Heute morgen, als ich das Haus verließ, hatte ich beschlossen, dass es zu warm wird, um mit dem Rad ins Büro zu fahren. Nur bis zur S-Bahn wollte ich fahren, um nicht auf einem Schlenk um ein Paket abzuholen zu viel Zeit zu verlieren.
Als ich an der S-Bahn-Station ankam, konnte ich mich ums Verrecken nicht mehr erinnern, warum ich mit der Bahn fahren wollte. Es war doch alles wunderbar! Nicht zu kalt, nicht zu warm, angenehmer Wind, ganz hervoragend! Nunja. Am Abend, bei 34 Grad gegen 18 Uhr, erinnerte ich mich dann wieder. Und so sitze ich jetzt frisch geduscht im Sessel.
Zwischendrin war ich - außer im Büro - noch bei der Zahnärztin, um das Dings, das mir aus dem Mund gefallen war, wieder zu befestigen. Die Zahnärztin fand das alles sehr unspekatkulär, während ich mich über die Klimaanlage im Behandlungszimmer freute. Ich könne gerne häufiger kommen, sagte die Zahnärztin. Ich habe aber ja dieses Jahr noch 11 Termine, das sollte wohl ausreichen. Der Vorgang des erneuten Festschraubens vom Dings war sehr mechanisch. Jetzt habe ich Zahnfleischschmerzen, weil es neu gedehnt wird, das ist normal und sollte in den nächsten 24 Stunden abklingen. Von mir aus sehr gerne! Ansonsten habe ich 12 Termine.
Ansonsten wurde ich gelobt. Ich hatte das herausgefallene Dings nämlich - in Ermangelung einer anderen passenden Verpackung - in ein Schmuckdöschen von Ohrringen, die ich mir gerade neu gekauft hatte verpackt. Einen Ohring habe ich kürzlich im Badesee Neptun geopfert, daher musste Ersatz her. Die Zahnärztin fand es schön, dass ihre Materialien so geschätzt werden, dass sie ihr in Schmuckdöschen präsentiert werden, ich sagte etwas pragmatischer, vom Preis her sei das ja auch nicht unähnlich.
Meine Kühlweste wäre heute fast gekommen, konnte dann aber nicht zugestellt werden. Ohne Angabe von Gründen. Ich vermute, es war zu warm.
Am Abend war ein Lesedings. Wir hatten ein Buch gelesen dass mir keinerlei Schmerzen bereitet, mich gleichzeitig auch nicht interessiert hat. Es war mir zu formelhaft-konventionell, von der Ausgestaltung der Form durch den Inhalt war wenig bei mir hängen geblieben. Ich erinnerte mich noch nicht einmal an den Namen der Protagonistin.
Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: "ich verreise demnächst nach Wien und würde gerne abseits der klassischen Sehenswürdigkeiten ein paar Stationen erkunden/Gegenden sehen/Dinge erleben. Haben Sie Tipps, wie man als Alleinreisende eine schöne Zeit in Wien verbringt?"
Ich kenne mich abseits der touristischen Pfade überhaupt nicht gut in Wien aus, denn ich war immer nur ein paar Tage am Stück dort, dann jeweils mit einer Agenda. Generell würde ich als Alleinreisende in einer fremden Stadt, in der ich nicht die klassischen Sehenswürdigkeiten besichtigen möchte, einfach in eine Bahn steigen und in alle vier Himmelsrichtungen einmal zur Stadtgrenze fahren, dann von da zu Fuß wieder Richtung Zentrum gehen. Ich bin sicher, da kann man viel erkunden und erleben. Alternativ fragen Sie in irgendeinem Social Media Dings nach Wienerinnen und Wienern, die Ihnen Tipps geben.
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Ich sitze auf dem Balkon, es sind 30 Grad hier draußen und es ist okay. Das ist neu. Vielleicht nähere ich mich Papa N an. Ihn habe ich heute besucht, in seiner Dachgeschosswohnung waren es 28 Grad, er trug eine Fleecejacke und dicke Socken. auf meine Anregung hin probierte er es mal nur im Polohemd, ohne Fleece. Er war sehr skeptisch. Und deckte sich zum Mittagsschlaf dann lieber mit einer Wolldecke zu.
Die Bahn war klimatisiert, ich war sehr, sehr froh, denn die Fahrt dauerte zwei Stunden länger als geplant. Ich habe mir angewöhnt, im Sommer statt am Hauptbahnhof am Flughafen umzusteigen. Die Temperaturen sind dort für mich besser. Im Winter hingegen ist es am Flughafen extrem zugig, kein guter Umsteigeplatz, dann lieber Bahnhof.
Sehnsüchtig warte ich nun auf die Kühlweste, die ich mir bestellt habe. Sie könnte gut am Mittwoch bei einer weiteren Zugfahrt zum Einsatz kommen, denn für Mittwoch sind 38 Grad vorhergesagt. Ich habe eine Kühlweste bestellt, einen Kragen, Armbänder, auch für die Fußgelenke – alles will ich testen. Eine Kühldecke für die Katze habe ich auch bestellt. Wenn sie die ablehnt, werde ich selbst darauf schlafen.
Eigentlich sollten diese ganzen Dinge längst hier sein. Sie sind es nicht, weil ich die Bestellung nicht abgeschlossen habe, dunkel erinnere ich mich, dass irgendwas mit 2-Faktor-Gedöns war und der zweite Schritt war mir möglicherweise zu mühsam. Ich bestelle sehr oft irgendwas nicht, weil ich noch etwas auf einem Gerät bestätigen müsste, das ich gerade nicht greifbar habe. Nicht aus Trägheit sondern aus Trotz. Ich möchte alles nur einmal tun und bestätigen, nicht mehrfach. Ich will gar nicht wissen, was ich alles deshalb schon nicht bestellt habe.
Was ich auch alles gar nicht wissen will: was mein Hirn sich im Hintergrund so zusammenreimt. Wie gesagt, ich sitze gerade auf dem Balkon und schaue auf etwas, das ich in meinem Hirn als "Kreuz einer kleinen Kapelle - lateinisches Steinkreuz auf Rundsockel" eingeordnet habe. Nur: warum sollte im Nachbarhaus im Garten eine kleine Kapelle stehen? Mir fällt kein Grund ein, es gibt auch keinen, es ist auch gar kein Steinkreuz. Es ist ein Schornstein und viel weiter weg, an der nächsten Querstraße, ist dann der Dachfirst eines anderen Hauses. Im Sonnenuntergang, wenn alles ein wenig verschwimmt - und wenn man sowieso nicht das beste räumliche Vorstellungsvermögen hat - ist es möglich, das anders wahrzunehmen. Seit Jahren denkt mein Unterbewusstsein, im Nachbargarten stünde eine kleine Kapelle. Wer weiß, was es noch alles denkt, wenn ich nicht aufpasse und wie das meine Handlungen und Entscheidungen beeinflusst, ohne dass ich es merke.
Nun ist aus anderem Grund mein Herz schwer: Der Trinkwassersprudler.
Ich habe bemerkt, dass er immer deutlicher muckt, habe Reparaturmöglichkeiten recherchiert und dann, wie alt das Gerät eigentlich ist. 15 Jahre sind es. Ich denke, eine Neuanschaffung steht an. Das ist an sich nicht so schlimm, ich möchte allerdings ein Modell, in dem ich die Glasflaschen weiterverwenden kann, davon hab ich nämlich sehr viele und auch ein Aufbewahrungsutensil dafür. Es kommt also nur das Nachfolgemodell des aktuellen Modells in Frage (also: ich bin bei 1.0 und würde auf 3.0 wechseln). Nur: die Kohlensäurekartusche ist bei dem irgendwie anders, nämlich mit einem Quick Fix für so Leute, die anscheinend keine Kartusche in ein Gerät drehen können und zu diesen Leuten gehöre ich nicht.
Ich wäre nicht so leidenschaftlich, wenn es diese Art Kartusche bei meinem Lieblingsversandhandel aller Zeiten, dem Sodabären, gäbe. Gibt es aber nicht. Ich bin sehr traurig. Ich kann also entweder ein anderes Modell kaufen und alle Flaschen neu anschaffen (nein) oder das passende Modell zu den Flaschen kaufen und mit einem Adapter auf alte Zylinder umrüsten (nein) oder halt nicht mehr beim Sodabären bestellen, bis er sein Sortiment passend erweitert hat - falls überhaupt möglich und nicht wegen Patentrechten eingeschränkt, wovon ich eigentlich ausgehe.
Das ganze Thema ist mir zu emotional, ich werde mich erst am nächsten Wochenende wieder damit befassen. So etwas kann ich nicht an einem Sonntagabend lösen.
Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: "Sie machen insgesamt einen ordentlichen, strukturierten Eindruck in den Blogbeiträgen auf mich. Wie kommt es, dass sich der Wohnung immer wieder Berge an Dingen finden, die keiner mehr braucht oder die vergessen wurden (wie die Marmelade vom 15. Juni zum Beispiel)? Liegt das an den Mitbewohner:innen oder an Ihnen?"
Natürlich liegt es an den anderen. Es kann sich hier nur um eine rhetorische Frage handeln.
Zu meinem unfreundlichen Nachhaken zur Thematik von gestern wurde mir beschieden, es bestünde doch gar kein Problem. Der Zugriff zu dem korrekten Report sei mir eingeräumt worden, die anderen eben, nunja, man wolle nicht sagen falsch, nur anders. Und viele Jahre alt, einer sei für eineinhalb Dekaden erstellt worden, damals hatte man ja nichts! Jedenfalls: kein Problem. Allenfalls kann man darüber sprechen, diesen sehr alten Report zu löschen. Vielleicht.
Ich sehe schon, das wird eine längere Angelegenheit. Macht nichts, der nächste Winter kommt, da muss man sich die Finger warmtippen.
Weitere Merkwürdigkeiten heute: es gab ein Missverständnis zwischen Chef und Fahrdienst, das dazu führte, dass der Fahrdienst den Chef nicht mehr fahren möchte und der Chef mit dem Fahrdienst nicht mehr fahren möchte. Eine klare und gute Situation, meiner Ansicht nach, wir beauftragen einen anderen Fahrdienst und alle haben, was sie wollen, können fortan zufrieden damit sein, wie das Leben gespielt hat. Irritierenderweise hatten aber alle beteiligten Parteien Gesprächsbedarf. Also mit mir.
Dann eine Zollrechnung für drei Flaschen Ahornsirup. Wir haben im Büro üblicherweise keinen Ahornsirup vorrätig, benötigen ihn auch nicht für unsere Arbeitsprozesse. Ich ging daher von einem Privatkauf aus und gab die Rechnung nicht frei. Dies führte zu Empörung beim Empfänger, das Paket sei keineswegs privat, er wüsste nämlich gar nicht davon. Das erschien mir nun wieder sehr einfach: wenn wir keinen Ahornsirup bestellt haben, keinen Ahornsirup erhalten haben, keinen Ahornsirup wollen, dann müssen wir uns nicht befassen, wir bezahlen wir de Rechnung natürlich nicht. Jedoch: auch hierzu Gesprächsbedarf.
Mir ist völlig unklar, warum die Menschen in meinem Umfeld die Schönheit der einfachen, pragmatischen Lösungen nicht zu schätzen wissen.
Und dann gab es noch ein Bewerbungsgespräch. Ich fand die Kandidatin gut. Das Team fand die Kandidatin auch gut, spricht sich gleichzeitig gegen eine Einstellung aus, denn die Kandidatin bringt einige positive Eigenschaften mit, die bei uns etwas unterrepräsentiert sind. Es entspann sich – also aus meinem Mund – ein Monolog zu der Thematik, ob man so einstellt, dass Dinge sich möglichst zum Positiven verändern oder ob man so einstellt, dass alles immer gleich bleibt. Und wie sinnvoll es in letzterem Fall dann ist, das, was immer gleich schlecht ist, immer wieder zu betrauern. Ich diagnostizierte eine implizite Loyalität zum Bestehenden, die stärker ist, als die immer wieder verbal formulierten Wünsche nach Veränderung und die bestehende Machtverhältnisse, Rollenmuster, Kommunikationsformen schützt. Natürlich ist es vollkommen okay, die Kandidatin abzulehen und zwar nicht als Votum gegen sie sondern als Votum für den Status Quo. Das dann nur bitte sehenden Auges und mit dem Bewusstsein, eine Loyalität zu dem zu leben, worunter man gleichzeitig leidet.
Jetzt wollen alle noch eine Nacht nachdenken. Ich glaube übrigens nicht, dass die Kandidatin zu uns kommen möchte. So, wie ich sie verstanden habe, sucht sie ein moderneres, flexibleres Umfeld.
Heimweg per Bahn, ich führte meinen neuen gelben Einkaufstrolley aus LKW-Plane, den ich Fragmente nachgekauft habe, bei mir. Ich muss etwa einmal im Monat größere Mengen an Zeug aus dem Büro abtransportieren – Dinge die sich immer mal ansammeln. Ich schleppe bekanntlich ungern Dinge und schon gar nicht möchte ich jeden Tag eine Kleinigkeit tragen, ganz im Gegenteil, ich bin ja häufig sogar ohne Handtasche unterwegs. Bisher fuhr ich etwa einmal im Monat mit dem Auto, ein Auto dabei haben ist natürlich noch sperriger, als eine Handtasche dabei haben, also auch nichts für mich. Nun habe ich den gelben Trolley gekauft, um ihn bei Bedarf zu nutzen. Heute waren darin: neue erhaltene Blumensamenpapiere, eine Weinflasche, Werbekulis, drei paar Schuhe, zwei Shirts, ein Blazer, eine Wolljacke, zwei Kaffeetassen. Der Trolley passt leider nicht aufs Fahrrad, ich haderte die Fahrt über damit, um dann festzustellen, dass ich gar nicht mit dem Rad zur Bahn gefahren war. Mühsam versuchte ich mich zu erinnern, wie ich überhaupt ins Büro gelangt war, doch die letzten Tage waren von so viel Bahnchaos und kurzfristigen Verkehrsmittelwechseln geprägt, dass ich mich kaum erinnern konnte.
Zu Hause dann noch Gesangsstunde. „Wenn du einfach mal richtig üben würdest, könntest du richtig gut singen!“, sagte der Gesangslehrer verzweifelt. Naja, was könnten wir denn nicht richtig gut, wenn wir einfach mal richtig üben würden?
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Ereignisreicher Tag. Und das, obwohl ich drei Stunden davon relativ reglos im Stuhl der Zahnärztin verbrachte. Davor musste ich rennen, es fuhr nämlich irgendwie rein gar nichts an Bahnen, ich hatte gleichzeitig keinerlei Lust, den ganzen Tag ein Auto am Hals zu haben, also dachte ich, 90 Minuten Fahrzeit werden schon irgendwie ausreichen und näherte mich dem Zielort stückweise an. Der Plan ging nur fast auf, auf dem letzten Stück wurde es recht hektisch. Grund dafür war übrigens, dass ein Mensch – vermutlich in einer Lebenssituation, in der es nicht mehr gelingt, gute Entscheidungen zu treffen – im S-Bahn-Tunnel geschlafen hatte und am Morgen überfahren wurde.
Mein Termin war um 10 Uhr, da war ich noch etwa 500 Meter von der Praxis entfernt und beschloss, lieber leicht zu joggen als das Telefon zu bemühen. Um 10:05 stand ich vor der Tür der Praxis, als mein Telefon schellte – man wartet ungern in dieser Praxis, völlig zu Recht natürlich, ich drückte auf die Klingel, statt auf Handy und dann war ja auch schon alles gut.
Heute wurden im wesentlichen lauter Dinge vermessen und Provisorien angefertigt, die Praxishilfe entschuldigte sich, dass Abdrücke notwendig ware. Abdrücke sind mir aber total egal, ich war nur interessiert, warum es unten Himbeergeruch gab und oben nicht. Das hatte eine Erklärung, der Abdruck unten musste weniger präzise sein und war daher mit Alginat als Abdruckmasse, der oben wurde mit Polyether gemacht.
Auf dem Weg von der Zahnärztin zur Bahn trank ich den besten Eiskaffee meines Lebens, was daran liegen kann, dass ich bis dahin – es war nun ja schon 13 Uhr – vergessen hatte, irgendwas zu essen oder zu trinken.
In der Bahn war es auch wieder nett. Zwei mittelalte Herren stiegen ein, sie begleiteten eine Gruppe junger Männer, denen es aus unterschiedlichen Gründen schwer fiel, Bahn zu fahren. Einer konnte nicht gut sitzen bleiben, ein anderer wollte gar nicht erst einsteigen, ein dritter hielt sich die Ohren zu und wollte sich zunächt nicht hinsetzen, einer der mittelalten Herren konnte ihn ein wenig beruhigen. Er schaute sich um – und wollte dann nicht irgendwo, sondern ganz sicher neben mir sitzen. „Nur hier“‚, sagte er sehr bestimmt. Ich kann nicht erklären warum und es ist etwas bizarr: für mich fühlte es sich so an, wie neben einer Katze zu sitzen. Die Fahr verlief dann ohne Zwischenfälle, sie stiegen alle vor mir aus, so dass ich nicht durch eigenes Aussteigen Unruhe stiften musste.
Im Büro hatte ich den ersten einer jetzt regelmäßigen Serie von Videocalls, die ich angeregt hatte, die Teilnehmenden sind meine Counterparts an zwei anderen europäischen Standorten, der eine Standort ist sehr klein und quasi unser Satellit, die Kolleginnen am anderen Standort sind neu, so dass ich viel Absprachebedarf sehe. In dem Gespräch warnte ich vor einem Fehler in unserer Finanzsoftware, auf den ich gestern gestoßen war. Und zwar gibt es drei Wege, den Stand der offenen Fälligkeiten eines Kunden abzufragen – ungünstigerweise führen sie jedoch zu drei unterschiedlichen Ergebnissen.
Im einen Fall hat das mit Wechselkursthemen zu tun, im zweiten mit fehlschlagenden automatischen Aktualisierungen, der dritte Weg – der richtige – erfordert noch einmal Zugriffsrechte auf einem höheren Level und ich vermutete, die anderen haben diese Rechte nicht. Ich hatte sie bis gestern Abend nämlich auch nicht. Die Problemlösung wird wohl dauern, jedenfalls hat bisher noch keine der zuständigen Personen reagiert und ich werde morgen unfreundlich nachhaken.
Mir ging es jedenfalls heute darum, dass niemand der anderen in diese Falle tappt, die mich gestern halt gleich zweimal erwischt hatte. Einem Kunden die Außenstände zweimal und dann auch noch unterschiedlich falsch mitteilen, muss man in dieser Form ja auch erst einmal zustande bringen. Zu meiner völligen Verblüffung verwendeten die Kolleg:innen aus Belgien und Brüssel viel Zeit darauf, mir zu sagen, wie leid es ihnen tut, dass mir das passiert ist und wie unangenehm es doch gewesen sein muss. Das war in meiner Gedankenwelt jetzt so gar nicht angelegt. Ja, war natürlich doof, aber war ja gestern, heute schauen wir, dass es nicht wieder und auch niemandem sonst passiert.
Ich war jedenfalls verwundert, erst etwas ungeduldig, dann fand ich es auch irgendwie nett, es war eine sonderbare Erfahrung für mich. Ich kann mich nicht erinnern, dass es mir jemals in den Kopf gekommen wäre, so zu reagieren, maximal würde ich vielleicht „what an unbelievable piece of shit!“ sagen. Ich habe hier noch Gelegenheit, an meinem interkollegialen Repertoire zu arbeiten!
Der Heimweg per Rad nach Hause – das Rad stand noch von gestern am Büro – verlief nach Törtchen und Champagner sehr beschwingt. Trotz Hitze. Seit ich Radieschen mit Salz esse, ist mir heiß und ich bin verschwitzt, wie normale Menschen. Das Kopfdröhnen, die Übelkeit und der leichte Schwindel den ganzen Tag sind bislang weg. Da es erst drei wirklich heiße Tage seither gab, mag das natürlich noch Zufall sein.
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Ins Büro gelangte ich heute erst um 12:30 Uhr. Seit 9 Uhr war ich allerdings unterwegs. Per Rad, also nicht im Stau oder im S-Bahn-Tunnel gefangen, es war einfach Leben, das dazwischen kam.
Zunächst fuhr ich zum Schneider, denn das blaue Chiffonjäckchen, das mir in New York sehr gute Dienste geleistet hatte und daher unbedingt weiter Bestandteil meiner Garderobe sein soll, hatte einen losen Faden an einer Naht. Das ist keine gute Situation, ich wollte das beheben lassen, bevor noch mehr geschieht. Selbst kann ich das nicht. Einfach Dinge kann ich durchaus zusammennähen, nicht aber Nähte an halbdurchsichtigen Chiffonjäckchen, zumindest nicht zu meiner Zufriedenheit. Bei der Gelegenheit nahm ich noch zwei weitere Kleidungsstücke mit, die ich durchaus selbst hätte flicken können (ebenfalls aufgegangene Nähte). Das hatte in den letzten 1,5 Jahren jedoch nicht stattgefunden, auch wenn ich das kann, habe ich dazu überhaupt keine Lust und hatte diese Aufgabe daher immer weiter aufgeschoben. Bis heute, wie praktisch, da hat sich der Weg zum Schneider immerhin richtig gelohnt. Ich werde nun bald eine türkisfarbene Bluse wieder tragen können und schon vorbereitend auf den Herbst eine schwarz-weiß-gemusterte Strickjacke.
Nach dem Schneider fuhr ich zum Bäcker und dann zum Schuster. Tag des alten Handwerks, sozusagen. Allerdings war ich wegen eines Schlüssels beim Schuster, der Schuster ist auch Schlüsseldienst bzw. ich muss leider sagen: "war". Es gab das Geschäft nicht mehr, statt dessen eröffnet dort bald "Swedish Candy" (oder vielleicht auch Danish Candy, irgendein Scandinavian Candy halt, ich bin nicht interessiert, ich habe es mir nicht gemerkt). Ich ergoogelte einen anderen Schlüsseldienst, der auch Autoschlüssel repariert, darum ging es nämlich, bei der letzten Fahrt war mir der Schlüssel - Autoschlüssel sind ja immer in so einem Plastik-Fernbedienungsgehäuse - in der Hand auseinandergefallen.
Nun radelte ich also zu dem anderen Schlüsseldienst, ging hinein und sagte "Sie reparieren ja auch Autoschlüssel, richtig?". Der Herr im Raum sagte, nein, das täten sie nicht. "An Ihrer Tür ist aber ein Schild, auf dem Autoschlüssel abgebildet sind und daran steht ab 35 Euro" wandte ich ein. Der Herr ging zur Tür und hinaus, schaute, kam wieder hinein und befand das, nujnja, man dann wohl auch Autoschlüssel reparieren würde. "Ich muss Sie das fragen", sagte ich, "arbeiten Sie wirklich hier? Man kennt das ja aus dem Fernsehen, so einfach jemand an einem Schreibtisch sitzt und alle denken, es sei der Neurologe und in Wirklichkeit ist es ein Patient, vielleicht sind Sie auch gar kein Autoschüsseldienst sondern ein Autodieb, in dem Fall kann ich ihnen sagen, ohne Maßnahmen geht der Wagen nicht durch den TÜV und ich habe den Kostenvoranschlag noch nicht, besser sagen Sie gleich, wenn Sie hier nicht arbeiten, das ist für uns beide die bessere Lösung." Der Mann seufzte und bat mich, ihm das Problem mal zu zeigen - ich hatte alle Schlüsselteile, die ich noch gefunden hatte, in einem Ziploc-Beutel dabei. "Eigentlich 55, wir machen aber 45 denn Sie haben ihn ja schon auseinandergebaut, da sparen wir einen Schritt", sagte der Mann und "ist in einer Stunde fertig".
Eine Stunde hatte ich nicht. Der Laden hat Mo – Fr von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Ich habe keine Ahnung, wann ich da jemals wieder zu Öffnungszeiten hingehen kann. Wenn es so weit ist, ist da vermutlich auch schon Scandinavian Candy. Ich beschloss, dieses Problem vorerst zu ignorieren und ließ den Schlüssel da.
Dann hatte ich einen persönlichen Reparaturtermin, unmittelbar danach rief M mich an, denn sie hatte außer Haus übernachtet und keinen Schlüssel dabei. Ich bot ihr an, nochmal durch die halbe Stadt zurückzuradeln und ihr meinen Schlüssel zu geben, vorausgesetzt sie holt den Autoschlüssel bei Hier-keine-Autoschlüssel-aber-vielleicht-auch-bald-Candy ab, so einigten wir uns, Problem gelöst, hurra!
Nun war ich endlich auf dem Weg ins Büro, wobei ich gut auf halbem Weg hätte nochmal umdrehen können, es gab nämlich einen Kaffee-Vorfall. Ich habe aber Wechselkleidung im Büro.
Die Zeit dort verging entsprechend schnell, war ja nur ein halber Tag, dann fuhr ich mit dem Rad wieder nach Hause, nur um dort sofort ins Auto einzusteigen und M mit einer schweren Tasche nochmal wohin zu fahren, die Tasche musste dort abgegeben werden und man kann sehr schlecht parken, es war derselbe Weg, den ich heute vorher schon mehrfach mit dem Rad gefahren war und ich hatte Fahrzeugverwirrung, wollte an roten Ampeln immer vom Autositz aufstehen und mich hinstellen.
Jetzt bin ich im Sessel. Das ist vermutlich besser so.
Vielen Dank für die vielen Marmeladenverwendungstipps, ich werde sie alle ausprobieren.
In der täglichen Contentvorschlagliste wird heute gefragt: "Kommen Bildschirm und Schreibtisch jetzt raus aus dem Gästezimmer, wenn sie nicht mehr verwendet werden, oder werden sie dort nur ab jetzt ignoriert?"
Mir ist unklar, wie es zu der Frage kommen kann. Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich momentan weder Zeit noch Lust habe, mich um die Umgestaltung des Raums zu kümmern. Was denken Sie, was passiert? Dass irgendwer aus dem Internet kommt - eher kommen für sowas ja Leute aus dem Fernsehen, glaube ich, da gab es mal so eine Sendung - und das macht? Eins kann ich versichern: dass ich das mache, obwohl ich weder Zeit noch Lust habe, ist keine Realität, die ich jemals betreten habe.
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Gestern hatte ich den Geistesblitz, dass ein Teil meiner Kreislaufbeschwerden bei Hitze sehr gut mit einem Mangel an Elektrolyten zusammenhängen könnte. Denn wenn es heiß wird, trinke ich besonders viel, eben um keine Kreislaufprobleme zu bekommen. Ich trinke am liebsten Wasser und am häufigsten aufgesprudeltes Leitungswasser. Wenn ich nun viel trinke, dabei wenige Mineralstoffe aufnehme, verdünne ich vermutlich meine körpereigenen Elektrolyte, vor allem Natrium. Und kommt dann noch der Schweißverlust hinzu, ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein Defizit entsteht, das mein Körper durchaus registriert.
Auf diesen Gedanken kam ich, durch viele kleine Hinweise, die sich über den letzten Sommer angesammelt haben: manchmal hatte ich das Gefühl, dass Wasser mir „über“ ist, nicht im Sinne von zu viel, sondern eher so, als würde es einfach nur durch mich hindurchlaufen. Beschwerden wie Übelkeit und Schwindel wurden – völlig untypisch für mich – nach z.B. ein paar Kartoffelchips besser. All das nehme ich schon länger wahr, es dauerte bis gestern, dass alles in meinem Gehirn an den richtigen Platz fiel.
Nun teste ich, ob meine Theorie zutreffend ist und ob sich ein Teil der Beschwerden – ein Sommer-Fan werde ich sicherlich nie – durch etwas mehr Beachtung dieser Zusammenhänge lindern lässt.
Heute fiel mir etwas anderes auf, und zwar: ich hasse es wirklich unglaublich, zu Hause am Schreibtisch zu sitzen. Gar nicht so sehr, weil ich die damit verbundenen Tätigkeiten hasse. Ich hasse den Ort. CucinaCasalinga diagnostizierte mir ein Corona-Homeoffice-Trauma. Ich bin unsicher. Es kann damit zusammenhängen, ich habe wirklich viel zu viel Zeit meines Lebens unfreiwillig an diesem Schreibtisch verbracht. Das ist aber vorbei ich sitze da jetzt nur noch freiwillig.
Allerdings gefiel mir die Farbe der Tischplatte noch nie und die Farbe der Wand auch noch nie besonders, hinzu kommt, dass ich auf die Wand schaue, Herr N hat da Memorabilia aufgehängt, die ihm etwas bedeuten, mir allerdings nicht. Auf dem Schreibtisch selbst stehen ein paar Dinge, nicht unfassbar viele, der meiste Platz wird von zwei Bildschirmen eingenommen, die ich gar nicht mehr benutze und die Tischplatte ist sowieso nicht sonderlich groß. Wenn ich z.B. einen aufgeschlagenen Ordner habe, einen Notizblock, einen Laptop, eine Tasse Tee und ein Glas Wasser, dann wird es schon eng.
Was vermutlich das Zweitschlimmste von allem ist: Der Platz am Schreibtisch ist neben der Balkontür, Südseite. Das heißt, im Sommer ist es dort immer zu warm und häufig zu hell. Und im Winter ist dieser Raum der kälteste in der ganzen Wohnung.
Was vermutlich das Schlimmste ist: Der Schreibtisch steht im Arbeits-/Gästezimmer, dort befinden sich im wesentlichen zwei Dinge. Einmal die, denen noch kein anderer passender ständiger Aufenthaltsort in der Wohnung zugewiesen werden konnte. Und dann Dinge, die erledigt werden müssten. Heißt: in diesem Raum sind nur Sachen um die sich mal wer kümmern muss. Nichts irgendwie freudvolles. Naja gut, eine Gitarre, aber selbst die muss zwei Saiten ersestzt bekommen. Ich glaube, der Raum muss grundlegend umgestaltet werdenn.
Da ich dazu momentan weder Zeit noch Lust habe, habe ich beschlossen, ab sofort für notwendige Papiertätigkeiten (im Weitesten Sinne) zu Hause am Küchentisch zu sitzen. In der Küche fühle ich mich wohl, es ist eine Wohnküche. Der Küchentisch ist viel größer als der Schreibtisch, ich kann da auf der Bank sitzen und in den Raum schauen oder auf einem Stuhl sitzen und aus dem Fenster schauen – oder sogar auf einem anderen Stuhl sitzen und gegen die Wand schauen, falls ich wirklich gegen eine Wand schauen möchte, da hängt immerhin ein Bild, das ich gerade neu gekauft habe. Auf dem Tisch stehen, seit der Kater gestorben ist, immer Blumen und generell bin ich gerne in der Küche, sie ist das Herzstück der Wohnung, hat viel Laufverkehr, viele gute Gerüche und Geräusche.
Auch diese Erkenntnis kam, wie gesagt, erst heute. Und dann in voller Klarheit: als ich mir einmal bewusst gemacht hatte, dass ich ab sofort nicht mehr am Schreibtisch sitzen werden, vielleicht nie mehr, sondern am Küchentisch, hatte ich sofort Lust, eine Milliarde Papierkramdinge zu erledigen!
Statt dessen räumte ich spontan den Schrank unter der Spüle auf und fand dabei ein paar (niedrige zweistellige Anzahl) Gläser mit Marmelade, die nicht mehr farbstabil und vermutlich nicht mehr so aromatisch ist wie auch schonmal, ganz sicher aber auch noch nicht verdorben ist. Was kann ich damit denn noch Schönes machen?
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Heute war endlich der Tag, an dem alles an seinen Platz fiel: die großen Projekte der letzten drei Wochen sind nun jeweils in einen knappen, strukturierten Plan überführt. Morgen habe ich einen 15-Minuten-Slot beim Chef gewonnen: drei Minuten pro Projekt zur Erklärung, zwei zur finalen Abstimmung – und dann geht alles in die Umsetzung. Hurra: erledigt, weiter!
Ich ging mit einer Mitarbeiterin essen, um ein Thema zu besprechen, das sie beschäftigt: Andere Menschen sind oft patzig – und manche, so scheint es, dauerhaft mehr als andere. Gleichzeitig nehmen einige diese Stimmung besonders deutlich wahr. Viel mehr als anlassbezogen darauf hinzuweisen, kann ich kaum tun, ohne die Organisation emotional zu übersteuern.
Im Gespräch kamen wir darauf, dieses Verhalten als etwas Eigenes der betreffenden Personen zu betrachten – als etwas, das sie nur mit Anstrengung verändern können, und nicht in Momenten, in denen sie ohnehin aufgebracht sind. Wie ein Akzent in einer Fremdsprache. Wir nannten es den Akzent des Grimmigen und hatten große Freude an der Vorstellung. Nun können wir, wann immer wir ihn hören, denken: „Er oder sie spricht mit dem Akzent des Grimmigen“ – und sind eher amüsiert als verärgert.
Auf dem Balkon sind die Junikäfer eingetroffen, immer ein Highlight für die Katzen. Dieses Jahr allerdings nur für die eine verbliebene, der es tatsächlich gelungen ist, ihren ersten Käfer ever aus der Luft zu holen.
In der täglichen Contentvorschlagliste wird gefragt: „Verlieben sie sich schnell/leicht?“
Ich bin generell kein optischer Typ, das heißt: ich habe noch nie jemanden gesehen und mich in den Anblick verliebt. Insofern verliebe ich mich nicht blitzartig schnell, denn jede Art von Kontaktaufnahme, die ja für mich notwendig ist, dauert schon etwas länger.
Ob ich mich leicht verliebe, kann ich nicht sagen – ich verstehe die Frage nicht so richtig. Es fällt mir nicht schwer, ich muss mich nicht überzeugen oder aufraffen. Es war nie so, dass ich dachte: Meine Güte, heute müsste ich aber wirklich mal den inneren Schweinehund überwinden und mich verlieben.
Es geschah eher beiläufig. Insofern: eher leicht als schwer. Ich habe jedenfalls nie besondere Anstrengung dabei empfunden.
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Schon wieder telefonierte ich heute mit einer Hotline, schon wieder ging es um ein Auto. "Hotline" ist vielleicht eine umstrittene Bezeichnung, ich rief in Wirklickeit das Ordnungsamt an, unser Fahrzeug hatte nämlich eine "Verwarnung mit Ordnungsgeld" (schon wieder so ein schöner Fachbegriff!) bekommen und ich rief das Ordnungsamt an. Der Vorfall war mir nämlich völlig unklar. Laut Schreiben hatte das Fahrzeug "bei erlaubtem Gehwegparken nicht den rechten Gehweg zum Parken (Zeichen 315)" genutzt, und zwar am 30. Mai um 20:30 Uhr abends.
Zu diesem Zeitpunkt saß ich mit Herrn N, M und den Schwiegereltern in einem Lokal nahe der bezeichneten Stelle. M hatte uns dorthin gefahren und auf einem öffentlichen Parkplatz geparkt, der ab 18 Uhr kostenfrei nutzbar war. Einen Gehweg im engeren Sinne gibt es an diesem Ort nicht, es handelt sich um eine Straße, die nur bis zum Parkplatz befahrbar ist, danach mit Pollern abgesperrt, die nur Anwohnende absenken können. Deshalb war ich sehr verwirrt. Ich verstoße beim Autofahren nicht gegen die Straßenverkehrsordnung und es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich neben M sitze, während sie "bei erlaubtem Gehwegparken nicht den rechten Gehweg zum parken" nutzt.
Die Frau beim Ordnungsamt war entschlossen freundlich, ich war auch entschlossen freundlich, so kamen wir im Gespräch gut voran. Sie ließ sich das Aktenzeichen nennen, um Bilder aufzurufen und war dann ähnlich verwirrt wie ich, drückte das nur professioneller aus mit "ich kann die Einschätzung des Kollegen vor Ort nicht nachvollziehen und er hat die Beschilderung auch leider nicht mit fotogarfiert". So fragte ich, wie wir die Situation jetzt auflösen und sie sagte "es ist ja am Einfachsten, wenn ich den Bescheid einfach aufhebe". So wurde es gemacht.
Ansonsten war der Tag sehr dicht, den ganzen Morgen verbrachte ich in einem Termin, der in ein Mittagessen mündete, hier eine weitere verwirrende Situation, denn ich bestellte gegrillte Aubergine mit irgendwas und ich könnte wirklich schwören, dass das, was ich auf dem Teller hatte, ein großer gegrillter Pilz war. Aubergine und Pilz kann ich für gewöhnlich sehr gut auseinanderhalten. Ich esse beides gern, daher fragte ich nicht nach.
Den Nachmittag verbrachte ich in einer dreistündigen Videokonferenz zu Steuerthemen, auch ein bisschen zu lang und einseitig für meine Geschmack. Morgen wird ein anderer Tag, einer mit nur einem einzigen Termin und ich kann ansonsten dies, das und jenes tun, jeweils nur so lange, bis es mich langweilt - was meist nach einer Stunde der Fall ist.
In der täglichen Contentvorschlagliste ist eine Frage aufgetaucht: "Hatten Sie Angst vor der Einreise in die USA? Oder nicht mehr zurückreisen zu können? Das Laptop durchleuchtet zu bekommen?"
Nein, ich hatte keine Angst vor der Einreise in die USA. Ich habe ja schon Flugangst, mehr als eine Angst auf einmal funktioniert nicht. Bei den genannten Punkten sah ich die größte Hürde bei der Einreise, also dem Immigration-Teil, der hat bei meinen beiden letzten Reisen sehr lang gedauert (zwischen 1,5 und 2,5 Stunden) und ich hatte Sorge, dass es dieses mal noch viel länger dauert und ich vor Langeweile eingehe. In Bezug auf die Durchsuchung elektronischer Geräte war mir der Laptop egal, das ist ein Firmengerät und wenn er durchsucht wird, ist das nicht mein Problem. Auf dem Handy hatte ich vor der Reise überlegt, ein paar Apps zu löschen, hatte dann aber wirklich keine Lust, mich mit diesem ganzen Theater zu befassen und habe alles so gelassen, wie es ist. Die Rückreise sah ich als den am wenigsten problematischen Teil an, Leute aus dem Land lassen können ja alle immer gut und auf den Gedanken, dass ich auf deutscher Seite nicht mehr hineingelassen werde, bin ich ehrlich gesagt nicht gekommen.
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Ein wichtiges Update. Das Jahr ist fast ganz halb rum und ich reiße immer noch meine Abreißkalender ab! So lange habe ich das noch nie geschafft. Ein bedeutender Milestone war heute: ich war seit dem 28.5. nicht mehr zum Abreißen gekommen – nur an zwei Tagen wegen zu viel zu tun, dann wegen Wochenende, dann wegen Abwesenheit. Und doch ging heute im Büro gleich mein dritter Weg des Tages zu den Kalendern.
Ich erkläre es mir so: sonst hatte ich immer einen Kalender. Ist dann ein halber Monat vergangen, denke ich mir, nunja, jetzt ist es auch egal, dieses Projekt gebe ich für dieses Jahr jetzt halt auf, in einem anderen Leben vielleicht, nicht in diesem. Jetzt habe ich aktuell aber ja vier Kalender. Ich würde also vier Projekte gleichzeitig aufgeben, vier Leben, in denen ich jeweils einen dieser Kalender annähernd täglich abreiße und nein, so weit bin ich am 10. Juni noch nicht. Wir sind wieder à jour!
Zwischen den Jobtätigkeiten musste ich heute einen privaten Anruf machen, vor dem ich Nervosität verspürte, denn: das Ergebnis, das Gelingen, war sehr wichtig. Allerdings auch nicht wirklich kompliziert, im Zweifelsfall ganz sicher eine Problematik, die mit Geld gelöst werden kann. Es musste nämlich – ich verwende jetzt heute erlerntes Fachvokabular – eine „kurzfristige Nutzerkreiserweiterung“ für ein Kraftfahrzeug herbeigeführt werden. Zu diesem Zwecke rief ich die Autoversicherung an. Die Dame in der Hotline war wild entschlossen, unfreundlich zu sein. Ich war wild entschlossen, freundilch zu sein. Die stärkste Energie im Raum bestimmt bekanntlich die Energie im Raum. Die Dame eröffnete mit „Also SIE können da gar nichts machen, denn der Halter des Fahrzeuges und Versicherungsnehmer ist ja Ihr Mann!“ und ich konterte mit „Das ist schonmal ein super wertvoller Hinweis für ich, vielen Dank, ich höre schon, Sie haben Erfahrung, was raten Sie mir, wie wir vorgehen können?“ Die Antwort war, es sei eine E-Mail zu schreiben, also natürlich nicht von meinem Mailaccount und der oben genannte Fachbegriff fiel, den ich mit ausdrücklicher Begeisterung notierte und dabei erwähnte, ich sei überrascht, also wirklich völlig perplex angesichts dieser Kulanz, das hätte ich so von der bisherigen Versicherung nicht gekannt, ich sei sehr froh, dass ich – also mein Mann – zu dieser aktuellenl Versicherung gewechselt haben. Die Frau bemühte sich um weitere Unfreundlichkeit, es seien unbedingt alle Nummern anzugeben, KFZ-Kennzeichen UND Versicherungsnummer, es sei nicht zumutbar, dass die „Fachabteilung“ selbstständig vom einen auf das andere schließt. Ich stimmte natürlich zu, die Versicherung hat auch praktische kleine Kärtchen verschickt, auf denen beides abgedruckt ist, auch da: super Service! Das erlebt man nicht oft heutzutage. Ob sie mir nur noch einen riesigen Gefallen tun könnte, fragte ich, nämlich mir die Mailadresse nennen, ich könnte sie natürlich auch nachschauen aber sei mir ja sicher, dass die Frau sie sofort für mich präsent hat. Hatte sie. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, sagte ich, „ich hatte vorher Sorge, dass jetzt alles ganz schwierig wird und dann war unser Gespräch die netteste Begegnung meines Tages bisher!“ An dieser Stelle knickte die Frau ein und sagte sehr grummelig „Dann Ihnen noch weiter einen schönen Tag“. Zufrieden legte ich auf.
Später am Tag drehte mein Gehirn noch ein paar merkwürdige Runden, möglicherweise jetlagbedingt, ich bin noch immer nicht wieder ganz präsent da, wo mein Körper sich befindet. Ich fuhr mit Fragmente Richtung Badesee, sie war an einem Kreisverkehr unsicher, welche Abfahrt zu nehmen ist, da das Navi sich unklar verhielt – ich hatte dasselbe Erlebnis vor wenigen Wochen an derselben Stelle, hörte dabei einen Podcast mit Kevin Kühnert und als ich Fragmente in die Seitenstraße lotste saß auf einer Bank ein Mann ungefähr im selben Alter wie Kevin Kühnert und mit ähnlicher Haarfarbe und ich hatte einen kurze Realitätsverschiebung. Später nochmal, als wir vom Badesee zurückfuhren, Fragmente hatte nach dem Baden von Bürohose auf andere Hose gewechselt, verwirrenderweise in ähnlicher Farbgebung aber mit anderem Muster, einem reptilienartigen Muster, so dass ich ganz kurz dachte, sie verwandelt sich gerade vor meinen Augen in einen Echsenmenschen. Diese Gedanken – dass Kevin Kühnert auf der Bank sitzt und Fragmente zum Echsenmenschen wird – produziert mein Gehirn völlig beiläufig, nicht als Schrecken oder Anomalie sondern als logisches Ergebnis einer Mustererkennung, das macht es so überzeugend. Ich wollte Fragmente am Bein anfassen, um die Haptik der Echsenhaut festzustellen, konnte mich aber noch einregulieren. Vielleicht hat mein Gehirn auch eine kurzfristige Nutzerkreiserweiterung. Oder bekommt Migräne.
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Wann der heutige Tag für mich begann, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Irgendwann so 6 Uhr morgens Ortszeit New York am 6. Juni, er zog sich über einen halben Tag dort im Büro, eine sehr lange Fahrt zum Flughafen, einen daher gar nicht mal so langen Aufenthalt dort, aber dafür nochmal ca. 1 Stunde angeschnallt auf dem Rollfeld, warten auf die Startfreigabe. Ein Traum für Personen mit Flugangst. Irgendwann machte mein Kopf „Tilt“ und ich schlief einfach ein. Halt für 45 Minuten, dann ging es ja los, da wachte ich wieder auf. Das war die erste Hälfte meines „Nachtschlafes“.
Im Flugzeug gab es dann erst wieder unendlich viel Essen, das meiste probierte ich nur, ich war kein bisschen hungrig. Die Käsehäppchen waren gut. Unfassbaren Durst hatte ich aber, den Flug über trank ich fast 3 Liter Wasser, die Flugbegleiterin fragte schon gar nicht mehr sondern hielt mir immer wieder eine neue Flasche hin.
Was leider nicht klappte – trotz Bettfunktion des Sitzes – war Einschlafen. Der Kopf drehte zu sehr in alle Richtungen. Ich versuchte, einen Film zu schauen, das klappte genauso wenig und aus demselben Grund. Ich gab es auf, lehnte mich zurück und ließ den Kopf halt drehen. Ist ja auch spannend, alles mögliche kommt da hoch, man kann es betrachten und weiterziehen lassen, die Bilder haben die Geschwindigkeit wie flackerndes Licht bei einem Techno-Rave, das ist natürlich auch unterhaltsam, ich begab mich der Rolle der am Geschehen in meinem Kopf unbeteiligten Zuschauerin, ließ mich hindurchtreiben. Dabei bin ich dann noch einmal für 45 Minuten eingeschlafen, berichtet das Armband.
Ankunft in Frankfurt 8:30 (Ortszeit), 10 Uhr zu Hause, sofort Duschen und Bett, hier gelang es mir jetzt, den Kopf einzuhegen indem ich ein Bild, das er mir wiederkehrend bot (die Katze) schnappte und in allen Details betrachtete, dabei schlief ich ein, für immerhin knapp vier Stunden.
Seitdem komme ich an. Ich war draußen, um in den richtigen Tagesrhytmus zu kommen. Die Schlüssel, Papier etc sind wieder auf Alltag umsortiert. Die Koffer sind ausgepackt, verräumen und Wäsche waschen muss ich aber noch. Gut, dass ich noch einen Tag mehr habe, um alles wieder einzutakten.
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