Die Straße ist immer noch gesperrt, man merkt es aber am Geräuschpegel nicht mehr, denn nun fahren alle einfach verkehrt herum in die Einbahnstraße rein. Nicht, dass es mich stören würde. Nachdem die gesamte Familie inklusive Besuch die vier Wecker, die die Kinder sich zum Zwecke einer Mitternachtsparty gestellt hatten überhört hat, machen so ein paar Autos nichts aus. Und tatsächlich kann ich mich bei Lärm besonders gut konzentrieren und verbrachte den Vormittag lesen und schreibend in der Küche, während die Kinder von mir völlig unbemerkt einen Raum nach dem anderen verwüsteten. Manchmal kommt hier ein Freund zu Besuch und einer der ersten Sätze ist meist, welche Windrichtung derzeit herrscht und dementsprechend aus welcher Richtung die Flugzeuge kommen, mit welcher Lärmentwicklung. Und wir wissen immer von nichts.
Selig sind die, die eine selektive Wahrnehmung haben.
Heute vor zig Jahren:
Nach einiger Zeit weckt Pe Steven und mich, weil es zu kalt ist, ujnd wir gehen zum MacD zurück, aber das hat schon zu. Als ich das sehe, kacke ich vollkommen ab und lege mich einfach auf die STraße. Irgendwie kommen wir dann zum Hauptbahnhof und setzen uns in den Warteraum. Steven, Mig und ich schlafen, mir ist es zu hell aber dann gibt mir Steven einen Handschuh von sich den ich mir übers Gesicht lege, dann geht es. Pe wird von einem Typen zugelabert der ihr nicht glaubt, dass sie nicht aus einem Land (Portugal oder Spanien oder so) kommt, weil sie so südländisch aussieht. Morgens um 6 kommt die Polizei und macht einen Kontrollgang, wir sagen, dass wir Frühaufsteher sind und auf einen Zug warten und der eine Polizist meint, er käme gleich nochmal zu uns, wir sollen sitzen bleiben und warten und als er sich umdreht rennen wir weg und verstecken uns in Passfotoautomaten. Um 7 Uhr gehen Pe und noch irgendwer Brötchen holen. Morgens um 9 Uhr fahren wir dann nach Hause, mir geht es total schlecht. Ich schlafe sofort und kann kein Wasser trinken. Das Mittagessen hilft ein bisschen. Später bade ich, Ah ruft an, aber ich kann mich heute mit keinem mehr treffen. Um 16 Uhr rufe ich Pe an, habe dann Kopfschmerzen und gehe um 18:30 Uhr schlafen.
In der Nachbarschaft wird ein kleiner Hund vermisst, Chihuahua, schwarz-weiß gefleckt, dies wurde Anfang letzter Woche auf Zetteln inklusive niedlichem Foto an Laternen und Ampeln um die Schule herum bekannt gegeben.
Es ist nur logisch, dass bei der ersten Gelegenheit, sprich: heute, Mademoiselle mit einer Freundin im strömenden Regenaufbrach, um diesen Hund zu finden. Für die Rettungsexpedition wurden zunächst Rucksäcke gepackt, nämlich mit Fernrohr, Katzenleckerli, Springseil, Mineralwasser, Haribo-Colafläschchen, Heftpflaster und Handy. Ich entschied mich, das Vorhaben zu begleiten. Zwar können zwei Achtjährige durchaus zwischen Wohnung und Schule unbeaufsichtigt flanieren, aber wer weiß, welchen gefleckten Hunden sie bis in die Tiefen des Flughafenbannwaldes hinterherlaufen würden.
Um gleich die unterträgliche Spannung zu nehmen: den Hund fanden wir nicht. Dafür gingen die Kinder aber auf dem kleinen Stück Weg zwischen Park und Haus verloren. Weil ich dachte, wir machen noch Hundeexpedition, während ich doch in Wirklichkeit schon ein gefährlicher Nazgul war, so dass sie Abstand hielten und dann nicht mitbekamen, wie ich ein eine Seitenstraße einbog und auch vor lauter Quasseln nicht auf den Weg achteten. Immerhin war aber ja die Ausrüstung vorbildlich, so dass zunächst eiin kleines Picknick in einem Torweg abgehalten und dann das Handy bemüht wurde. Das Telefonat verlief recht philosophisch:
Mademoiselle: "Mama?!"
Frau N: "Ja?"
Mademoiselle: "Wo ist du?!"
Frau N: "Vor unserer Haustür."
Mademoiselle: "Na das ist ja typisch!"
Frau N: "Ja, nicht? Wir wollten ja nach Hause gehen. Und wo seid ihr?"
Mademoiselle: "Also, das ist jetzt so eine Sache."
Frau N: (schweigt mittelmäßig geduldig)
Mademoiselle: "Also ich würde mal sagen, wir sind auf dem Weg nach Hause, und ich weiß auch, an welcher Stelle wir sind. Nur wie wir von hier weitergehen müssen, habe ich vergessen."
Frau N: "Was war denn der letzte Punkt, den du gut kanntest?"
Mademoiselle: "Die Steine, wo wir gehüpft sind."
Frau N: "Findest du dahin zurück?"
Mademoiselle: "Mama, ich bin nicht doof!"
Frau N: "Dann geht dahin zurück, und da denkt ihr dann mal scharf nach und konzentriert euch auf den Weg und kommt nach Hause."
So hat es dann auch geklappt.
tl;dr: Bei Scheißwetter stundenlang mit Fernrohr einen unbekannten Hund gesucht und dabei die Kinder verloren - was für eine bekloppte Aktion.
Heute vor zig Jahren:
Um 17 Uhr gehe ich zu Pe. Unterwegs treffe ich Ah und einen Typen nahmens Jaro, den ich mal vorher irgendwo kennen gelernt hatte und die ich bis zur Pommesbude begleite. Auf dem weiteren Weg zu Pe treffe ich Turek und Marco. Sie kommen dann alle mit zu Pe. Wir warten vor dem Haus und es kommen noch ein paar Bekannte von Marco dazu. Als Pe endlich fertig ist, ist sie etwas erstaunt, dass mehr als 10 Leute vor ihrer Tür stehen und wir gehen zur Bahn.
Als die Bahn endlich kommt, wollen die anderen nochmal zur Pommesbude, Pe und ich fahren aber schonmal zur Disco, wo wir den Frosch treffen, der aber bald wieder wegfährt.
Um 20 Uhr kommen die anderen und wir gehen nochmal zur Haltestelle, um auf Jana zu warten. Sie kommt kurze Zeit später mit Steven und Mig. Wir holen einen Kasten, Gummitiere, gehen aufs Klo, der übliche Ablauf. Der Schrank kommt noch und der Öttes, der sich komisch verkleidet hat. Dann entscheiden einige, zum Öttes nach Hause zu gehen, wir wollen da aber nicht hin und fahren in die Stadt und der Schrank, Steven und Mig kommen mit uns.
An der Tanke in der Stadt holen wir noch einen Kasten, als wir wieder draußen sind sehen wir, dass Mig noch eine Flasche Appelkorn mitgehen lassen hat und nehmen sie ihm weg und bringen sie zurück, weil es nicht erlaubt ist, unseren Lieblingstankwart abzuzocken. Mig ist total sauer auf uns, Pe, Jana und ich gehen dann zu MacD aufs Klo und treffen dort Rob und Oh, die wir zur Tanke zu den anderen schicken. Auf dem Klo gerät Jana plötzlich total in Panik. Der Schrank hat ihr in der Bahn ein g zur Aufbewahrung gegeben, weil Polizei in der Bahn war und er meinte, sie könnten sie nicht durchsuchen weil sie keine Frau dabei hatten. Nun kann sie es nicht mehr finden. Schließlich zieht sie sich komplett aus und wir durchsuchen jedes einzelne ihrer Kleidungsstücke und finden es in ihrer Strumpfhose.
Der Schrank hat unterwegs noch ein Mädel aufgesammelt, das er "Torte" nennt. Wir gehen dann wieder zur Tanke, wo Rob und Ah sind und mittlerweile auch der ekelhafte Stefan-dass-das-klar-ist mit seinen Freunden. Gegen Mitternacht gehen Rob und Ah, Jana ruft Zett an und will dringend zu ihm, sie ist, wie wir alle, total breit. Wir setzen sie in ein Taxi, das Zett bezahlt, und gehen dann wieder zur Tankstelle. Steven ist schon weg, dann fällt uns irgendann ein, dass wir zu spät sind, um nach Hause zu gehen. Wir rufen an, dass wir bei Mig schlafen, dann gehen wir in eine Kneipe und trinken ein Bier und gehen aufs Klo und verlieren Steven fast, und fotografieren den Schrank und seine Torte und tauschen mit ihr Adressen aus. Als wir vom Klo kommen werden wir fast rausgworfen, weil wir so taumeln.
Dann macht die Kneipe zu und wir gehen noch woandershin und verlieren auf dem Weg dahin Mig, gehen aber davon aus, dass er uns irgendwie wiederfinden wird, denn Pe hat seine Jacke mit Haustürschlüsseln und so drin an. Wir gehen noch in eine anderen Kneipe und Pe verliert einen Ohrring, ich finde ihn aber er fällt mir immer wieder runter und dann bücken sich alle danach und wir knallen alle mit den Köpfen zusammen, so findet uns Mig dann wieder und Pe und ich gehen ein bisschen an die frische Luft.
Als wir gerade wieder reinwollen, macht die Kneipe zu, also gehen wir woanders hin und lernen da vier Erwachsene kennen, einen aus Wien, einen mit Bart und zwei andere. Die labern uns zu von wegen versauter Zukunft und so und füllen uns ab. Sie geben Pe und mir Sekt und Tequila und daraufhin kotzt Pe und ich bringe sie schnellstens raus. Pe hat aber irgendeine Störung und begreift nicht, dass sie schon längst draußen ist, sie rennt immer hin und her und sagt "Bring mich hier raus, ich muss kotzen!". Als das ausgestanden ist gehen wir wieder rein, also wir wollen reingehen, aber finden die Tür nicht mehr. Pe findet sie schließlich. Irgendwann stehe ich mit Steven wieder draußen und wir wissen beide nicht mehr, warum wir rausgegangen sind, wir wollten irgendwas besprechen aber es fällt uns einfach nicht mehr ein, was. Also gehen wir auch wieder rein, wo der Schrank gerade mit einem der Erwachsenen Ärger hat, weil der die Torte angefasst hat und alles eskaliert und Steven holt so ne Mini-Gasknarre raus und wir rennen und sind plötzlich im Park. Da verlieren wir den Schrank und die Torte, weil es so dunkel ist. Schließlich schlafen Steven und ich auf einer Treppe ein und Pe hält Wache.
Es war heute ganz, ganz ruhig hier, denn wir wohnen in einer Einbahnstraße und die zuführende Kreuzung war ab morgens komplett gesperrt.
Warum das so war, ist mir noch unklar. Die Nachbarschaft spricht von irgendwas mit Gas, von irgendwas mit Kanal, von irgendwas mit Kabel. Leider habe ich mich nicht getraut, die diversen Overallträger, die auf der Kreuzung beschäftigt waren, zu fragen. Ich habe nämlich immer einen unglaublichen Respekt vor Personen, die auf Baustellen arbeiten, die dort also dieses schier unglaubliche Chaos überblicken und wissen, an welcher Stelle man nun ein Loch graben oder irgendetwas hinstellen muss, und wer was zuerst, damit daraus z.B. ein Haus entsteht oder eine Brücke. Ich kann nicht gut dreindimensional denken, zusätzlich würde es mich komplett wahnsinnig machen, dass überall Utensilien herumliegen und Stapel von irgendwas von dem ich nicht weiß, wan es an die Reihe kommt (oder manchmal auch, was es überhaupt ist), und man hat keinen Tisch, um die kleinen Sachen wie Hammer, Schraube, Taschenlampe abzulegen, alles trägt man bei sich oder es liegt eben verteilt auf dem Boden. Ich würde wahnsinnig.
Ich kam dreimal dort vorbei. Beim ersten Mal stand mitten auf der Kreuzung ein Auto, das einem Müllwagen ähnelte, und ließ aus einem dicken Schlauch weißen Schaum in einen Gulli laufen. An einer komplett anderen Stelle der Kreuzung buddelte ein roter Bagger ein tiefes Loch. An einer dritten Stelle taten Männer etwas mit einem Spaten und ein zweiter Bagger, gelb, war auch noch anwesend, stand aber nur herum.
Beim zweiten Mal war das Schaumfahrzeug weg. Dafür waren zwei Polizeiwagen gekommen, ein weißer Lieferwagen und ein blauer VW-Bus. Das tiefe Loch war tiefer und größer geworden, ein weiteres kleines Loch war vorhanden und an einer vierten Stelle - von beiden Löchern und dem Gulli mit dem Schaum entfernt - war ein weiterer Gullideckel angehoben und es fanden Gespräche mit einer vermutlich darin stehenden Person statt, von denen ich aber leider nichts verstand, weil der Bagger zu laut war.
Beim dritten Mal war der rote Bagger noch da und eine wirklich skurril kleine, konservendosenartig glänzende Teerkochmaschine auf Rädern leistete ihm Gesellschaft. Mir fehlt hier leider die Fachterminologie, aber man kennt doch diese großen Teerdinger, immer schmutzig und stinkend. Diese hier sah genauso aus aber in Miniatur, und ganz sauber, sie trug das Logo der Stadtwerke und es schien mir ein bisschen so, als hätte man sie in ERmangelung "richtiger" Teerkocher zu diesem Notfall an einem Samstagnachmittag irgendwo hervorgezerrt, wo sie zu Museumszwecken oder wegen der Niedlichkeit immer hübsch poliert ausgestellt war. Sie sah ganz genau aus, wie aus einem Bilderbuch, wie eine Verwandte von Henriette Bimmelbahn oder der Lokomotive Emma. Ich habe sie Tilda genannt. Offenbar war es Tilda gelungen, das kleine Loch und auch das große Loch wieder völlig zu verschließen, ohne sich auch nur im geringsten schmutzig zu machen. Das hat mich am meisten erstaunt. Dafür war nun die ganze Straße nass, mit Rinnsalen und Pfützen und allem. Welche Maschine das zuwege gebracht hatte, konnte ich nicht klären.
Ich muss am Montag mal eine Lokalzeitung kaufen.
Heute vor zig Jahren:
Nach der Schule ruft Ah an, erzählt aber nichts besonders interessantes. Ich mache Hausaufgaben und abends gehen wir ins Steakhaus Essen. Es schmeckt total gut und ist schön. Um 21 gehen wir nach Hause und gucken Fernsehen.
Morgens vor den ausgehungerten Katzen aus der Wohnung geflohen. Nach Schulablieferung des Kindes und Kaffee im Café zurückgekehrt, die Kätzin schnell in die Transporttasche zu stopfen (Lerneffekt: dauerte nur 2 Sekunden!) und unter Protest zum Tierarzt zu bringen zwecks Kastration. Zurück, um mir zwei Stunden lang vom Kater die Ohren vollmaunzen zu lassen (vermutete Bedeutung: "was hast du mit der Katze gemacht"??!). Kind abholen und mir drei Stunden lang vom Kind Geheule, Gemecker und Ausraster (nervositätsbedingt) anhören. Die Katze zurückholen und drei Stunden lang Kotze aufwischen und den Kater fernhalten.
Jetzt ist das Kind im Bett, die Katze unterm Bett und der Kater auf der Couch. Hurra, Ruhe!
Heute vor zig Jahren:
Russisch fällt aus und dem Stufenleiter fällt ein, dass ich Geschichte nicht hätte abwählen können und deshalb jetzt ab heute in den Geschichtskurs gehen muss. Da wird sofort eine Klausur geschrieben und ich raffe rein gar nichts.
Nach der Schule spiele ich Klavier, um 15 Uhr ruft Steven an und wir verabreden uns für heute Abend. Um 16 Uhr gehe ich zu Pe und um 17 Uhr sind wir vor MacD, wo wir Steven, der mal wieder zu spät kommt, die Fotos zeigen. Steven fährt dann wieder und wir gehen in den Irish Pub und schreiben Briefe an alle möglichen Leute. Um 21 Uhr fahren wir nach Hause. auf dem Bahnsteig treffen wir noch so einen Typen, der für eine Unterschriftenliste Unterschriften sammelt.
Und plötzlich mittendrin einfach so vier Tage frei, die ich komplett vergessen hatte. Gut, es ist nicht einfach so Urlaub sondern die Katze wird kastriert, dann ist Wochenende und dann fällt Montag die Schule aus, aber was soll's, frei ist frei und bedeutet, dass ich keine Büroklamotten waschen und keine Schuhe putzen und keine Tasche packen muss.
Sehr entspannt.
Heute vor zig Jahren:
Deutsch-Klausur zurückbekommen – 1. Abends Klavier. Um 20:15 ruft der Boxer an.
Im Büro gibt es ein neues, großes Projekt. Fest steht bereits das Budget, die Deadline und die Verantwortlichen, dummerweise nur hat man versäumt, das Ziel zu formulieren. Das heißt, es gibt verschiedene Varianten des Ziels, die aber eigentlich alle sehr unterschiedlich sind.
Da auch bereits Liefer-/Monatagezeiten und Ähnliches bekannt sind, ist abzusehen, dass die Deadline nur noch eingehalten werden kann, wenn sozusagen gestern richtig angefangen wird. Wir, also die Projektverantwortlichen, sind nun damit beschäftigt, gemeinsame Nenner aller bisher angedachten Zielzustände herauszufinden, um auf diese Weise zu einem ungefähren Plangerippe zu kommen.
Parallel dazu ist in meiner Fortbildung gerade die Einheit "Projektmanagement" dran. Es ist lustig, wie Theorie und Praxis auseinanderklaffen können. So als ob die eine von der Existenz der anderen überhaupt nicht wüsste.
* * *
In der Schule gibt es eine Frau, die einen Schulkiosk macht. Das hat sie sich selbst ausgedacht und ein Konzept entwickelt und die Schulleitung hat es genehmigt. Mit dem Kiosk sind - aus diversen Gründen - alle (außer den üblichen paar Mimimi-Eltern) sehr glücklich, es gibt dort belegte Brote, Obst und Selbstgebackenes, manchmal Müsli, manchmal Joghurt, manchmal Suppe oder Hotdogs. Wenn einem also mal übers Wochenende das Obst geschimmelt und das Brot ausgegangen ist oder umgekehrt, man also mal keine Lust hat, ein Schulbrot zu machen, oder ein Kind hat, das sowieso noch nie ein Schulbrot gegessen sondern es seit fast zwei Jahren täglich unberührt wieder nach Hause getragen hat, egal wie viel Mühe sich die liebende Mutter gemacht hat, die sogar fast schon Sternchen und Herzchen ins Gemüse geschnitzt hätte bis sie sich auf ihre Kernkompetenz, nämlich Pragmatismus, besann - aus unerklärlichen Gründen bin ich jetzt gerade abgeschweift und habe nun den Faden verloren.
Die Frau macht jedenfalls den Kiosk, gleichzeitig bezieht die Frau Hartz IV oder ALG II, das weiß ich nicht genau, was bedeutet, dass ihr Verdienst auf dieses Geld angerechnet wird und sie hinterher nicht mehr hat als vorher. Bis auf eine Pauschale, die irgenwie berechnungsfrei bleibt und sich, glaube ich, zwischen 100 und 200 Euro irgendwo befindet. Nun gibt es eine Gruppe von Eltern, die möchten, dass die Frau hinterher mehr Geld hat als vorher. Wie das mit legalen Mitteln zuwege gebracht werden soll, konnte aber keiner davon sagen. Woraufhin besagte Eltern dann radikal umschwenkten: wenn die Frau sowieso nicht mehr Geld hinterher hätte, könne man ihr auch gleich nur die Pauschale geben und der Rest Geld geht an die Schule.
Nur: warum sollte das so sein? Warum sollte die Frau nicht für den Teil ihres Lebensunterhaltes, für den ihr das möglich ist, selbst aufkommen und statt dessen die Schule (also: der Förderverein, die Schule kann das gar nicht, aber egal) eine Zusatz"spende" aus - über einen Umweg - Soziallseistungen beziehen?
Muss ich das verstehen?
Heute vor zig Jahren:
Schule ist nervig. Nach dem Geigen treffe ich Mig vor unserem Haus. Kurz danach kommt auch Ah und wir verabreden uns für nach Sport beim Karl. Nach Sport gehen wir auch dahin. Es ist irgendwie skurril: Ahs Vater ist da, der Skelett und seine Tante (Stewardess, besoffen, erkältet) mit einem kläffenden Hund. Wir reden mit Ah darüber, dass er über uns gelästert hat, aber er gibt es nicht zu. Außerdem zeigen wir ihm ein paar Photos.
Auf dem Rückweg lasen wir uns Migs Telefonnummer geben und reden mit Ah noch über Jana.
Da schlendert man durch die Stadt, eine noch leere Einkaufstasche baumelt lässig am linken Arm und die Gedanken kreisen um die Einkaufsliste, die leider zwischen Büro und Ziel-S-Bahnhof auf mysteriöse Weise verschollen ist. Aber das ist kein Problem, man wird sich schon noch an das Notwendige erinnern können. Komisch nur, dass immer wieder "Himbeereis" meine Gedanken durchkreuzt, Himbeereis kaufe ich nie im Supermarkt ein, das mache ich selbst. Joghurt, Tiefkühlhimbeeren, Zucker, Pürierstab, fertig.
Wieso also Himbeereis? Vielleicht, weil eine kleine, aufgeregte Frau mit Schürze neben mir herläuft, mich am Ärmel zupft, und wiederholt "Ab heute Himbeereis! Mein Sohn hat heute gemacht! Muss die Kleine probieren und sagen, ob so gut ist wie letzte Jahr!"
Nicht, dass jetzt jemand denkt, ich hätte wieder komische Leute kennengelernt. Es war natürlich die Besitzerin vom Eiscafe, und da Mademoiselle täglich Himbeereis isst - in der Saison eben von diesem Eiscafé, außerhalb der Saison mein Selbstgemachtes, ist ihre Rolle als Qualitätsbeauftragte nur logisch. Ich habe das Kind also umgehend von der Schule abgeholt und ihrer eigentlichen Aufgabe zugeführt: Himbeereisverkostung.
Fazit: alles super. Himbeereis ist für diese Saison freigegeben. Hauen Sie rein.
Heute vor zig Jahren:
Die Spanisch-Klausur ist total witzig, weil nämlich hinter uns einer sitzt, der nichts rafft aber total dreist ist.
Nach Spanisch wollten wir uns mit Ah am Löwen treffen, wir wissen allerdings nicht genau, wo dieser Löwe ist und laufen deshalb etwas ziellos durch die Stadt und sehen niemanden. Also holen wir uns eine Pizza und gehen nach Hause.
Ich habe ja neulich geschrieben, dass das Büro von Krankheiten verschont zu werden scheint.
Nun. Mittlerweile ist anscheinend Magen-Darm im Büro angekommen, und jetzt nicht mal so irgendwie Magen-Darm. Sondern solcher Art, dass heute Morgen die Putzfrau einen Nervenzusammenbruch erlitt, kurz der Gedanke kam, ob man das Gebäude nach einer Person, die dringend ärztliche Versorgung benötigt, durchsuchen sollte, die Haustechnik mit diversen Gerätschaften zwei Toiletten freipumpen musste und die entsprechenden Räumlichkeiten noch am frühen Nachmittag gesperrt waren.
Man möchte sich das alles gar nicht so genau ausmalen, kann es aber gar nicht stoppen weil: wie kann denn sowas passieren?!
Falls Sie es wissen, bitte erklären Sie es mir nicht im Detail. Mir ist auch so schon latent schlecht.
Heute vor zig Jahren:
Um 11 werden wir wach und stehen um 12 auf. Kurz bevor wir essen gehen, ruft Jana uns an. Nach dem Essen ruft der Engländer von Rosenmontag an. Um 18 Uhr gehen wir wieder zu Pe und mit dem Hund raus. Dann räumen wir auf. Um 18 Uhr ruft der Engländer nochmal an. Wir schreiben Kalender und Adressen, statt Spanisch zu lernen.
E-Mail einer Frau G.
"Sehr geehrter Herr (Nachname), hiermit erhalten Sie meine Bewerbung als Filialleiterin. MFG Frau G."
Antwort Frau N.
"Sehr geehrte Frau G., Sie haben die Mail an eine falsche Adresse geschickt. Ich lösche Ihre Daten. Viel Glück! Frau (Nachname)."
E-Mail Frau G:
"Sehr geehrter Herr (Nachname), hiermit erhalten Sie meine Bewerbung als Filialleiterin. Bitte bestätigen Sie mir den Eingang, da heute Probleme mit Ihrer Mailadresse bestehen. MFG Frau G."
Antwort Frau N.
"Sehr geehrte Frau G., es gibt kein Problem mit der Mailadresse außer, dass Sie eine falsche Adresse verwenden. Die Adresse Nachname@gmx.de ist meine Adresse. Herr (Nachname) hat eine andere Adresse. Wenn Sie ihm schreiben möchten, müssen sie diese verwenden, nicht meine. Gruß, Frau (Nachname)"
E-Mail Frau G:
"Hallo Frau (Nachname), könnten Sie bitte meine Bewerbung Ihrem Mann weiterleiten? Vielen Dank MFG Frau G."
Antwort Frau N.
"Frau G., Mein Mann ist nicht Herr (Nachname). Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, gibt es mehrere Personen mit diesem Nachnamen; mein Mann gehört jedoch nicht dazu. Ich habe die Annonce, auf die Sie sich bewerben, gegoogelt. Die dort angebene Adresse lautet Nachname@gmx.net. Also .net am Ende, nicht .de am Ende. Schreiben Sie dorthin, dann klappt es (vielleicht). Viele Grüße Frau (Nachname), nicht Ehefrau von Herrn (Nachname)."
Um was man sich alles kümmern muss...
Heute vor zig Jahren:
Wir stehen auf, kochen und essen, gehen dann mit dem Hund raus und dann zu mir und zurück.
Um 15 Uhr ruft Jana an und Pe ruft Steven an. Wir verabreden uns mit ihm, er will unbedingt den Schrank mitbringen, der hätte noch ein schlechtes Gewissen wegen meiner Hand und würde uns so lustig finden, aha na super. Um 19:30 Uhr treffen wir uns. Am Hauptbahnhof ist alles voll mit Polizei wegen irgendeinem Fußballspiel, in der Bahn sprechen uns zwei Ausstädter an, wo man so hingehen kann und wir nehmen sie ein Stück mit, aber als wir am Treffpunkt den Schrank treffen verkrümeln sie sich. Steven ist noch nicht da. Wir überreden den Schrank, schonmal mit uns zur Tankstelle zu gehen, wenn Steven zu spät kommt muss er dann eben warten, bis wir zurück sind. Während wir da so rumsitzen kommt plötzlich Steven vorbei in Begleitung von den beiden Ausstädtern, die ihn angesprochen haben und weil wir nicht da waren ist er dann mit denen losgegangen und sie haben erzählt, dass sie zwei Mädels kennengelernt haben, Steven hatte an der Beschreibung erkannt, dass es sich um uns gehandelt haben musste und sie hatten beschlossen, uns zu suchen. Vor dem Schrank haben sie immer noch Angst aber meinen, sie wären selbst sehr heftig drauf, der eine kommt aus der DDR und ist Boxer, der andere aus irgendeinem Dorf, beide sind 17. Nach einiger Zeit gehen sie dann aber doch weg, weil sie in die Stadt gefahren waren, um tanzen zu gehen. Wir laufen so ein bisschen herum und nach einiger Zeit treffen wir die beiden Ausstädter schon wieder, diesmal sind sie in Begleitung von Illy, die sie angesprochen haben. Sie hatten es sich anders überlegt und wollten uns wiederfinden und haben uns beschrieben und Illy hat uns auch sofort erkannt und meinte, sie könnten gern zusammen suchen, sie hätte mit uns eh noch eine Rechnung offen. Die Ausstädter erzählen uns später auch noch, Illy hätte gesagt, sie sollten sich auf keinen Fall mit uns abgeben, wir wären total verrufen.
Wir gehen dann alle zusammen in eine Kneipe, dort treffen wir Sunny und bewahren ihn davor, von dem Boxer-Ausstädter weggeschlagen zu werden, die beiden sind sich nämlich schonmal begegnet und Sunny hat ihn blöd angemacht.
Uns ist langweilig in der Kneipe, also beschließen wir, mal Illy ein bisschen zu befragen, wo sie ja sowieso gerade da ist und wir fragen sie, wie es ihr so geht. Sie sagt aber nur „Es kommt nicht so gut rüber, wenn du meinst, was sagen zu müssen“, und als ich sie frage, wie genau sie das meint und wie das nicht gut rüber kommt und ob es am Inhalt oder an der Art der Frage liegt, sagt sie gar nichts mehr.
Deshalb gehen wir nach einiger Zeit einfach woanders hin, die Ausstädter folgen uns wieder, Illy hält sie noch fest um mit ihnen Adressen zu tauschen und dann wollen wir mit ihnen in eine andere Kneipe gehen, Steven rennt uns aber nach und dann auch Illy, die auf Steven einlabert und er sagt dann so flüsternd zu ihr „Ja, die sind ganz in Ordnung, aber…“ und dann was, das ich nicht verstanden habe. Als Steven aufs Klo geht lauere ich ihm auf dem Rückweg auf, um das „aber…“ noch erklärt zu bekommen, er leugnet zuerst alles ab und wird ganz rot und meint dann, das wäre doch so eine Redewendung. Bevor wird das weiter klären können, taucht Illy schon wieder auf. Die Ausstädter haben in der Zeit für uns Zeichnungen gemacht, wir gehen dann zur Bahn und sie kommen mit, um jetzt endlich tanzen zu gehen und meinen, wir sollten uns mit Illy und Steven nicht weiter aufhalten, Illy wäre ein Holzkopf und Steven ein Schleimer.
Wir schlafen bei Pe.
Zu den Verpackungen, die übrigens gar nicht gehen, zählt die von gemahlenem Kaffee. Also diese vakuumverpackten Blöcke. Ist es schonmal irgendwem auf dieser Welt gelungen, so eine Packung zu öffnen, ohne zu krümeln? Das muss doch auch anders gehen.
Bei Milchtüten haben immerhin einige Hersteller einen lichten Moment gehabt und die Zuglaschen unter dem Deckel, an denen man sich entweder den Zeigefinger quetscht oder die gleich ganz abreißen, wurden zugunsten von Deckeln, die man beim ersten Öffnen an einer Sollbruchstelle knackend vom Gewinde losdreht, aufgegeben. Gut so! Ich kaufe nur noch Milch mit solchen anwenderfreundlichen Deckeln, alle übrigen Produkteigenschaften sind nachranging.
Aber: eingeschweißte CDs und DVDs! Haben die den Schuss nich gehört? An jeder Billigkekspackung ist das Plastikbändchen, an dem man ziehen muss, damit sich die Packung öffnet, rot eingefäbt, nur bei CDs ist es das nicht und dann der Anfang auch meist noch an dieser ribbeligen Stelle, wo man es kaum ertasten kann. Meine CD-Cover haben jedenfalls alle Teppichmesserspuren. Da gibt es noch reichlich Verbesserungspotenzial!
Genauso diese Folie über der Öffnung des Nutellaglases, die keinen Zipfel zum Anfassen hat. Diverse Personen in meinem Bekanntenkreis behaupten, das sei "Kult". In Wirklichkeit ist es natürlich einfach nur schlecht gemacht.
Heute vor zig Jahren:
Nach der Schule ruhe ich mich noch ein bisschen aus und mache mich dann fertig. Um 18 Uhr gehe ich zu Pe. Kurz bevor wir gehen wollen, ruft Jana an und wir beschließen, uns um 20 Uhr vor der Disco zu treffen, wo heute von unserer Schule Abi-Fete ist. Jana kommt mal wieder zu spät. Vor hier kommen Yvette und Tanja aus unserer Klasse und als Jana kommt, kommen auch noch weitere auch noch Oh und Pe2 und ein komischer Typ, der eine Hose an hat, die er auf einer Bahnhofstoilette gefunden hat (sagt er). Pe2 ist reichlich breit und benimmt sich wieder wie eine anhängliche Schwindsüchtige aus dem letzten Jahrhundert. Oh findet, wir hätten uns total verändert.
Es ist ziemlich langweilig, und als alle weg sind, beschließen Jana und wir, nicht in die Disco zu gehen sondern in die Stadt zu fahren. Jana erzählt uns, dass mit Ah wieder Schluss ist und dass er deshalb wohl heute nicht kommen wird. Wir gehen zur Straßenbahn und warten. Als die Bahn kommt und wir hingehen, fährt uns so ein Auto halb über die Füße. Wir taumeln zurück und Jana tritt dagegen. Dann steigen wir in die bahn ein. Pe und Jana trinken weiter Genever, ich nicht, weil ich noch ein bisschen Fieber habe.
Nach einiger Zeit, die Bahn fährt nicht, wird durchgesagt, dass die Bahn einen Betriebsschaden hat und deshalb nicht fahren kann. Vor der Bahn ist der Autofahrer ausgestiegen und macht Rabatz. Nach einiger Zeit kommen drei Polizisten in die Bahn und beschuldigen so ein paar Leute, die ausländisch aussehen. Aber dann fällt die Wahl auf uns. Einer guckt uns von oben bis unten an und sagt zu seinen Kollegen: „Ja, die waren das, von der Sorte eine. Ist ja klar, sieht man ja.“
Dann kassieren sie mal wieder unsere Ausweise und wir müssen aussteigen, alle gaffen aus der Bahn heraus.
Vor der Bahn fanden wir heraus, dass es sich bei dem Wagenbesitzer um einen Bahnpolizisten handelt, und er labert blöd rum, z.B. macht er uns darauf aufmerksam, dass Jana eine Flasche Alkohol in der Hand hat. Das wissen wir aber ja schon, das ist keine Neuigkeit. Der Bahnpolizist beschimpft die Menschentraube, die sich versammelt hat, als „asoziales Pack“ und sagt, sie sollen verschwinden. Der andere, der Ausweiskassierer, geht gerade noch so. Am Auto kann man keinen Schaden sehen, obwohl alle ganz verzweifelt danach suchen, es ist ein mini Gummistreifen am Lack, den man aber abrubbeln kann, Jana rubbelt ihn ab und dann geht das Geschrei los, sie hätte Beweismittel vernichtet. Yvette und Tanja sind mittlerweile auch unter den Zuschauern und unsere halbe Schule.
Da man am Auto jetzt wirklich gar nichts mehr sehen kann und deshalb nichts passiert ist – außer, dass das Auto die Bahn an einer Haltestelle rechts überholt hat und uns dabei fast über die Füße gefahren ist, was Pe und ich mehrfach erwähnen, aber das interessiert keinen, kriegen wir dann die Ausweise zurück und fahren nun in die Stadt und gehen in den Irish Pub. Da ist aber keiner mehr, nur einen aus dem Spanischkurs treffen wir noch. In anderen Kneipen ist auch keiner mehr, den wir kennen, Jana gabelt noch einen Ex-Nachbarn von sich auf. An der Tankstelle treffen wir Rob mit einem Freund, Jana labert Rob wegen seiner Freundin zu und der Freund von Rob uns wegen Tattoos und wir uns alle gegenseitig darüber, wie scheiße die Polizei ist. Dann gehen wir nochmal zur Tanke und nehmen die letzte Bahn nach Hause.