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    Samstag, 3. Februar 2024
    3. Februar 2024

    Komisch zerfranster Tag, irgendwie funktionierte alles und fühlte sich dabei sehr provisorisch an. Schon das Aufwachen – erst war ich viel zu früh um halb 6 wach, weil ich etwas unentspanntes geträumt hatte, das zweite Mal wurde ich dann um kurz nach 8 von der Türklingel geweckt, auch das noch. Die Zeit bis 10 Uhr verging mit verschiedenen Aufräumtätigkeiten und dem ersten Kaffee, um 10 Uhr fand ich, es wäre nun ausreichend spät, das Haus mit Gesang zu beschallen. Ich schuldete dem Gesangslehrer noch eine Aufnahme. Wir alle wissen, wie scheiße es ist, sich selbst auf Aufnahmen sprechen zu hören und sich selbst singen zu hören macht die Sache keineswegs besser. Ich brauchte acht Anläufe, bis ich etwas hatte, bei dem ich es über mich brachte auf den „Senden“ Knopf zu drücken.

    Ach ja, einen Termin zum Haareschneiden habe ich noch gemacht, gleich nach dem Aufstehen und dem ersten Blick in den Spiegel. Ich wollte eigentlich in zwei oder drei Wochen gehen aber das geht nicht, ich habe zu viele Termine in der nächsten Zeit, bei denen ich wirklich nicht noch das Gefühl haben möchte, schlecht frisiert zu sein. Der Friseur hat allerdings Urlaub, was nicht schlimm ist, es gibt ja auch eine Friseurin dort, die schneidet für meinen Geschmack sogar etwas besser, hat aber die für mich ungünstigeren Arbeitszeiten. So werde ich nun also am Dienstagvormittag dorthin gehen, das sollte klappen, weil ich ja hoffe, Montag wieder ansatzweise Kontrolle über meinen Schreibtisch zu haben. Zaghaftes Hurra.

    Am Abend konnte ich M zu einer Party fahren. Das kam ewig nicht mehr vor, es war richtig schön, im Auto bekomme ich immer viel erzählt. Letztendlich verfuhr ich mich noch, völlig absurd, es handelte sich um einen Weg, den ich während der Coronazeit, insbesondere, als man hier abends um 22 Uhr zu Hause sein musste, täglich zwei- bis viermal gefahren bin und manchmal zwischendurch angehalten habe, um auszusteigen, tief durchzuatmen und nicht durchzudrehen und auf dem ich mich – beim Warten – auch mal neben eine Katze auf den Gehweg setzte, um sie zu streicheln, und dabei einschlief, neben dem Auto auf dem Gehweg. Wie absolut verrückt das alles war.

    Heute ist in der täglichen Contentvorschlagliste eine Frage, zu der ich ratlos bin: „Ich bin ein ziemlich distanzierter Mensch, obwohl ich mich seit Jahrzehnten sehr um nahe Beziehungen bemühe. Schon meine oft etwas floskelhafte Sprache verrät das. Wie kann ich eine „annäherndere“ Sprache lernen, haben Sie Tipps für mich?“

    Ich habe keine Ahnung davon. Ich verstehe schon die Frage nicht richtig, es sind drei Aspekte, die ich nicht gut zusammenbringe. a) distanzierter Mensch, b) sucht Nähe, c) ist sprachlich distanziert, möchte Sprache lernen, die Nähe erzeugt. Ich kriege nur zwei dieser Dinge zusammen, dass ein distanzierter Mensch sich distanziert ausdrückt, ist folgerichtig, das passt zusammen. Wo kommt jetzt die Nähe rein? Warum möchte die Person, die sich als distanziert beschreibt, Nähe und wenn die Person Nähe möchte, warum ist sie dann distanziert? Hier hänge ich fest.

    Ich lasse das mal beiseite und wende mich der Sprache zu. Ich glaube nicht, dass Sprache an sich distanziert sein kann, das hat immer auch mit dem Inhalt zu tun. Beispiel sind hier Floskeln. Wir nehmen mal einen Klassiker: „Wie geht es Dir?“ Floskelhafte, inhaltslose und daher distanzierte Antwort: „Passt schon/Ganz gut/Nie besser“ etc.

    Warum machen wir das? Weil die Antwort aus der Nähe ganz häufig nicht in das Setting passt. Falscher Ort, wie eine flüchtige Begegnung auf der Straße, die morgendliche Begegnung an der Kaffeemaschine am Arbeitsplatz. Falsches Umfeld, wie z.B. in einer größeren Gruppe, bei denen nicht zu allen ein Vertrauensverhältnis besteht. Falscher Zeitpunkt, insbesondere auch falscher Zeitpunkt im Gespräch, wir sitzen noch nichtmals richtig am Tisch, da ist diese Frage wirklich ein bisschen hoch gegriffen, „und, wie war dein Tag bisher“ hätte auch ausgereicht. Zu schnell, falscher Rhythmus, falsche Zeit, falsche Person, falscher Ort für Nähe, wir gehen auf Distanz, sprachlich, mit Floskeln.

    Die Person, die diese Frage stellt, geht offenbar sehr häufig auf Distanz, öfter, als sie selbst eigentlich möchte. In dem Fall würde ich mich fragen: was ist mein Nutzen. Irgendeinen wird es ja geben. Die Kosten haben wir schon beziffert: wenn ich mich nicht offenbare, kann ich nicht gesehen werden, wenn ich zu sehr auf Abstand bin, finde ich keine Verbindungen, keine Resonanz. Ich mache das trotzdem. Warum also, was bringt es mir? Der verspürte Nutzen muss größer sein als die Kosten, sonst würde ich das nicht instinktiv und immer wieder so machen. Irgendein Bedürfnis wird damit erfüllt. Da würde ich anfangen, zu schauen. Was bringt die Distanz? Wenn ich das weiß, kann ich überlegen, ob die Rechnung für mich wirklich gut aufgeht oder ob ich diesen Nutzen auch irgendwie anders herbeiführen kann, so dass ich in meiner Gestaltung von Nähe/Distanz freier werde.

    Mehr fällt mir dazu nicht ein.

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    Freitag, 2. Februar 2024
    2. Februar 2024

    Durch eine Woche Urlaub, den Blackout-Tag (des Gebäudes, ich selbst hatte kein Blackout) und die Ereignisse gestern habe ich im Büro ein Aufgabenlevel erreicht, bei dem ich keinerlei Überblick mehr habe, was alles zu tun ist. Dazu gab drei absolut dringende Kernaufgaben, von denen jede ca. einen halben Tag in Anspruch nimmt und die mussten – komme was wolle – heute gemacht werden. Das entspannte die Situation für mich, was es alles noch auf der Liste gab, war damit vollkommen gleichgültig, es ging ja nur noch darum, drei Halbtagsdinge an einem Tag möglich zu machen, das ist mit vielen runden Ecken und wenig Diplomatie kein Problem. Ich fand sogar noch Zeit, mittags Essen zu gehen, ein superspannendes kleines Menü: Schwarzwurzel-Orangen-Salat, Mohnspätzle mit Rindergeschnetzeltem, Aprikosenpannacotta und ein Espresso Macchiato mit Hafermilch. Dazu trank ich eine Literflasche Wasser, weil ich an dicht gepackten Tagen das Trinken meist vergesse, das Mittagessen schien mir eine gute Gelegenheit.

    Die tägliche Contentvorschlagliste fragt heute, wie Frau Herzbruch und ich uns kennengelernt haben. Das ist hiermit die erste Frage, die ich verweigere. Ich habe das schon zu oft erzählt, wenn ich etwas sehr oft erzähle, wird es mir langweilig und ich fange an, die Erzählung zu verändern, damit meine Langeweile endet. Ich könnte jetzt erzählen, wie wir beide im selben Kaufhaus beim Ladendiebstahl erwischt wurden und uns anfreundeten, als wir auf die Polizei warteten oder dass wir beide den selben Sitzplatz in der Bahn reserviert hatten, nach einer körperlichen Auseinandersetzung und gegenseitigen Anzeigen einem Schlichtungsverfahren ausgesetzt waren, das unerwartet erfolgreich verlief oder ich Frau Herzbruch nach Klamottenshopping mit ihren ganzen Tüten auf der Straße sah und dachte, sie sei eine Person ohne Wohnsitz und die ganzen Tüten ihr hab und gut und dann lud ich sie zu einem Kaffee ein. Und dann sagt wieder wer, ich würde lügen. Insofern lasse ich Frau Herzbruch die Geschichte erzählen, mit komplettem Freifahrtschein, was immer es ist, ich werde mich für die Wahrheit der Erzählung verbürgen.

    Den zweiten Teil der Frage, was Frau Herzbruch und mich verbindet, erzähle ich gern, zumal ich mich das auch öfters frage, denn wir sind sehr unterschiedlich. Ich habe die folgenden Thesen:

    Uns verbindet zum einen ein sehr robuster Humor, wir wissen beide, wie es ist, zerrissen zu sein zwischen einer Freundschaft und dem Drang nach der perfekten Pointe und so ertragen wir die Despektierlichkeiten der jeweils anderen mit resignierter Hochachtung.

    Was uns auch verbindet ist der absolute Glaube an ein gegenseitiges Wohlwollen. Ich weiß nicht, woher das kommt aber ich würde Frau Herzbruch ohne zu zögern mein Leben anvertrauen. Meine Steuererklärung allerdings nicht. Frau Herzbruch, da bin ich mir sicher, würde mir ihre Steuererklärung (und auch ihr Leben) anvertrauen aber nicht die Renovierung ihrer Wohnung. Wir kennen die Schwächen der anderen und hauen da gerne mal drauf. Immer wohlwollend natürlich.

    Und dann verbindet uns noch eine spezielle Form von Irrsinn, ich glaube, mit Frau Herzbruch verbindet mich von allen meinen Freundinnen die größte Anzahl an skurrilen gemeinsamen Erlebnissen, weil sie – wie ich – immer nur einen Tick vom „ach da gehen wir jetzt mal mit“ entfernt ist, eine absolute Freundin der schnellen Entschlüsse mit sofortiger Umsetzung. Ich kann sie um 14, während sie 250 km entfernt im Baumarkt an der Kasse steht, fragen „kommst du heute Abend als meine Partnerin mit auf den Abschlussball?“ und um 18 Uhr ist sie da. Ich kann sie – im Zug auf dem Rückweg von einer Urlaubsreise – fragen „wo fahren wir denn nächstes Jahr hin“ und eine Viertelstunde später ist alles gebucht, inklusive Opernkarten.

    Und wir haben beide einen unfassbar starken Willen, wir fahren gemeinsam an einem Tag, an dem wir eigentlich überhaupt keine freie Minuten haben, fünf Supermärkte ab und stürmen sie sonderkommandomäßig, weil wir Entenbrust haben wollen. Die wir dann gar nicht zubereiten, oder vielleicht doch, ich habe keine Erinnerung daran, ich erinnere mich nur an die Jagd danach und lache noch heute darüber. Vor diesem Willen haben wir gegenseitig großen Respekt, was sehr gut ist, denn würden wir damit aneinandergeraten, ginge es für beide nicht gut aus.

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    Donnerstag, 1. Februar 2024
    1. Februar 2024

    Verrückter Tag. Von 15 bis 20:30 Uhr war ich in einer Mietflächenübergabe, es geschahen sehr unerwartete Dinge, ich bin völlig durchgenudelt, wollte mit einem Uber nach Hause fahren, zum allerersten Mal, ich bin noch nie Uber gefahren, habe es dann aber vergessen und es erst auf halbem Weg zur Bahn wieder erinnert, aus der Bahn bin ich dann, weil ich so in Gedanken versunken war, zu spät ausgestiegen und mit einer anderen Bahn wieder zurückgefahren, ging die Treppe hoch und dachte, ich lege mich zu Hause sofort auf den Fußboden und stehe so schnell nicht wieder auf, dann saßen zu Hause aber zig junge Erwachsene in der Küche und hatten gekocht, ich wollte nicht merkwürdig sein, es ist ja die Aufgabe der jungen Leute, merkwürdig zu sein, nicht meine. Also sitze ich jetzt im Sessel.

    Geht vorbei.

    Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: Sie scheinen das Konzept „Achtsamkeit“ recht gut zu leben – aber mögen Sie auch den Begriff „Achtsamkeit“?

    Hier hätte ich das „aber“ in der Formulierung zum Beispiel weggelassen. Ich habe auch keine Ahnung, ob ich das Konzept „Achtsamkeit“ gut lebe, ich interessiere mich nicht so für Konzepte. Sagen wir mal so: ich komme gut klar.

    Mag ich den den Begriff „Achtsamkeit“? Den Wortrhythmus und die Laute mag ich, klingt irgendwie trocken-sanft. Der Begriff an sich ist mir völlig egal.

    Ich lehne allerdings die Inhalte des Modebegriffs Achtsamkeit komplett ab, der für mich im Wesentlichen den Inhalt „ich schau nur auf mich und alle anderen sind Schuld an allem“ hat. Diese merkwürdige Anwandlung, sich vor der Welt schützen, sich abgrenzen zu wollen, statt einen guten Weg für alle zu suchen, in und mit dieser Welt zu leben. Platidütenhafte Sprüche, Kreiseln um die eigene Befindlichkeit in unendlicher Egozentrik ohne irgendwelche Zugeständnisse an das Gesamtgefüge des Lebens, Scheiß wie Me-Time oder Digital Detox oder Detox an sich, jegliche To-Dos oder Not To Dos, alles mit Ausrufungszeichen, 10-Minuten-Dies und 20-Minuten-Das, vorgefertigte Regelsätze zum Sich-Gut-Fühlen.

    Achtsamkeit ist hingucken, hinfühlen, aushalten, sprich: harte Arbeit. Erfordert Mut, erfordert Entscheidungen – sehr oft die Entscheidung, nicht auf den aktuellen eigenen Impuls zu reagieren, es sich eben nicht leicht zu machen, sondern nochmal genau nachzudenken.

    Es ist ein bisschen wie „Mit Nazis reden“. Zu sagen, Nazis sind doof, mit denen rede ich generell nicht, ich ignoriere das, ist eine zu bequeme Position, wenn daraus erwächst, dass sie ungehindert ihre Inhalte Raum greifen lassen. Genauso ist es eine zu bequeme Position zu sagen, mein Befinden ist x und deshalb mache ich y, das tut mir gut, ohne die Auswirkungen zu betrachten.

    Konkretes Beispiel: Freund*innen 10 Mal Verabredungen abzusagen, weil ich mich dem gerade nicht gewachsen fühle- das ist nicht achtsam, das ist mies. Durchaus mag es sein, dass gerade nur mies drin ist, das ist okay. Macht es aber nicht achtsam. Achtsam wäre, irgendwann mal zu sagen „pass auf, ich hab folgende Situation bei mir/in mir, ich bin momentan unzuverlässig, ich mag dich trotzdem gern und will versuchen, dich zu sehen, aber es kann immer gut sein, dass ich es nicht schaffe, ist das ok, kannst du das ein Stück mit mir tragen?“ Und die Antwort, was immer sie ist, zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Das wäre achtsam.

    Wie gesagt, kostet Kraft, kostet Mut, geht nicht immer. Manchmal sind wir unachtsam, manchmal sind wir scheiße, oft hat es einen Grund, immer hat es Konsequenzen, machen wir es einfach, so gut wir können.

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    Mittwoch, 31. Januar 2024
    31. Januar 2024

    31. Januar 2024

    Die Hälfte des Dezembers und den gesamten Januar haben wir – aus strategischen Gründen – damit verbracht, eine Sache extrem schlecht zu finden, Ziel war, sie hinauszuzögern. Das hat gut geklappt, morgen am Nachmittag findet das aber ein Ende und deshalb ist es genau ab morgen Nachmittag strategisch angezeigt, dieselbe Sache extrem gut zu finden, regelrecht begeistert zu sein. Noch 16 Stunden, mich selbst einmal von innen nach außen zu krempeln und ein kleines Team gleich mit, das wird spannend und lustig. Gerade habe ich die Idee, dass ich Champagner kaltlegen werde.

    Insgesamt hatte ich einen sehr guten Tag, das allerbeste war, dass ich mittags per WhatsApp ein Lob von der Putzhilfe bekam. Ich hätte den Schrank hinter der Küchentür sehr schön arrangiert. Das ist der Schrank mit den Papier-, Plastik- und Stoffbeuteln, dem Staubsauger, den Kohlensäurezylindern, den Müllsäcken, den Katzenfuttervorräten und so weiter. Den habe ich sehr schön arrangiert. Genau so ist es! Ich bin sehr stolz. Ich werde gleich jetzt am Wochenende weiter aussortieren, um nächsten Mittwoch noch mehr Lob zu bekommen. Ich habe ja ein kleines Problem mit Lob, fasse es nämlich häufig als Beleidigung auf, wenn ich nämlich die lobende Person gar nicht für in der Kompetenz ausreichend über mir stehend halte oder den Sachverhalt an sich nicht für ausreichend herausfordernd. Den Schrank aufzuräumen war aber höchst herausfordernd und die Putzhilfe befindet sich mit ihrer Arrangierkompetenz in einem anderen Universum als ich. Deshalb freute ich mich den ganzen Nachmittag darüber.

    Kurze Verwirrung auf dem Heimweg, ich hatte nämlich das Auto im Büro vergessen. Also, vergessen, dass es dort parkte. Das war schon seit Montag so, am Montag hatte ich es zurückgelassen, weil ich abends keine Lust hatte, einen Parkplatz zu suchen und es auch nicht im Hof abstellen konnte, weil es dort ja früh weg muss, am Dienstag aber der Installateur erwartet wurde und ich nicht früh aus dem Haus konnte. Ich hatte geplant, das Auto Dienstagabend wieder zurückzufahren. Dann war aber ja das gesamte Bürogebäude nicht zugänglich und bis heute hatte ich das Auto eben vergessen. M braucht es also morgen, daher musste es zurück, ich war schon auf halbem Weg zur Bahn und in guter Stimmung und drehte dann wieder um und war ziemlich gereizt. Immerhin fand sich ein Parkplatz direkt gegenüber vom Haus, naja, er fand sich nicht so wirklich sondern drei Personen stiegen gerade ein und ich wartete, bis sie wegfuhren und parkte dann. Sie machten wüste Handzeichen aus dem Fenster, genau so, wie ich, als ich neulich nachts um 2 aus einer Parklücke fuhr und sofort jemand um die Ecke bog und einparkte. Wirklich alles an Autos ist scheiße. Ich brüllte dem Fahrzeug entsprechendes hinterher.

    Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: „Wie reagieren Sie darauf, wenn Sie eine Person im beruflichen Umfeld ständig provozieren würde, um Sie herauszufordern oder evtl. bloßzustellen, indem sie Dinge behauptet, die zum Teil nicht stimmen, was man aber erst nach einiger Recherche herausfinden kann?“

    Sehr komplexe Frage, sehr einfache Antwort, ich sage zu der entsprechenden Person „Sag mal, willst du mir ans Bein pissen?“ Variieren kann die Form des Vortrags. Wenn ich die Sache nur mal platzieren möchte, bei nächster Gelegenheit, durchaus auch in der Teeküche oder im Gang. Wenn ich ein Gespräch suche, würde ich zum Lunch einladen und die Frage in diesem Rahmen stellen, es ist eine große Hemmschwelle dabei, gutes Essen stehen zu lassen, wenige Personen stehen dann auf und rennen weg, so dass sich auch unangenehme Themen ganz gut erörtern lassen. Ich würde im übrigen nicht darauf warten, dass eine Person mich „ständig“ provoziert sondern das gleich beim ersten Mal und jedes einzelne Mal tun.

    Die Wortwahl kann man natürlich in adressat*innengerecht modifizieren, meinen Chef habe ich z.B. neulich nicht gefragt, ob er mir ans Bein pissen will sondern „auf mich wirkt es so, also ob sich sich über das, was ich sage, lustig machen, stimmt das?“ formuliert. Die Aussage bleibt dieselbe: ich sehe, was du machst und ich akzeptiere es nicht und es hört jetzt auf oder es gibt Streit. Die Leute verstehen das schon. Probieren Sie es einfach aus. Den Streit wollen die allermeisten nicht (der Chef schon), sie wollen hier und da sticheln und sich wichtig und mächtig und unangreifbar fühlen und das macht ihnen diese Frage kaputt.

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    Dienstag, 30. Januar 2024
    30. Januar 2024

    Heute hingegen war mein Tagesstart rasant! Er fand um kurz nach 5 Uhr durch einen Anruf auf allen meinen Telefonnummern (Festnetz, HandySIM1, HandySIM2) statt, denn es handelte sich um eine Alarmmeldung des Bürogebäudes. Das Gebäude verkündete, es sei im Notstrombetrieb.

    Ich war sehr müde und erwog kurz, so zu tun, als habe mich keine dieser Nachrichten aus dem Tiefschlaf erweckt, zog mir folglich die Decke wieder über den Kopf. Diese Reaktion scheint aber einkalkuliert zu sein. Man muss die Nachricht bis zu Ende abhören (sie war recht lang), dann am Ende mit einer Zahleneingabe den Empfang quittieren, das muss für alle Telefonnummern einzeln getan werden und als ich damit fertig war, war ich wach. Ich rief die genannte Info-Hotline an, keine Verbindung, die Gebäudesicherheit war ebenfalls nicht erreichbar, auch niemand sonst bis auf einen armen Objektleiter, den ich aber dabei störte, wie er im Begriff war „gerade in Hose und Schuhe zu schlüpfen, denn ich hab noch 50 Kilometer zu fahren bis ich was weiß, Frau N!!!“

    Wir haben für solche Fälle ein Notfall-Team, das aus 4 Personen besteht. Wir chatteten uns zusammen, niemand war bei der Hotline durchgekommen, also verteilten wir Aufgaben: eine Person für die IT, zwei Personen brachen auf an den Ort des Geschehens, eine Person als Informationszentrale und Schnittstelle – letztere war ich und setzte mich sehr stark seufzend an den Laptop.

    IT-seitig gab es eine schlechte und eine gute Nachricht. Die schlecht war, dass gerade in der Vorwoche Probleme mit der USV gab und vorübergehend zwei Batterien ausgebaut worden waren und nicht alle zu 100 % aufgeladen waren, so dass insgesamt maximal 2 Stunden Zeit war, den Shutdown der Server geordnet zu veranlassen. Weil dazu Personen in den USA benötigt wurden, die man erst aufwecken muss und die gewisse Vorbereitungen treffen müssen, legten wir fest, dass wir bei einem tatsächlichen Stromausfall innerhalb von 45 Minuten eine Entscheidung treffen müssen, ob wir herunterfahren oder nicht. Zu dem Zeitpunkt – das war die gute Nachricht – lag aber noch gar kein Stromausfall vor, jedenfalls nicht in unseren Etagen, alle Rechner, auf die wir zugriffen, zeigten Normalbetrieb und Stromversorgung an. Die Hoffnung auf einen Fehlalarm regte sich.

    Eine halbe Stunde später meldete die erste Person vor Ort aber, dass es kein Fehlalarm war und dass das Gebäude nicht betreten werden durfte. Seufz, seufz, seufz. Wir brachten ein Team in den USA auf Standby, die zwei Leute vor Ort suchten Ansprechpersonen, vernetzten sich bestmöglich und loteten die Optionen aus und ich plante die Kommunikation an die verschiedenen Gruppen von Mitarbeitenden, von denen der überwiegende Teil spontan zu Remote Work wechseln können sollte, aber man weiß ja nie – vergessene Laptops, vergessene Tokens, vergessene Stromkabel etc. Und einige gibt es eben auch, deren Job Remote nicht funktioniert.

    Um 20 nach 7 rief ich den nOC an, um ihn zu informieren und zu erfragen, ob er irgendwas am Ablauf mitbestimmen möchte – das wollte er nicht, warf aber noch ein paar Komplikationen in die Runde, wie einen aus dem Büro mit spezieller Technik geplanten Lecture, einer wichtigen Kurierlieferung und zwei Besuchern, die noch in keinem Plan standen. Alles aber erst am Nachmittag.

    Gegen 10 Uhr hatten wir das Gros der Personen Online und kümmerten uns um die Spezialfälle, die aus irgendeinem Grund nicht so einfach remote arbeiten konnten und außerdem notwendiges Alltagszeug regeln wie Lieferungen umleiten, Post-/Paketlagerung klären, Meetings umplanen und ab Mittag auch koordinieren, dass in Einzelfällen Materialien in Begleitung der Security und per Feuerwehraufzug aus dem Gebäude geholt werden durften.

    Endlich, kurz nach 16 Uhr, war die Störung behoben und das Gebäude konnte wieder betreten werden. Ich wartete noch kurz den Kontrollrundgang durch die zwei Personen vor Ort ab und als „alles ok“ gemeldet wurde, gaben wir gaben dem Standby-Team Bescheid. Dann setzte ich mich in den Superchargersessel und schlief eine Runde.

    Was für ein absolut verschwendeter Tag.

    Thema in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: „Mit Nazis reden“.

    Ich möchte differenzieren zwischen „Nazis eine Plattform zum Reden bieten“ und „Nazis widersprechen“. Nazis eine Plattform zum Reden bieten, sie quasi zum Reden einzuladen oder aufzufordern, finde ich dumm. Und auch unerfreulich, das will doch keiner hören und die Welt ist ein besserer Ort ohne Nazigerede. Eine andere Sache ist es, meiner Ansicht nach, wenn Nazis nun einmal unglücklicherweise sowieso schon reden und man dabei ist. In der Bahn, am Arbeitsplatz, im Supermarkt. Dann darf das Nazigerede nicht einfach so unwidersprochen bleiben und den Raum erfüllen und Gegenrede ist absolut angezeigt.


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    Montag, 29. Januar 2024
    29. Januar 2024

    Der DAX startete heute verhalten in den Tag, entnahm ich der Tagesschau, und ich selbst tat es ihm gleich. Ich wurde vom Wecker geweckt und musste zu einer ganz bestimmten Zeit los, nicht etwa wegen irgendwas sinnvollem, sondern weil ich das Auto aus dem Hof entfernen musste, bevor die Firma, deren Parklätze ich dort befinden, anfängt zu arbeiten. Ich fuhr das Auto also an meinen Arbeitsplatz und stellte es dort ab, da kann es jetzt erst einmal bleiben, ich habe am Abend die Bahn genommen. Donnerstag hole ich es vermutlich zurück, weil ja dann am Freitag wieder irgendein Streik ist.

    Immer wenn was mit Bus und Bahn ist bekomme ich – zusätzlich zu meiner eigenen Genervtheit darüber – von mehreren Mitarbeitenden Links zu Zeitungsartikeln dazu gemailt. Ohne irgendeinen Hinweis, was ich damit anfangen sollte. So ähnlich wie Retweets oder Boosts auf Twitter/Mastodon. Beides kann ich etwa gleich gut leiden. Ich weiß nicht, warum ich diese Links zu den Artikeln bekomme und spiele noch mögliche Reaktionen durch auf der Suche nach einer funktionalen – funktional heißt für mich, dass ich den Scheiß nicht mehr geschickt bekomme. Löschend ignorieren hat nicht geholfen und funktioniert jetzt auch nicht mehr, weil ich ja jede Nachricht beantworte, prinzipiell. Einlassen auf die (wahrgenommene) Emotion, also z.B. „ach du scheiße“ antworten führt zu noch mehr Korrespondenz, ist also grundverkehrt. Der lösungsorientierte Ansatz („Du kannst einen Parkplatz haben“) war ebenso falsch, natürlich, das habe ich schon gelernt, dass nie eine praktische Lösung gewünscht ist, ich hatte es nur aus Spaß nochmal probiert, es folgte sofort Gejammer über Benzin, Stau, etc. Ebenso Antworten wie „ja, das trifft uns alle“ dazu führen, dass genauer erklärt wird, warum es die schreibende Person aber nun doch noch einmal härter trifft – bzw. die schreibenden Personen, es sind ja mehrere, nur alle einzeln. Vielleicht sollte ich ihnen einen gemeinsamen Mailverteiler einrichten, in dem sie sich untereinander schreiben können. Als nächstes werde ich ausprobieren, ob es funktional ist, wenn ich „WARUM SCHICKST DU MIR DEN SCHEISS?!“ antworte. Ich werde berichten. Vielleicht probiere ich vorher noch „Hihi ich fahr Rad :-)“ aus.

    Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Was ist ihr ultimativer Erziehungstipp?“

    Ja, der wäre dann „scheiß auf was irgendwer sagt“. Ich halte nichts von Erziehungstipps, ich halte nichts von Erziehungsratgebern, ich halte nichts von Erziehungskonventionen und drehe ja schon durch, wenn ich irgendwas von Essenszeit oder Medienregeln höre. Sie haben ein Kind, das ist ein Mensch, schauen Sie genau hin, was für einer und gehen Sie dabei nicht allzu sehr von sich selbst aus, das Kind hat seine ganz eigene Persönlichkeit, zum Glück. Sie leben zusammen, Sie selbst sind hoffentlich eine Person, die die Welt und alles darin mit Respekt behandelt und aufmerksam und interessiert durchs Leben geht, leben sie das halt vor und hören Sie nie auf, zu erklären, wie Dinge funktionieren, wie Zusammenhänge sind, was Ihnen wichtig ist. Dann findet sich der Rest von selbst. Und machen Sie sich ansonsten eine schöne Zeit gemeinsam. Bücher mit Erziehungstipps und Phasen und Trallalla können Sie wegschmeißen. Achso, doch ein Tipp, spielen Sie nie irgendwas mit dem Kind, das Sie selbst doof finden, das ist vergeudete Lebenszeit und das Kind merkt es eh. Bringen sie ihm lieber ganz frühzeitig Spiele bei, die Sie selbst toll finden. Natürlich auch Videospiele.

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    Sonntag, 28. Januar 2024
    28. Januar 2024

    Zum Ende des Urlaubs habe ich mich heute noch körperlich müde gespielt. Ich habe aussortiert. Angefangen mit der Besteckschublade, da stockte es dann aber bereits, denn die Einsätze sollten in die Spülmaschine, die lief aber noch 20 Minuten. Kein Problem, diese Zeit verbrachte ich plaudernd im virtuellen Büro, nach 20 Minuten räumte ich die Spülmaschine aus und mit den Einsätzen ein, stellte sie wieder an und bemerkte, dass mir da offensichtlich ein Denkfehler unterlaufen war, denn jetzt mussten die ja erstmal gespült werden.

    Ich zog einen Raum weiter und ordnete den Schrank, den nur ich benutze, daraus ergab sich, dass eine Kabelschublade im Haushalt eingerichtet werden soll, daraus ergab sich, dass ich die drei Schubladen einer Kommode im Wohnzimmer neu sortierte. Das obere Fach enthält Klaviernoten, das bleibt so, das mittlere enthielt ein paar kleine Instrumente, ein paar Kabel, diverse Fotos und das untere Fach enthielt Zeugs. Das Zeugs und die Fotos verließen nun den Haushalt und unten sind die Instrumente eingeräumt, die mittlere Schublade ist nun die Kabelschublade des Haushaltes und ich räumte noch Kabel, die an anderen Orten verteilt waren, dorthin um.

    Dann war die Spülmaschine fertig und die Besteckschublade konnte sortiert werden, es folgte die mit den Pfannen und Töpfen und die mit Rührschüsseln, Messbechern etc., dann wurde der Plastikdosenschrank final aufgelöst, darin befinden sich nun Waffeleisen und Sandwichtoaster. Dann wurde noch die Glasvitrine sortiert, alle Plastikbrotdosen und alle Plastiktrinkflaschen entsorgt und – das wird Frau Herzbruch freuen – alle leeren Gü-Gläschen bis auf 12 Stück entsorgt. Ebenso alle angeschlagenen Müslischalen und das gesamte Kindergeschirr. Es folgte die Schublade unter dem Herd, die verbogenen Ausstecherformen kamen weg und alle Silikonbackformen, die werden mit der Zeit komisch klebrig und ergeben außerdem keine ordentliche Kruste, ich kann die nicht leiden, ich backe mit Kurzer Blick noch in den Vorratsschrank – nichts abgelaufen und in den Schrank unter der Spüle – alles tiptop, nur das Bodenputzmittel ist doppelt vorhanden, das stand auf der Einkaufsliste von der Putzhilfe, vermutlich hat sie es da unten übersehen.

    In der täglichen Contentvorschlagliste wird heute gefragt: „Morgenmuffel oder Frühaufsteher oder egal, Hauptsache die Minimalanzahl an Schlafstunden wird erreicht?“

    Relativ egal, mit einer Einschränkung: so grob zwischen 2:30 Uhr nachts und 5:00 Uhr morgens kann man mit mir absolut nichts anfangen. Um diese Zeit möchte ich schlafen. Der Rest ist verhandelbar. Ich brauche 6 Stunden Schlaf, um den Tag über keine brennenden Augen zu haben, ich kann aber auch gut 8 Stunden am Stück schlafen. Dann wache ich meist von selbst auf, kann aber nach Belieben weiterschlafen, ich kann eigentlich immer schlafen. Deshalb ist es mir auch egal, wann genau ich schlafen gehe. Nur möchte ich meine Schlafdauer eher am Stück haben, Nickerchen bekommen mir nicht, da kriege ich Kreislaufprobleme. Kleine Schlafunterbrechungen sind okay, die stören mich nicht, M weckt mich zum Beispiel immer kurz, wenn sie am Wochenende nachts nach Hause kommt, da freue ich mich dann, dass sie da ist und schlafe sofort wieder ein.

    Üblicherweise gehe ich unter der Woche gegen 23 Uhr schlafen und wache gegen 7 Uhr von selbst auf, wenn wir früher aufstehen müssen, weckt mich der Wecker. Am Wochenende gehe ich eher gegen 1 Uhr schlafen, wache folglich gegen 9 Uhr auf und entscheide dann, ob ich noch ein oder zwei Schlafetappen drauflege (eine Schlafetappe geht bei mir ca. 90 Minuten) oder ob ich aufstehe. Momentan stehe ich immer lieber auf, im Sommer bleibe ich tendenziell lieber noch liegen, weil ich bei Hitze ja eh immer Kreislauf habe und da bietet es sich an, einfach drei Monate am Stück liegenzubleiben, bis das Elend vorbei ist.

    Diese Aktion ergab 1 blauen Sack voll Müll und zwei Wäschekörbe voll mit Dingen zum verschenken. Jetzt habe ich noch mehr Lust, den Rest der Wohnung durchzusortieren, so schön wie die Schränke, die heute dran waren, soll der Ret auch bald sein!

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    Samstag, 27. Januar 2024
    27. Januar 2024

    Es ist eine Zumutung, heute waren schon zwei Antworten auf zwei meiner Veranlassungen der letzten Woche im Briefkasten und auch, wenn das eine nur eine Rechnung und die andere „Ja Frau N, machen wir so, wie Sie wollen“ war, gibt es nun halt wieder was zu tun, nämlich einmal einen Zahlungsvorgang (btw ist ein Klavierstimmer eine haushaltsnahe Dienstleistung? Ja, oder?) und zweitens eine Folgeterminvereinbarung. Wir sind nie fertig, nie, nie, nie. Vielleicht ganz gut so, ich konnte recht wenig heute mit mir anfangen. Ich las ein gutes Buch und war einkaufen, es gab Spaghettoni im Angebot, ich kaufte insgesamt für wahnsinnige 180 Euro ein, aber halt „Staples“ – was ist das deutsche Wort dafür? – Dinge wie Linsen, Bohnen, Nudeln, Kaffeebohnen, Reis, Taschentücher, Klopapier etc. Alles Frische kommt ja in der Gemüsekiste. Von der Putzhilfe hatte ich auch eine Einkaufsliste bekommen (sie bevorzugt bestimmte Putzmittel), die ist ebenfalls abgearbeitet. Der Haushalt sollte jetzt für die nächsten 1-2 Monate wieder mit grundlegendem Zeugs ausgestattet sein. Da haben wir schon das Wort für „Staples“: grundlegendes Zeugs!

    Nach dem Einkauf – es war 17 Uhr – war ich unterzuckert, als das behoben war, war ich schläfrig, dann kam M von Ikea nach Hause und ich habe jetzt eine kleine, batteriebetriebene, leuchtende Katze (erster Einsatz für den Batteriekoffer, M war NICHT angemessen beeindruckt sondern teenagerhaft desinteressiert), alles für’s Essen mit Teenagerbesuch bereitgelegt, Essen umgeplant wegen neuer Teenagerpläne, wieder im Buch gelesen, mit Freundinnen korrespondiert, mehrfach die Katze gebürstet und den Kater medikamentiert, das aktuelle Chorprogramm geübt (gestern erste Probe, am 17.2. Aufführung im Rahmen einer Ordination, bei einer der 4 Proben werde ich nicht dabei sein können), schwupps war der Tag schon um.

    In der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste ist heute die folgende Frage: Gibt es Eigenschaften, Gewohnheiten, Verhaltensweisen, die Sie sich aktiv abgewöhnt haben? Wenn ja, warum? Und hat es zum gewünschten Ergebnis geführt?

    Die Frage verunsichert mich. Machen das nicht alle dauernd? Also, sich irgendwas aktiv an- oder abgewöhnen? Die Zeit bleibt ja nicht stehen, es passieren immer neue Dinge, gibt immer neue Eindrücke, daran richtige ich mich neu aus, daraus ergeben sich dann auch wieder neue Dinge und neue Eindrücke und ich richte mich neu aus und so weiter, also: ist das nicht das Leben an sich?

    Simples Beispiel: wie andere meiner Generation habe ich mir rassistische Bezeichnungen für Süßigkeiten, die in meiner Kindheit noch nicht hinterfragt wurden, abgewöhnt, weil wir da heute einfach schlauer sind. Das funktioniert mittlerweile gut. Auf der anderen Seite bin ich noch im Prozess, mir geschlechtsinklusive Sprache anzugewöhnen, weil wir da heute einfach schlauer sind. Das ist auf einem guten Weg, wenn auch noch nicht perfekt.

    Weiter wollte ich mir vor kurzem das Wort „aber“ abgewöhnen, weil mir jemand sagte, den Teil des Satzes, der vor einem „aber“ kommt, könnte man auch gleich weglassen, weil er durch das „aber“ entwertet wird und ich fand in sehr vielen Fällen, dass das stimmt. Das hat nicht funktioniert, denn es stimmt eben nur in sehr vielen Fällen, nicht in allen. Das habe ich erkannt und mir dann abgewöhnt, das „aber“ unreflektiert zu verwenden, das funktioniert ziemlich gut und führt zum gewünschten Ergebnis. Ähnliche Themen habe ich mit manchen anderen Ausdrücken, spontan fällt mir ein, dass ich sehr vorsichtig sein möchte bei der Verwendung von "ich muss" und immer prüfen, ob das nicht durch "ich will" ersetzt werden kann oder sollte.

    Ich bemühe mich immer mal wieder, derzeit verstärkt, mir das Fingernägelkauen abzugewöhnen, weil ich es nicht schön finde. Das läuft aktuell gut, ist aber (sehen Sie! Hier entwertet das „aber“ die erste Satzhälfte, was aber sachlich korrekt ist) nur eine Momentaufnahmen, insgesamt läuft es nicht gut, sonst würde dieses Projekt nicht bereits Jahrzehnte andauern.

    Aus der unüberschaubaren Vielzahl an Dingen, die ich mir ab- (und an-)gewöhne, wie gesagt, weil nichts statisch ist, greife ich noch zwei als Beispiele heraus, weil sie weitreichende Folgen für mich haben, die sich auf ganz viele Lebensaspekte erstrecken.

    Das eine habe ich schon vor längerer Zeit begonnen und mittlerweile ist es komplett verinnerlicht: ich habe bei irrelevanten Dingen aufgehört, zu überlegen und nehme einfach die erste Möglichkeit und denke nicht weiter nach. Weil das unnötig Energie bindet, die ich lieber anderweitig verwende. Ich nehme zum Beispiel den ersten freien Platz in der Bahn, völlig irrelevant, ob noch ein besserer kommen könne, mit besserer Platzaufteilung, besseren Mitreisenden etc. Ich neige sonst dazu, mich zu verfransen, in Wirklichkeit könnte ich stundenlang im Zug auf- und ablaufen und abwägen, dann brauche ich am Ende gar keinen Sitzplatz. Macht mich das froh? Nein. Es macht mich froh, den erstbesten Platz zu nehmen und mich dann anderen Themen zuzuwenden, die in mir viel mehr Resonanz erzeugen als mein Sitzplatz. Ähnlich bei Toilettenkabinen, bei allzu großen Speisekarten (erstes Gericht, das lecker klingt), bei „welches Buch lese ich als nächstes“, welchen Toaster/Wasserkocher kaufe ich, all diese kleinen täglichen Entscheidungen, bei denen es es um nichts geht und die uns doch so viel Energie rauben. Fiel mir zu Anfang verblüffend schwer, ich erinnere mich noch. Ich dachte immer, ich könnte etwas nicht berücksichtigt haben (ist auch so – ist aber völlig egal!) und etwas anderes wäre evtl. besser gewesen (vermutlich, ist aber auch egal!), in der Gesamtabwägung habe ich aber ein für alle Mal entschieden, dass das Mehr an Energie, das mir zur Verfügung steht, kleine Abstriche bei Sitzplatz- oder Menüwahl mehr als ausgleicht. Ich bin enorm gut in Energiemanagement.

    Das zweite ist eine neuere Entwicklung, und zwar habe ich mir abgewöhnt, in Gespräche zu gehen mit einer vorgefertigten Ansicht, was passieren muss. Weil ich intellektuell der Überzeugung bin, dass das sowieso nicht funktioniert und daher dem Ausloten von Möglichkeiten abträglich ist, also: in gewisser Weise dumm. Jetzt ist die intellektuelle Ebene natürlich noch einmal was anderes als die unmittelbare Reaktion, zumal unter Stress. Ich bin unsicher, wie das Abgewöhnen genau funktioniert hat, es fand definitiv in den letzten zwei bis drei Jahren statt, vielleicht einfach durch hartnäckiges Üben und mich immer wieder erinnern und mir vor den Kopf schlagen, wenn ich wieder einmal hineingerutscht bin. Die große Sache, die dadurch passiert ist, dass auch kontroverse Gespräche partnerschaftlich werden, denn es geht ja nicht mehr darum, die andere Person zu überreden/überzeugen/an die Wand zu argumentieren sondern darum, gemeinsam die beste mögliche Lösung zu finden, eine bessere als die gemeinsam besten mögliche ist ja per Definition nicht möglich, also wozu der Stress und Kampf. Vorher waren Gespräche oft aufgeladen mit „es muss HEUTE in DIESEM EINEN Gespräch gelingen“ (jemanden zu überzeugen, etwas zu bekommen, meine Ansicht klarzumachen, was auch immer), das ist komplett weg, statt dessen ist da viel Ruhe (und so kann ich auch besser zuhören, weil ich ja nicht mehr ununterbrochen überlegen muss, was meine nächste Strategie sein könnte), viel Leichtigkeit und dadurch dann wiederum viel mehr Gedanken- und Handlungsspielraum.

    Ansonsten, wie gesagt, tausend Dinge. Und weitere werden folgen.

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    Freitag, 26. Januar 2024
    26. Januar 2024

    Heute habe ich ALLES gemacht. Es ist nun aktuell kein Papierkram mehr offen, um den ich mich kümmern könnte oder müsste. Das wächst natürlich nach, keine Frage, es werden ja auch Antworten auf all das kommen, das ich heute angestoßen habe und erfahrungsgemäß ist die Antwort in den seltensten Fällen „Ja natürlich Frau N wir machen alles exakt so, wie Sie möchten!“ Und auch neue Sachen kommen dazu. Aber egal. Jetzt, heute, ist alles erledigt. Und zusätzlich sind alle Unterlagen in Ordner abgeheftet, das habe ich seit 2020 nicht mehr gemacht – klingt schlimmer, als es ist, ich hefte nur wirklich wichtige Dinge ab, der Rest kommt in Kartons für jeweils 1 Jahr (ich nenne das „chronologische Ablage“) und wird dann 5 Jahre aufbewahrt, dann (meist unangetastet) entsorgt. In 4 Jahren sammeln sich ca. 20 cm wirklich wichtiges Papier an. Zu viel finde ich, das Sortieren und Abheften hat fast 3 Stunden gedauert. Ok, ich revidiere schon, das ist noch nicht einmal eine Stunde pro Jahr, eigentlich auch noch akzeptabel. Also jedenfalls ist jetzt in Bezug auf Papierkram alles erledigt, jetzt kommt ein Wochenende, da antwortet niemand, es war schlau von mir, das freitags zu machen, so ist nicht nur für ca. 12 Stunden alles erledigt sondern für ca. 60 Stunden. Ich fühle mich gerade sehr clever!

    Als nächstes will ich Schränke durchsortieren. Die Familie ist schon in Panik.

    Am Abend verließ ich das Haus. Ich war in den letzten Tagen ja auch ab und an draußen, beim Tierarzt zum Beispiel und Hackfleisch für Bolognese einkaufen, als Fragmente zu Besuch kam. Das entspricht natürlich bei weitem nicht meinem normalen alltäglichen Maß an Fremdkontakten. Ich war komplett entwöhnt, ich wusste gar nicht mehr, wer ich bin, wenn ich mit anderen zusammen bin. Es stellte sich heraus: ich bin eine sehr ungeduldige Person, die aus dem nichts eine Art heiligen Zorn produzieren kann. Möglicherweise schleift sich das wieder ein, wenn ich wieder mehr unter Menschen bin. Schauen wir mal.

    In der täglichen Contentvorschlagliste wird gefragt, wie mir das Buch „Lessons in Chemistry“ von Bonnie Garmus gefallen hat. Ist schon ein Weilchen her, dass ich es gelesen habe, ich erinnere mich nicht mehr ganz konkret. Ich weiß noch, dass ich es gerne gelesen habe und dass es mich wütend gemacht hat. Den Stil mochte ich. Falls Sie überlegen, das Buch zu lesen, machen Sie mal.

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    Donnerstag, 25. Januar 2024
    25. Januar 2024

    Spontan entschloss ich mich heute früh, einfach alle Pläne für den Tag fallen zu lassen und statt dessen ein Buch zu lesen. Ich hatte nämlich endlich wieder eins begonnen, das mich nicht zu Tode langweilte, gestern Abend noch aber dann schlief ich darüber ein (was nichts über die Qualität aussagt, ich schlafe halt wenn ich im Bett liege immer sehr schnell ein). Ich wachte aber auf mit dem Gedanken, es weiterlesen zu wollen, also tat ich das. Fast den gesamten Tag über, unterbrochen von fünf, sechs oder sieben Nickerchen.

    Ich bin mir wirklich sehr unsicher, ob diese Entspannungssache zuträglich für mich ist. Mir wird schon alles zu anstrengend und bei diversen Dingen denke ich „puh, das schaff ich nicht“. Habe ich sonst nie, ich nehme an, das liegt alles an einer mangelnden Grundgeschwindigkeit. Kaffee habe ich auch seit fast einer Woche keinen mehr getrunken. Leute treffen muss auch nicht unbedingt sein, viel zu anstrengend, sogar Unterhaltung erscheint mir mittlerweile mühsam, Finger bewegen geht so gerade noch, naja, mit kleinen Schläfchen dazwischen. Ganz und gar nicht gut erscheint es mir – okay, vielleicht lebt man so entspannt ein paar Jahre länger als unter Dauerstrom, aber meine Güte, was für ein Leben ist das?!

    Ich bin gespannt, ob ich das pünktlich Montagmorgen um 9 wieder umgedreht kriege. Oder vielleicht besser etwas früher, ich schätze, Montag bin ich an dem Punkt, an dem ich auch Duschen irgendwie mühsam finde.

    Der Klavierstimmer war da. Ziemlich lang, aber anschließend lobte er das Klavier und dass ich regelmäßig das Stimmen organisiere. „Wenn es jetzt nicht gut klingt, liegt es wieder an Ihnen!“, sagte er launig. Haha.

    Ein paar Dinge im Bereich „Reparatur“ nahm ich vor, mit Hammer und Nägeln und ich legte, wie geplant, die Tüten und Beutel zusammen, alles sehr hübsch jetzt, nur um die Papiertüten habe ich mich nicht gekümmert, weil mir das Geräusch zu laut war.

    Danach irgendwann hatte ich schon Schuhe zum Einkaufen angezogen. Bin aber letztendlich nicht losgegangen, es wird nichts dringend benötigt und ich wurde wieder müde.

    Ein Telefonat mit Violinista und ein Videocall mit Herzbruch, sie erzählten mir beide spannende Sachen, ich selbst trug nichts zum Gespräch bei.

    Die tägliche Contentvorschlagliste fragt heute, ob es Herrn N gut geht, ich hatte irgendwann mal was über einen Roboterarm geschrieben und seitdem sorgt sich die fragende Person wohl, ob ich eventuell gar nicht mit einem richtigen Menschen zusammenlebe sondern mir einen kleinen Roboter gebaut oder, wenn man mein Bastelgeschick kennt, vielleicht eher liefern lassen habe und ihn hier als echte Person durchzuschleusen versuche. Ich denke ja, das Bewusstsein von KI wird in Zukunft ein größeres Thema. Was an diesem speziellen Punkt hier irrelevant ist, Herr N ist ein Mensch. Es geht ihm gut, in diesem Moment sitzt er auf dem Sofa und meckert die Duolingo-Eule an, zuvor hat er hervorragendes grünes Thai-Curry gekocht. Den Roboterarm besitzt er, weil er vor mehreren Jahren einen Schlaganfall hatte und noch nicht alles wieder so funktioniert, wie er möchte, unter anderem der rechte Arm. Der Roboterarm fängt am Oberarm über die Haut Muskelsignale auf und aktiviert dann die beweglichen Teile des Roboterarms so, wie die Muskelsignale gedacht sind (und nur zu schwach sind, diese Bewegung komplett selbständig auszuführen). Also werden Tätigkeiten, die mit beiden Armen ausgeführt werden, wieder möglich. Zum Beispiel Doppelkopf spielen. Weitere Fragen müssten Sie bitte an Herrn N. direkt richten, Sie finden ihn ja auch auf den gängigen Social Media Kanälen (bzw. wenn Sie ihn da nicht kennen, ist es für Sie ja auch komplett irrelevant, was er so macht). Ich möchte die Aufmerksamkeit hier eher für mich.

    Allerdings nicht sofort, jetzt muss ich erstmal wieder ein Nickerchen machen.

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