Drei Fragen warf der heutige Tag auf:
Erstens:
Wenn man ein Rezept für eine (sehr) scharfe Huhn-Süßkartoffel-Curry-Suppe hat, und da steht: "Lösen Sie das Fleisch von den Hühnerschenkeln. In der Zwischenzeit schneiden Sie die Süßkartoffeln in mungerechte Würfel." - welche Zwischenzeit ist da genau gemeint, bzw. wie könnte ich die Zeit, derweil ich Fleisch von Hühnerschenkeln löse, optimalst ausnutzen, um gleichzeitig noch Süßkartoffeln in mundgerechte Würfel zu schneiden? Gehören nur Personen mit vier Händen zur Rezeptzielgruppe?
Zweitens:
Vorgeschichte: Das Kind ist ja nun in der Schule, da gibt es Elternabende und da werden Leute gewählt. Nachdem ich durch eine Falle (eine inakzeptable Person stellte sich zur Wahl auf, ich schlug daher eine angenehme Person als Kandidatin vor, diese konterte und schlug mich vor) Klassenelternbeirat wurde und aufgrund eines unglücklichen Zufalls (4 Personen waren anwesend, 4 Personen mussten gewählt werden) Stadtelternbeiratsvorsitz, kürzte ich bei der Wahl zum Schulelternbeirat die Viertelstunde betretenes Schweigen und unruhig mit den Füßen scharren ab und schlug mich gleich selbst vor und wurde dann noch - ich weiß nicht mehr, wie (ein Automatismus?) und weiß auch nicht mehr, was der Unterschied zwischen beidem ist - Mitglied der Gesamtkonferenz und der Schulkonferenz. In irgendeiner der genannten Funktionen wurde nun heute von einer Mutter ein Vorschlag an mich gerichtet, worum ich mich mal kümmern sollte.
Frage: kann man gleich die erste Eingabe mit "Liebe Frau Dings, Ihre Anregung ist leider komplett absurd und wird daher definitiv nicht aufgegriffen." abschmettern, oder sollte ich diese ganzen Ämter besser gleich wieder niederlegen?
Drittens:
Wo zur Hölle gibt es diesen beknackten Laternendraht, Sie wissen schon, dieses kupferfarbene Teil, das Laterne und Laternenstab verbindet?!
Bredouillenalarm. Ich befinde mich gerade beruflich in der prekären Lage, eine „spaßige/wunderliche/interessante Information“ über mich zur Verfügung stellen zu sollen, die dann im Internet unter meinem Bild und Namen und Kontaktadresse veröffentlicht wird.
Nun finde ich mich weder sonderlich spaßig noch möchte ich dringend wunderliche Dinge über mich irgendwo googlebar haben. Dies scheint allerdings zu meinem Job zu gehören. Vor drei Jahren war ich schon einmal in derselben Situation. Hätte ich mir jemals träumen lassen, dass das Thema meiner Magisterarbeit eines Tages als „fun fact“ über mich aufgeführt wird? Jedoch, so war es. Das Leben steckt voller Überraschungen.
Spaß – auch diplomierter Spaß – scheint aber nur eine begrenzte Haltbarkeit zu besitzen, so dass ich mir jetzt etwas neues ausdenken soll. Was tun? Schnell (das heißt: bis Mitte nächster Woche) noch in einem absurden Randgebiet promovieren? Mir ein lustiges Hobby suchen? Oder einfach etwas frei erfinden, auf die Gefahr hin gebeten zu werden, bei der nächsten Firmenveranstaltung über meine Orchideensammlung/Einhornzucht/international gefeierten Origamierfolge zu referieren?
Eine harte Nuss. Sie sehen mich ratlos.
Und was sie sagt, das macht sie auch. Heute war dann alles ganz in Ruhe, geordnet und normal.
War ziemlich langweilig. Gibt daher auch nichts zu erzählen.
(Wie man's macht...)
Halloween:
Das Kind verschwindet gegen 17 Uhr zu einer Halloween-Party. Edward mit den Scherenhänden soll geschaut und herumgespukt werden. Im Hexenkostüm steigt sie ins Auto der Freundinmutter, bei deren Exmann gefeiert wird, und mir fällt auf, dass ich noch nichtmals weiß, wo der eigentlich wohnt. Gegen 21 Uhr soll sie zurückgebracht werden. Ganz schön ordentliche Feierei für ein 7-jähriges Grundschulkind.
In der Dämmerung stehe ich auf dem Balkon und sehe die erste Halloween-Truppe anrücken. Ein sehr kleines Kind und drei größensortierte Jungs mit schwarzen Umhängen. Sie stehen im Hof und sagen Sachen wie „boah, voll gruselig hier“, „alles dunkel“, „da oben ist Licht“, „ was ist, wenn hier komische Leute wohnen??“, „Klingel du mal – nee du – nee du – nee du – nee ich trau mich nicht“.
„Ähem, ich bin nicht komisch und habe Süßigkeiten“, sage ich vom Balkon, und komme mir sofort total komisch und kindsentführerisch vor.
Der nächste Trupp besteht aus fast schon Teenagermädels. Sie klingeln, ich öffne. Sie stehen da. Stumm. Ich stehe da, abwartend. Sie stehen weiter da. Ich rufe „Wuahhhh gruselig, Hilfeeee!!“. Die Teenagermädels schauen erschreckt-irritiert und sagen durcheinander „Sie müssen nicht erschrecken, wir sind nur verkleidet, wir tun nichts!“.
Klingeln Nummer drei. Sechs oder sieben Kinder, zwei große zum Aufpassen, diverse kleinere, eins noch etwas wacklig auf den Beinen. „Sütheth oder thaureth“ lispeln die Kleinen, während die großen Handyfotos machen. Ich hole die Süßigkeitenschale, die Kinder stehen da, jedes schon irgendwas in den Händchen. „Habt Ihr keine Beutel?“ , frage ich. Ein etwa 4-jähriges Mädel antwortet an einem Stoffbeutel nestelnd: „Doch, aber es ist für mich immer so eine Beschwerlichkeit, den aufzumachen, und dauert so lang“. Ich warte geduldig und kippe den Großteil der Süßigkeiten hinein.
Das nächste Klingeln ist zum Glück Frau Herzbruch mit dem Bier. Ich frage, ich ob ich tragen helfen soll, Frau Herzbruch antwortet „Jau!!“, ich tu so als hätte ich nichts gehört, was gut ist, denn Frau Herzbruch trägt gerade mal einen kleinen Handtaschenrucksack und eine Plastiktüte bei sich, hat gar nicht verstanden, was ich gefragt habe aber einfach mal ganz entschlossen geantwortet.
Gegen 21:30 Uhr wird das Kind wohlbehalten und glücklich abgeliefert und sinkt nach einem Teller Kürbissuppe in Tiefschlaf. Ich sonne mich in dem Gefühl, eine absolut kompetente und ungluckige Mutter zu sein, wohl wissend, mich ein Leben lang als unmögliche Rabenmutter geschimpft zu haben, wenn das irgendwie anders gelaufen wäre.
Wenn man jammendernden Monteuren (zu dunkel da... da kommt man nicht dran... passt der Schraubenzieher nicht richtig rein...) sagt, sie sollen mal gut sein lassen, man könne das eben selbst erldigen, es sei kein wirkliches Problem und man habe nur gedacht, sie mit ihrer Expertise kriegen das in etwas weniger als den 15 Minuten hin, die man selbst braucht...
dann geht es plötzlich ganz schnell.
Tja.
Wir haben ein Nachbarskind - nein, eigentlich eine ganze Nachbarsfamilie, die, naja, sagen wir mal "merkwürdig" ist. Nicht auf eine sofort auffällige Art. Es sind solide, meist freundliche Menschen, die sich immer bemühen, das zu tun, was richtig ist. Allerdings hat man ein bisschen das Gefühl, dass sie möglicherweise abends gemeinsam am Tisch sitzen und Vater und Mutter den Kinder sagen, was richtig ist, und dass dies auch am nächsten Tag allen anderen Menschen auf der Welt so mitzuteilen und mit ihnen so umzusetzen sei. Vielleicht verstehen Sie, was ich meine.
Jedenfalls ist es so, dass ich insbesondere das eine Kind einfach nicht leiden kann, denn aus irgendeinem Grund fehlt ihm (in meinen Augen) jeglicher Charme oder Herzlichkeit oder eine gemeinsame Interessenschnittmenge mit mir. Und es ist so, dass dieses Kind diese Woche mit Mademoiselle einen Reitkurs besucht, und ich mich angeboten habe, beide Kinder täglich hinzufahren, während die Nachbarin beide Kinder täglich wieder abholt.
Heute lief ich also zum vierten Mal mit ihr über die Straße und dachte "boah wie nervt mich das Gehabe von diesem Kind!!" und dachte mir gleichzeitig, dass ich das Gute sehen muss, dass dieses Kind immer höflich und unkompliziert ist, sich gut ausdrücken kann, sich rührend um Mademoiselle bemüht. Dann kam uns jemand entgegen und lächelte uns an und ich dachte: "Ohgott, hoffentlich denkt der nicht, das wäre MEIN Kind!" und in diesem Moment sagt dieses Mädel: "Mit Dir ist es immer so schön, ich hätte dich gern noch zusätzlich als Mama".
Und, wann haben Sie sich zum letzten Mal so richtig Scheiße gefühlt?
Mademoiselle: Was isst du da??
Frau N: Das ist Hüttenkäse mit Aprikosen und Zimt-Zucker.
Mademoiselle (mit angewidertem Gesichtsausdruck): Schmeckt das??
Frau N: Ich mag das total gern. Willst du probieren?
Mademoiselle: Na gut.
(probiert)
Frau N: Und?
Mademoiselle: Lecker. Kann ich auch nur Hüttenkäse haben?
Frau N: Klar.
(Mademoiselle isst Hüttenkäse)
Mademoiselle: Kann ich auch nur Aprikosen haben?
Frau N: Klar.
(Mademoiselle isst Aprikosen)
Mademoiselle: Kann ich auch nur Zimt-Zucker haben?
Frau N: Klar.
(Mademoiselle isst Zimt-Zucker)
Mademoiselle: Aha. DAS war es also, was an diesem komischen Essen lecker war!!
(hmpf)
Seit mehreren Monaten führe ich unaufgefordert Erziehungsmaßnahmen in der Betriebscafeteria durch.
Es gibt dort (neben zahlreichen kleineren) die folgenden beiden größeren Problempunkte Herausforderungen im Sinne des Dienstleistungsgedankens:
Erstens sind immer ungefähr 5 Cafeteriamitarbeiter anwesend. Diese arbeiten jedoch ausschließlich nacheinander mit einer in ihrer Absolutheit bewundernswerten Vermeidung der Überlappung von Aktivitätszeiten. Das gestaltet sich so, dass die Mitarbeiter – ähnlich wie die Kunden vor dem Tresen - hinter dem Tresen aufgereiht sind. Kommt nun ein Kunde an die Kasse, wendet sich der ganz vorn in der Reihe stehende Mitarbeiter ihm zu, bedient ihn und kassiert. Ist die Transaktion mit dem ersten Kunden komplett abgewickelt - aber auch wirklich erst dann - tritt der nächste Mitarbeiter in Aktion und bedient den nächsten Kunden in der Reihe. Ich nehme an, der erste Mitarbeiter stellt sich dann (im Gegensatz zum Kunden) wieder hinten an, habe das aber offen gesagt noch nie genau beobachtet. Fest steht: er bedient jedenfalls zunächst mal keinen anderen der aufgereihten Kunden.
Zweitens: das Bezahlprinzip. Man kann ausschließlich mittels einer vorher mit Bargeld aufgeladenen (wobei sich die Aufladestation nicht im Bereich der Cafeteria, sondern „woanders“ befindet, dies aber nur nebenbei bemerkt) Zugangskarte zum Rapunzelturm zahlen. Diese legt man auf eine spezielle Ablagefläche an der Kasse. Es gibt dazu eine Digitalanzeige, die „Alter Betrag“, „Neuer Betrag“ und Beträge ohne Bezeichnung anzeigt oder manchmal auch nicht, ich konnte das Prinzip seit Eröffnung der Cafeteria vor etwa einem Jahr noch nicht entschlüsseln. Eine Quittung gibt es nicht. Vom Kunden wird erwartet, dass er im richtigen Moment die Karte auflegt und wieder wegnimmt. Hinweise zum Eintreten des richtigen Zeitpunktes werden jedoch prinzipiell nicht gegeben. In Folge kommt es regelmäßig vor, dass ein Kunde unvermittelt mit „Sind Sie zum ersten Mal hier??“, „Halt, Sie müssen zahlen!!“, oder „Der nächste will auch an die Reihe kommen!“ zurechtgewiesen wird, wenn er die Karte zu spät aufgelegt oder zu früh respektive zu spät von der Ablagefläche entfernt hat.
Punkt eins stört mich nur mittelmäßig. Seitdem bei meiner Tätigkeit die feste Endzeit aufgehoben wurde, habe ich mir im Gegenzug erlaubt, die feste Anfangszeit ebenfalls aufzuheben. So kann ich tiefenentspannt in der Cafeteria eine halbe Stunde auf mein Rosinenweck warten, während nach dem „spanischen Prinzip“* gedienstleistet wird.
Ich widme mich in meinen Bemühungen als Korrektiv also im Wesentlichen Punkt 2 (mit nur ganz nebenbei zu erwähnenden Exkursen in die Welt der korrekten Backwarenbe- und –auszeichnungen, der Kaffeebecherfüllhöhe und der Frage nach der gesellschaftlich akzeptierten Zeit, Kuchen zu erwerben). So sagte ich neulich irgendwann zu dem gerade exklusiv tätigen (sic! – nicht etwa anwesenden, anwesend waren natürlich viele) Mitarbeiter an der Kasse anlässlich eines Karte-zeitlich-fehlerhaft-aufgelegt-oder-entfernt-Ereignisses, er solle doch einfach mehr kommunizieren. Die Leute wüssten nicht, wann man genau die Karte hinlegen muss, und wann alles fertig ist. Ein „Bittschön“ mit Geste auf die Auflagefläche und ein „Danke, auf Wiedersehen!“ würden schon ausreichen, um den Ablauf reibungsloser zu gestalten. Der Mitarbeiter reagierte unwillig, das sei ein Einzelfallproblem, das ausschließlich bei mir auftrete, man wäre geschult und alles, ich wurde patzig und führte an, dass mein halbes Büro sich nach Cafeteriabesuchen zu Selbsthilfegesprächen zusammensetze und er das mit der Kommunikation doch bitte auch den anderen Kollegen ausrichten solle, man stritt, die anderen Kunden (und Mitarbeiter, logisch) warteten geduldig, die Schichtleiterin wurde hinzugerufen, ich artikulierte erneut meinen Verbesserungsvorschlag, man befand, man könne „mein“ Problem nicht nachvollziehen, versprach jedoch, sich das Thema durch den Kopf gehen zu lassen. Ich zog mit meinem Rosinenweck davon und das Leben ging seinen Gang.
Heute war ich wieder in der Cafeteria. Ich kam nach dem „spanischen Prinzip“ nach etwa 15 Minuten mit einer mir nur vom Sehen bekannten Verkaufsfrau an die Reihe, bestellte mein Rosinenweck, legte meine Zugangskarte auf die Ablagefläche und vernahm nach kurzem Aufflackern diverser Zahlen auf dem Display ein knappest mögliches Kopfnicken mit einem zwischen den Zähnen hindurchgepressten „Danke“. Ich schaute auf und sagte: „Oh, danke, dass Sie das sagen, da weiß ich, wann ich die Karte wegnehmen kann.“ „Die anderen Leute wissen das auch so!“, sagte die Verkaufsfrau. „Ach, ich glaube das ist für viele sehr hilfreich“, erwiderte ich und wandte mich schon zum gehen, als mir ein erbostes „Nä!!!! Sonst keiner!! NUR SIE SIND SO!!!“ hinterherscholl.
Ich weiß es nicht, aber ich glaube, das war allenfalls ein Rundensieg.
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*Diese Begrifflichkeit geht auf Frau Herzbruch zurück, die mir auf meine nächtliche Klage in einer schummrigen Bar hin weltfrauisch versicherte, es sei dort (in Spanien, nicht in der Bar) der normale Ablauf einer Verkaufstätigkeit mit mehreren Beteiligten.
Kosmetiktante heute: Frau N., ist Ihnen eigentlich bewusst, dass sie in der letzten halben Stunde meine Nagellackpalette zuerst nach Farben, dann nach Größen, dann nach Flaschenformen und zuletzt nach Deckelformen sortiert haben?
Frau N: Flaschen- und Deckelformen stimmten überein!!
(Es ist mir ja immer ein bisschen unangenehm, bei meinen Zwangshandlungen erwischt zu werden...)
Frau N, im Vierersitz neben 1 Mann und gegenüber 1 Frau in schönem blauen Kleid, starrt in Gedanken, ob ihr Blau und so ein Schnitt und so ein Ausschnitt auch stehen würde sehr verloren vor sich hin.
Frau mit schönem Kleid: *ärgerliches Geräusch und ärgerlicher Blick auf Frau N.*
Frau N: „Oh, Entschuldigung dass ich so starre – Ihr Kleid ist so schön.“
Frau mit schönem Kleid: *murmelt etwas mit „unmöglich“ und setzt sich weg*
Mann, zu Frau N, schlimm seufzend: „Genau so geht mir das auch immer.“