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    Sonntag, 26. Februar 2017
    Mysterien

    An der Wohnzimmerwand meiner Schwester ist etwas. Es befindet sich neben der Tür an einer weißen, verputzten Wand: ein sehr helles, nur bei hellem Tageslicht sichtbares Pink, das etwa eine Handbreit über dem Boden anfängt und sich nach oben hin verästelt ausbreitet, wie ein schmaler, hoher Strauch, ca. 1,70 m hoch.

    Meine Schwester hat keine Ahnung, woher es kommen könnte. Meinen Eltern und zwei Freunden hat sie es schon gezeigt, die konnten es aber nicht sehen, kamen aber auch immer erst am frühen Abend, das Licht war zu dämmrig, bei Kunstlicht ist nichts zu sehen.

    Aber als ich heute eintreffe, schien die Sonne hell über den Balkon hinein. Meine Schwester fragt mich, ob ich es an der Wand sehe. Ich schaue kurz, setze die Brille ab, setze die Brille wieder auf, kneife die Augen zusammen und sage: "was ist das?"

    "Du siehst es auch!", sagt meine Schwester, und "ich weiß es nicht, es tauchte vor ein paar Wochen auf. Ich habe da nichts angelehnt und nichts verschüttet und die meisten anderen sehen es nicht! Und abwischen lässt es sich auch nicht."

    "Hast du deinen Weihnachtsbaum da angelehnt?" - "Ich hatte keinen." "Hast du irgendwas großes geliefert bekommen, in Folie oder so?" - "Nein!" "Oder hast du hier eine Party gefeiert mit Rotwein?" - "Nein!!" "Oder stand da ein Reisigbesen??" - "Nein!!!"

    Ich betaste die Wand. Nicht feucht. Ich klopfe. Kein Kamin oder Hohlraum dahinter. Ich gehe ins Schlafzimmer und betaste und betrachte die Wand von der anderen Seite. Nichts. Ich mache ein Foto: nichts sichtbar. "Eindeutig eine Heiligenerscheinung, Typ brennender Dornbusch", diagnostiziere ich. Ich war nicht umsonst auf einer katholischen Grundschule.

    "Ich will das nicht haben, das ist mir auch ein bisschen unheimlich", beklagt sich meine Schwester. "Was soll daran unheimlich sein, wir können ja mal was vom Putz abhauen und schauen, ob das oberflächlich ist oder von innen kommt!", sage ich.

    Das möchte meine Schwester zwar nicht, sie hat aber nun einen Einfall und holt einen Schmutzradierer aus dem Putzschrank. Schwupps, ist die Heiligenerscheinung weg.

    Falls höhere Wesen eine Nachricht übermitteln wollen, müssen sie sich einen weniger profanen Haushalt suchen.

    Samstag, 25. Februar 2017
    Stinker

    In letzter Zeit begegne ich ständig Leuten, die schlecht riechen. Entweder aus dem Mund oder aber vom ganzen Körper her. Nicht nach Schweiß, Knoblauch oder ungewaschen, das gibt es natürlich auch, das meine ich aber nicht. Sondern die riechen an sich für mich einfach enorm schlecht. Und hinterlassen ihren schlechten Geruch auch in engen Räumen wie Aufzügen oder Umkleidekabinen. Meist ist es ein säuerlicher Geruch, manchmal aber auch irgendwie modrig. Sehr unangenehm. Im Büro hatte ich neulich eine Besprechung mit einem Schimmliges-Papier-Riecher. Und meine Partnerin heute beim Sport roch ziemlich exakt so wie der Kakao, den Mademoiselle mal drei Wochen lang auf der Heizung stehen ließ. Alles sehr unangenehm.

    Dass es das gibt, klar. Dass das so gehäuft momentan auftritt macht mir aber Sorge. Vielleicht liegt es daran, dass ich gerade weder erkältet noch nasensprayabhängig bin und meine Nasenschleimhäute mir jetzt mal so richtig die Welt vorführen wollen? Ich weiß es nicht. Aber wenn das so weiter geht, reibe ich mir demnächst eine Duftpaste unter die Nase, bevor ich rausgehe.

    Samstag, 25. Februar 2017

    Muss unbedingt neue Songs für Karaoke morgen raussuchen. Die alten sind schon so abgesungen.

    Donnerstag, 23. Februar 2017
    Was heute Scheiße war

    Immer öfter sehe ich im Internet Sammlungen mit dem Titel "Was heute schön war". Mir ist aber viel mehr danach, aufzuschreiben, was heute Scheiße war. Da waren heute gleich drei Sachen.

    Als erstes die Rolltreppe gleich morgens an der S-Bahn-Station, die war nämlich kaputt und wenn ich irgenwas garantiert morgens, vor dem Frühstück, nicht will, ist das mit Kaffeebecher Treppen zu steigen. Bewegung im Alltag und die Herzgesundheit und Fitness und Kalorienverbrennen ist mir alles total egal, ich habe keine Bock auf Treppen morgens, ich will Rolltreppe fahren, dazu ist sie da. Ich will auf dem Ding stehen und ins Nichts starren und mich langsam Stück für Stück aus der dunklen Station hinauftragen lassen in das graue Licht des Nieselregens. Das ist meine Vorstellung von Romantik. Und die wurde mir genommen, heute morgen um 7:59 Uhr.

    Zweitens das hier. Liest sich im Nachhinein lustig aber ich hatte Schimpfwort-Tourette bis die Nachbarn an die Wand klopften.

    Drittens habe ich den ultimativen Nachteil der Papierzeitung herausgefunden: die kann geklaut werden.

    Mittwoch, 22. Februar 2017
    Zeitungsstress

    Ich kann heute nicht, ich muss die Papierzeitung auslesen, morgen kommt schon eine neue. Was für ein Stress. Mal gut, dass es keine Tageszeitung ist.

    Dienstag, 21. Februar 2017
    Spurensuche

    Wenn ich aus dem Büro nach Hause komme, ist Mademoiselle normalerweise schon da. Außer, sie ist noch irgendwo unterwegs oder schon wieder irgendwo unterwegs, man weiß es nicht genau, das stelle ich aber schon beim Aufschließen fest. Zwar ist die Tür bei uns immer abgeschlossen, aber wenn niemand da ist, per Schloss und wenn jemand da ist, per schließbarem Riegel. Weil der Kater die Tür sonst öffnen kann, er hängt sich an die Klinke und strampelt wie wild, irgendwann erwischen die Beinchen tatsächlich den Türrahmen und dann steht die Tür offen.

    Ich komme also nach Hause, bemerke, der Riegel ist vorgelegt und rufe nach dem Aufschließen freudig "Hallo!!". Es kommt keine Antwort. Denn das Kind ist ja in der Pubertät.

    Was macht so ein Kind, wie geht es ihm, das möchten Eltern gerne wissen. Es ist aber zwischen 17 und 21 Uhr eher keine Auskunft zu erwarten. Danach wird das Kind gesprächig, dann soll es nämlich ins Bett. Um also so ungefähr Bescheid zu wissen, gehe ich auf Spurensuche.

    Spur 1: Die Jacke



    Die Jacke liegt auf einem herumgeschobenen Küchenstuhl. Das Kind lief also wohl zuallererst in die Küche und warf dort die Jacke von sich, und auch die Mütze, das ist erfreulich, die Mütze ist also nicht verloren gegangen. Neuerdings geht nämlich öfters mal etwas verloren. In Kindergarten und Grundschule war das nie, aber jetzt ja, jetzt verliert oder vergisst das Kind alles mögliche und geht auch morgens schonmal ohne Schuhe oder ohne Tasche los, aber nur bis ins Treppenhaus, dann fällt es ihr auf. Vielleicht, weil ich lachend in der Tür stehe.

    Spur 2: Die Kiwi



    Auf dem Küchentisch - dort, wo der Stuhl weggeschoben wurde - liegt die Schale einer Kiwi. Es scheint, das Kind zog die Jacke aus und stürzte sich dann sofort hungrig auf eine Kiwi. Aß die Schale aber nicht mit. Das hat sie vor ein paar Jahren noch gemacht. Jetzt also nicht mehr, aha. Und ein paar Bonbonpapiere liegen neben der Kiwi. Was zuerst verspeist wurde, kann ich dem Arrangement nicht entnehmen. Für einen Teller war jedenfalls keine Zeit.

    Spur 3: Toast



    Geht man vom Küchentisch aus weiter in die Küche hinein, zwischen Küchenblock und Küchenzeile, entdeckt man, dass Kiwi und Bonbons wohl noch nicht ausreichend sättigend waren. Die Toasttüte wurde auch noch geplündert.

    Spur 4: Belag



    Man erkennt: Belag auf das Toast gab es auch. Nach süß und fruchtig nun also herzhaft.

    Spur 5: Milch



    Nun wurde das Kind durstig. Es gab Milch, bzw. Milchschaum, denn Alicia Latte war in Benutzung.

    Spur 6: Schuhe



    Alicia Latte arbeitet gründlich, aber langsam. Ich sehe sehr deutlich vor meinem inneren Auge, wie das Kind, während es auf die Fertigstellung des Milchschaums wartete, die Schuhe von den Füßen strampelte und an Ort und Stelle liegenließ.

    Spur 7: Orangen



    Dann gab es offenbar noch - naja, Tequila sage ich erst in paar Jahren, sagen wir heute: Dessert. Ich ordne dies als die jüngste Spur ein und die am kürzesten zurückliegende Mahlzeit, denn es sind - im Gegensatz zu Toast und Kiwi - Reste vorhanden.


    Ich bin beruhigt. Das Kind ist gut zu Hause angekommen, konnte sich mühelos durch die Wohnung bewegen, planvoll handeln und hat ausreichend Nahrung und Flüssigkeit aufgenommen. Ich kann mich also aufs Sofa zurückziehen und von dort eine Prognose wagen: gleich wird das Kind schlecht gelaunt sein. Dann muss es nämlich aufräumen.

    Montag, 20. Februar 2017

    Ich kann mich nicht erinnern, wann ich je so wenig Lust hatte, irgendwas aufzuschreiben, aber allein diese Tatsache ist es ja schon wert, das festzuhalten.

    Sonntag, 19. Februar 2017
    Werbung

    Heute Morgen sah ich etwas sehr merkwürdiges. Ich war gerade erst aufgestanden, es war vor dem ersten Kaffee, Mademoiselle wollte eine Serie schauen aber das Internet hakte, also navigierte ich mit der Fernbedienung zwischen den Menüs herum um alles nochmal neu zu starten und dabei lief im Fernseher aus dem Hintergrund etwas, das ich für Werbung hielt. Eine Frau, brünett, hysterisch, faselte etwas davon, dass die (Schwieger)Mutter käme oder auch die Kumpels und dann fragte eine Stimme aus dem Off, ob der Zuschauerin auch Privatsphäre wichtig sei, und dann wurde ein Produkt beworben, mit dem man - ich habe eben Mademoiselle nochmal gefragt, sie bestätigt das - jeden Raum in Toilette und Bad verwandeln kann, ganz ohne Umbauten. Dann wurde ein kastenförmiges Gerät in Aktenkoffergröße eingeblendet und dann ging das Internet und Netflix und die Serie startete und mehr erfuhr ich über dieses Gerät nicht.

    Ich habe wenig aktuelles Wissen über Werbung. Normales Fernsehen läuft hier nie, im Internet ist alles geblockt, meine aktuellste Werbeerfahrung stammt, wie einiges an neuem Wissen derzeit, aus meiner Papierzeitung, die ja sowieso schon sehr großvolumig ist und mir dann auch noch auf einer ganzen Doppelseite ein Auto darbot. Ich fühlte mich regelrecht überfahren, sehr unangenehm, plötzlich so ein riesiges Auto vor sich zu haben, wo man doch eher einen kleingedruckten Artikel erwartet. Eindeutiger Punkt gegen die Papierzeitung, dieses Automonstrum.

    Aber zurück zur Fernsehwerbung. Gibt es sowas wirklich, einen transportablen Wohnraum-Badezimmer-Transformator oder lief da möglicherweise etwas satirisches und ich habe es nur nicht gemerkt? Falls Sie diese Werbung schon einmal gesehen haben, bitte ich um einen Hinweis. Nicht, dass ich das Produkt brauchen würde, Privatsphäre im Bad ist bei unseren Besuchern nicht das Problem. Aber ich wüsste doch zu gerne, wie das funktioniert.

    Samstag, 18. Februar 2017
    Papierzeitung

    Zu Hause läuft es auch nicht gut mit der Papierzeitung. Die Katzen, die sich sonst auf jedes noch so kleine Stück Papier setzen, verschmähen sie, wenn sie herumliegt. Und wenn ich sie verwende, also darin lese, und umblättere, zucken sie zusammen und rennen davon. Das Kind rennt nicht davon, ruft aber entnervt immer wieder "pschschschscht!!" oder schnauft genervt. Man ist solche Geräusche hier einfach nicht gewohnt.

    Samstag, 18. Februar 2017
    Bahnbeobachtungen

    Erstens. Man kann über die jungen hipsterigen Männer sagen, was man will, aber das Bahnfahren beherrschen sie aus dem Handgelenk. Zapp den Kaffeebecher auf das Tischchen gestellt, zapp die Tasche oben in die Ablage geschwungen, zapp den Mantel vor dem Hinsetzen ausgezogen (nicht wie ich, im Sitzen dann herauswinden) - die Mütze bleibt natürlich auf dem Kopf und zapp mit einer schlangenhaften Bewegung in die hinterste Ecke des Vierersitzes gewunden, Kopfhörer in die Ohren und so sitzen sie dann da unbeweglich bis sie aussteigen müssen. Kein Gekrame und Gehibbele, keine Leberwurstbrote oder Klogänge. Die Generation Profibahnfahrer.

    Zweitens, eigener Erfahrungshorizont: Wenn man eine Papierzeitung in der Bahn ausklappt wird man im Jahr 2017 ungefähr genauso verächtlich gemustert, wie wenn man am Handy die Tastentöne anhat.

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    Letzter Regen: 26. April 2024, 21:16 Uhr