Die Frage aus der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste heute:
Im Vergleich zu anderen Menschen, wie empathisch schätzen Sie sich ein? Und emotional? Deckt sich das mit dem, was andere Menschen über Sie sagen?
Gegenfrage: warum muss man denn immer alles vergleichen?
Antwortversuch:
Fangen wir mit der Empathie an. Ein sehr weit gefasster Begriff und durch Übergebrauch etwas abgenutzt finde ich. Umfasst wohl, ob ich die Gefühle anderer erkennen und verstehen kann, ob ich die (Lebens-/Gemüts-)situation anderer mitdenken kann. Das ist bereichernd und gibt mir neue Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten. Umfasst oft auch die Frage, ob und wie ich auf diese Wahrnehmung, dieses Verständnis, reagiere, im engen sozialen Kontext wird meistens Zustimmung, Verbündung, Parteinahme, Mitfreude oder Mitleid erwartet. Das kann dazu führen, jemanden in eine Opferrolle zu drängen oder darin zu halten, zu Grüppchenbildung und zur Einengung der Sichtweise - das Verständnis für andere, die der durch Empathie gebildeten Gruppe nicht angehören, schwindet, die Welt wird etwas schwarz-weißer.
Ich bin unsicher, ob Mitfühlen immer zum richtigen Handeln führt, noch unsicherer, ob Verbündung zum richtigen Handeln führt oder nicht vielmehr zu dem Handeln, das im aktuellen sozialem Umfeld und Kontext erwartet wird.
Meiner Einschätzung nach bin ich überdurchschnittlich empathisch, wenn ich den Begriff auf den Punkt begrenze, die Situation anderer zu verstehen und mitdenken zu können. Diesen Teil der Empathie übe und baue ich auch seit Anfang 2021 weiter aus, weil sie ja ein sehr nützliches Handwerkszeug ist. Ich nehme mir aber die Freiheit, nochmal einen Schritt zurückzutreten und mir meine Empathie anzugucken und sie zu bewerten. Generell habe ich an Verbündung und Grüppchenbildung kein Interesse, im diesem Teil der Empathie strebe ich also gegen Null und das ist der Teil, auf den ich mich manchmal halb scherzhaft beziehe.
Nun die Emotionalität. Ich habe guten Zugang zu meinen Emotionen. Das war früher anders, da dachte ich immer, ich lasse lieber weniger an mich heran, was dann zu spektakulären Wutanfällen aus Überforderung heraus geführt hat. Jetzt merke ich meistens schnell, wenn etwas nicht okay für mich ist oder auch, wenn ich etwas will und kann mit einiger Konzentration auch recht schnell herausfinden, was genau los ist: ob ich Angst habe oder ärgerlich bin oder vorfreudig nervös und so weiter. Ich habe wenig Scheu davor, mir das genau anzuschauen (habe nur manchmal keine Lust auf die Anstrengung) und ich nehme mir hier die Freiheit, schnell auf das, was ich feststelle, zu reagieren. Auch im Umgang mit anderen und so staut sich normalerweise nichts mehr auf, das dann irgendwann explodiert. Ich muss nicht mehr schreien und toben, meine Interventionen können ganz klein sein, weil die Sache, um die es geht, ja noch nicht riesig geworden ist. Quasi im Vorbeigehen Unkraut herauszupfen statt eine hundertjährige Eiche abzuholzen.
Vermutlich bin ich also emotionaler und wirke dadurch weniger emotional.
Die Frage, ob sich das mit der Meinung anderer deckt, kann ich nicht allein beantworten, dazu müssen Sie Ihre Meinung jetzt erstmal äußern und dann können wir das abgleichen.
Kommentieren