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    Donnerstag, 25. Juli 2019
    Urlaubstag 12

    Dieser Tag eignete sich für mich nicht zum Rausgehen.

    Erstmal hatte ich viel zu wenig geschlafen, ich war nachts immer wieder hochgeschreckt, weil ich dachte, es sei schon 10 Uhr und jemand würde klingeln, um einen alten Hochstuhl abzuholen und außerdem würde Papa N. schon darauf warten, dass ich seine Getränke bestelle. Natürlich hatte ich mir einen Wecker gestellt. Aber offenbar wird mein Unterbewusstsein schon nach 12 Tagen Pause von etwas komplexeren Vorgängen schon höchst beunruhigt, wenn es mit zwei recht einfachen konfrontiert wird.

    Es ging aber alles glatt. Die Hochstuhlabholer waren sehr freundlich, das Baby, das demnächst darin sitzen wird, war sogar dabei und sie fragten mich noch nach ein paar Tipps zu Babies, die ich nach bestem Wissen beantwortete, aber herrje, es ist halt fast 15 Jahre her, sicher ist heute eh alles ganz anders. Auch die Getränkebestellung ging unerwartet glatt. Danach entspannte ich mich beim ersten Kaffee von diesen unerhörten Aufregungen.

    M kränkelte ein wenig, eine Sommererkältung vermute ich (wir husten und schniefen alle ein wenig) und brauchte Bekuschelung - bei dem Wetter, sowas sagt einem ja vorher auch keiner. Kurz darauf brauchte sie dann aber schon das Allheilmittel aller Zeiten, nämlich selbstgemachtes Himbeereis (gefrorene Himbeeren und Joghurt mit Zucker schreddern).

    Die Katzen litten auch an der Hitze, der kleinen Katze gefiel es sogar, mit einem feuchten Tuch abgewischt zu werden und anschließend legte sie sich auf das feuchte Tuch drauf. Sehr niedlich.

    Dann wollte ich mal endlich meine Ohrringe abholen und außerdem zwei Pakete mit aussortierten Dingen (Winterjacken von M und Kochbücher) wegbringen und verließ das Haus. Backofen draußen. Die letzten Tage hatte ich mich gefreut, dass ich den Sommer endlich besser vertrage. Zwar nicht mehr mag, aber immerhin gut gelaunt bleiben kann und mich nicht einfach rundum krank fühle. Heute war aber das Ende meiner Temperaturtoleranz erreicht: auf dem Rückweg vom Einkaufen wurde mir so schwindlig, dass ich dass Rad schieben musste. Und die Ohrringe hatte ich auch nicht bekommen, der Goldschmied hatte einen Zettel an der Tür hängen "geschlossen, zu heiß". Ich probiere es nächste Woche noch einmal.

    Immerhin brachte ich Eis mit nach Hause und fand im Briefkasten nette Post vor, nämlich sehr schicke Socken (Fotos folgen, wenn wieder Sockenwetter ist) und Einaufswagenbefreier. Zwischendurch recherchierte ich noch, dass mein Schwimmbegleiter gestern wohl tatsächlich ein Kormoran war - dabei stieß ich auf die Website vom Angelverein des Sees und darauf wiederum auf die Meldung, dass schon der zweite Knapp-2-Meter-Wels aus dem See geangelt wurde. Huiuiui, dieses Schwimmen ist aufregender, als ich dachte. Das darf keinesfalls meine kleine 3jährige Freundin erfahren, die auch mit dabei war, sie hatte sich nämlich erst aus Angst vor Schildkröten, die nach Zehen schnappen, nicht in den See getraut und wir konnten sie nur mit viel Geduld (und vielen Geschichten) doch zum Schwimmen bringen. Ein Riesenwels wäre da kontraproduktiv.

    Danach Abhängen an verschiedenen Orten der Wohnung, zum Abendessen belegte Brote (Kochen ausgeschlossen, keine zusätzliche Wärme erzeugen!). Und, wie gewohnt, nach Sonnenuntergang ein Aktivitätsschub: Blumen wässern, Wäsche der letzten Woche falten und die Mützen- und Schalkisten aussortieren, und weil es sich daraus ergab dann auch die Garderobe und weil es sich daraus ergab dann auch die Schuhe und die Fahrradsachen. Es ist schwer, bei 40 Grad draußen eine Entscheidung zu treffen, welche Winterjacken noch benötigt werden. Aber es sieht jetzt ganz gut aus, im Herbst bewerte ich die Lage noch einmal neu.

    Mittwoch, 24. Juli 2019
    Urlaubstag 11

    Mit schmerzenden Armen und Beinen war ich schlafen gegangen und erwachte rundumgeheilt. Allerdings erst gegen 11 Uhr. Dafür war ich aber auch erst gegen halb 3 eingeschlafen, erst war es zu warm, dann hatte ich ein neues Buch angefangen (Pullman, His Dark Materials).

    Kurzes Besinnen mit Kaffee auf der Couch und alle Spielschulden abarbeiten, das ganze ist etwas außer Kontrolle geraten und ich spiele momentan gegen 39 Personen Quizduell, natürlich muss das am Ende des Urlaubs auch sofort aufhören. Quizduell, Wordfeud und eBay-Kleinanzeigen ist mindestens ein Halbtagsjob!

    Während ich noch auf dem Sofa saß schrieb die Freundin, sie sei schon am See. Ach ja! See! Ich raffte meine Dinge zusammen und fuhr auch.

    Leider muss ich hier bekennen: ich habe komplett den Anschluss verpasst in Bezug auf "Sitzgelegenheiten am Strand und auf der Schwimmbadwiese". Die Freundin und ich sind noch Stand "70er-Jahre-Handtuch" und hatten unseren ganzen Stolz "Decke, unten beschichtet" dabei, mit der wir uns schon sehr up to date fühlten. Aber nun - schauen Sie sich mal um in einem Freibad heutzutage! Da sind Leute unterwegs, die ganze Wohnlandschaften dabei haben! Von wurstartigen Dingen, die man sich zurechtbiegen kann über Liegen, die sich zu Trolleys zusammenklappen, auf denen man dann auch noch die Badetasche transportieren kann bis hin zu sessel- oder liegenartigen Gebilden, ob aufblasbar oder aus Schaumstoff konnten wir nicht herausfinden, ohne den darauf Schlafenden zu Nahe zu treten. Ich muss unbedingt bei nächster Gelegenheit Amazon bemühen und aufrüsten. Hat jemand Empfehlungen? Immer her damit, so underprepared wie in dieser Saison werden Sie mich nicht mehr antreffen.

    Allerdings halte ich mich ja sowieso die meiste Zeit im Wasser auf (Notiz: neue Einwegkontaktlinsen bestellen). Heute ohne Kurzflossen, da ist man viel langsamer unterwegs aber die Fußfreiheit ist auch schön. Es war recht voll heute, hinter den Pontons aber nicht mehr und auf halbem Weg zum anderen Ufer wurde ich nur noch von einem Wasservogel begleitet. Wie er hieß, weiß ich nicht, er war entengroß aber schlanker, schwarz mit blauglänzenden Federn hinten und er konnte sehr gut und lang tauchen.

    Nach einer guten Stunde schnorrte ich von der Freundin noch ein paar Stück Wassermelone und musste dann leider schon wieder aufbrechen, einkaufen. Der Supermarkt war leer, der Parkplatz auch, dabei war es schon 16:30 Uhr, sehr eigenartig. Ankunft zu Hause kurz nach 5, kurz duschen und herrichten um Ausgehen. Ich hab mir ja am Samstag eine sehr dünne, sehr weiter Sommerhose gekauft in pink mit bunten Blumen und so - nur für die Couch natürlich, völlig klar. Exakt 3 Tage (und plus 15 Grad) hat es von "nur für die Couch natürlich" hin zu "klar geh ich damit in den Biergarten" gedauert. Die Urlaubsverlotterung schreitet voran.

    19 Uhr Treffen im Biergarten, sehr nett, neben mir saß ein Internet- und Klimaskeptiker der fragte, was man denn auf Twitter dauernd schreiben würde und ich kündigte an, dort zu schreiben, dass ich mit einem Klimaskeptiker im Biergarten war - mache ich aber nicht, ich blogge es, Leute im Internet lügen halt immer. Hinter uns eine lustige Gruppe von 8 (?) Damen, die alle gleich aussahen (nicht gleich wie Zwillinge sondern gleich hin Bezug auf Frisur und Art der Kleidung), sie hatten einen netten Hund dabei. Die Bedienung definitiv die Inkompetenteste (oder Lustloseste) seit langer Zeit.

    Zu Hause hatte das Kind Macarons gebacken (sehr lecker!) und Teig für Cookies vorbereitet, die dann morgen gebacken werden - auch morgen wird also ein guter Tag!

    Dienstag, 23. Juli 2019
    Urlaubstag 10

    Ich hatte es mir ungefähr so vorgestellt, dass ich in der ersten Urlaubswoche hauptsächlich schlafe, gegebenenfalls etwas ausruhe und es mir zusätzlich in wachen Phasen vorwiegend gut gehen lasse. Das hat funktioniert. Die zweite Urlaubswoche wollte ich Erledigungen vorbehalten, die man halt mal erledigen muss, die dritte Woche könnte dann Aktivitäten wie Ausflüge oder noch eine Kurzreise beinhalten.

    Heute Morgen wachte ich gegen 8 Uhr von selbst auf und beschloss, da ja nun die "Erledigen-Woche" angebrochen war, nicht wieder einzuschlafen. Statt dessen wollte ich noch ein wenig mit Handy im Bett ruhen, bis um 9 Uhr eine angemessene Kaffee-Zeit gekommen wäre.

    Allerdings fand ich auf dem Handy eine Nachricht einer Freundin vor, abgeschickt um 7:51, dass sie eine Empfehlung für einen Badesee bekommen habe und heute sei der ideale Tag, den auszuprobieren. Besonders auch, weil heute ja der kühlste Tag der Woche sein sollte (mit nur 30 Grad), sie kennt mich ja und weiß, dass je höher die Temperatur desto schlechter meine Laune.

    Ich überlegte kurz. Nun hat es "wenn du Schwimmen gehen kannst, geh Schwimmen" nicht unter die ewigen Lebensregeln geschafft, aber das eben auch nur sehr knapp nicht. Es ist schon auch eine wichtige Regel. Ich weckte also M und fragte, ob sie schwimmbereit wäre - sie sprang sofort aus dem Bett und wir brachen auf. Herr N hingegen lehnte ab, er ist im Gegensatz zu M und mir kein Wassertier.

    So verbrachte ich dann einfach vier Stunden im Wasser. Ich hatte meine Kurzflossen eingepackt und es ist einfach grandios, wie schnell man damit ist. Der Badesee war sowieso auch ein Volltreffer, es war (zumindest am Vormittag) noch recht leer, man kann den See aber beinah komplett beschwimmen und darf auch Badespielzeuge mit in den Schwimmerbereich nehmen. So zog und schob ich die drei großen Kinder auf Luftmatratzen hin und her (und kippte sie natürlich auch ab und zu herunter), die Freundin blieb derweil mit dem kleinen Kind im Nichtschwimmerbereich. Zwischendurch hatte ich kurz ein schlechtes Gewissen und setzte mich für eine Viertelstunde mit auf die Decke zum Plaudern, schön war das auch, bot auch Gelegenheit, nachzucremen, aber ich sitze halt absolut nicht gern auf Decken im Warmen herum, also schwamm ich lieber doch nochmal weiter.

    Um 15 Uhr ausgehungert nach Hause, Reste der Woche gegessen, dann Couch, nach einer halben Stunde aufgestanden um zu Duschen und bemerkt: Ach ja. Ach je. Flossenschwimmen macht fürchterlichen Muskelkater.

    Also tat ich den Rest des Tages nicht mehr viel. Nur noch Schwimmwäsche durchlaufen lassen, Blumen wässern, Zeug an Kleinanzeigen-Abholer übergeben, Katzen versorgen, lesen, Wordfeud. und Quizduellverpflichtungen abarbeiten.

    Vielleicht gehe ich morgen wieder schwimmen (muss aber die Sonnenbrandsituation beobachten - LSF 50 mit zweimal Nachcremen reichte für 4 Stunden im Wasser halt trotzdem nicht. Hm.).

    Montag, 22. Juli 2019
    Urlaubstag 9

    Ich hätte jetzt gerne wieder ein bisschen Struktur, vorlauter "ach ich schau mal" bekam ich heute schon Kopfschmerzen. Vielleicht natürlich auch vom Wetter, grauenhaft, dauernd ist es warm, wenn ich Urlaub habe, ich betrachte das als persönlichen Affront.

    Geschlafen habe ich heut bis 11 Uhr, gelesen hatte ich gestern Abend im Bett noch bis 13:30 Uhr. In wechselnder Position, beim Gespräch mit Freundin C überlegte ich gestern, wieso ich eigentlich früher immer auf der Seite liegend im Bett gelesen habe und heute nicht mehr, heute liege ich auf dem Rücken und halte das Buch hoch, was ja im Grunde total anstrengend ist. Ich weiß genau, dass ich früher auf der Seite liegend las, weil ich mich exakt noch an das Gefühl erinnere, wenn man den Kopf in die Hand stützt und die Hand dann so weggeklappt ist und irgendwann die Haut zwischen Handrücken und Unterarm anfängt zu bitzeln, weil man so lange in dieser Position verharrt. Nach dem Ausprobieren gestern Abend weiß ich jetzt auch, warum ich nicht mehr so lese: weil ich jetzt Brille trage (früher: Kontaktlinsen). Da ist es nicht ganz so komfortabel.

    Wie auch immer, meine Normaleinstellung scheint "9,5 Stunden Nachtschlaf" zu sein. Das ist natürlich höchst problematisch, aber dann auch wieder nichts, worüber es sich nachzudenken lohnt.

    Das sehr Schlechte an im Sommer um 11 Uhr aufwache ist, dass man sofort sämtliche Jalousinen herunterlassen muss und vom Aufwachen an keine Chance mehr auf Frösteln besteht. Ich liebe Frösteln! Deshalb gehe ich normalerweise morgens barfuß auf den Balkon, wunderbar, wie kalt die Fliesen an den Fußsohlen sind, am besten noch etwas feucht von Regen, und wenn dann ein Windstoß kommt und nieselnd auf den noch verschlafenen Körper trifft, hach, wunderbares Schaudern! Im Sommer natürlich nicht, Sommer kann halt nichts.

    Also saß ich auf der Couch, was soll man sonst tun, wenn es warm ist. Kaffee, Frühstück, das Internet sichten, trallala, alles sehr unaufregend. Herr N schaute "Zurück in die Zukunft", wir riefen M dazu, M amüsierte sich über die Kleidung, ich mich darüber, dass ich "Marty" damals so Erwachsen fand. Im Gegensatz zu mir. Haha, der könnte mein Sohn sein!

    Anschließend wollte ich weiter etwas anschauen, das habe ich bekanntlich sehr selten. Aber ich träume immer noch davon eines Tages ALLE Dr. Who Folgen zu schauen (das war mir für heute aber ein zu großes Projekt) und zum zweiten habe ich mit M abgemacht, dass wir in den Ferien "Good Omens" schauen, das Buch mag ich schon seit immer und David Tennant schätzen M und ich gleichermaßen. M hatte aber die ersten 3 Folgen schon gesehen (Herr N schon gleich alle), ich bekam daher die Aufgabe, heute sofort Folgen 1-3 auch zu schauen und dann Bescheid zu geben, damit man gemeinsam weiterguckt. Ich bin ja nicht so die Bewegtbildguckerin, zu meinem Entsetzen dauerte eine Folge auch eine ganze Stunde! Zwei Folgen überstand ich gut, hatte auch Spaß daran und will unbedingt weitersehen. Aber nach der Hälfte von Folge 3 konnte ich mich absolut nicht mehr konzentrieren, geschweige denn auf dem Sofa sitzen - wir werden das gemeinsame Schauen also noch etwas aufschieben müssen.

    M hatte derweil angefangen, Schuhe und Jacken auszusortieren - das war ebenfalls ein Auftrag für die Ferien. Es ergab eine gute Ausbeute an Auszusortierendem. Ich selbst erbe ein paar Übergangsschuhe und ein paar Winterstiefel von ihr (wir haben seit Herbst dieselbe Schuhgröße) und ich bereitete zwei Pakete vor. Vorher müssen die Jacken aber noch trocknen, sie liefen alle heute Nachmittag durch die Waschmaschine. Und während die Wäsche lief, schleppten M und ich diverse Kisten hin und her und sortierten weiter aus, ich teilte das Aussortierte dann ein in Müll, ebay Kleinanzeigen oder Weiterverschenkung. Die Anzeigen erstellte M, die Dinge zum Weiterverschenken säuberte ich und packte sie für die entsprechenden Personen passend in Tüten oder Kartons.

    Zwischendurch gab es irgendwann Hotdogs und später am Abend das geplante Essen: Kichererbsen-Spinat-Curry.

    Sonntag, 21. Juli 2019
    Urlaubstag 8

    Wie kann das schon der 8. Urlaubstag sein? Ich habe doch quasi noch gar nicht Urlaub gehabt!

    Heute war richtig ausschlafen angesagt, um 10 Uhr weckten mich die Katzen. Das ist akzeptabel, insbesondere, weil ich sehr dringend dann alle Jalousien herunterlassen musste wegen Sonne und Wärme. Ruhiges Wachwerden mit Kaffee auf der Couch, dann Frühstück, dann Dinge sortieren, danach machte ich mich auf zum Einkauf.

    Fest steht: die Ohrringe kann ich frühestens Dienstag zurückbekommen. Heute nämlich stand ich um 14:05 beim Goldschmied, der hatte aber nur bis 14 Uhr geöffnet. Und Montag ist Ruhetag. Ich hatte nur ein paar Spezialeinkäufe zu machen (Gesichtscreme, Kirschen, Sojamilch), schlenderte aber, weil ich ja nun einmal unterwegs war, etwas umher.

    Unter anderem kehrte ich bei der Augenbrauenzupffrau ein. Sie hatte eine neue Mitarbeiterin, die sehr kompetent arbeitete (man spürt den Unterschied!) aber dabei ununterbrochen leise vor sich hin sprach. Ich konnte keinen Knopf im Ohr oder Ähnliches sehen, war deshalb erst einmal leicht verunsichert und verstand auch nicht so richtig, was sie sprach. Mit etwas Konzentration konnte ich feststellen, dass ich wohl nicht Adressatin der Worte war, die Dame sprach nämlich Türkisch. Mit einem beachtlichen Maß an weiterer Konzentration konnte ich heraushören, dass es um Essen ging. Zutaten für irgendwas. Also keine Stimmen, die ihr befahlen, mir die Augenbrauen komplett wegzuzupfen oder dergleichen. Ich war beruhigt und konzentrierte mich weiter aufs Zuhören, vielleicht würde ich das ganze Rezept zusammenbekommen? So verpasste ich den Moment, als etwas Nasses über meinem Auge auf der Haut landete. "Was ist das" wollte ich fragen, war aber vor lauter Zuhören unsicher, ob auf Deutsch oder auf Türkisch und auf Türkisch nochmal unsicher, wie man genau sagt, also verpasste ich auch den Moment, als über dem zweiten Auge dasselbe geschah. Dann fragte ich auf Deutsch. Farbe. Aha, ahja, ich wollte aber gar keine Farbe. Doch, ist gut! Welche Farbe überhaupt? Schnalzgeräusche mit der Zunge, ist heute umsonst, mal zum Ausprobieren. Naja meinetwegen, dachte ich mir, jetzt ist die Farbe ja eh drauf und ich habe ja auch Urlaub, im schlimmsten Fall gehe ich einfach die nächsten zwei Wochen nicht raus. Zapp wurde die Farbe wieder abgewischt. Ich sah keinen Unterschied zu meiner normalen Augenbrauenfarbe, aber die Zupferin versicherte mir, jetzt sei alles viel besser, viel mehr Kontur. Immerhin erkannte ich während ihrer begeisterten Erklärungen, dass sie ein Kabel unter den Haaren hatte, also wohl doch irgendwo ein Knopf im Ohr und ein Telefonat über Essen mit wem anderes, kein Selbstgespräch.

    Ich kaufte noch drei Kleidungsstücke, und zwar eine sommerliche Bluse (eine andere wird dafür aussortiert, sie kam mit Loch aus der Waschmaschine), eine Bluse mit langem Arm (Neuzugang) und ein Shirt in einem ganz speziellen rosa, das ich schon seit Jahresbeginn suche. Ich habe Schuhe in diesem rosa und die trage ich bevorzugt zu einer Hose in dunkelgrün. Diese Hose läuft immer Gefahr, nach Oma auszusehen, jedenfalls wenn man sie mit den falschen Farben kombiniert oder einfach irgendwie unachtsam - es ist wichtig, dass alles gewollt wirkt, wenn man diese Hose trägt. Mit rosa geht sie ganz hervorragend, ich habe aber nur ein Oberteil in exakt dem notwendigen rosa. Also jetzt habe ich ein zweites, das ist gut. Verwirrend war: am Kleiderständer hingen mehrere Exemplare desselben Shirts, manche von ihnen in exakt dem richtigen rosa, manche aber auch in einem ganz leicht daneben. Es handelte sich um dasselbe Produkt, ich glaube, die Shirts sollten alle gleich sein, waren sie aber eben nicht. Eine ganz kleine Nuance nur, die aber eben die Welt ausmacht.

    Wieder zu Hause atmete ich kurz durch und ging dann mit M nochmal ins Einkaufszentrum, um Blondiermittel zu kaufen. Das bekommt man nämlich erst ab 18. Wusste ich auch noch nicht.

    Dann wieder zurück kühlte ich mich unter der Dusche ab, dann Krempel verräumen, am Abend kam Freundin C. zum Abendessen (Gnocchi mit Karotten-Kokossauce) und zum Dinge vakuumieren und Obst vom Balkon probieren.

    Samstag, 20. Juli 2019
    Urlaubstag 7

    Der erste Urlaubstag ohne irgendwelche terminliche Verpflichtungen. Ich war sehr gespannt, wie lange ich wohl schlafen würde! Naja. Bis 9 Uhr. Dann weckten mich die Katzen, der Kater saß links von mir, die Katze rechts, beide machten "miau" und stupsten mich mit der Pfote an. Warum ist unklar, Futter war da, Wasser war da, die Balkontür war auf, Herr N auch schon wach.

    Beim ersten Kaffee fiel mir ein, dass ich heute die Lieferung der Vakuumierbeutel erwartete, sofort war ich auch schon wieder total gespannt und beschloss, auf jeden Fall erst einmal zu Hause zu bleiben, damit ich sie keinesfalls verpasse. Also weiter Decken gewaschen und Zeug sortiert und bei eBay Kleinanzeigen eingestellt, Kochplan gemacht, Einkaufszettel gemacht, noch bevor alles fertig war klingelte es an der Tür und die Beutel kamen. Alles ganz wunderbar, sofort vakuumierte ich das Bettzeug, das schon gut durchgetrocknet war, was für ein Spaß! Morgen geht es weiter.

    Dann ging ich raus. Eigentlich, um die reparierten Ohrringe abzuholen, das wollte ich damit verbinden, ein Paket wegzubringen, stellte aber im Herausgehen fest, dass ich es noch gar nicht frankiert hatte, wollte das schnell mobil tun, stellte dann aber fest, dass ich es noch gar nicht gewogen hatte, da wurde es mir zu anstrengend und ich ging einfach so. Mit einer Handvoll Schlüsseln in der Hand. Das hatte folgenden Grund: M erinnert sich nicht, wo sie vor der Abreise nach England ihren Haustürschlüssel hingelegt hat.

    Ich erinnere mich daran natürlich auch nicht - ich selbst war ja schlauer und habe zu Beginn meines Urlaubs getwittert, wo ich meine Büro-Zugangskarte deponiert habe, da kann also nichts passieren. Wie auch immer, der Schlüssel ist (zu 99%, man hat schon Pferde kotzen sehen) in der Wohnung, weil M am Abend vor der Abreise allein heimgekommen war. Kind ohne Schlüssel ist aber unpraktisch, daher wollte ich ihr Ersatz geben und hoffte, in meiner Schlüsselsammlung wäre noch etwas Passendes. Leider nicht. Also fuhr ich als erstes zum Schlüsseldienst, um den Wohnungstürschlüssel dublizieren zu lassen, für den Haustürschlüssel muss ich leider die Hausverwaltung anrufen, auch aber alles nicht schlimm, weil ich immer schon ein Set für Besucher haben wollte und das habe ich ja dann, sobald Ms Schlüssel wieder auftaucht was ja früher oder später der Fall sein wird. Gleich ließ ich dann auch noch Briefkasten- und Kellerschlüssel nachmachen und nahm Anhänger mit, damit ich nicht immer mit einer Handvoll nicht passenden Schlüsseln herumirren muss, wenn mal was fehlt. Ordnung, Ordnung!

    Während der Wartezeit machte ich andere Erledigungen, als erstes stellte ich fest, dass ich die Ohrringe nicht abholen konnte, weil ich den Abholschein zu Hause vergessen hatte. Naja, es wäre wohl auch so gegangen, aber ich war nicht in Überzeugerinnenlaune und außerdem brauche ich die Ohrringe nicht dringlich und gehe auch morgen sowieso wieder in die Innenstadt, da kann ich sie auch dann holen. Ich ging in zwei verschiedene Supermärkte (weil es eine Fleischtheke nur in dem einen gibt, aber andere benötigte Dinge dann wieder nur in dem anderen) und auch noch in eine Drogerie und dann holte ich die Schlüssel ab und machte Stop beim Eiscafé und dann war es auch schon wieder früher Abend. Wie die Zeit immer vergeht und wie man sie mit lauter Krimskrams anfüllen kann, wenn man einfach gar nichts effizient gestaltet!

    Zum Abendessen gab es Stir Fry. Stir Fry habe ich vor vielen Jahren ständig gekocht und dann komplett vergessen. Eigenartig. Heute fiel es mir wieder ein und ich habe es sofort auf die Kochliste gesetzt. Mein ständiges Repertoire umfasst somit 71 Gerichte. Heute war drin: Zwiebel, Inger, Knoblauch, gelbe Paprika, rote Paprika, Zucchini, Champignons, Frühlingszwiebel, Karotten, Huhn.

    Später bereitete M noch mein Lieblingsdessert zu: Himbeeren mit Quark und Baiser geschichtet. Nebenher spielte ich Quizduell und tat dabei etwas, das ich total spannend finde aber sonst wohl eher niemand: eine Mitspielerin und ich ließen Alexa und "Ok Google" gegeneinander antreten. Das heißt, wir klickten nur die Antworten an wenn sie aus der Antwort der Maschine hervorgingen. Das war recht ernüchternd. Sicher muss man noch an der Fragetechnik feilen, um die Maschinen zu eindeutigeren Antworten zu bewegen, aber jedenfalls Google hat es sich oft sehr einfach gemacht und nur Wikipedia-Artikel verlinkt, die zwar inhaltlich passten, aber aus denen ich die Antwort nicht schnell genug herauslesen konnte. Bis das ein richtiger Assistent ist, dauert es noch etwas, bzw. derzeit ist es ein recht renitenter Assistent, der Aufgaben mit "guck doch hier selbst" zurückdelegiert.

    Freitag, 19. Juli 2019
    Urlaubstag 6

    Ich hatte uns um 9:15 zum Frühstück verabredet. Warum? Gute Frage. Zum einen, um der Putzfrau nicht im Weg zu sein. Die hatte sich aber erst für 11 Uhr angekündigt. Irgendwas von "den Tag nutzen" ging mir wohl bei der Verabredung im Kopf herum.

    Also 9:15 Uhr Frühstück, das war sehr schön. Zwischendrin rief ich Ayurveda-Fahrradmann an, weil mir einfiel, dass das Fahrrad ja fehlte, eigentlich hätte es ja letzten Samstag, sonst Montag fertig sein sollen, aber es kam kein Anruf. Irgendwas von einem Strahler-und-oder-einer-Platine murmelte er und ich könne es am Abend holen. Wir bummelten noch durch die Innenstadt und ich gab den defekten Ohrring beim Goldschmied ab, den kann ich morgen repariert abholen.

    Wieder zu Hause lief ununterbrochen die Waschmaschine, weil ich ja bald alles, was ich habe, vakuumieren werde und da muss es vorher sauber sein. Ich las nebenher ein Buch und schlief nochmal eine Runde, gegen 18 Uhr brach ich auf zu Ayurveda-Man. So ganz überzeugt bin ich von ihm nicht, Fahrradreparatur bleibt ein schwieriges Thema. Nächstes Mal gehe ich doch eher wieder zur Herablassungs-Fahrradmann, denn wenn sich der Service schon nicht unterscheidet, wähle ich den kürzeren Weg.

    Auf dem Heimweg nur Irre unterwegs, aber darüber habe ich mich schon genug ausgelassen. Noch ein kurzer Einkauf, die Putzfrau hatte einen Zettel hinterlassen, was alles aus ist. Plötzlich war dann auch schon Abend, alles Geplante für den Tag erledigt, also Sofa.

    Donnerstag, 18. Juli 2019
    Urlaubstag 5

    Verblüffend entspannt aus einem apokalyptischen Traum aufgewacht - es wurde gerade die Welt zerbombt und ich dachte mir im Traum etwas resigniert "ach, das jetzt noch", dann wachte ich auf. M schlief neben mir noch tief und fest, sie hatte aber auch nachts um 3 noch einen hochwichtigen Anruf erhalten und war aus dem gemeinsamen Bett aufgesprungen, um im Bad eingeschlossen in Ruhe zu telefonieren. In der Küche brüllflüsterten meine Eltern.

    Zum Frühstück gab es reichlich Kaffee, Mandelstuten und wieder die Tageszeitung. Ich schaute als erstes sofort, ob das heutige Zitat von irgendwem auf der Titelseite ähnlich blöd wäre, wie das gestern. Es war blöd, aber so unspektakulär blöd, dass ich schon vergessen habe, worum es ging. In der Zeitung selbst ging es aber auch ausschließlich um Dinge, die ich schon am Vorabend online gelesen hatte oder um Dinge, die mich nicht interessierten (Kleinkriminalität, Ernährung, Krankheiten, Prominente). Die alte Nachbarin bekam die Zeitung heute schon vor 10 Uhr.

    Der Vormittag verging schnell, ich kochte mit meiner Mutter gemeinsam das Mittagessen, denn sie hatte für M extra ein vegetarisches Rezept ausgesucht aber war unsicher bei der Zubereitung. Es gelang aber sehr gut.

    Nach dem Essen sammelten wir alles, war wir mitnehmen wollten zusammen - wir fahren von meinen Eltern immer mit unglaublichem Gepäck zurück nach Hause. Dieses Mal: sehr viele gesammelte Tütchen von solchen für Obst über solchen für Toast bis hin zu Versandverpackungen, die Papa N. für mich sammelt, weil er weiß, dass ich sie noch einmal zweitverwende, z.B. bei der Reinigung des Katzenklos. Je ein Glas von allen neuen Marmeladen, die Papa N. gekocht hat. Drei Portionen Gulasch für Herrn N. weil der Arme ja bekanntlich sonst nie Fleisch bekommt. Die Reste vom Essen im Restaurant gestern (selber Grund). Die Reste vom heutigen Mittagessen für M. Ein halber Mandelstuten, weil wir den so gerne mögen. Ein Buch, eine Creme, ein paar Socken. Et läppert sich.

    Um 14:30 Uhr saßen M und ich im Auto, um 15 Uhr hielten wir an einer Raststätte an, um ganz in Ruhe und ohne zu sprechen einen Kaffee zu trinken und auf die Handys zu starren. Am späten Nachmittag waren wir zu Hause, M betrat die Wohnung quasi nur mit einem Fuß und rannte dann sofort zu Freunden, ich saß eine Stunde lethargisch auf dem Sofa und verfing mich dann in einem Aktivitätsstrudel, in dem ich zuerst die ganze Wäsche von neulich zusammenlegte, dann Ms aussortierte Kleidung sichtete, sortierte und in den Müll/in einen Sack für den Altkleidercontainer/in ein Paket packte und dann noch den Deckenstapel anging, den die Putzfrau vor, äh, ca. einem Monat aus dem Bettkasten genommen hatte, um den Bettkasten zu reinigen. Die Decken ließ sie meine Bitte hin in Wäschekörben im Wohnzimmer stehen ließ, damit ich mich darum kümmere. Wissen Sie, so nach einem Monat sehen drei Wäschekörbe wirklich schon aus, als würden sie zur Einrichtung gehören, das ist ganz verblüffend!

    Jedenfalls, die letzten Wochen hatte ich immer eine äußerst gesichtswahrende Erklärung für diese neue "Wohnlandschaft" (nämlich: sehr viel Arbeit). Morgen kommt die Putzfrau aber wieder und sie weiß, dass ich Urlaub habe, es gibt keine gute Erklärung mehr, warum mit den Decken noch nichts passiert ist. Drei Ladungen Decken sind mittlerweile durch die Waschmaschine und auf der Leine zum Trocknen, die übrigen habe ich in der Wäschekiste versteckt, bis auf ein paar, die im Müll sind und außerdem habe ich Plastikbeutel, die ein Ventil haben, durch das man mit einem Staubsauger die Luft hinaussaugen kann, bestellt. Da soll ein Teil der Decken hinein und dann wieder in den Bettkasten, die übrigen Decken werden verschenkt. Ich glaube ehrlich nicht, dass wir zusätzlich zu den drei Bettdecken, die wir in Gebrauch, haben noch fünf weitere Bettdecken benötigen, ebenso wie wir vermutlich keine zwölf Sofadecken auf einmal verwenden wollen, außer vielleicht wir machen mal eine Kuschelparty mit 9 Gästen (oder 10 wenn ü18), das sehe ich aber vor meinem normalerweise ja sehr phantasievollen inneren Auge nur sehr, sehr, sehr undeutlich.

    Mittwoch, 17. Juli 2019
    Urlaubstag 4

    Etwas früher als geplant wurde ich bereits um 1:30 Uhr nachts von M geweckt, die zu diesem Zeitpunkt schlafen gehen wollte, aber entdeckte, dass sie ihr Kontaktlinsenzeugs (also die Flüssigkeit in der die nachts schwimmen) vergessen hatte. Um diese Uhrzeit musste ich ein paar Minuten nachdenken, bevor mir eine Lösung einfiel: ich hatte selbst noch Einwegkontaktlinsen dabei (habe ich immer, man weiß ja nie). Davon öffnete ich zwei Packungen, warf die Linsen daraus weg und M konnte ihre in der so gewonnenen Flüssigkeit über Nacht aufbewahren. Endlich konnten wir schlafen.

    Das dann bis ungefähr 10 Uhr, zu diesen Zeitpunkt hatten bei meinen Eltern schon ungefähr eine Million Nachbarn und Freunde geklingelt und/oder angerufen. Ich bin ja noch nichtmals eine richtige Spätaufsteherin, 7 Uhr macht mir nichts aus, außer ich habe es gerade (wie momentan) auf Schlafen abgesehen, aber ich entstamme einer Familie von absoluten Frühaufsteherinnen. Ab 5 ist man wach - und fit.

    Zum Frühstück reichte mir Mama N. die Tageszeitung, die ich aber schon nach dem Titelblatt angewidert zurückreichte, da war nämlich links in so einer Spalte, in der auch das Wetter und die Lottozahlen und ähnlich bedeutende Ereignisse stehen das Zitat von irgendeinem Kirchentypi der sowas in der Art wie "Wir brauchen das Lächeln von echten Menschen und nicht Selfies mit Smileys" oder so ähnlich äußerte. Keine Ahnung, ob das lustig sein sollte oder irgendwie deep, jedenfalls eine Zeitung, die Klowandsprüche von Kirchentypen auf der Titelseite hat, will ich nicht lesen. Kritisch befragt, wieso sie dieses Blatt abonniert hätten, gaben meine Eltern zur Kenntnis, es sei die Tageszeitung, die die alte Nachbarin vorziehe und der würde sie eben täglich um 11 Uhr weitergegeben. Warum jetzt meine Eltern eine Zeitung kaufen, die die Nachbarin will, habe ich nicht verstanden aber es war dann auch sowieso gerade 11 Uhr und ich brachte die Zeitung ein Stockwerk tiefer, aus dem Auge, aus dem Sinn. Die alte Nachbarin wollte mir für meine Mühen Geld zustecken. Meine Nerven!

    Ich hatte für den heutigen Tag eine Aufgabe, nämlich Papa N. auf die Möglichkeit anzusprechen, hier im Haus in eine Wohnung umzuziehen, die im 1. Stock statt im 3. Stock liegt. Papa N. ist nicht mehr gut zu Fuß, das ist der Hintergrund. Die Wohnung im 1. Stock ist definitiv schön aber auch etwas Overkill - deutlich größer und auch deutlich teurer als die jetzige, aber bietet eben den Vorteil, dass das gewohnte Umfeld erhalten bleibt und trotzdem voraussichtlich noch etwas länger die Selbständigkeit, ohne Hilfe das Haus verlassen zu können. Meine Mutter und beide Schwestern hatten das Thema bereits aufgebracht aber Papa N. ist ein westfälischer Sturkopf, der mit Idioten nicht diskutiert und Idioten sind halt alle, die seine Meinung nicht teilen. Seine aktuelle Meinung ist: Umzug ist Quatsch, weil er die Treppen laufen kann und wenn er sie nicht mehr laufen kann bleibt er halt oben. "Mein Rapunzelchen" sagte ich freundlich zu Papa N. und tippte ihm auf die Glatze und wir mussten beide lachen - im Gegensatz zu meinen Schwestern und meiner Mutter werde ich von ihm nämlich nie angefaucht, vielleicht, weil ich das Nachzüglerkind bin, das kleine Küken sozusagen. Lösen konnten wir das Thema noch nicht, aber immerhin genauer herausfinden, warum er einen Umzug so sehr ablehnt, und die Gründe sind durchaus auch nicht einfach vom Tisch zu wischen. Und bieten die Möglichkeit, generell über Möglichkeiten des zukünftigen Wohnens nachzudenken, auch wenn es derzeit keinen konkreten Anlass gibt.

    Dann ein bisschen Alltag: Dinge am Computer der Eltern regeln, Fingernägel lackieren, einkaufen, dabei mit dem Fifty-Fifty-Verkäufer kurz sprechen, ich fragte ihn auch ob er A. gekannt hatte. A. war mein Freund, als ich 16/17 war, er hat sich aus dem Umfeld damals leider nicht herausziehen können, hat dann einige Zeit als Fifty-Fifty-Verkäufer gearbeitet und es ging ihm etwas besser, aber dann hat er es doch nicht geschafft und ist viel zu jung gestorben. Der Verkäufer vor dem Rewe war aber von woanders und erst seit kurzem in der Stadt.

    Am späteren Nachmittag gingen wir Essen, Einladung von Papa N. Da hatte es beim letzten Mal einen kleinen Zwischenfall mit M. gegeben, die ja Vegetarierin ist und von unseren Essensausflügen in Offenbach kreative vegetarische Küche gewohnt ist - viel asiatisch oder orientalisch eben - und daher der eher uninspirierten Auflistung von Gemüse-der-Saison-mit-Hollandaise, Gebackener-Camembert-mit-Preisselbeeren und Bandnudeln-in-Champignonsoße eines deutschen Gasthauses nicht viel abgewinnen konnte. Heimlich spähte ich mit ihr die Karte des von Papa N. gewünschten Restaurants online aus, um zu planen, ob sie ggf. schnell zu Hause noch ein Käsebrot isst und im Restaurant dann eben nur ein Dessert. Es gab aber Spaghetti mit Tomatensoße, die gehen ja bekanntlich irgendwie immer.

    Im Restaurant war es schön. Die Fahrt dahin war etwas nervenaufreibend - ich fuhr, mit Navi, wurde aber ununterbrochen von Papa N. informiert, wie man auch fahren könnte. Und wie der G. immer fährt. Der W. allerdings würde meist anders fahren. Der W2 mal so mal so. Mir schwirrte der Kopf.

    Anschließend saßen wir noch zusammen und M zeigte den Großeltern ihre Urlaubsfotos, das witzige daran ist, dass M ausschließlich Personen fotografiert hat, die Großeltern fragten nach Sehenswürdigkeiten und M erwiderte ehrlich verblüfft "aber wieso soll ich die fotografieren, die kann man doch googeln - die Leute sind doch das Wichtige!". So haben Oma und Opa jetzt ungefähr 300 Fotos von Ms Freunden gesehen, meistens aber nur mit halbem Gesicht (weil: hat man glaube ich jetzt so) oder sonst auch grundsätzlich mit irgendwelchen Filtern verziert.

    Am Abend noch eine kurze Auseinandersetzung mit Mama N., die mir ungefragt Schwester2 am Telefon herüberreichte (wer telefoniert denn überhaupt um 23 Uhr noch, das ist doch nicht normal) - also sowohl Schwester2 als auch ich waren ungefragt, Mama N. fand einfach, wir sollten mal miteinander telefonieren. Ich fand, ich hätte für den Tag schon absolut mehr als ausreichend gesprochen und außerdem kann ich solche vermittelten Telefongespräche sowieso nicht leiden, das geht ungefähr in die Richtung, wie wenn man Freundinnen anruft und die geben den Hörer an ihr Kleinkind weiter, das dann da irgendwas Unsinniges hineinbrabbelt. Das konnte ich auch nie leiden. Zum Glück brabbelte meine Schwester nichts Unsinniges, ich hoffentlich auch nicht, wir sprachen über Katzen und Harry Potter und Brexit.

    Dann gingen alle schlafen außer M und ich und wir tun jetzt ungestört Dinge.

    Dienstag, 16. Juli 2019
    Urlaubstag 3

    Wecker auf 9 Uhr, das ist gerade noch akzeptabel an einem Urlaubstag. Um 11 Uhr war ich fertig mit allen Vorbereitungen, hatte auch gepackt aber leider vergessen, das Kind zu wecken. Also nochmal eine Dreiviertelstunde warten (packen musste sie ja auch noch), bis es los ging zu den Großeltern.

    Hier kurzer Einschub, wie sehr ich Autofahren hasse: Hass, Hass, Hass. So eine Zeitverschwendung und außer mir natürlich nur Bekloppte auf der Straße. Favoriten heute: einmal der Reisebus, der die Steigung hoch 85 km/h schaffte, weshalb er unbedingt den LKW überholen musste, der 84 km/h schaffte und daher dabei war, den LKW zu überholen, der nur 83 km/h schaffte. Muss sein! Und der andere Reisebus, der in einer Baustelle, wo man nur 80 fahren durfte unbedingt meinte, den Reisebus vor ihm, der halt 80 fuhr, überholen zu müssen, nur war auf der Spur neben ihm halt ich, auch mit 80 (weil ich generell nicht schneller fahre, als auf den Schildern steht, wozu sollte ich das tun) und eine durchgezogene Linie war auch sowieso. War ihm aber alles egal, der zog halt rüber, immerhin sah man ihm seinen Irrsinn vorher schon an, so dass ich abbremsen und ihn reinlassen konnte. Eher musste. Ich hätte so gern Flammenwerfer auf dem Autodach. Oder kleine Atomraketen. Zur Beruhigung erklärte mir M. wieso wir möglicherweise in Wirklichkeit in einem schwarzen Loch sind, also wir alle, Sie auch, nicht nur M und ich. Danach trug sie mir zwei Beiträge zu einem Poetry Slam vor.

    Bei den Großeltern (also: meinen Eltern) angekommen, war es dann wie immer schön und anstrengend zugleich. Schön, weil ich mich immer freue, sie zu sehen. Anstrengend, weil sie immer reden wollen, also: sich irgendwo hinsetzen und reden. Ich will ja eigentlich nie irgendwo sitzen speziell zum Reden, mit gar keinem. Also wenn es ein Anliegen gibt ja, ansonsten sitze ich lieber irgendwo und mache was für mich und wenn sich ein Gespräch ergibt gut, wenn nicht auch ganz genauso gut. Aber nicht hinsetzen und so, worüber könnten wir jetzt mal reden, ahja, Thema XY. Nicht, dass meine Eltern je um Themen verlegen wären, so ist es nicht. Eher im Gegenteil, sie haben meist schon eine Liste (kein Witz! auf Papier!) mit Themen, die man mal besprechen könnte. Meine Schwester ist übrigens ganz genauso. Das ist aber nur nachmittags so, morgens und abends nicht, morgens geht man Tätigkeiten nach und kann dabei reden oder auch nicht und abends kann man seine Ruhe haben und dabei reden oder auch nicht. Oder halt auch Tätigkeiten nachgehen, meine Mutter, z.B. schneidet jetzt gerade um 23:33 Uhr eine Hängepflanze zurecht, mit Trittleiter. Und da ergibt sich für mich auch gleich ein passendes Gespräch, das mit "sag mal, was machst du da um die Zeit??" beginnt. So einfach ist das doch.

    Wo war ich. Es gab Erdbeerkuchen, sehr lecker, später gab es Nudelsalat, auch sehr lecker, am Abend fiel ich in ein Quizduell-Wurmloch, mal sehen, wann und wo es mich wieder ausspuckt.

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