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    Mittwoch, 3. September 2008
    Erkenntnisvorgang, dargestellt am Beispiel Haarfö(h)n

    Manchmal dachte ich morgens: früher ging das schneller, mit dem Föhnen. Das Verfahren ist gleich geblieben: Kopf nach unten halten, Föhn drüber, ab und zu schütteln, warten bis fertich. Es ist unwahrscheinlich, dass mein Haarvolumen sich deutlich erhöht hat. Der Verdacht liegt nah, dass die Föhnleistung im Laufe der Zeit nachließ.

    Funzeliger Geruch ab und zu. Aber selten.

    Klingt der irgendwie anders?

    Immer öfter: Wenn ich das Gerät zwischendurch ausschaltete weil mir irgendwas deutlich Wichtigers als Föhnen einfiel (Nebenbemerkung: der schnurlose Föhn sollte dringend bald erfunden werden!), blockierte es beim Wiederanschalten wegen Überhitzung.

    Einmal, abends, der Gedanke: man sieht hinten gar kein orangefarbenes Leuchten mehr.

    Heute morgen im Bad: Der Föhn hat vorn so einen Volumenaufsatz. Den hab ich aber nie drauf, wegen zu krempelig, und außerdem fiel der immer ab. Heute morgen fiel auch was ab. Erster Gedanke von mit geschlossenen Augen kopfüber unter den Haaren: Volumendingensda ist doch gar nicht... Blick fällt dann auf ein silbernes Teil auf dem Badezimmerboden. Sieht aus wie das Haarnetz der Playmobilprinzessin in silber und sehr groß. Wird als rückwärtige Abdeckung des Föhns identifiziert. Darunter findet sich ein graumeliertes Läppchen, rund, so ähnlich wie ein flaches Puderschwämmchen, Farbe und Struktur ähnlich derer von Umzugsabdeckdecken. Schön weich. Bastele das Läppchen wieder dran, ist sicher wichtig, Schutzabdeckung oder so, und das Pseudo-Haarnetz auch.

    Heute morgen in der Bahn beim Musik hören und Krimi lesen: krk-klack klackklackklackklack KLONK rrattattatklack brrp. klick.
    Kennen Sie das, bei Solitair am PC, wenn man alles sortiert hat und die Karten so wegbrrrrrrrrrpen? Und dann durch die Gegend springen? So ein bisschen so. Aber eher wie ein komplizierter Türmechanismus mit vielen Bolzen, Riegeln, Kugeln. Die plötzlich alle an den richtigen Ort klacken. So dass man weiß - man weiß es. Man denkt gar nicht, vermutet nicht, überlegt nicht, man weiß. Sicher. Und zwar: "das passt". Man weiß es. Muss nicht ausprobieren. Die Tür ist auf.

    Der Föhn mal als sehr vereinfachtes Beispiel für einen Prozess, der mir immer wieder begegnet. Unmöglich, Einfluss zu nehmen. Irgendwann hat der Hobbypuzzler in meinem Kopf genug Teilchen gesammelt, wurschtelt vor sich hin (während ich mich mit etwas ganz anderem beschäftige) und schiebt mir dann ein fertiges Bild vor die Augen von dem ich nichts zu ahnen glaubte und das ich auch nicht immer überhaupt sehen möchte. Kann ich doch nun heute nachmittag eine dicke, graue Staub-und-igitt-Schicht von einem darunter vermuteten dünnen Fließ des Föhns kratzen. Statt mich irgendwann einfach gelinde zu wundern, warum der nicht mehr funktioniert, und einen neuen zu kaufen.

    (Ich kann natürlich trotzdem einen neuen kaufen. Aber nicht mit derselben Unbefangenheit, denn ich weiß ja, ich könnte den alten entstauben. So ist das meistens. Wissen ist schlecht für den Seelenfrieden.)

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