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    Mittwoch, 13. Oktober 2021
    13102021

    Ich war heute beim Blutspenden, habe es aber nur bis Schalter 5 geschafft, nicht bis zur tatsächlichen Blutspende.

    Es begann schon einigermaßen aufregend, ich hatte mich nämlich verfahren, dann den Parkplatz nicht gefunden, musste dann in einem Parkhaus nach ganz oben fahren und fand den Aufzug runter nicht, lief also die engen Treppen, die Wände waren frisch gestrichen (hellgrau) und ich trug eine weite Jacke (schwarz). Das alles ließ mich aber unbeeindruckt, wie sich später noch zeigen sollte.

    Schalter 1 war ein Haupteingang, aber der falsche, ich wurde zu einem anderen Haupteingang einmal ums Haus herum geschickt. An Schalter 2 durfte ich meinen Namen nennen, bekam eine neue Maske und durfte eine Treppe hinaufgehen. An Schalter 3 durfte ich wieder meinen Namen nennen, meinen Blutspendeausweis abgeben, dieser wurde zurückgewiesen, weil er von einem anderen Blutspendedienst stammte und fast 100 Jahre alt ist, dann durfte ich statt dessen meinen Personalausweis abgeben, bekam im Austausch mehrere Blätter und eine Mappe und dann den Ausweis zurück und einen Kuli und durfte an einen Tisch gehen und die Blätter dort ausfüllen.

    Als das fertig war ging es zu Schalter 4. Dort wurde ich gefragt, wie ich heiße, wie meine Postleitzahl ist und mein Geburtsdatum. "Das steht doch alles da", sagte ich besserwisserisch und der Herr mit Stethoskop um den Hals erklärte mir, das sei, um festzustellen, dass ich wirklich ich bin. Ich nahm es hin - insgeheim ist mir unklar, welche Rolle es spielt, ob ich ich bin, es geht ja nicht um mich persönlich sondern nur um mein Blut. Das, dachte ich, untersucht man, um festzustellen, was davon man verwenden kann. Wer ich bin ist relativ egal, sowieso würde ich die Rahmendaten einer Person, für die ich mich ausgebe, auswendig lernen, außer ich wäre dumm, dass man Blut von dummen Leuten ausschließen möchte, kann ich mir nicht vorstellen, aber wie gesagt, all das sagte ich nicht, um die Angelegenheit nicht unnötig zu verzögern, ich dachte das alles nur und denke es noch immer. Dann durfte ich mir aussuchen, ob ich den Mittelfinger oder den Ringfinger hinhalte. Ich wählte den Ringfinger, sah zu allem anderen keinen Anlass. Es wurde hineingestochen und hurra, mein Hämoglobinwert war gerade so über der Schwelle, ich war guten Mutes, denn dieser Wert war der Grund, weshalb ich öfters schon einmal beim Blutspenden abgewiesen wurde und ich nehme ja seit 6 Wochen ein Eisenpräparat, das zeigt offenbar die gewünschte Wirkung.

    Es ging also weiter zu Schalter 5. An Schalter 5 wurde ich gefragt, was ich gegessen und getrunken hatte und ich war gut vorbereitet und hatte gefrühstückt und auch 2 Liter Flüssigkeit zu mir genommen (was mir bis morgens um 11 gar nicht so leicht gefallen war!). Dann Blutdruckmessen und damit war meine Reise durch das Blutspendezentrum beendet, der Blutdruck war nämlich zu niedrig. Und das trotz Parkhausaufregung, sehr doof. Er war nur knapp zu niedrig, wenn ich nicht Erstspenderin wäre (was ich ja gar nicht bin, mein Ausweis gilt nur nicht), könnte man kulant sein, ich bot an, einfach einmal durchs Treppenhaus zu joggen aber die Ärztin empfahl mir, beim nächsten Mal lieber einen Termin am Nachmittag zu machen, dann sei der Blutdruck meist höher. Nun gut.

    Einen Beutel mit Keksen, Chips und Saft bekam ich trotzdem, ich wollte weder Beutel noch Kekse, Chips oder Saft, ich möchte ja einfach so gut wie nie irgendwas Gegenständliches bekommen, auch da wollte ich aber wieder keine Missstimmung verursachen, denn es war ja sehr lieb gemeint, als Trost sozusagen, also nahm ich den Beutel mit und gab ihn später in der Stadt an einen Obdachlosen weiter.

    Der nächste Versuch wird am Dienstagmittag stattfinden. So weit, so gut, den Rest des Tages hatte ich nur Mühe, meinen Verstand zu überzeugen, dass ich wirklich kein Blut gespendet hatte. Ich hatte mich offenbar so sehr darauf eingestimmt, dass mir den Rest des Tages fröstelig und nach Süßigkeiten und Sessel war, weil - ich war ja Blutspenden. Aber halt nur bis Schalter 5.

    Dienstag, 12. Oktober 2021
    12102021

    Alles wackelt, aber das ist lustig.

    Heute morgen war ich frühstücken, habe aber dabei so gut wie das Essen vergessen, wir saßen von 4 Stunden und redeten ununterbrochen und am Ende hatte ich ein weichgekochtes Ei und etwas Obst gegessen, fuhr mit knurrendem Magen und fröstelnd nach Hause und bereitete mir dort Porridge zu.

    Während des Frühstücks rief die Stadtverwaltung an - es war gut, dass dies während des Frühstücks geschah, wegen meiner Stimme, ich muss kurz ausholen. Ich hatte die Stadtverwaltung schon am Freitag angerufen, musste mich in dem Gespräch aber so aufregen, dass es in Gebrüll endete und zu keiner Lösung führte, ich sah mich nicht in der Lage, ohne Brüllen dort anzurufen, eine Lösung musste aber her. Also bat ich Cucinacasalinga, mir auszuhelfen. Sie rief dort heute morgen an, gab vor, sie sei ich, die Situation sollte geklärt werden und dann noch ein Anruf erfolgen, hinterlegt im System war aber eben meine Nummer und nicht die von C. C. hat einen niedlichen kleinen bayrischen Akzent, ich nicht. Ich weiß nicht, ob irgendjemand wirklich glaubte, die Stadtverwaltung würde zurückrufen, meine Frühstückspartnerin, der ich das Handy auf dem Tisch mit der Erwartung des Anrufs anmoderierte, lachte jedenfalls etwas ungläubig, aber der Anruf kam und mit ihm die Bredouille, warum jetzt Stimme und Akzent so ganz anders sind - aber wie gesagt, es war beim Frühstück, es war laut, ich nahm das gleich vorweg und sprach von schlechter Akustik, das Gespräch war im Verlauf sehr angenehm.

    Dann hatte ich Sonntag eine Zahnzusatzversicherung abgeschlossen (bitte keinesfalls in den Kommentaren über die Sinnhaftigkeit sprechen), diesen Vertragsabschluss eine halbe Stunde später widerrufen, heute den Vertrag erhalten und beschlossen, ihn doch haben zu wollen und überlegt, ob ich nun den Widerruf widerrufe oder erst einmal abwarte - ich warte ab, wer weiß, wer ich morgen bin und was ich morgen will?

    Heute lief dann der Kater über den Laptop und zapp war das Internet weg, also nicht nur das Internet sondern sämtliche Kenntnis des Geräts über die Existenz von Netzwerken an sich. Ein Neustart schien mir geboten, ich schaltete aus und schaltete an, aber es ging nichts mehr an. Zwei Stunden lang nicht, dann veranlasste ich online die Rücksendung und Reparatur des Geräts und bestellte gleichzeitig ein neues, ich bin ein erwachsener Mensch und kann ohne mobiles Endgerät mit richtiger Tastatur nicht existieren. Ich suchte Versandkarton, Packmaterial, Klebeband, verpackte alles, zögerte mit dem Zukleben, bestellte Getränke und indisches Essen, schaute nach dem erkrankten Kind und bürstete die Katze und packte dann alles wieder aus, um den Laptop noch ein letztes Mal zu testen. Er ging an. Ich schaltete ihn aus, wie der an, er ging wieder an. Ich stornierte den Reparaturauftrag und die Bestellung des neuen Geräts.

    Es fühlt sich an, als sei ich auf einem Handlungsstrang des Lebens, der sich in jedem Moment in drei weitere teilt, auf denen ich parallel herumhüpfe aber die dann im Verlauf aber sowieso wieder zusammenflischten. Alles sehr verwirrend und sehr wacklig. Aber, wie gesagt: auch lustig.

    Mittwoch, 6. Oktober 2021
    WmdedgT 10/2021

    (Alles über WmdedgT bei Frau Brüllen.)

    Um 6:45 reißt mich der Wecker aus sehr wilden Träumen - ich war in einem Jump'n Run-Spiel, was etwas gemein ist, da ich die doch schon ewig nicht mehr spiele (eben weil ich dann nachts nicht richtig schlafen kann). Das Kind ist erkältet, mit Erkältung geht man ja derzeit nicht zur Schule, also muss ich mich nicht an Badezimmerzeiten halten und bin schon um kurz nach 7 mit allem fertig. Folglich trinke ich Tee auf dem Balkon, es nieselregnet, ich bin sehr zufrieden und entwickele die Idee, irgendeine schlauere Lösung für das Katzennetz zu finden. Zwar fällt mir selbst nicht sofort etwas ein, aber mir fällt jemand ein, dem etwas einfallen könnte.

    Auf dem Weg zum Büro kurzer Einkauf (Büronahrung und Blumen), ich komme trotzdem früh an (früh ist bei mir vor 9 Uhr). Ab Herbst bringt ein Kollege dienstags Quarkbällchen mit und hurra, es ist ja schon Herbst, also gibt es Quarkbällchen. Darauf folgt emsiges Zeugs-Abarbeiten, es gibt momentan sehr viel Zeugs und sehr viel Zeugs mit Menschen. Die Zeugs-Liste wird aber kürzer.

    Die Mittagspause vergesse ich, das ist schlecht, ich hatte vergessen, mir den Wecker dafür zu stellen (für den Gesprächstermin am frühen Mittag hatte ich ihn gestellt, immerhin!). Am Nachmittag mache ich eine Begehung aller Räume und Stockwerke um zu sehen, was alles dringend gemacht werden muss und was alles gemacht werden könnte - diese Infos brauche ich für die Budgetplanung des nächsten Jahres. Nach der Begehung wird es kurz hektisch, dann aber wieder ruhig, ich telefoniere viel, erfahre, dass das Büro in London schon wieder regelmäßige Kneipen-Abende macht und dass in Palo Alto in den Läden das Klopapier schon wieder knapp wird.

    Dann möchte ich eigentlich nach Hause gehen, bin aber mittlerweile eigentlich zu unterzuckert für den Weg, ich überlege, mir unterwegs am Bahnhof ein Stück Kuchen zu kaufen aber dann fällt mir ein, dass ich das ja weder am Bahnhof noch in der Bahn essen kann. Also esse ich statt dessen meine gesamten Obstvorräte im Büro auf und trinke noch einen Cappuccino dazu und dann geht es. (Notiz: für den Rest der Woche neues Obst mitnehmen!)

    Zu Hause angekommen ist die ganze Familie weg. Ich lege mich auf das Gästebett und telefoniere mit Violinista, sie erzählt mir eine Geschichte, die aus der Außenperspektive abenteuerlich-unterhaltsam klingt, aus der Innenperspektive aber sicher ganz enorm anstrengend war.

    Dann koche ich vegetarische Bolognese, in dieser Zeit trifft die Familie ein, Herr N. war beim Friseur und M beim Training (als Trainerin) und kam nach 45 Minuten Fahrzeit durch strömenden Regen wie eine nasse Ratte - und ähnlich gelaunt wie eine nasse Ratte - an. Ich überließ alle sich selbst und begab mich in eine Videokonferenz um zuerst kurz die Katzennetzangelegenheit zu diskutieren und dann einen Vortrag über Baggerhydraulik zu hören. Das ist ganz enorm spannend und der Vortrag mündet in einem regen Gespräch. Gegen 21:30 ermüdet zwar nicht mein Interesse, aber mein Akku und hungrig bin ich auch schon wieder.

    Also folgt ein spätes Abendessen der hervorragend gelungenen Bolognese im Sessel, dort sitze ich jetzt auch noch und werde voraussichtlich beim nächsten Aufstehen gleich ins Bett gehen.

    Sonntag, 3. Oktober 2021
    02102021

    Alles ist schlecht, möglicherweise ist es hormonell bedingt aber es kann natürlich auch sehr gut sein, dass die Welt an sich einfach rundherum beschissen geworden ist.

    Zunächst einmal habe ich heute ein schlechtes Buch gelesen. Ich hätte es einfach nicht weiterlesen sollen, aber ich mag sonst die Bücher der Autorin und dachte, das kann doch nicht sein, da muss doch noch was kommen - es kam aber nichts mehr und jetzt fühle ich mich außerordentlich betrogen und rechne, ähnlich wie beim Autofahren, immer wieder die verschwendete Lebenszeit aus.

    Dann warte ich, auf zig Dinge. Auf Post vom Amtsgericht wegen Wohnungsangelegenheiten, die sie da seit April nicht bearbeitet werden. Das ist privat, ich kann aber auch beruflich diverse Institutionen einfach nie erreichen oder wenn, dann wissen sie nichts oder haben zumindest nicht getan, um den Sachverhalt irgendwie voranzubringen - ich habe den Eindruck, dass alles zusehends zerfällt, in dem Zusammenhang wundert mich der Wahlskandal (ich denke, das kann man ruhig so nennen) in Berlin auch nicht. Der Küchenmann meldet sich nicht, die Autoversicherung kann man erst nach Vorstandsbeschwerde zur Übermittlung der Schadensfreiheitsklasse bewegen (und auch dann nur widerwillig), DPD kann keine Pakete ausliefern, es läuft einfach nichts.

    Entsprechend patzig beantworte ich eine Frage des Chefs, er habe da etwas übersehen und ob ich wohl möglicherweise eine Sache, die normal ein paar Wochen Vorlauf braucht irgendwie bis Mittwoch...? mit "warum soll ausgerechnet ich denn jetzt irgendwas zaubern, wenn andere noch nicht einmal das ganz normale tun, der Küchenmann kommt ja auch nicht und meldet sich nicht!" Der Chef kennt den Küchenmann nicht, ist jetzt aber auch schlecht gelaunt, ob in Empathie wegen des Küchenmanns oder wegen seiner eigenen Angelegenheit möchte ich nicht spekulieren, jedenfall ist er aber auch nicht der Typ Mensch, der Kummer schweigend in sich hineinfrisst, er wird ihn weitertragen und so drehen wir uns in einer Spirale der schlechten Laune bis in alle Unendlichkeit.

    Hoffen wir mal, dass es vielleicht doch nur hormonell ist.

    Donnerstag, 30. September 2021
    30092021

    Frau Fragmente ist intrapandemisch zu einer Person geworden, die E-Roller, die falsch stehen oder liegen, an einen geeigneteren Ort verbringt. Ich war fasziniert - wir waren heute am Mittag gemeinsam Steak essen und auf Hin- und Rückweg kümmerte sie sich um glaube ich 5 Roller. Ich stand daneben und gab hilfreiche Tipps.

    Es ist ihr neues Projekt, sagte sie. Ich war zu selbstzentriert, um nach den Hintergründen des Projekts zu fragen, ich habe mir aber generell auch abgewöhnt, allzu vieles zu hinterfragen, wir alle haben aus den letzten 18 Monaten irgendeine Art von Trauma davongetragen und müssen das meiner Ansicht nach eher akzeptieren als ergründen. Fragmentes Projekt sind also die Roller und ich glaube, ich mache da mit. Die Beoachtung hat mich überzeugt, man kann es sich ja so vorstellen: man sieht einen Missstand, begibt sich in Handlung und hat schon nach ca. 5 Sekunden ein sichtbares Erfolgserlebnis. Das tut der Seele gut. In meiner Imagination sind Fragmente und ich schon die Rollerheldinnen von Frankfurt, diese Stadt wird bald die rolleraufgeräumteste in Deutschland sein, vielleicht kommen wir ins Fernsehen. Ich hoffe, wir zerstreiten uns darüber nicht. Besonders nicht, wenn wir zusammen unterwegs sind und das Ganze vielleicht zu einer Art Wettberwerb ausartet, wer die meisten Roller birgt, so wie Legolas und Gimli mit den Orks. Andererseits hat Fragmente nicht diesen sinnlosen Kompetitivitätszwang. Wir werden sehen, das nächste Mal gehen wir am Sonntag gemeinsam durch die Stadt.

    Dann habe ich heute noch zwei Vorstellungsgespräche geführt - Vorstellungsgespräche rangieren auf meiner Skala der vergeblichen Unterfangen ganz weit oben. Keine Ahnung, wie es anderen geht, aber ich habe nie das Gefühl, dass ich weiß, wie jemand ist und arbeitet, nur weil wir eine Stunde lang zusammen Kaffee getrunken haben und in dieser Stunde auch noch beide stark interessengetrieben waren. Ich habe aber auch keine Ahnung, wie ich sonst vorgehen könnte, also führe ich sie halt weiterhin und spannenderweise habe ich heute einen neuen Faktor, sogar messbar (mit 1:0) ausgemacht, an dem ich mich orientieren kann. Nämlich: gelingt es einer Person, in einem Bereich, in dem Maskenpflicht herrscht, mit einer über Mund und Nase gezogenen Maske zu erscheinen.

    Diesen Faktor kann ich jetzt beobachten und als Entscheidungsgrundlage heranziehen. Man sagt ja im Volksmund (oder auf Facebook), dass in jeder Krise eine Chance liegt. Vielleicht war das meine Chance in dieser Krise: mich einmal im Leben in einer Entscheidung zu 100% fair zu fühlen.

    Dienstag, 28. September 2021
    28092021

    Was sehr hilft gegen das Überdrehen ist, alles Mögliche mit Wecker zu tun.

    Wie heißt das eigentlich, wenn man das Gegenteil eines Konzentrationsproblems hat? Wenn man in dem, was man macht, völlig versinkt, sich völlig darin auflöst, das Essen, Trinken, den Körper vergisst - gut, dass er selbstständig atmet, immerhin! - sich selbst vergisst und nur durch Zufall irgendwann wieder zu sich kommt, zitternd und unterzuckert und es ist plötzlich dunkel draußen? Es ist eine Art Flow, aber kein entspannt plätschernder Bach sondern Weißwasser. Diese Art der Konzentration ist furchteinflößend, sie verschlingt mich und lässt keine Luft mehr für die Welt neben dem aktuellen Objekt des Interesses.

    Und da hilft der Wecker. Erst habe ich ihn nur gestellt, um Meetings nicht zu verpassen. Dann auch, um den Feierabend nicht zu verpassen und dann auch, um die Mittagspause nicht zu verpassen und jetzt auch einmal am Tag zwischendrin einfach so, für einen Kaffee und einen Blick aus dem Fenster.

    Das Abtauchen ist noch genauso tief, aber jetzt ohne den großen Schreck zwischendrin "ohgott was ist passiert, wo bin ich und wie spät ist es", ohne die latente Unruhe, etwas zu vergessen oder zu verpassen. Ich habe jetzt die Erlaubnis, mich zu verlieren, jedenfalls bis der Wecker wieder klingelt und das entspannt mich. Bestimmt kommt irgendwann wieder eine Phase, in der ich ganz natürlich ab und zu auftauche. Und bis dahin dient der Wecker als Sicherheitsnetz.

    Montag, 27. September 2021
    27092021

    Gegenüber vom Bahnhof war immer ein Kiosk. Ein etwas größerer, zeitweise war er auch ein Kiosk mit Internetcafé, dann gab es aber ja überall Internet und niemand ging mehr dafür in einen Kiosk. Er wurde zum Kiosk mit DHL, dann zum Kiosk, in dem geraucht wurde, dann zum einzigen Kiosk im Umkreis, der Jever führte, weshalb ich dann doch wieder hinein ging, obwohl darin geraucht wurde.

    Corona, vermutlich, brach ihm das Genick oder vielleicht auch nur irgendwas während Corona, das weiß ich nicht, jedenfalls steht er seit einem guten halben Jahr leer, ist innen ausgeräumt, die große Fensterscheibe verdreckt zusehends.

    Fast jeden Tag komme ich dort vorbei und werfe einen kurzen Blick hinein in der Hoffnung, dass sich etwas Neues dort tut (mein heimlicher Traum: Eiscafé!), so heute auch, ich wechselte die Straßenseite, um einen Blick zu werfen, ging weiter, blieb stehen, besann mich kurz, drehte wieder um und schaute nochmal.

    Im Kiosk steht jetzt ein Bett, ich meine, durch den Dreck auf der Scheibe erkennen zu können, dass es ein Boxpringbett ist. Gut, Wohnraum ist knapp, möglicherweise dient der Kiosk nun als Unterkunft für Studierende, das war mein erster Gedanke, man kann vor das Fenster ja noch Gardinen machen. Allerdings sah ich dann, dass auf dem Bett ein Teddy saß. Ein wirklich riesiger Teddy, sicherlich größer als ich, ich würde schätzen in der Länge eher auf der 2-Meter-Seite von 1,80 und in der Breite so, dass das Bett dem Teddy definitiv nur zur Alleinnutzung dienen kann. Der Teddy, wie gesagt, saß auf dem Bett. Am Kopfende, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die Beine vor sich ausgestreckt.

    Ich stand und starrte, neben mir blieben zwei junge Männer stehen und starrten auch, wir sahen uns gegenseitig an, ratlos. Dann gingen wir alle grußlos in unterschiedliche Richtungen davon.

    Werde dranbleiben an der Teddy-Sache und berichten!

    Sonntag, 26. September 2021
    26092021

    So, Wahl vorbei, wobei, eventuell wählen Sie in Berlin ja auch noch, was weiß man. Jedenfalls ist ein weiterer Programmpunkt des Jahres abgehakt, jetzt müssen sie sehen, was sie daraus machen. Ich erwarte nichts.

    Ich bin weiterhin damit befasst, mich herunterzubremsen. Heute war das ganz gut, den allergrößten Teil des Tages habe ich damit verbracht, Dinge nicht zu sagen und nicht zu schreiben und den restlichen kleinen Teil saß ich im Café - also davor, Außenbereich, ich sehe mich allenfalls im Innenbereich eines 2G-Cafés, aber sollte hier irgendwo eines sein, verstecken sie das gut und ich bin auch seit langem in keiner Gastronomie mehr nach irgendwas coronamäßigem gefragt worden, so dass mich die Konzepte allgemein nicht überzeugen. Ich sitze deshalb vor den Lokalen und wenn es dazu irgendwann wieder zu kalt ist gehe ich halt nicht hin. Außer, wie gesagt, wenn eins groß 2G an der Tür stehen haben sollte, dann würde es mir sogar sehr nützen, beruflich darf ich ja niemanden nach dem Impfstatus fragen, aber ich ein Café einladen darf ich ja schon. Man behilft sich.

    Wo war ich - ach ja, abbremsen. Geht im Café gut, habe ich festgestellt, der Kopf ist ordentlich damit beschäftigt, alles mögliche zu betrachten und zu beobachten, der Körper ist relativ stationär und es gibt nichts, was es für mich zu regeln gäbe.

    Samstag, 25. September 2021
    24092021

    Dinge, die gegen das Überdrehen helfen: Schwimmen, Kino, vor Mitternacht schlafen gehen, Wasser trinken, den Raum wechseln.

    Dinge, die nicht helfen: Musik, Spazieren.

    Dinge, die ziemlich egal scheinen: Koffein, Zucker

    To be continued.


    Jetzt ist Wochenende. Ich wünsche mir momentan ein Wochenende, an dem ich beide Tage zu Hause verbringe und mir spontan überlege, was ich machen möchte. Das nächste Wochenende dieser Art ist aber voraussichtlich Mitte November. Mit ein bisschen Glück könnte auch noch Mitte Oktober eins kommen. Ich bleibe optimistisch!

    Morgen werde ich von 7 Uhr bis 1 Uhr nachts unterwegs sein, davon rund 7 Stunden im Auto. Es ist so ziemlich mit das Absurdeste in diesem Jahr, dass ausgerechnet ich ständig stundenlang und tausende Kilometer weit mit einem Auto herumfahre. Ich will nie Autofahren, ich wollte nie Autofahren, ich lehne Autos generell ab. Die ersten Wochen habe ich ziemlich unter meiner Autofahrverachtung und Autofahrlangeweile gelitten und die verlorene Lebenszeit und die unnützen Kilometer immer wieder im Kopf in anderen Kombinationen zusammengerechnet und sie für insgesamt einfach sehr schlimm befunden. Das habe ich jetzt aufgehört. Es ist eben gerade so, unter mehreren schlechten Lösungen ist es die beste. Jetzt mache ich mir einen Spaß daraus, herauszufinden, wie lange ich einfach gar nichts tun kann außer Autofahren. Also: nichts hören, nichts singen, nichts essen oder trinken, nicht mit mir selbst reden und auch nicht telefonieren, nur die Tätigkeit des Autofahrens ausüben. Rekord bisher 128 km, danach musste ich anhalten und schreiend um den Wagen rennen. Dennoch kam mir die neu erworbene Fähigkeit schon zugute: Ich hatte heute eine Situation, in der mir eine Person ihre Unzufriedenheit per Blickduell vermitteln wollte. Nun weiß ich aber ja, dass ich 128 km lang starren und nichts tun kann. Und morgen vielleicht schon 157 km lang. Alles easy, es waren letztendlich glaube ich noch nichtmals 20 km, jedenfalls musste ich hinterher nicht schreiend um einen Schreibtisch rennen.

    Viel mehr beschäftigt mich, was ich morgen nach den 157 km mache. Möchte jemand telefonieren?

    Donnerstag, 23. September 2021
    23092021

    Es hat sich heute offenbart - vorerst nur mir - dass das letzte Quartal, das beruflich immer das anstrengendste von allen ist, dieses Jahr nochmal deutlich anstrengender wird. Und zwar durch gleich drei voneinander völlig unabhängige Dinge. Eins davon habe ich vermutlich abgeschmettert, vielleicht kommt es aber auch nochmal zurück. Das zweite ist gut aber kommt zeitlich ungelegen. Das dritte ist in jeder Hinsicht uninteressant aber findet halt statt. Ich bin außerordentlich gespannt, wie das ausgehen wird - momentan scheint es komplett unmöglich, aber es funktioniert ja doch immer alles irgendwie, also vermutlich auch das letzte Quartal 2021.

    Ich werde jetzt schon anfangen, Abendverabredungen zu machen. Das ist mein Trick für pünktlichen Feierabend.


    Ansonsten: heute war die Putzfrau hier. Es war nicht sehr schmutzig, warum weiß ich nicht, vielleicht waren wir viel unterwegs, ich erinnere mich nicht genau. Jedenfalls, wenn nicht viel generell zu Putzen ist macht sie dann einfach immer irgendwas. Macht, dass Backofen, Waschmaschine oder Spülmaschine aussehen wie neu, pflegt Pflanzen, tut irgendwas auf dem Balkon oder sortiert etwas in Schränken. Das ist dann immer ganz toll - ich kommte nach Hause, freue mich über die saubere Wohnung und denke mir nichts weiter dabei. Die ganze Woche über benutze ich dann aber verschiedene Dinge oder öffne verschiedene Türen und freue mich dann plötzlich, weil ich entdecke, dass dort etwas schön gemacht wurde. Es ist wie Ostereiersuche für Erwachsene. Immer, wenn ich was finde, schreibe ich der Putzfrau dann eine Nachricht und sie schreibt zurück, ob ich noch weitersuchen soll oder ob ich alles gefunden habe.

    Viele, die ich kenne, zucken an dieser Stelle zusammen, weil sie nicht möchten, dass Schranktüren geöffnet und ggf. die eigene Ordnung verändert wird. Mir ist das alles völlig egal; so lange die Dinge grob am selben Ort bleiben, spielt es für mich keine Rolle, wie sie angeordnet sind und geheime Dinge gibt es bei mir in der Wohnung nicht. Ich glaube, geheime Dinge gibt es bei mir ganz generell nicht. Wer immer will könnte jederzeit in meine Wohnung oder mein Telefon oder meinen Laptop schauen oder mir beim Arbeiten über die Schulter, es wäre mir (persönlich, beruflich gäbe es andere Hemmnisse) wirklich komplett egal. Vielleicht ist das langweilig. Mir ist Verstecken aber schlicht zu anstrengend.

    Heute habe ich bisher entdeckt, dass nun alle Putzlappen ordentlich gerollt in der Schublade liegen und dass die Taschentuchpackungen, die sonst immer kreuz und quer in einen Schrank gestopft sind, dort nun ganz ordentlich aufgereiht wurden.

    November seit 6615 Tagen

    Letzter Regen: 28. April 2024, 22:43 Uhr