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    Dienstag, 1. August 2006
    Bin ich ein Kollateralschaden?

    Ich streiche öfters mal Leute aus meinem Adressbuch. Nicht, weil ich verärgert über sie wäre. Sondern weil ich nichts von Karteileichen halte. Ich trenne mich gern trenne von Dingen, die ich nicht brauche. Und Personen mit denen mich nichts verbindet und für die ich über längere Zeit keine Zeit gefunden habe, brauche ich offensichtlich nicht.

    Nun sind mir allerdings zwei Personen aus meinem Leben abhanden gekommen, dich ich gar nicht gestrichen habe. Und eigentlich auch gar nicht streichen will. Weil uns in meinen Augen noch sehr viel verbindet.

    Mit dem einen bin ich zur Schule gegangen und wir waren damals nie miteinander befreundet, hatten aber dieselben Freunde, so dass wir uns trotzdem oft begegnet sind. Nach dem Grundstudium hatten wir mit vielen Leuten eine zweimonatige Rucksacktour durch die USA geplant: Wie es so ist kam bei dem einen dies und bei dem anderen jenes dazwischen, so dass letztendlich nur noch er, ich und ein quasi-verhandschelltes Neupärchen übrig blieben. So teilten wir also die Hotelzimmer und hingen zusammen ab, wenn die anderen mit Pärchenaktivitäten beschäftigt waren. Von Ausrauben bis Zollfahndung haben wir dabei so ziemlich alles erlebt und letztendlich entstand daraus eine Freundschaft. Durch den einen oder anderen Umzug in den folgenden Jahren wurde der Kontakt zwar unregelmäßig wurde, aber er brach nie ab und wir konnten bei jeder Begegnung wieder so reden, als hätten wir uns gerade am Vortag noch gesehen.

    Vor drei Jahren dann aber plötzlich absolute Funkstille. Keine Antwort auf gar nichts mehr. Nach einem Jahr dann ein Anruf kurz vor einem Geburtstag: er wollte sich mal melden, lange nix gehört, ob es eine Feier gibt - ja, er kommt auf jeden Fall, freut sich schon, wird ja höchste Zeit, dass wir uns sehen.

    Das war das letzte Mal, dass ich von ihm gehört habe.

    Ein möglicher Erklärungsversuch - vielleicht ist er ja tatsächlich gekommen und hat in dem Lokal dann statt der üblichen Verdächtigen nun drei Pärchen da sitzen gesehen, die jeweiligen Frauen mit 7-9 Monatsbäuchen. Das mag abschreckend wirken. Aber ob das derart traumatisiert, dass man nach zwei Jahren noch sprachlos ist? Unwahrscheinlich.

    Mit der verschollenen Nr. 2 ist es fast noch seltsamer. Wir lernten uns mit 16 in Frankreich kennen und es hat immer zwischen uns geknistert. Geklappt hat es nie, denn immer war gerade er oder ich schon vergeben oder auch mal gerade beide. Oder auch mal gerade beide nicht, aber dann waren wir mit Wunden lecken beschäftigt. Durch Schule und Studium haben wir uns nicht aus den Augen verloren und uns geographisch immer mehr angenähert. Vor zwei Jahren dann der Anruf: "Du, ich wohne jetzt nur noch drei Straßen von Dir". Am nächsten Wochenende gleich zusammen in den Biergarten gegangen, jeder hat noch ein paar Freunde mitgebracht, irre Spaß gehabt und beschlossen, das jetzt ganz oft zu tun.

    Das war's. Nie wieder etwas gehört, keine Antwort auf Kontaktversuche, ein paar Mal geklingelt und nie einer da, Zettelchen in den Briefkasten aber auch darauf keine Reaktion und deshalb klingel ich jetzt auch nicht mehr.

    Und wundere mich. Und frage mich, ob ich ein Kollateralschaden des Laufs der Zeit in Form einer Adressbuchüberarbeitung geworden bin.

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