Das Wochenende stand im Zeichen meines Zweitlebens als Hütehund. Freitag beaufsichtigte ich mit einer Kollegin das jährliche Firmensommerfest und stellte neue Rekorde darin auf, denselben Kurzen immer wieder scheinbar zu trinken. Anstrengend war der Abend nicht sondern sehr lustig, aber lang - um halb vier wischten sich die Kellner den Schweiß von der Stirn und schenken uns als Dank für den geordneten Abzug der Truppe noch jedem eine Flasche Wein.
Knapp 12 Stunden später brach ich dann zu einem "Zeltlager" mit sechs pubertierenden Jungen, fünf Mädchen zwischen 7 und 11, einem zerstrittenen Ex-Ehepaar und einem professionellen Jungendcampleiter-Ex-Soldat-mit-Tarnkleidung auf. Das war auch sehr lustig aber gleichzeitig enorm anstrengend und ebenfalls ein ausgedehnter Zeitraum: Um knapp 14 Uhr hatte ich wieder befestigten Boden unter den Füßen, allerdings aus undurchsichtigen Gründen zwei zusätzliche Kinder, die eigentlich in andere Wohnungen gehörten aber in meiner landeten. Das hat sich zum Glück alles noch sortiert.
Vorsatz: in der nächsten Woche kümmere ich mich um überhaupt niemanden.
Heute vor zig Jahren:
Vor der KJG setzen wir uns mit einer Dose Pepsi light vor die KJG. In der Pepsi ist Martini. Bald kommt Marco und wir unterhalten uns mit ihm. Dann kommt noch die Shortsmännin aus unserer Schule, die uns mit ihren 12 Freundinnen nervt. Die KJG ist ganz gut und wir unterhalten uns mit den Jungs aus der Schule und ein paar, die wir noch aus der Grundschule kennen. Der Kuli ist auch da und läuft jetzt anscheinend mit so Leuten rum, die sich „Avantgarde“ nennen und wie Marienkäfer aussehen. Auf Ah hat er keinen Bock mehr. Mit dem Kuli, der Shortsmännin und ihrer Gefolgschaft und den Jungs aus unserer Schule gehen wir hinterher noch in eine Kneipe.
man kommt zu nix...
Heute vor zig Jahren:
1. und 2. Stunde frei, sonst nichts besonderes. Pe und ich machen Salat.
Eben sagte Mademoiselle, ihr Geburtstag dieses Jahr solle das Motto "Harry Potter" haben, und ich sagte erstmal "hmhmjoahschaumerma" und dann überlegte ich ein bisschen und googlete ein bisschen und lief ein bisschen durch die Wohnung und hey, wir machen einen Harry Potter Geburtstag mit einer Einladung in grüner Tinte und wir tun eine Stoffeule in einen Käfig und den Besen hänge ich auf und lege Plastikspinenn überall hin und wenn die Kinder kommen gehen die in ein Geschäft in der Winkelgasse (=Büro) und jedes kriegt einen Zauberstab und ein schwarzes Heft und ne Feder und Zaubertrankutensilien und dann ist Unterricht und Herr N. ist Snape und wir machen Zaubertränke im Klassenraum (=Küche) mit lauter ungiftigem Zeugs und Lebensmittelfarbe und mit den Stöcken umrühren, und die kann man dann hinterher probieren, das Kuchenessen ist in Hagrids Hütte (=Garage), vielleicht machen wir sogar noch Wahrsagen, ich hab ja irgendwo Tarotkarten und eine Glaskugel gibt es hier auch und Teeblätter sowieso und dann wird Voldemort noch irgendwas stehlen und das wird gesucht und dann findet man einen Schatz und kann davon im Honigtopf (=auch Büro) Süßigkeiten aussuchen, die zu kaufen und vorzubereiten ist eh das beste, ich werde Zellophantütchen bestellen und diese essbaren Glubschaugen und weiße Mäuse und blaue Spinnen und Kürbisse und vielleicht sogar Lollis mit echten Insekten drin (oder wird man dann von den anderen Eltern geächtet?!) und natürlich Jelly Beans und Zuckerstangenzauberstäbe - ich bin übrigens natürlich Professor McGonagall - hach ich bin ganz aufgeregt.
Heute vor zig Jahren:
Nichts besonderes.
Blöder Tag. Schon vor der Schule gab es Tränen, weil das Kind so fauchig und trödelig war, dass ich mitteilte, mich dann eben rauszuhalten. Das Ergebnis war eine 15-minütige Verspätung zu - wie der Kenner weiß - mittwochs Religion, wo man nicht zu spät kommen darf. Im Büro wurde es nicht viel besser und wieder zu Hause erwartete mich nicht die ersehnte frische putzfraugewirkte Wohnung sondern eine Art Vorhölle, sauber zwar aber mit gleißendem Sonnenschein und Temperaturen an die 30 Grad aufgrund eines kompletten Rolladenmanagmentversagens der Vertretungsputzfrau. Dann teilte das Mittwochskind noch mit, dass es nun bald wegen Umzug die Schule wechseln muss und es gab wieder Tränen (diesmal gleich von zwei Kindern), die Gemüsekiste war noch nicht da, so dass der Nachmittagssnack ausfiel und kurz vor dem Sport fiel Mademoiselle ganz fies auf den Rücken, so dass beim Sport meine Anwesenheit gefragt war, falls da noch was ist, weshalb ich von der überhitzten sauberen Wohnung in eine überhitzte schmuddelige und müffelige Sporthalle wechselte. Auf der Pizza abends war zu viel Knoblauch, die Omaratte hat nicht gut gefressen, ich habe zwei Klebehaken für Vorhänge an die falsche Stelle geklebt, die grünen Pflaumen sind alle und es waren keine neuen in der Kiste, der blaue Nagellack ist nicht rückstandslos von den Zehennägeln abgegangen, mein rechter Mundwinkel ist eingerissen, der aktuelle Kursleiter von meinem Fortbildungsdings ist ein Idiot, meine Schulzeugsstellvertreterin stellt sich tot und das versprochene Gewitter ist ausgeblieben. Es ist ein Jammertal.
Heute vor zig Jahren:
Heute ist die Verhandlung, soll mir aber egal sein, Ah hat ja nicht angerufen. Wir fahren in die Altstadt und treffen Illy nicht, halten uns aber auch hauptsächlich auf Punk-Gebiet auf.
Hitzefreiiiii!!
Heute vor zig Jahren:
Hitzefreiiiii!!
Im Penny waren heute Esther und Thomas. Esther hatte sich zurechtgemacht - eine dünne weiße Hose, dunkle Unterwäsche, ein schwarzes Top, die schütteren blondierten Haare hochgesteckt, Ballerinas. Thomas hatte sich fürs Einkaufen nicht speziell aufgebrezelt und trug Jogginghose, undefinierbares T-Shirt, lange struppige Haare und unordentlichen Bart sowie Sandalen. Beide hatten schlechte Zähne und schlechte Haut. Thomas tropfte.
Als Esther und Thomas hereinkamen, schien das Supermarktleben schon für einen Moment stillzustehen. Man merke sofort: weder ist das Einkaufen für die beiden leicht, noch fällt es ihnen leicht. Manche Leute sprechen auf eine merkwürdig bemühte Weise, mit einer ganz kleinen Anstrengung oder Verzögerung, als müsste jedes Wort einzeln aus ihrem Gehirn abgerufen und mit dem Rest des Satzes verbunden werden. Und immer einen Tick zu laut, man wird manchmal lauter, wenn man sich anstrengt. Dann war das Geld noch ein Problem, sie mussten rechnen, und auch das Rechnen ging nicht so leicht von der Hand.
Sie stritten ums Toast, sie stritten um den Joghurt, ob man zwei oder vier Becher nehme. Thomas sagte (rief) zwischendurch immer: "Ich wär echt lieber zu Rewe!". Esther wollte noch Kaffee. "Der kostet hier über 4 Euro, Esther, ÜBER VIER EURO!" Es gäbe auch anderen Kaffee, sagte Esther. Thomas sollte stehen bleiben, Esther Kaffee holen, Esther verschwand und Thomas wurde auffällig, riss Sachen aus dem Regal, ließ Joghurt fallen, rief nochmal das mit Rewe. Esther eilte zurück, ohne Kaffee aber mit Cola, sie stritten um die Cola bis Esther sagte, sie wolle die selbst bezahlen.
An der Kasse räumte Thomas erstmal auf. Die Tüten ordentlich ins Fach, die Warentrennhölzer so verteilt, dass an jeder Kasse dieselbe Anzahl ist - die Summe ging aber nicht auf, es gab ein Holz zu viel, Thomas wurde wieder auffällig, er schimpfte und zeterte. Esther blaffte zurück, die Kassiererin sagte "Ey, beruhigen Sie sich mal!", dann gab es ein Problem mit der Cola. Thomas wollte sie mit einem Trennholz vom Rest des Einkaufs abtrennen, Esther wollte (glaube ich) einfach nur raus und stellte die Cola ganz nach hinten, die Cola drohte aber, umzufallen, so dass die Verkäuferin sie schnell griff und in der Mitte des Einkaufs abrechnete - das Colaproblem hatte sie wohl nicht mitbekommen.
Fassungslosigkeit bei Esther und Thomas, was nun? Und sind das unserer vier Joghurt, wollten wir nicht nur zwei? Sie fragten die Frau hinter ihnen, ob es ihre Joghurts seien, die Frau verneinte. Wie konnte das jetzt alles kommen? Wie sollte man das mit dem Joghurt regeln, wie das mit der Cola? Eine schwierige, kaum begreifliche Welt für Esther und Thomas. Nach der Kasse rechneten sie lange, wer nun welchen Anteil für diesen Einkauf von einer Packung Toast, vier großen Bechern Joghurt und einer Flasche Cola zahlen musste. Thomas fühlte sich von Esther übervorteilt, Esther fühlte sich von Thomas angegriffen und beide hatten das Gefühl, irgendwie von der Verkäuferin übers Ohr gehauen worden zu sein. Trotzdem schienen sie erleichtert, den Einkauf geschafft zu haben.
"Nächstes Mal gehen wir aber zu Rewe", sagte Thomas, als sie den Laden verließen.
Heute vor zig Jahren:
Wir lernen den ganzen Krempel aus allen Büchern für die Schule, damit wir uns die nächsten Wochen nicht damit beschäftigen müssen.
Heute gegoogelt:
- Sekundenkleber entfernen
- Krummbein / Crookshanks (Mademoiselle stellte die Frage, was mit diesem Tier einegentlich passiert
- Und dieses. Ahhhhhhhhhhhh. *gänsehaut*
Heute vor zig Jahren:
Wir (Pe und ich) machen eine Park-Session und versuchen, Dosen zu schießen. Auf dem Rückweg finde ich an der S-Bahn eine Zeitung, bastele daraus einen Hut und setze ihn mir auf den kopf. Dadurch lernen wir zwei Leute kennen die Anarchie-T-Shirts tragen und voll schlecht rasierte Iros haben. Wir schlafen bei Pe.
Falls Sie im Umland von Düsseldorf in der Nähe eines Ackers auf einer Anhöhe leben, wurden Sie eventuell bis vor wenigen Minuten Zeugen des folgenden - mit leichten Variationen mehrfach wiederholten - Dialogs:
"Ich hab eine gesehen - nee, das war ein Flugzeug!" - "Wo ist den jetzt dieser große Wagen, ist der das da?!" - "Ich hab doch schon dreimal gesagt, das ist Andromeda!" - "Mama!!!" - "Seid doch mal leise!!" - "Oma!!!" - "Da, da war was, ganz sicher!!" - "Das war doch sicher ein Satellit. Was blinkt denn da so?" - "Fluuuugzeuuuuug" - "Könnt Ihr nicht alle einfach mal still sein?!"
Das war die erweiterte Familie N. Und "besinnlich" kann die nur auf Ritalin.
Heute vor zig Jahren:
Ich schlafe bei Pe, nachdem ich zu Hause groß und breit darüber diskutieren musste. Als ob das sowas besonderes wäre!
Eine Runde so groß wie möglich durch den Badesee, immer an den Schwimbereichsbegrenzungsbalken entlang und die dazugehörigen Gesprächsfetzen:
Am Anfang des Schwimmerbereichs:
Junge: "Hier kann ich auch noch stehen. Hier kann ich echt noch *blubblubbblubb* *japs* ich kann hier *blubbblubb*"...
Paar, sie optisch ca. 20 Jahre älter als er, knutschend.
Er: "Die Leute gucken. Lass uns nach Hause fahren."
Sie: "Erst noch eine Runde schwimmen."
Linke Seitenbegrenzung, auf/an dem Balken:
Teenagermädel zum anderen: "Und dann wach ich auf und alle anderen schlafen und da denk ich "Ey, ein Gespenst!", echt, das war als wär da ein Gespenst!!"...
Zwei weitere Mädchen, die auf dem Balken sitzen und zählen, wie oft es ihnen gelingt, sich einen Tennisball zuzuwerfen ohne runterzufallen:
"Eins!"
"Zwei!"
*platsch*
"Eins!"
*platsch*
"Eins!"
"Zwei!"
*platsch*
"Hihihihi"
Drei Jungs, schweigen, beobachten die Mädchen.
Hintere Begrenzung, auf/an dem Balken:
Vier Mädchen:
"Hihihihihi"
"Hihihihihi"
"Hihihihihi"
*murmelmurmel* "Hihihihihi"
Jungsgruppe:
"Ey, das rutscht voll, ich falle!!"
"Alter, scheiße!" *platsch*
"Ich bin noch oben!" *platsch*
(etc.)
Weitere Jungsgruppe:
"Gehen wir raus jetzt?"
"Ey, was willst du da, ist warm und dann stehen da sicher die Bullen!"
[Hier wäre ich gern langsamer geschwommen um evtl. zu erfahren, welche Geschichte da gerade geht. Wieso sollte da die Polizei warten, was ist hier der Hintergrund, ist in irgeneinem Kleiderhaufen am Strand Diebesgut verborgen, sind hier Täter auf der Flucht in den See gesprungen? Sehr spannend!]
Zwei Mädchen, dahinter zwei Jungs.
Mädchen1: Lass das!! Hau ab!
Junge1: Ich find dich total süß!
Mädchen1: Du bist voll pervers, wie alt bist Du, Du bist doch höchstens 13, Du könntest mein Bruder sein!!
Mann, Einzelperson:
"Geile Haare. Ficken?"
Sehr große Jungsgruppe:
"Ey dann sagt die..." "Ey dann hat der gesagt..." "Ey, ehrlich, dann hat die gesagt..." etc.
An der schwimmenden Insel, Vater (Heiliger, Märtyrer) mit 3 kleinen Jungs mit frischem Seepferdchen auf den Badehosen, die ihn schubsen:
Vater: "Ahhh ich kann mich gar nicht halten. Ohje, die Piraten, Hilfeeee" *platsch*. "Ich klettere jetzt wieder hier hoch. Die Piraten erwischen mich nicht. Ahhh, ein Pirat, ohjeee, ich habe Angst, ich falle!!" *platsch* "Neuer Angriff, ich erwische die Piraten..." etc.
Kleine Jungs: (diverse Triumphlaute und lautes Quieken)
Rechte Seitenbegrenzung, auf/an dem Balken:
Jungs Pärchen
Er: "Da brauchen wir eine Tür, und auch eine Treppe, also eine Treppe die zu der Tür führt, mein Vater kann..."
Zwei Jungs:
Junge1: "Da war ein Riesenfisch!"
Beide: "Scheiße. Argh!" (verschwinden quiekend)
Drei Mädels:
"Uh, die sind da drüben alle nackt, ihhh!"
Wieder am Anfang des Schwimmerbereichs:
Zwei Männer:
Mann1: "Nee, also so ein See, das ist dann ja echt mit Sand und allem, hier, guck mal, so Wasserpflanzen, echt, nee, ich glaub das ist nichts für mich" (schwimmt wieder raus)
Hachja. Ich könnte dort stundenlang im Kreis schwimmen. Am schönsten ist es, wenn es eigentlich noch zu kalt ist und windig, das Wasser sieht dann ganz schwarz aus und der Wind treibt kleine Wellen auf einen zu, durch die man gleitet, so dass man sich enorm schnell vorkommt. Aber wenn keine anderen Leute da sind, gibt es natürlich auch nichts zum Zuhören.
Heute vor zig Jahren:
Nix besonderes.
Jetzt ist nochmal Sommer, gut, von mir aus. Ich hatte zwar eigentlich genug Sommer, aber die Paprika auf dem Balkon sind noch nicht ganz reif, die Pepperoni könnten noch etwas Schärfe vertragen und mich stört es in diesem Jahr auch nicht so sehr. Dieses Wochenende verbringe ich am See, nächstes Wochenende gehe ich dann Zelten und dann ist schon bald September und da werden die Nächte frisch. Wenn die Nächte kühl sind, ist alles in Ordnung.
Heute vor zig Jahren:
Roger kommt zum Kaffee zu mir. Hinterher kaufen Pe und ich die Depeche Mode Platte.