Ich hatte heute großen Spaß daran, mit einer anderen Stimme zu sprechen. Nämlich mit der meiner virtuellen Bürokollegin. Im Büro tratscht man ja auch, ich tratschte über eine Mail, die ich erhielt. An einem meiner allerbesten Tage hätte ich auf eine solche Mail vermutlich mit gelassenem Ignorieren reagiert; allerbeste Tage sind im Moment jedoch rar und so reagierte ich mit starkem Augenrollen und einem besonders beherzten Schlag auf die Delete-Taste.
Die virtuelle Bürokollegin lachte im anderen Bildschirm und fragte nach dem Anlass für so viel Gestik und Mimik, also trug ich vor. Und erhielt als Antwort die Anregung, ich solle doch mal nett sein, gleich mit Formulierungsvorschlag.
Ich halte mich tatsächlich für einen sehr netten Menschen, denke aber häufig in Situationen "das kann doch nicht ernst gemeint sein, mir dieses Anliegen vorzutragen, meine Güte ruf Mama an oder sprich mit den Sorgenpüppchen!" Dass ich das nicht laut sage sondern einfach die Delete-Taste drücke, finde ich sehr nett. Ich erfuhr heute, dass man sogar noch netter sein kann, wie gesagt, mit Formulierungsvorschlag, den ich gleich auch anwendete. 1:1, ohne Veränderung: was die virtuelle Bürokollegin sagte, tippte ich.
Was der Empfänger der empathisch-zugewandten sehr netten Botschaft sich dachte, weiß ich natürlich nicht, ich erhielt aber bald eine ebenfalls freundliche Nachricht, die in Richtung ging ich solle mich bitte nicht sorgen, es sei halb so wild und die Angelegenheit bedürfe nun doch nicht meiner Aufmerksamkeit.
Das war für mich in zweierlei Hinsicht sehr befriedigend. Zum einen war die Angelegenheit ganz klar abgehakt und nichts, das nur bei mir gelöscht ist aber noch anderweitig im Raum herumdiffundiert. Und zweitens war es beeindruckend, ein neues Instrument so unmittelbar anzuwenden und in seiner Wirkungsweise zu betrachten, wie ein neues Spielzeug oder eine neue kleine Maschine. Kill them with kindness, smother them with love, es funktioniert tatsächlich!
Auf die Gefahr, wie eine gesprungene Schallplatte zu klingen: ich bin wirklich sehr sicher, dass ich ein total ruhiges Wochenende haben werde und vermutlich sogar morgen schon einen ziemlich ruhigen Freitag!
(Hoffe sehr, das wird kein Running Gag. Oder ist es schon einer?)
Frau Fragmente hat sich den zweiten Tag in Folge nicht die Haare gewaschen. And so it begins.
Oh, ich fange ja immer anders an, Entschuldigung, geht schon wieder: Frau Fragmente sitzt an ihrem Wohnzimmer-Ess-HomeOffice-Tisch und bloggt, ich sitze an meinem Schreibtisch und blogge über Frau Fragmente.
Heutiges Set-up: sie trägt Pferdeschwanz und eine sehr dicke Jacke, sie sagt, sie friert, was sich mir nicht erschließt, es ist sauwarm, ich bin kurzärmlig und barfuß. Hoffentlich wird sie nicht krank? Der Tisch, an dem sie sitzt, wirkt heute filigraner als sonst. Was so eine Perspektive alles ausmacht. Blogging Set-up wie immer: Bluetooth-Klapptastatur und iPad Mini (oder sowas), dann hat sie eine Büchlein mit Ringbindung und den Finepen vom letzten Mal (den sie natürlich nicht aus meinem Büro geklaut hat) neben sich, ich weiß, dass in diesem Büchlein Notizen für den heutigen Blogtext sind. Einmal so vorbereitet sein, wie Frau Fragmente! Oder vielleicht auch lieber nicht, wo ist da der Spaß? Please discuss.
Neben dem Notizbuch das Handy, schräg darüber die Tastatur, Laptop, Zeugs, großer Bildschirm, goldenes Licht, es wirkt fast wie ein Stockfoto "Business Woman lässt per Mail die Puppen tanzen". Keine belastbaren Daten zur Spülmaschine, vor der Fensterfront steht allerdings eine Kleiderstange (ohne Kleidung), ich habe dieselbe auch. Über der Heizung hängt ein Lappen, vielleicht wurde geputzt? Es sieht definitiv sehr sauber aus.
Ich für meinen Teil mache hier heute einen auf locker, habe Gurke und Dosenbier, etwas besseres gibt es ja kaum.
Ansonsten bin ich heute tiefenentspannt. Das ist auf der einen Seite verwunderlich, auf der anderen aber dann auch wieder nicht. Verwunderlich ist es, weil ich derzeit, also seit ca. 6 Wochen, die mit Abstand anstrengendste und herausforderndste Phase meines beruflichen Lebens habe, die bisher zwei Peaks aufwies, einen um den 18.3. herum und den zweiten seit letztem Freitag. Aber dieser zweite Peak ist seit gestern über den ersten Gipfel und seit heute über den zweiten und jetzt wird langsam ins Tal gerollt, ich habe also zwar heute bis 17 Uhr gearbeitet wie eine Besessene, aber seit 17 Uhr weiß ich: es ist geschafft. Und jetzt antizipiere ich bereits die Entspannung, die das bringen wird. Es sind ja jetzt nur noch die Aufräumarbeiten abzuschließen (7776 ungelesene Mails zum Zeitpunkt des Feierabends um 19:00 Uhr heute) und danach kann ich ganz normal arbeiten. "Ganz normal arbeiten" wird nach den letzten 6 Wochen vermutlich wirken wie Urlaub, Feiertag und Wochenende zusammen. Deshalb bin ich so entspannt.
Nachdem heute der zweite Gipfel überwunden war, habe ich auch gleich noch ein bisschen gestritten. Endlich wieder Kapazitäten dafür! Ich glaube, alle haben das vermisst, eine E-Mail dazu lautet sogar "Ich mag den Home Office nicht, im Büro hätte ich mir diese Antwort persönlich abgeholt, das wäre lustiger gewesen." Ich bin also nicht nur entspannt, sondern auch noch gut gelaunt (nicht, dass Sie diesen Text ironisch lesen, das ist er nicht). Weiter werde ich auch noch gedanklich damit klarkommen müssen, dass sich die Zusammenarbeit mit dem neuen Oberchef komplett gewandelt hat. Dazu brauche ich aber noch ein bisschen.
Zurück zu Frau Fragmente. Sie hat sich warm geschrieben und zieht nun die Strickjacke aus. Jetzt ist sie auch kurzärmlig. Ich habe mir in der Zeit - ich glaube, von ihr unbeobachtet - noch ein paar Schokoladenostereier geholt. Die habe ich im Schlafzimmer wiedergefunden, hatte ich total vergessen, aber so gehört es mit Ostereiern ja auch. Gerade war eins mit roter Grütze gefüllt, ich habe noch Marzipan und Sahnetrüffel. Passt fast so gut zu Dosenbier wie Gurke.
Sie denkt heftig nach - also Frau Fragmente. So mit Lippen einsaugen meine ich, bin unsicher, ob ich das je schonmal bei ihr gesehen habe.
Achso, noch etwas Lustiges ist mir heute passiert: ich habe zum zweiten mal eine Maske getragen und sie zum zweiten mal falsch getragen. 2 von 2 falsch. Unglaublich. Geht es anderen auch so? Woher soll ich wissen, wie man eine Maske trägt? Zum Glück gibt es hilfreiche Menschen, die Videoanleitungen schicken. Und sowieso auch Masken, sonst hätte ich ja gar keine.
Vielleicht habe ich diese Maskenproblematik auch, weil ich einfach nicht so ein richtiges räumliches Vorstellungsvermögen habe. Das hat sich auch gestern wieder gezeigt - gestern habe ich mit Freundinnen einen Escape-Room gespielt und gleich nach ein paar Minuten fiel mir auf, dass es ein Problem dabei geben könnte: ich kann ja nicht gut Piktogramme erkenne. Ein Kasten war abgebildet, ich hatte keine Ahnung, ob es vielleicht ein Radio ist oder eine Brotdose (weiß es bis jetzt nicht, es war aber auch egal) und später hätten wir einen Code fast nicht geknackt, weil ich ein Fernglas für Handschellen hielt und eine Taschenlampe für eine Rakete (oder umgekehrt, weiß ich nicht mehr). Geben Sie mir Zahlenreihen, die kann ich mit einem Blick fortführen, oder Zahlencodes, die man in Buchstaben umwandeln soll, die kann ich fast so lesen wie normalen Text, aber Brotdose und Radio kann ich nicht unterscheiden. Das Gehirn ist echt ein komisches Ding.
War aber eine lustige Sache und wir haben das Rätsel innerhalb der Zeit gelöst. Das war uns bei unserem ersten (damals noch live) Escape Room nicht gelungen und das kratzt bis heute an meinem Selbstverständnis.
Frau Fragmente seufzt. Es schien mir aber noch kein handlungsabschließendes Seufzen zu sein, klang eher wie ein "so, zwei Absätze noch"-Seufzen. Wir werden sehen. Für mich reicht es aber heute, ich werde jetzt ablenkende Konversation betreiben, bis das wirkliche handlungsabschließende Seufzen kommt.
Heute allerdings noch nicht.
Es wird ab jetzt ganz sicher ruhiger bei mir, ICH BIN DA ABSOLUT ZUVERSICHTLICH!!!
Anfang des Jahres war ich auf einem Seminar und hörte dort einen schönen Begriff, der mir gestern wieder eingefallen ist: der "neurotische Keller". Es ging um Veränderungsprozesse und die Phasen, die sie durchlaufen (bzw. die die Personen durchlaufen, die von Veränderungsprozessen betroffen sind). Eine der ersten Phasen ist geprägt von Gefühlen wie Verunsicherung, Ungläubigkeit, Trotz, Wut, Verleugnung, Angst. Was ich lernte ist, dass diese Phase nicht optional ist, sondern dass jeder da durch muss. Es geht nur unterschiedlich schnell - das liegt an vielen Faktoren, zum einen natürlich an der eigenen Haltung zur Veränderung, persönlichen Vorerfahrungen, Resilienz etc. aber auch daran, wie auf die Gefühle eingegangen und ihnen begegnet wird, ob sie adressiert werden. Ich habe gelernt, dass es die Aufgabe von Personen, die Veränderungsprozesse einleiten oder begleiten ist, sich diesen Themen zu widmen und damit dazu beizutragen, dass alle auf der anderen Seite wieder aus dem neurotischen Keller hinauskommen. Oder die meisten, alle kann man nicht immer mitnehmen, aber indem man die Themen adressiert, erreicht man Kellertreppe/Lichtschalter schneller, als wenn man sich denkt "boah die sind doch erwachsen und sollen mal klar kommen!" (was meine natürliche Reaktion war, die andere musste ich erst erlernen).
Der Begriff "neurotischer Keller" fiel in dem Seminar nur einmal, wurde dann sofort als ein bisschen böse verbannt, aber ich fand ihn ganz wunderbar und treffend.
Gestern fiel mir der Begriff wieder ein, weil ich den Eindruck hatte, meine Umwelt besteht fast nur noch aus hysterischem Geschrei. Und da fiel er mir wieder ein und ich war regelrecht beruhigt: alles ganz normal, niemand plötzlich den Verstand verloren oder ein anderer Mensch geworden oder immer schon ein anderer Mensch gewesen, als ich dachte hatte. Wir sind nur im neurotischen Keller, den Weg dadurch muss eben jeder einzeln gehen, das gehört so, es wird ein bisschen dauern, auch unterschiedlich lang, aber dann kommen die allermeisten wieder die Treppe hoch. Und die, die das geschafft haben, können die Tür ja schonmal einen Spalt auflassen, statt sie oben zuzuknallen, sich an den Kaffeetisch zu setzen und über sich lauthals über die zu wundern, die aus den unterschiedlichsten Gründen noch unten herumirren.
Ha, ich hatte einen richtigen Wochenendtag und bin jetzt komplett erholt, eigentlich könnte morgen Montag sein, ist es aber nicht (bin mir jedenfalls ziemlich sicher). Was mache ich nur morgen vor lauter Optionen? Vielleicht wieder ein Buch lesen, heute habe ich nur Aufsätze gelesen, das gehörte zu einem Wegsortierprojekt. Es waren ca. 5 cm Aufsätze, ich fand sie alle mal sehr wichtig, jetzt habe ich genau 3 Blätter behalten und das könnten auch nur 1,5 sein, wenn mal jemand (ich) mitgedacht und doppelseitig kopiert hätte. Jetzt weiß ich nicht, wo ich diese Blätter aufbewahren soll. Ich glaube, ich scanne sie ein, aber wie finde ich sie dann je wieder? Wie bewahren Sie denn sowas auf, also sowas der Gattung "kluge geschriebene Dinge, die man nicht im Handumdrehen ergoogeln kann und daher in irgendeiner Form behalten muss"? Vielleicht lese ich sie auch einfach noch dreimal und werfe sie dann auch weg, dann kann ich sie doch sicher ausreichend auswendig? Ich bin noch unschlüssig. Bitte beraten (oder von mir aus auch belehren, was immer Ihnen mehr liegt) Sie mich.
Sonst nix. Nachdem das Gehaltsbüro meinen Urlaub gesprengt hatte, dachte ich heute kurz, "der Staat" sprengt mein Wochenende. Aber so schnell sind die dann doch nicht.
Das erste Mal seit 100 Jahren, naja, seit dem 18. März, verließ ich heute das Haus ohne konkreten Auftrag wie Arbeit oder Einkauf oder so und nur, um eine Freundin zu treffen. Und ich hatte in der Zwischenzeit echt fast vergessen, wie das geht, es war regelrecht aufregend. Ich war auch zu spät, weil ich nicht eingeplant hatte, dass man ja die Schuhe auf die Kleidung abstimmen muss und sowieso alles auf die fallende Temperatur am Abend, und wie war das nochmal mit Parfum und was muss ich mitnehmen und überhaupt.
Wir spazierten mit Masken und Abstand ein wenig herum, dann saßen wir auf Bänken (jede auf ihrer eigenen), aßen Falafel und tranken Dosenbier.
Das war sehr schön, das möchte ich öfters machen.
Der Tag heute ist mir nicht gut gelungen.
Das fing schon morgens an, ich wachte mit eingeschlafenen Händen auf - manchmal schlafe ich mit einer Armhaltung wie ein Tyrannosaurus Rex, nur eben auf dem Bauch liegend. Ich hasse es, mit eingeschlafenen Händen aufzuwachen. Kopfschmerzen hatte ich auch und ich hatte von schweren Krankheiten geträumt und konnte das Gefühl, sie zu haben, nur schlecht abschütteln. Also setzte ich mich ein Weilchen in den Sessel, um im Tag anzukommen.
Als ich dann angekommen war, war ich voller Tatendrang, denn gestern hatte ich die Kiste des Grauens einmal durchsortiert, vieles davon weggeräumt und den Rest in zwei andere, viel kleinere Kisten umgepackt zur weiteren Bearbeitung, dabei hatte ich auch noch einmal gesehen, dass wirklich nichts an sich Grauenhaftes dabei war. Heute wäre der ideale Tag gewesen, richtig durchzuziehen und eine der beiden Kisten mindestens zu halbieren.
Wenn die Kopfschmerzen nicht immer wieder gekommen wären und dann hatte ich noch ein Bauchgefühl, dass etwas, das das Gehaltsbüro mir mitgeteilt hatte und das eine größere berufliche Entscheidung beeinflusst hatte nicht stimmt. Bauchgefühl ist ja nicht so mein Ding, aber es kam mir einfach komisch vor, ich hätte davon gehört, wenn es so wäre wie mitgeteilt, dacht ich mir, aber das hatte ich nicht, Schweigen im Walde, keine Erwähnung nirgendwo, keine Aufregung, kein Gerede, das konnte einfach gar nicht sein, mache Dinge geschehen nicht still. Also recherchierte ich und naja, die Auskunft war falsch und dadurch explodierte mein Tag und der Rest der Woche gleich mit. Urlaub beendet, ein anderes Mal wieder. Immerhin, die Kopfschmerzen waren dann weg. Vielleicht kamen sie vom Bauchgefühl, wer weiß?
Jetzt ist also die Wohnung noch immer unordentlich und auch schon ein bisschen schmuddelig, der Kühlschrank ist nicht sortiert, ein mitteldringender Anruf nicht gemacht, die beiden Stapel sind unverändert und ich warte noch ein Weilchen länger auf die Entschleunigung.
Frau Fragmente sitzt an ihrem Homeoffice-Esstisch-Wohnzimmertisch und bloggt. Ich sitze an meinem Homeoffice-Schreibtisch am am Gamer PC und blogge über Frau Fragmente.
Heute habe ich wieder eine leicht andere Perspektive. Ich sehe die Tischplatte, darauf ist das Blogging-Setup (Ipad auf einem Ständer mit Bluetooth-Tastatur), im Hintergrund zu sehen: ein Ring oder Kronkorken (undeutliches Bild), eine rot-durchsichtige Hülle von irgendwas, ein externer Akku mit Ladekabel, zwei weiße Dingsdas (Fernbedienungen?) und eine schwarze Tastatur auf ein paar Papieren. Ein weiterer Reil des Raumes spiegelt sich in der Glasscheibe, die Spülmaschine jedoch nicht.
Frau Fragmente hat heute eine ganz andere Perspektive, ich habe als Hintergrund nämlich eine Herde Alpakas gewählt. Diese Idee hatte ich heute Nachmittag und geriet dann in einen Hintergrundbildstrudel, aus dem ich erst nach mehr als einer Stunde wieder auftauchte (ich habe ja heute Urlaub). Dafür habe ich jetzt aber Hintergründe für alle Videokonferenzgelegenheiten: intelektuelle, nüchterne, lokale, phantastische und so weiter. Die Sicht aus meinem Bürofenster habe ich auch hochgeladen, wenn ich diesen Hintergrund verwende, sieht man mich eigentlich ganz genauso, als käme man gerade in mein Büro. Den werde ich beruflich verwenden.
In Bezug auf die Videokonferenzhintergründe kann Corona also jetzt noch ein wenig dauern. Frau Fragmente hat sich mit ihrem Home Office jetzt (laut eigenen Worten) eingegroovt, von ihr aus kann es also auch noch etwas dauern. Insgesamt bin ich aber dezent genervt.
Wie gesagt, dezent. Mir ist ja klar, dass es mir sehr gut geht und mich einer höchst entspannten Situation erfreuen kann - keine Erkrankungen im Umfeld, keine kleinen Kinder, Job läuft derzeit auch. Mir fehlen eigentlich nur die zufälligen Begegnungen mit Menschen, so auf Dauer. Die drei Leute, die mir mit im S-Bahn-Vierer sitzen, die Leute, denen ich im Supermarkt und auf der Straße begegne. Im Grunde also die Personen, auf die alle anderen eh wenig Wert legen, ich aber schon, denn ich mag ja Menschen, sie geben mir Input, ich habe Spaß an ihren Merkwürdigkeiten und Eigenarten. Ich werde noch gedulden müssen. Und auch können, natürlich.
Bin gespannt, was Frau Fragmente schreibt, sie ist heute irgenwie schnell, schon bei 75% sagte sie eben leicht vorwurfsvoll. Ich glaube, sie hat bemerkt, dass ich nebenher andere Dinge getan habe: erst für das Kind eine Konsole bestellt, dabei festgestellt, dass das Kind mir einen Fake-Shop empfohlen hat, daher kurz Erziehungsaufgaben absolviert: wie gehe ich bei einer Bestellung eines mir bis dahin unbekannten Shops vor? Wie kann ich ihn überprüfen?
Dann musste ich noch eine berufliche Videokonferenz einrichten, das hatte ich delegiert aber vergessen, dass der Kollege nur ein normales Account hat und da ist die Zeitdauer begrenzt. Wir wollen aber eine Art Stammtisch machen, da reichen 40 Minuten vermutlich nicht, also musste ich das nochmal von meinem Account einrichten.
Und dann hatte ich meine allabendliche Frage auf Twitter nicht gestellt, das musste ich auch noch tun und werde ich wohl ebenfalls noch eine Zeit lang machen - ich weiß gar nicht mehr seit wann und ich weiß auch nicht mehr, wie es dazu kam, aber seit ein paar Wochen (?) frage ich allabendlich auf Twitter "was habt ihr heute gemacht?" (in wechselnden, aber mangels Kreativität immer ähnlichen) Formulierungen. Die Antworten interessieren mich sehr, jede einzelne, vielleicht sind sie für mich ein bisschen der Ersatz-Input, der mir an zufälligen Begegnungen im Alltag derzeit fehlt? Wobei ich nach den ersten 8 oder 9 Tagen, als mir klar wurde, dass ich diese Frage nun vorerst dauerhaft stelle, etwas Angst bekam. Was, wenn über uns wirklich die ganz große Welle hereinbricht mit vielen, vielen Kranken und Toten, wenn jeder jemanden in der Familie oder im Freundeskreis hat (so wie meine KollegInnen in New York momentan), was mache ich dann, wenn diese Antworten auf meine Frage kommen? Dazu viel mir nichts, ein, außer, dass nicht fragen auch nichts ändern würde und dass es immer besser ist, das Schlimme zu benennen, als es nur zu erahnen.
Das war heute wenig über Frau Fragmente, aber eine Sache fällt mir noch ein: zum einen wird sie noch über ihre Kerzen bloggen, aber nicht heute - ah, und jetzt sie mir noch die offene Spülmaschine gezeigt - und zum anderen hat sie einen kritischen Kommentar bekommen und mich gefragt, ob sie ihn freischalten soll. Natürlich soll sie das! Ich fand ihn auch gar nicht so kritisch, eher fragend, aber das ist jeder anders, ich persönlich liebe kritische Nachfragen, das zeigt, dass der/die andere mitdenkt. Vielleicht fehlt mir nicht nur der Input der anderen Menschen draußen, sondern auch die Reibung mit ihnen, fällt mir bei dieser Gelegenheit ein. Das kann schon sein.