Neulich fiel mir ein, dass ich für den Urlaub am Meer Kontaktlinsen benötige, denn mit Brille schwimmt es sich so schlecht. Schon lange habe ich zusätzlich zur Brille Tageslinsen für diverseste Gelegenheiten, in der Schachtel waren jetzt aber nur noch zwei oder drei Stück. Also begab ich mich ins nächstgelegene Internet und bestellte die Linsen, die beim gängigen Händler an dritter Stelle angezeigt wurden. Ich bekam eine Bestätigungsmail und löschte sie, das mache ich immer so, denn im Müll hält die Mail noch zwei Wochen, bis dahin sind Lieferungen normalerweise da und man muss nichts mehr unternehmen, selbst das Maillöschen hat man schon gemacht und fühlt sich entspannt und effizient zugleich. Kommt eine Lieferung nicht, merkt man das nach etwa einer Woche und reanimiert die gelöschte Mail. Ein ideales Verfahren. Ich finde, jeder sollte das so machen wie ich.
Am Montag dachte ich dann, hm, was ist eigentlich mit den Kontaktlinsen? Sollten die nicht längst da sein? Ich überlegte, wann ich sie bestellt hatte, konnte mich aber partout nicht mehr erinnern. Ich schaute in den Postfachmüll, fand aber keine Bestellbestätigung. Hatte ich eine andere Mailadresse verwendet? Ich schaute in diverse andere Postfachmüllemer, ich verwendete sogar Suchfunktionen: nichts. Sollte ich etwa irgendwas ausgedruckt haben?? Aber nein, auch der Stapel-für-alles ergab keine Bestellbestätigung.
Ich seufzte ein bisschen ob der Aussicht, ein Optikergeschäft betreten zu müssen, durchsuchte die Nachttischschublade noch einmal und fand tatsächlich noch 8 Paar Kontaktlinsen. Ausreichend für den Urlaub. So fand ich mich mit dem Gedanken ab, in einer Art übermotivierten Effizienz sogar den Bestellvorgang nur in Gedanken stattfinden gelassen zu haben.
Heute kam dann eine Versandbestätigung vom Linsenhändler. Tja, diese Linsen dürfen jetzt aber nicht mehr mit in den Urlaub. Über zwei Wochen, ich bitte Sie - so lange hätte ich ja nichtmals bei Fielmann in der Schlange gestanden.
Heute im Palmengarten gab es eine Situation, die nur auf einer kompletten Fehleinschätzung durch Frau Herzbruch beruhen konnte.
Es war so: Frau Herzbruch war bereits mit den Kindern auf dem Wasserspielplatz, als ich frisch aus dem klimatisierten Rapunzelturm hinzustieß. Die Kinder plantschen fröhlich im Wasser, Frau Herzbruch saß mit sprechendem Gesichtsausdruck auf einem Mäuerchen. Sie hasste. Und zur Begrüßung sagte sie etwas wie "Als Du Wasserspielplatz sagtest, hatte ich vergessen, dass hinter Wasser noch der zweite Teil des Kompositums kommt und jetzt ist es ja so, dass ich nie auf Spielplätze gehe, weil ich mich dann immer so ärgern muss!" Natürlich erkundigte ich mich sofort mitfühlend, was vorgefallen sei, und Frau Herzbruch verwies auf eine Sitzbank, auf der eine Tasche stand. Zu jeder Seite der Bank war ein Buggy geparkt, Menschen saßen weder auf der Bank noch im Buggy. Ich erfuhr, dass zwei Japanerinnen diese Bank mittels der Tasche für sich reserviert, aber seit mehreren Stunden dort nicht gesessen hätten. Frau Herzbruch wollte lieber auf der Bank sitzen als auf dem Mäuerchen, wollte sich aber nicht streiten.
Während ich noch überlegte, ob ich das sehr bequeme, schattige Mäuerchen überhaupt aus empathischen Gründen gegen eine nur halbschattige Sitzbank eintauschen wollen würde, fuhr eine Bimmelbahn vor, Ona Herzbruch wollte Bahn fahren, es war alles sehr spontan und wir hatten massig Gepäck, im selben Moment kam Herr N. an, ich rannte zur Bahn und besprach mit dem Fahrer, wann die Bahn das nächste Mal kommt und da wurde ich signifikant vom Bahnfahrer angeschwindelt, er sagte nämlich etwas wie "um Viertel vor Sechs fahr ich nochmal, aber nur noch hin, nicht mehr zurück!", so dass wir uns alle sehr beeilten, die Kinder einzusammeln und in die Bahn zu hechten, Herrn N. mit Gepäck zurückließen, zahlten, zweimal den Waggon und dreimal das Abteil wechselten. Danach war die Bimmelbahnfahrt komplett uninteressant und später fuhr die Bahn noch etwa hundert Mal hin und her, auch noch nach Viertel vor Sechs, aber das nur nebenbei.
Von der Bahn zurück war das Mäuerchen besetzt. Die Bank war aber immer noch - bis auf die Tasche - frei, so dass ich mich natürlich auf die Bank setzte. Dann musste ich einen kurzen Moment angestrengt arbeiten, ich habe bald Urlaub und ein paar Sachen sind noch mit Zeitverschiebung zu klären, ich war also kurz, aber intensiv, geistig abwesend. Als ich wieder zu mir kam, sah ich mich um, vermisste Frau Herzbruch und fragte mich, wo sie wohl sei. Da fielen mir die Japanerinnen wieder ein. Wo waren die eigentlich? Hatten Sie Frau Herzbruch verschleppt? Frau Herzbruch hatte im Zuge ihrer Bahnktirade erwähnt, körperlich wären die Taschenbesistzerinnen uns keinesfalls gewachsen, dass sie es verbal mit uns aufnehmen könnten, hielt ich für außerordentlich zweifelhaft, aber ich hatte die Japanerinnen ja noch gar nicht gesehen, vielleicht waren es auch gar keine, sondern walkürenhafte Däninnen? Oder noch schlimmer, liegenreservierungserprobte Mallorcadeutsche? Ob es doch zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen würde oder möglicherweise schon gekommen war? War asiatische Kampkunst im Spiel? Aber das konnte ja alles gar nicht sein. Es ist nichts Streitwürdiges dabei, sich auf einem Spielplatz auf eine Bank zu setzen, auf der eine Tasche steht. Zusätzlich ist es auch überhaupt nicht akzeptiert, auf auf Spielplätzen Bänke zu reservieren, in deren Nähe man danach Stunden am Stück überhaupt nicht kommt. Es konnte sich also nur um ein Missverständnis handeln.
Als ich mich derart beruhigt hatte, kam Frau Herzbruch auch schon zurück, setzte sich neben mich auf die Bank und zeigte mir die zwölf anwesenden wasserspielenden Kleinkinder namens "Paula". Später tauchten tatsächlich auch zwei Japanerinnen auf, denen die Buggys und die Tasche gehörten. Sie begannen aber keinen Streit - warum hätten sie das auch tun sollen. Es war ja alles ganz normal. Frau Herzbruch, die neben der Tasche saß, behauptete im Nachhinein allerdings, die Damen wären auffällig unhöflich gewesen, die eine habe andauernd stark geseufzt und sie unter anderem auch angerempelt, ohne sich zu entschuldigen. Vielleicht hatte sie Zahnschmerzen oder war einfach etwas grobmotorisch? Ich kann mir jedenfalls nach wie vor nicht vorstellen, dass das in irgendeiner Weise mit dem Reservierungsversuch einer Bank in Zusammenhang gestanden haben könnte. Wie absurd wäre das denn?
Nun ist der Punkt gekommen, an dem ich sagen muss: so, war schön, aber: ich hatte jetzt für mich persönlich genug Sommer.
Naja. Allzu lang kann es ja nicht mehr dauern.
Eins meiner großen Talente ist es - das ist mir heute wieder bewusst geworden - mich geistig aus Situationen komplett zurückzuziehen. Zahnarztbesuche sind ein gutes Beispiel dafür, uninteressante Gespräche zwischen Personen, derer mich mich nicht umgehend entziehen kann oder auch Autofahrten auf der Rückbank neben mehr als einer weiteren Person, in besonders schlimmen Fällen inklulsive Kindersitzen. Dies war heute der Fall, und zwar saß neben mir (und bald an der Hüfte mit mir zusammengewachsen) Frau Herzbruch und neben ihr Ona Herzbruch im Kindersitz, letzterer hatte noch einen Tobsuchtsanfall, zusätzlich war es heiß und sonnig und die Klimaanlage und Lüftung dröhnten, nur übertönt von inhaltlich wie musikalisch höchst fragwürdigen Frederik-Vahle-Kinderliedern.
So schloss ich die Augen, lächelte milde und begab mich an einen besseren Ort. Von außen mag es den Anschein gehabt haben, ich wäre eingeschlafen. Das ist natürlich blanker Unsinn.
Jedenfalls wurde mir vom später eintreffenden Besuch attesttiert, dass ich die einzige Person in diesem Haushalt bin, die heute Abend halbwegs frisch aussieht.
Das Kind ist wieder da, ich habe nach einem kompetent durchs Haus schweifenden Blick Frau Herzbruchs seit zwei Wochen verschollenen Hosen lokalisiert, es gibt Gegrilltes und gute Getränke. Besser geht es ja gar nicht.
(Nur die Mücken...)
Sehr lecker gegessen - erst die Hälfte einer Vorspeisenplatte mit verschiedenen Dips, schwarzen Linsen, Melone-Parmaschinken und so, danach Nudeln mit Pancetta, Schafskäse, Oliven und Kirschtomaten und dann am Ende bei der Nachspeise gedacht: man hätte das vorher einfach alles weglassen und statt dessen am Ende nicht einen halben warmen Brownie mit Walnusseis, sondern vier davon essen sollen.
Warum man auf die besten Ideen immer erst kommt, wen es zu spät ist...
Ich habe heute vier Luftpumpen geschrottet, bzw. eigentlich nicht ich, aber dazu gleich mehr.
Das Kind ist ja verreist, da hat man Zeit für alles, sogar, das Fahrrad morgens vor der Arbeit aufzupumpen. Das tat ich im Hof. Es kam einer der Mitarbeiter aus dem Hinterhaus vorbei - der, der neulich auch maßgeblich an der Demontage des im Asphalt verankerten Fahrradständers, um das meiner Verantwortung unterstehende Rad mit defektem Schloss zu beseitigen, beteiligt war - und ließ es sich nicht nehmen, mir behilflich zu sein. Nach drei Handgriffen war allerdings die Luftpumpe kaputt.
Dem Mitarbeiter war das sehr unangenehm. Wir rätselten einige Zeit, was passiert sein könnte, man konnte den Kolben noch rein und raus machen, aber es machte nicht mehr "pfffft". Kennen Sie das? Und dann ist so eine Luftpumpe ja auch nicht aufgebaut, wie ein Kugelschreiber, man kann sie nicht einfach mal aufschrauben und im Inneren nach Feder und Ähnlichem schauen. Schlimm war das aber alles nicht, das Rad war ja nicht platt, es war nur eine gute Gelegenheit zum Aufpumpen gewesen. Doch das Kind ist noch ein paar Tage länger verreist, Zeit genug, eine neue Pumpe zu kaufen und einen neuen Anlauf zu nehmen.
Nach der Arbeit fuhr ich also beim Fahrradladen vorbei, der Inhaber war aber ungnädig und wollte mir nicht die Pumpe verkaufen, die ich haben wollte, also fuhr ich wieder weg. Ich ging dann Haargummis kaufen - auch so eine gute Gelegenheit, ich besitze ungefähr 20 identische schwarze Haargummis, die ich aber alle immer verlege, so dass ich jeden Morgen etwa 5 Minuten verzweifelt eines suche (ich muss immer ein Haargummi bei mir tragen, sonst fühle ich mich nicht wohl). Möglicherweise verbessert sich die Situation, indem man weitere 40 Haargummis in den Haushalt einbringt? Wir werden es bald wissen. In der Drogerie gab es jedoch auch einen Bereich "Fahrradzubehör" und natürlich Luftpumpen. Billige Luftpumpen, zugegeben. Ich kaufte eine.
Gleich vor dem Laden wollte ich mein Rad aufpumpen, durfte aber nicht, ein Herr wollte das für mich tun. Ich habe das glaube ich schon einmal geschildert: es ist in dieser Stadt nicht möglich, ein Rad selbst aufzupumpen. Nach mehreren Situationen, vielen Worten und auch ein bisschen Gerangel habe ich das verstanden und lasse seither die Freiwilligen vor, die meine Reifen mit Luft befüllen, mein Gepäck mit kreativen Mitteln sichern und so weiter. So sei es.
Der Freiwillige machte jedoch schon nach den ersten paar Pumphieben die neue Pumpe kaputt. Selbes Problem wie bei der (teuren, aus dem Fahrradladen) von heute morgen. Ich beruhigte und trug die Pumpe in den Laden zurück, bekam sogleich eine neue. Trug sie hinaus, wollte zu pumpen beginnen, jemand schritt ein und pumpte für mich und die Pumpe ging gleich darauf wieder kaputt.
Wieder in den Laden, nächste Pumpe. Die Filialleitern ließ es sich nicht nehmen, es dieses Mal selbst zu probieren. Zapp, Pumpe kaputt. Wir waren noch nichtmals beim Vorderrad angekommen! Die Filialleiterin wollte mir die nächste Pumpe reichen, ich zierte mich mit den Worten, mein Vertrauen in die Pumpen der Drogeriekette sei zerstört. Ruppig gab mir die Filialleiterin das Geld zurück und rückte mir eine weitere Pumpe in die Hand, wobei sie "Ich schenk Ihnen die!" grollte.
Ich fuhr nach Hause. Die Pumpe habe ich noch nicht ausprobiert. Vielleicht ist heute einfach kein guter Tag, um Fahrräder aufzupumpen.
Wie anstrengend das ist, wenn das Kind verreist ist - der Tag hat keine Struktur und Essen wird auch nicht gekocht. Man hangelt sich von Café zu Restaurant zu Kneipe und geht zwischendrin shoppen, im Büro ist man mal früh, mal spät, mal den ganzen Tag, es ist ja alles vollkommen egal. Das sind keine geordneten Verhältnisse. Und dabei bin ich großer Fan von geordneten Verhältnissen! Ich bin völlig erledigt.
Heute im Einkaufszentrum:
Frau H: Komm, wir gehen noch in den Klamottenladen.
Frau N, etwas nörgelig: Ich kann in diesem Laden nichts kaufen. Das ist alles ganz knapp an meinen Farben vorbei und für Leute mit kürzeren Armen und Beinen.
Frau H: Ich kaufe und du sitzt im Sessel und ruhst dich aus.
3 Stunden später: Frau N. verlässt den Klamottenladen mit einer doppelt so großen Tüte wie Frau H. Die Verkäuferin ist mit den Nerven am Ende.
***
Später:
Es wird Essen bestellt, das Essen ist großartig. Kurz darauf eine Mail: "Bewerten Sie Ihre Bestellung bei White Elefant!"
Frau N. und Frau H., enthusiasmiert: Komm, das bewerten wir, das war sooo lecker!!
Klicken auf "bewerten".
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Klicken das Fenster weg.
Lieber White Elefant, dein Essen war super, die Lieferung schnell, die Speisen heiß und der Preis angemessen, aber zum Bewerten registriere ich mich nicht. Außerdem verstehe ich nicht, warum du dich mit F schreibst.
Deine Frau N.
Das Maredo-Restaurant, bei dem ich mir in der Mittagspause ab und an Salat zum Mitnehmen kaufe, zeichnet sich besonders dadurch aus, dass die Mitarbeiterinnen ihren Job weder gern noch gut machen: sie lassen mich meist etwa eine Viertelstunde an der Kasse stehen, bis ich "einen Salat zum Mitnehmen" murmeln und 5 Euro bezahlen darf. Diese Zeit füllen sie mit genervten bis verächtliche Blicken, manchmal wird man auch angeherrscht man möge aus dem Weg gehen.
Heute lief es auch ganz erwartungsgemäß ab, bis aber nach 5 Minuten eine junge Frau ganz ohne Maredo-Uniform herbeilief. Sie trug Jeans und T-Shirt und wickelte den Bestellvorgang schnell, fröhlich und zuvorkommend ab.
Meine Kollegin glaubt fest, dass diese Person zur Verstärkung aus dem Backoffice kam, vielleicht sogar die Filialleitung ist. Ich weiß aber, wie es sich wirklich zugetragen hat: die Dame im T-Shirt war nämlich ein Gast, der das Elend mitangesehen hat und sich dann nicht mehr zurückhalten konnte, eingriff und es einfach besser machte. Und da bin ich mir absolut sicher, weil ich nämlich selbst schon oft kurz davor war.