliger Irrsinn, dass man sich die Wohnung schön und gemütlich macht, mit allem, das man benötigt, funktional und effizient einrichtet und dann fährt man in jeder freien Minute weg und muss in fremden Küchenschubladen nach dem Buttermesser suchen. Bar jeder Vernunft. Für mich wäre es gut, wenn wir in Zukunft nur noch virtuell reisen würden, mit entsprechenden Brillen, Anzug, Technik – das muss alles noch Fortschritte machen, bisher ist diese Technik fast beschwerlicher als eine physische Reise. Aber dann könnte ich in einem Raum ohne Sonne sitzen und das alles erleben, später lege ich die Technik ab, schmiere mir in der eigenen Küche ein Butterbrot und lege mich in mein eigenes Bett, vorher kann ich noch die Katzen füttern. Sicher wäre das auch für’s Klima viel besser, wobei: weiß ich nicht genau. Die Rechenzentren für so etwas verschlingen bestimmt auch viel Energie, die irgendwo her kommen muss. Ich bilde mir aber im Moment ein, es sei besser für das Klima als physisches Reisen, wenn man unsicher ist, kann man ja das annehmen, was der eigenen Haltung besser zupass kommt. So wie bei Online-Bestellungen, da frage ich mich auch manchmal, ob das sinnvoll ist, dass das Postauto mir so viele Pakete bringt und denke dann, dass es sicher nicht sinnvoller ist, wenn ich mit dem eigenen Auto zig Läden abfahre, um mir die Sachen entsprechend zu besorgen.
Naja, die Fahrt wer recht ereignislos, wir kamen gut durch und gut an und dann nicht ins Haus. Und die Vermieterin war nicht erreichbar. Nach 20 Minuten hatten wir eine Masterkey-Schlüsselbox identifiziert, 4 Rädchen von 1-9, also 10.000 Möglichkeiten, wenn man pro Möglichkeit eine Sekunde braucht, ist man in weniger als 3 Stunden durch, mit Pausen oder Personenwechsel vielleicht 4 Stunden, vor Mitternacht wären wir schon im Haus! Ich fing sofort an, war schon bei 1.400 als ich weggezerrt wurde Richtung Bar, die anderen wollten lieber auf einen Rückruf der Vermieterin dort warten. Schwierige Situation. Ich war sofort wieder angefixt wie in Wien bei Pokemon Go! Warum das aufgeben, wie toll wäre das denn, die Schüsselbox zu knacken und sei es durch simples Rädchendrehen? Was soll ich in einer Bar? Nun ja. Kurz vor Eingang der Bar rief die Vermieterin an und teilte den Code mit, ich sage mal so, ich hätte keine 20 Minuten mehr gebraucht.
Im Haus ging der Quest dann aber noch weiter, wir fanden ein paar Dinge nicht, die Vermieterin schickte Anweisungen (auf Französisch!) die so ungefähr besagten: oben gegenüber der Treppe ist ein normannischer Schrank, der Schlüssel zu diesem Schrank liegt in der Kammer links in einem Buch über Cotentin. Im Keller waren wir auch noch, dort kein Licht aber verschiedenste Türen, Dinge aus verschiedensten Jahrhunderten. Und ein Boot. Und alles ist irgendwie ein bisschen angeschmuddelt und feucht und alles ist voll mit allem. Und der Blick ist grandios, die Luft auch, wir werden es sehr schön hier haben.
Zum Abendessen gab es Baguette mit Butter und Käse an Cidre, nachts schauten wir Sternschnuppen, schliefen alle wunderbar, am nächsten Morgen, also heute, wachte ich mit einem Auge auf, das doppelt so groß war, wie das andere, vielleicht ein Augenödem, weil wir im Auto so viel mit Weltall gemacht hatten. Egal, Sonnenbrille drüber, so waren Frau Herzbruch und ich mehr als drei Stunden für genauso viele hundert Euro einkaufen, nun haben wir die Aufgabe, das alles aufzuessen und aufzutrinken und wir werden dieser Aufgabe gewachsen sein (auch wenn Herr Herzbruch, ausgerechnet, Zweifel hat)!
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Okay, es ist Sommer, eine Million Grad, was soll ich schon machen? Meine Güte. Nein, und die Laune ist auch noch nicht besser.
Aufgewacht erstmals um 5 weil die bekloppte Sonne dann aufgeht, eine unsägliche Zeit. Umgedreht und weitergeschlafen, wieder aufgewacht, weil die Katzen finden, es sei Tag, wenn die Sonne aufgeht und man müsse Futter bekommen. Umgedreht und mich schlafend gestellt. Um kurz nach 6 habe ich das aufgegeben.
Alle Fenster und Türen der Wohnung inklusive der zum Balkon standen die Nacht über offen, also muss morgens erst einmal das Anwesen kontrolliert werden, wo irgendwas reingekommen ist, das nicht reinkommen soll. Die Temperatur ist noch okay, irgendwas knapp über 20 Grad, das geht aber im Radio wird schon wieder mit beschwingter Stimme von einem „hochsommerlicher Tag ab dem Nachmittag, wenn die Bewölkung sich auflöst und wir blauen Himmel haben!“ gefaselt, so als sei das ein Grund zur Freude.
Schnell die Sachen erledigt, die ich abends wegen Hitze nicht schaffe, nämlich Wäsche aufgehängt, einen Küchenschrank durchsortiert, ein paar Unterlagen zusammengesucht und in die Bürotasche gesteckt, ein Paket ausgepackt und den Inhalt verräumt. Die Katzen versorgt, Blumen gegossen, die nächste Waschladung vorbereitet, sie wird auch wieder über Nacht laufen und morgen früh hänge ich das Zeug dann auf. Es wäre ja schön, wenn man im Sommer weniger Wäsche hätte, weil die Sachen kürzer sind, dafür ist aber immer alles schwitzig und es gibt umso mehr Kleidungsstücke, auch noch in diversesten Farben, so dass diverseste Sortierungen erforderlich sind, das ist doch alles Mist.
Um 8:30 Uhr saß ich auf dem Rad und fuhr in den Supermarkt, um Büroessen für die Woche zu kaufen, also Sachen wie Joghurt, Käse, Nektarinen etc., das kaufe ich immer auf dem Arbeitsweg, weil es ja völlig unsinnig ist, es beim üblichen Wocheneinkauf zu kaufen und dann erst in die Wohnung zu schleppen und dann aus der Wohnung wieder hinaus. Früher habe ich letzteres gemacht, mir ist heute unerklärlich warum. Vielleicht hatte ich da noch feste Arbeitszeiten und es war mir zu stressig, das ist gut möglich.
Im Supermarkt, der um 8:30 Uhr öffnet, ist Einkaufen um diese Uhrzeit eigentlich auch nicht vorgesehen. Es wird noch geputzt, auch mit Maschinen und eingeräumt, auch mit großen Paletten, mit einem Einkaufswagen kommt man eher nicht durch und ist auch nicht willkommen. Heute stand zusätzlich noch eine in sandfarbene wallende Gewänder gekleidete kleine Gruppe – eine Frau und zwei Kinder – vor dem Regal mit den Brötchen, an das ich eigentlich wollte und besprach sich zu Einkauf, zur Bedienung der Brötchenzange und so w.eiter, es dauerte hundert Jahre, es war noch ein Herr da, der vor mir der nächste Benutzer der Brötchenzange gewesen wäre, er hatte ein seliges, gütiges Lächeln auf dem Gesicht beim Betrachten der kleinen Gruppe, es war mir nicht möglich, das weiter auszuhalten ohne Amok zu laufen und so entfernte ich mich aus der Situation und kaufte kein Brötchen. Bzw. dann später beim Bäcker, da ist es 50 Cent teurer und schmeckt nicht halb so gut. Ist aber ja auch egal.
Dann kaufte ich mir noch einen Blumenstrauß, der Blumenladen öffnet neuerdings erst um 9, dort sind aber auch vor 9 schon Kundinnen willkommen, wenn sie nichts gebunden haben wollen sondern nur was Fertiges mitnehmen. Also das kosmische Gegengewicht zum Supermarkt, der ja um 8:30 Uhr öffnet aber Kundschaft zu diesem Zeitpunkt rundheraus ablehnt. Der Blumenladen hat immer einen fertigen Strauß der Woche für 10 Euro, er heißt Blumenliebe-Strauß, glaube ich, jedenfalls kaufe ich mir den häufig für das Büro. Also für mein Büro, für meinen Raum. Ich sage das, weil es immer wieder bei allen möglichen Leuten für die merkwürdigsten Ideen sorgt, weil sie wohl im Kopf haben, dass man Schnittblumen immer geschenkt bekommen muss. Das ist natürlich Quatsch, man kann sie einfach kaufen, ohne einen Verwendungsnachweis vorzulegen.
So bepackt fuhr ich weiter und weil „die Bewölkung“ sich schon verfrüht auflöste und die scheiß Sonne rauskam, wechselte ich vom Rad in den S-Bahn-Tunnel. Die Bahn war klimatisiert, immerhin. Auf dem Weg zwischen S-Bahn-Station und Büro ist momentan eine Großbaustelle und der Verkehr mit Ampeln so geregelt, dass man zum Überqueren der Kreuzung zweimal unmäßig lang ohne Unterstellmöglichkeit warten muss. Die Bahnfahrenden haben sich daher schon vor geraumer Zeit zur Anarchie entschlossen und wenn die erste Ampel grün wird, gehen wir geschlossen los und diagonal über die Straße, so dass die Autos anhalten müssen. Gestern war ein Verkehrspolizist vor Ort und wollte die Ampel mit dirigierenden Armbewegungen unterstützen, er wurde jedoch nicht beachtet. Heute war er nicht da.
Ich habe keine Erinnerung mehr, was ich im Büro getan habe. Bei diversen Personen musste im Kopf etwas durchsortiert werden, das habe ich unterstützt. Außerdem habe ich viele Arbeitsvorgänge wieder zurückgewiesen, weil sie mir unfertig abgeliefert wurden. Zwischendrin habe ich mit Vergnügen Papierstapel mit Schwung in eine 415-Liter-Tonne geschmissen, bis sie voll war.
Nach dem Büro musste ich unbedingt zum Briefkasten, einen Brief einwerfen, denn vergangenen Donnerstag hing am Auto ein Zettel, dass irgendeine völlig idiotische Person das vordere Kennzeichen beschädigt hat und nun ein Siegel nicht mehr ganz ist und erneuert werden muss, bitte bis 7. August erledigen und von einer Polizei oder Werkstatt etc. bestätigen lassen und Karte zurückschicken. Siegel macht die Zulassungsbehörde, frühester Termin war der 9. August, es war geplant, dass M letzten Freitag mit dem Auto ins Ausland fuhr. Ich schickte das Kind zur Zulassungsbehörde, sich durchquatschen, das gelang, ich musste nun noch die fertige Karte einwerfen, das war heute. Als ich aus dem S-Bahn-Tunnel kam, brannte die Sonne so runter, dass mein Fluchtreflex einsetzte und ich sofort nach Hause fuhr. Nachdem ich das Rad angeschlossen hatte und den Haustürschlüssel aus der Tasche nahm, fiel mir das Kärtchen dann in die Hände, nicht zufällig, ich hatte es genau in Antizipation eines solchen oder ähnlichen Ablaufs genau dort verstaut und konnte in gleißender Sonne noch eine Runde zum Briefkasten drehen.
Zu Hause erledigte ich sehr schnell alles Unabdingbare und sank dann in den Sessel, aus dem komme ich bei diesem Wetter wegen Kreislauf nämlich nicht mehr gut raus. Heute ging es, ich war für das Abendessen zuständig und sah mich nach Sonnenuntergang – schon gegen 21:15, Halleluja! – noch in der Lage, Pellkartoffeln in einem Topf zu kochen und in der Schale mit Kräuterquark aus der Packung zu servieren.
Gleich schalte ich noch die Waschmaschine ein und dann gehe ich schlafen.
(Alles zu WmdedgT wie immer bei Frau Brüllen)
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Es ist sehr nett, dass Sie hier und in der täglichen Contentvorschlagliste nach einem Lebenszeichen fragen. Das sei hiermit gegeben. Und dass Sie sich fragen, wo ich stecke. Dazu kann ich sagen, dass mein Alltag im Wesentlichen ganz normal weiterverläuft. Ich gehe zur Arbeit, ich sitze abends im Sessel, zwischendrin treffe ich Verabredungen zum Kaffee oder zum Mittagessen oder abends im Video oder in echt, nur etwas weniger als sonst. Der Italienischunterricht ruht derzeit, das liegt nicht an mir sondern an der Ankunft eines kleinen Italieners und wir müssen aufpassen, unseren Vorsprung zu halten, nicht dass der in drei Jahren schon konversationssicherer ist als CucinaCasalinga und ich. Zwischendrin sind Lesetreffen, heute war beispielsweise eins. Ich lese ziemlich viel momentan. Der Chor hat Sommerferien. Dem Gesangslehrer habe ich für bis auf Weiteres abgesagt, weil ich eine große Videocallübersättigung in mir verspüre. Ich besuche auch Papa N. alle paar Wochen, bald fahren wir mit Familie Herzbruch in den Urlaub und diese Woche und vermutlich nächste mache ich ansonsten nicht sehr viel, weil das Wetter eine unerträgliche Zumutung darstellt.
Soweit alles ganz normal.
Soweit ist ist die Funkstille hier natürlich nicht erklärt.
Mir ist das Schreiben momentan zu anstrengend. Nicht die Fingerbewegung an sich, die mache ich den ganzen Tag, auch nicht die Themenfindung, die Themen fallen vom Himmel, es ist mehr der eigene Anspruch an mein Schreiben – und ich meine hier bei weitem nicht einen literarischen Anspruch sondern einen menschlichen Anspruch. Ich habe – durch dies und das und eine Mischung aus allem – nicht mein übliches Energielevel. Das ist im Leben manchmal so. Ich verbrauche ganz generell, täglich, immer, 24/366, einen Großteil meiner Energie dafür, mich gesellschaftsfähig zu halten und nicht allen Menschen bei der kleinsten Sache, die mir nicht passt, ins Gesicht zu springen. Sie kennen das möglicherweise andersherum, es gibt ganz viele Menschen, die von Grund auf friedlich sind und sich ein wenig aufraffen müssen, wenn sie in einen Konflikt gehen wollen oder sollten. Bei mir halt: ich bin von Natur aus nicht friedlich sondern eher stressig, habe mir aber (ganz absichtlich und sehr erfolgreich) antrainiert, das im Griff zu haben, denn ich halte es für gesellschaftlich unabdingbar, anderen gegenüber zugewandt und großzügig zu sein. Ich finde das besser.
Wie gesagt, dafür brauche ich Energie, davon habe ich im Moment nicht genug, sie reicht (meistens) noch dafür aus, nichts zu sagen/schreiben/machen, sie reicht nicht so sehr dafür aus, die Dinge so zu sagen/schreiben/machen, wie ich möchte, wie ich es für richtig halte. Und für wichtig. Es ist nicht die richtige Zeit, die eigentlich Guten, Wohlmeinenden wegen irgendeiner Nichtigkeit anzuschießen, niemand braucht das. Es ist nicht die richtige Zeit, Wut in die Welt einzubringen. Wenn ich nichts, das Positives bewirkt, beitragen kann, halte ich lieber den Mund. Alle anderen, auf die dasselbe zutrifft, sehr gerne auch.
Zweifelsfrei wird das auch wieder besser mit der Energie, mich selbst zu regulieren, es ist schon auf einem guten Weg. Dieser Eintrag ist mir ohne auffällige Ausfälle gelungen, finde ich. Bin sehr zufrieden mit mir.
(Kommentare)
Wir sitzen im Zug zurück nach Hause. Frau Herzbruch ist angespannt, denn mit uns in dieselbe Richtung reisen ein Mann mit schlechter Stimme, eine Frau mit schlechtem Geruch und ein Mann mit schlechtem Verhalten, dem wir schon in der U-Bahn begegnet waren und der durch übermäßige Raumforderung Frau H fast einen Arm gekostet hätte (Stand momentan: es wird wohl gut ausgehen).
Ich habe für die meisten Probleme schon eine Lösung gefunden. Für die Stinkefrau habe ich eine Salbe mit Campher dabei, die man sich wie eine Pathologin unter die Nase reiben kann. Frau Herzbruch ist gegen die Salbe allergisch, ich hoffe sie fängt bald an zu Niesen, das würde mir in die Karten spielen. Ich beschäftige mich nämlich damit, den Mann mit schlechtem Verhalten zu trollen, er sitzt mir schräg über den Gang gegenüber. Ich betrachte ihn schon etwa eine Stunde lang, seine Begleiterinnen auch, kommentiere zu Frau Herzbruch ihre Gespräche und Getränke und habe ihm vorhin angeboten, ein Foto von seiner Reisegruppe zu machen. Er hasst alles daran und wäre lieber allein ohne die Begleitung da, mit Begleitung kann man nicht entspannt scherzen und dann immer mal unvermittelt gefährlich über den Gang starren, das funktioniert nicht gut. Ich bin gespannt, wie sich das noch entwickelt, momentan schaut er konzentriert von mir weg. Unsere Zugbindung ist schon gefallen, sollte der Waggon hier bald stimmungsmäßig in Schutt und Asche liegen, können wir einfach Aussteigen und mit einem anderen Zug weiterfahren.
Gestern haben wir noch viel erlebt. Vormittags waren wir bei den Wiener Sängerknaben in einem Konzert, schöner Konzertsaal mit viel Gold, anstrengendes Publikum weil: was ist denn los mit so vielen Erwachsenen, dass die immer so unruhig herumzappeln und nicht mal 2 Stunden die Klappe halten können beziehungsweise: volles Verständnis, nicht 2 Stunden regungslos auf eine Bühne starren zu können, aber das für gibt es doch Abhilfe. Man kann ein Buch mitnehmen, um andere Leute nichts mit Umblättern zu stören, vorzugsweise ein elektronisches oder quasi „unter dem Tisch“ Candycrush spielen, da muss man sich auch nicht viel bewegen und nix stört. Unfassbares Gehibble und Gemurmele ständig, diese ganzen Erwachsenen haben offensichtlich nie gelernt, sich irgendwie selbst zu regulieren und was es bedeutet, dass Film- und Bildaufgaben nicht gestattet sind, scheint auch nicht kognitiv erfasst zu werden. Das finde ich sehr schlecht.
Nach den Sängerknaben gingen wir wieder frühstücken, in eins der Lokale, in denen wir auch beim letzten Mal waren. Da war es schön. Dabei überfiel uns Furcht vor dem Abend ohne Kulturprogramm. Was sollten wir tun, etwa miteinander sprechen? Es hat sich ja so ergeben, dass wir sowieso immer dasselbe sagen, da ist Unterhaltung keine attraktive Option. Nochmal Oper oder nochmal Konzert konnte ich mir auch nicht so richtig vorstellen. Theater kam in Frage, die Suche nach einer geeigneten Vorstellung war hart, entweder war alles schon vorbei oder begann in Kürze oder es dauerte 4 Stunden, das ist mir zu lang, oder es war ganz weit weg. Schließlich fanden wir ein kleines Theater in Laufnähe mit Vorstellung zur passenden Zeit, akzeptablem Preis und während wir noch über den möglichen Umgang mit print@home-Tickets haderten, rief ich einfach kurz an, schilderte die Situation und erfuhr, wir sollten einfach kommen, es würden zwei Karten zurückgelegt für uns. Ich fragte, wann wir da sein sollten, also wann Einlass sei und die Antwort war „Na kurz bevor es losgeht…“
Das fand ich verdächtig, googelte und hatte ab da den Spaß meines Lebens, weil völlig klar war, dass wir nicht in irgendein ganz normales Theater gehen sondern einer sicher ganz individuellen Vorstellung in einem individuellen Ambiente beiwohnen würden. So war es dann auch. Ich möchte gar nicht mehr darüber erzählen, habe auch keine richtigen Worte dafür, die Situation dieses Theaters und all seiner Umstände ist mir komplett unbegreiflich.
Den Rest des Abends recherchierten wir alles, was wir finden konnten, über das Theater, um uns das Ganze besser erklären zu können. Bis jetzt ohne durchschlagenden Erfolg.
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Sonne. Ächz. Ich habe Sonnencreme dabei und die Temperaturen waren immerhin so, dass ein Cardigan über dem T-Shirt noch ging. Frau H hatte Sorge, drinnen oder im Schatten zu frieren. Ich hatte Sorge, Sonne auf die Arme zu bekommen. So konnten wir gut mit insgesamt nur einem Jäckchen losgehen, denn immer dann, wenn die eine es bräuchte, braucht die andere es ja gerade nicht. Wir fühlten aus sehr schlau.
Am Morgen waren wir in der Pferdeshow, das war sehr schön, die Pferde sehen so aus, als hätten sie Spaß an dem, was sie da machen und auch Spaß daran, zwischendrin einfach mal was anderes zu machen. Dreimal war ich ja schon beim Morgentraining, nun war es an der Zeit, eine Show zu sehen. Falls Sie da überlegen: das Morgentraining reicht aus. Der Unterschied zwischen Show und Training ist hinsichtlich der Preisdifferenz nicht ausreichend groß, sowohl in Bezug auf das, was gezeigt wird, als auch in Bezug auf das Ambiente.
Von der Pferdeshow aus gingen wir frühstücken in einem eher modernen Lokal, ausgezeichneter Kaffee, keinerlei Käse auf der Karte obwohl es kein veganes Lokal war, hervorragendes Brot, das wir mit Eierspeisen aßen, alles sah sehr hübsch aus. Leider nur ein Pokestop in der Nähe. Wir fühlten uns nach zwei Stunden bereit, in näherer Zukunft noch Kaiserschmarrn essen zu können und planten eine Route in ein anderes Lokal, die am Parlament, also an mehreren Arenen, vorbeiführte. Vor dem Parlament saßen wir längere Zeit und spielten, bis ich zum einen wegen der reflektierenden Sonne überall fast erblindet war und zum anderen eine Pro-Palästina-Demo begann. Letztes Jahr waren wir ja schon vor einer solchen Demo in den Dom geflohen und hatten dort alles mitgemacht, inklusive Abendmahl, gestern waren wir vorsichtiger, wo die Flucht uns hinführen würde. Hatten aber auch keine Lust mehr auf Kaiserschmarrn sondern nun auf Käse. Wir fuhren in den Supermarkt in der Nähe des Apartments, kauften Käse und Brot (und Kaffee, Törtchen, Germknödel für die Mikrowelle), bekamen noch Blumen geschenkt und machten Brotzeit auf dem Bett. Das Apartment vefügt über keine Schere, stellten wir fest. Auch die Mülleimer- und Steckdosensituation ist nicht optimal, zudem kann man nur im Bett mit hochgelegten Füßen sitzen. Das wussten wir alles vorher schon, wir sind ja zum zweiten Mal hier, es ist überraschend, mit dem Komfort immer wieder gegen diese Kleinigkeiten zu prallen, obwohl sie ja bereits im Kopf als „nicht so wichtig“ eingeordnet wurden.
Insgesamt hatten wir eine gute Stunde, bevor wir los mussten Richtung Oper. Das reichte aber völlig aus. In der Oper gestern dann Wagner. Dieses Mal mit vielen Personen, die die ganze Zeit auf der Bühne eher herumstanden, manchmal mit einem Schwert wedelten, dennoch eher statisch. Vielleicht sind Opern mit Chor eher nichts für mich, ich mag auch dieses chorhafte Skandieren von Parolen bei Demos nicht, das geht für mich in dieselbe Richtung.
Musik ansonsten gut, lauter als gestern, ich mochte mehr die leisen Teile, Frau H mehr die lauten, in der ersten Pause kamen wir überein, dass wir noch weiterschauen. Da mich das Herumstehen auf der Bühne nicht so ansprach, klinkte ich mich optisch aus (also: Handyzeit), ich saß ganz hinten in der Loge, neben mir ein freier Stuhl, auf dem ich die Beine hochlegen konnte, einigermaßen Empfang und dazu Musik, das war entspannt und angenehm und die 80 Minuten bis zur nächsten Pause verflogen. Dann reicht es aber auch mit Wagner, es war ein bisschen viel „Heil!“, „Schwan!“und „Telramund!“
Unsere Abendessenreservierung hatte ich zwischenzeitlich storniert, weil das zeitlich nicht mehr hinkam. Wir spazierten zu einem Bistro, in dem wir gestern mal eine Reservierung hatten (ebenfalls storniert) und konnten davor auf Holzbänken so angenehm sitzen und Radler vom Fass trinken, dass wir auch die anschließende Reservierung in der Bristol Bar stornierten. So eine Bar ist vielleicht eher etwas für die kalte Jahreszeit, wenn man sich freut, dass es etwas höhlenartig, dunkel und mauschelig ist.
Für den Heimweg brauchten wir mehrere Stunden, zu Fuß, ca. 2 km, weil es so viele Tiere zu fangen und Arenen zu räumen gab. Gegen halb zwei lagen wir in den Betten.
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Erstaunlich, wie kurz 8 Stunden Zugfahrt sein können. Als wir in Wien ausstiegen, waren wir beide einigermaßen verblüfft. Ich hätte geschätzt, dass wir so grob 2 Stunden dort saßen und geplaudert haben.
Eine harmlos klingende, im Verlauf jedoch dramatische Situation bahnte sich bereits unterwegs an. Frau Herzbruch spielt nämlich (wieder oder immer noch) Pokemon Go und bat um Verständnis, dass sie ihr Handy die nächsten Tage nicht aus der Hand legen und mich auch nicht unbedingt immer anschauen, vermutlich aber doch beachten wird, außer es ist gerade etwas ganz Besonderes im Spiel zu erledigen. Das ist für mich völlig in Ordnung, ich mag ja schnell wechselnde, durchbrochene Situationen, erinnerte mich dann aber, dass ich ja auch mal gespielt hatte. Warum also nicht für die gemeinsame Reise das Account reaktivieren?
Das tat ich, also Spiel wieder installieren, Login ging sogar, ich bin Level 31 („da kann man ja sogar einigermaßen etwas mit dir anfangen“, sagte Frau Herzbruch), hatte aber absolut alles vergessen, die gesamte Bedienung, wie man Bälle wirft, worum es eigentlich geht. Das ist nicht der dramatische Aspekt. Der dramatische Aspekt ist, dass ich bei Spielen keinerlei Impulskontrolle habe. Mein Handy und meine Computer sind deshalb absolut spielefrei. Ich kann das schlicht nicht kontrollieren, allein mit CandyCrush habe ich mir schon ein Überbein an der Hand erspielt und nicht nur einmal sondern gleich zweimal hintereinander. Alle paar Jahre probiere ich mal wieder etwas aus, weil ich denke, ich habe mich vielleicht weiterentwickelt und kann das besser handhaben. Es war bisher nicht der Fall. Es ist auch jetzt nicht der Fall. Ich habe vielleicht 3 Stunden geschlafen in der letzten Nacht, vom Bett aus sind 3 Pokestops zu erreichen und manchmal eine Arena, es gibt viele neue Features im Spiel, viel zu Sortieren. In den 3 Stunden, in denen ich schlief, träumte ich vom Spiel. Ich werde es in ein paar Tagen, wenn ich ausreichend von den Folgeumständen durchgemangelt bin, wieder löschen.
Hauptprogrammpunkt gestern war Oper – Le Nozze di Figaro. Ich dachte, ich kenne diese Oper nicht, das stimmt aber gar nicht, ich hätte jede Arie quasi mitsingen können, irgendwo von ganz tief in meinem Gehirn kam das hervor. Bewusst habe ich sie nie zuvor gehört oder gesehen, Mama N hat früher aber viel Opern gehört zu Hause, wenn etwas im Radio lief oder teilweise auch von Schallplatten. Le Nozze die Figaro muss eine gewesen sein, die ihr besonders gut gefallen hat. Mir hat es auch gut gefallen. Im Zug hatten wir und die Handlung genau durchgelesen, da war ich etwas angestrengt, meine Güte, ständig Missverständnisse und Leute verstecken sich irgendwo, das ist ja nicht so mein Ding. Die Umsetzung gefiel mir gut. Ich hatte Oper ganz anders in Erinnerung. Meine letzten Opernbesuche waren, als ich noch studierte und damals hat es mir nie so richtig gut gefallen. Ich hatte das so im Kopf, dass Personen hauptsächlich auf der Bühne nur sehen und singen, es gibt wechselndes Bühnenbild aber die Bewegung ist eher reduziert. Das war gestern ganz anders, sehr viel Bewegung, sehr viel Ausdruck, sehr körperlich, eigentlich wie Schauspiel, nur dass die Stimmen sangen statt sprachen. Hatte ich das falsch in Erinnerung oder war das früher anders? Frau H kann es mir nicht sagen, sie war zum ersten Mal überhaupt in einer Oper. Wir hatten einen Platz in einer Loge, dritte Reihe, stark sichteingeschränkt, etwa die Hälfte der Bühne war sichtbar – für mich absolut in Ordnung, ich kann sowieso nicht mehrere Stunden lang einer Darbietung zuschauen, mir reicht es völlig aus, das zu hören. Man saß auf etwas höheren Stühlen mit Fußabstellmöglichkeit, da wir hinten saßen, hatten wir hinter uns noch die Wand der Loge zum Kopf anlehnen. Die Karten kosteten 17 Euro pro Person, ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, die zwei auf den zwei Stühlen vor uns saßen zwischen vier wildfremden Menschen eingepfercht ohne Chance, ihre Stühle hin- und herzurücken oder sich irgendwo (vorne die Brüstung oder hinten die Wand) anzulehnen, das muss man schon wollen. Es war ein Pärchen, das sich aneinander anlehnte, immerhin. Die Sicht da marginal besser, die Karten kosten dann aber schon das 10fache.
Ich kann mir vorstellen, zukünftig häufiger in die Oper zu gehen. Entweder ist es anders als früher oder ich bin anders, habe einen anderen Blick darauf. Alles, was mir früher unglaublich laut, schrill, starr, barock-überladen erschien, war gar nicht so und ich hatte das Gefühl, das Stück richtig zu verstehen, also nicht nur inhaltlich, das hatten wir ja vorher gelesen, sondern die Musik, die Dynamik, die Entwicklungen – das ergab alles einen Sinn in meinem Kopf.
Der wesentliche Aspekt der Wienreise im letzten Jahr war ja „Kulinarik“. Dieses Mal, so hatten wir beschlossen, wird das Essen ein Nebenaspekt, leider ein in der Planung etwas schwieriger, denn an den meisten Abenden sind wir ab 17 oder 18 Uhr und bis 22:30 Uhr in der Oper. Vor 17 Uhr habe ich keinen Hunger, nach 22:30 Uhr ist es schwierig, noch was zu finden. Gestern lösten wir das durch ein spätes Mittagessen noch am Bahnhof, bei einem Thai, Orange Chicken und Cashew Nut Chicken durch zwei geteilt um 15 Uhr, das hielt gut vor bis 22:30 Uhr, dann schauten wir uns spontan auf der Straße um, was es so gäbe und entschieden uns für „Trdelnik“ vom Straßenstand, das tat seine Dienste, wir waren ausreichend aufgezuckert und gingen in die Bar, um mit den Nüsschen und Oliven dort gegenzusteuern. Um 2 Uhr waren wir zu Hause, nicht hungrig, nicht durstig, die Wohnung ist vom letzten Aufenthalt bekannt.
Heute Pferdeshow, später Wagner-Oper, anschließend wieder Bar, dazwischen Pokemons fangen, ich muss jetzt los!
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Die Aufgabe des Tages heute war, den Koffer zu packen. Ich hatte eine merkwürdige Koffer-Pack–Lähmung, da außer Packen aber nichts auf dem Plan stand, saß ich einfach bis 16 Uhr im Schlafanzug im Sessel und tat überhaupt gar nichts. Zwischendrin las ich in der Zeitschrift, die ich im Probeabo habe, jemand hat aber die ersten 10 Seiten geklaut, es geht bei mir erst ab Seite 11 los, das stört mich merkwürdigerweise, obwohl eine Zeitung ja nun wirklich nicht chronologisch gelesen werden muss und ich zweitens ja sowieso davon ausging, sie überhaupt nicht zu lesen. Als Zeichen meiner Verachtung gegenüber der Situation faltete ich einen Hut aus einer Doppelseite und setzte ihn auf.
Als ich mich mit dem Hut in der Handykamera betrachtete, dachte ich mir „okay, reicht jetzt“. Ich stand auf, ging duschen, zog mich an und packte den Koffer. Es ist noch ziemlich viel Platz darin, mir fällt aber wirklich nichts weiter zum Mitnehmen ein, ich wollte mit Champagner auffüllen aber Frau Herzbruch hat schon Champagner eingepackt. Ich denke, ich nehme ein Kopfkissen mit, damit es nicht so rappelt.
18:30 Uhr war Gesangsstunde, danach gingen wir Essen, um Ms überstandene Abiklausuren, Vatertag und Muttertag zu feiern.
Als wir zurückkamen, hatte sich der Akku der Powerbank, die ich morgen mitnehmen wollte, aufgebläht. Sowas ist ja immer schlecht, was macht man Feiertagsdonnerstagabends mit einem aufgeblähten Akku? Hier in der Wohnung wollte ich ihn nicht haben, schon gar nicht, da ich ja jetzt verreise. Google empfiehlt, ihn in Sand zu lagern, ob Katzenstreu ähnlich gut ist (also: feuerfest) konnte ich nicht feststellen. Ich lief ein wenig planlos umher und hatte dann einen, wie ich finde, ziemlich guten Einfall: der Akku liegt nun in einer Blechdose, die Blechdose steht sehr mittig auf der Steintreppe vor dem Haus im Hinterhof (nichts Brennbares in der Nähe), darauf klebt ein kleiner Zettel „Achtung kaputter Akku“. Es handelt sich bei dieser Firma um einen technischen Betrieb der viel mit Strom und dergleichen macht, ich habe dem Chef eine Mail geschickt und erklärt, warum ich einen kaputten Akku bei denen auf der Treppe aussetze. Die Antwort kam auch schon, sie lautete „Hauptsache kein Auto“, was sich darauf bezieht, dass mir vor ca. 2 Jahren ja mal das Auto auf einem der Firmenparkplatze der Firma, auf dem ich widerrechtlich nur ganz kurz parken, eher halten, wollte, verreckte und da musste ich eine Stunde später in einen Zug steigen und kam auch erst mehrere Tage später zurück, so lange stand das Auto dann also da. Wenn man einen Firmenparkplatz drei Tage lang mit einem kaputten Wagen blockiert, sind die Menschen dankbar, wenn sie beim nächsten Mal nur eine kleine Dose mit einem Akku auf ihrere Treppe finden. Ist ja auch logisch.
Lähmung überwunden, Koffer gepackt, Akkusituation gut geregelt, nun steht meiner Reise nichts mehr im Weg!
Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: „Sind Sie Wahlhelferin? Warum, bzw. warum nicht?“
Nein, ich bin keine Wahlhelferin. Ich bin froh, wenn ich es ins Wahllokal zum Wählen schaffe, üblicherweise beantrage ich Briefwahl, weil meine Wochenenden sehr dicht belegt sind und ich die Termine – gerade wenn sie mit Besuchen von hilfsbedürftigen Angehörigen zu tun haben – nicht komplett selbst bestimmen kann, daher also sicherheitshalber Briefwahl. Wenn ich wirklich gerne Wahlhelfen würde, ließe sich natürlich ganz bestimmt ein Weg finden. Ich habe aber auch gar keine Lust dazu.
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