Alles zu WmdedgT wie immer bei Frau Brüllen.
Es ist Juni, wie kann das sein. Wie können seit Silvester 5 Monate vergangen sein, nunja, ich weiß aktuell nie genau, welcher Wochentage es ist und auch nicht, welche Uhrzeit ist, alle Parameter sind völlig off, ich bin kein gutes Maß der Dinge und keine gute Auskunft zu Kalenderfragen.
Ich versuche, mich zu erinnern, wie dieser Tag begann. Fest stehe: er begann in New York Ich wachte irgendwann auf, fühlte mich unter der riesigen Hotelbettdecke etwas gefangen, es war draußen noch dunkel, es hatte noch kein Wecker geklingelt, Sie kennen bestimmt das Gefühl, wenn man den Arm heben möchte, um auf eine Uhr zu schauen aber die Kraft reicht nicht aus. Ich schlief wieder ein.
Später wachte ich erneut auf, es war immer noch dunkel, ich hatte das Gefühl, möglicherweise schlimm verkatert zu sein, was mich sehr gewundert hätte - am Vorabend war ich bis auf eine Ausnahme bei Mocktails geblieben. Die Ausnahme war allerdings ein undefinierbares Getränk namens "Teal Hurricane", der Name sprach mich an, daher hatte ich es getrunken. Was drin war, weiß ich nicht, als glückliche Person ohne Allergien oder Unverträglichkeiten muss ich sowas nicht berücksichtigen. "Teal Hurricane" schmeckte süß, ansonsten unauffällig, jedenfalls nicht nach so viel Alkohol, dass ein Glas Verkaterung verursachen würde. War es auch nicht, ich war nur wegen der Gefangenheit unter der Decke völlig überhitzt und ausgetrocknet. Diesmal gelang mir, mich zu befreien, ich trank ein paar Gläser Wasser, cremte mir Hände und Gesicht ein, tropfte Schmierlösung in die Augen und schlief wieder ein.
Um 7:20 Uhr klingelte der Wecker. In so einem Hotelzimmer gibt es ja nicht viel zu tun außer duschen, ankleiden, herrichten, ich war also 20 Minuten später fertig. Während des Anziehens hatte ich dem Fernseher entnommen, dass es neue Einreisebeschränkungen in die USA gibt, die wieder einmal meine Arbeit verkomplizieren würden - praktischerweise war ich aber auch gleich zum Frühstück mit meiner US-Ansprechpartnerin zu diesen Themen verabredet.
Zu diesem Frühstück kam ich zu früh, wie gesagt, ich hatte ja nichts mehr zu tun und nach einem kurzen Zettelchen mit Trinkgelt für das Housekeeping und eher aus Experimentierfreude einem Espresso aus der Hotelzimmermaschine spazierte ich zum Büro und dort in die Cafeteria, in der es einen Starbucks und kostenloses Frühstück gibt. Die Kollegin aus Melbourne und der Kollege aus Brüssel waren auch schon da, alle irgendwie zeitverschoben, wir setzen uns ein bisschen zusammen, dann kam meine Verabredung und fragte mich augenrollend "have you heard the news?"
Wir zogen uns in eine Ecke zurück, ich hatte Entscheidunsparalyse beim Frühstück, besann mich dann aber auf Melone, Ananas und Erdbeeren, einen Joghurt, ein Omelett und einen Zimtkeks. Mir schmeckt das Essen hier merkwürdig gleichförmig. Es gibt nichts wirklich daran auszusetzen, es ist aber auch irgendwie nicht geschmacksintensiv. Vielleicht bekomme ich Schnupfen oder so.
Nach dem Frühstück ging ich mit meinem Laptop auf die Suche nach der IT. Mein Akku macht nämlich Ärger, in Frankfurt hatten wir keinen guten Ersatz, hier ist die Abteilung viel größer und konnte mir weiterhelfen. Dabei wurde mir auch angeboten, mich gleich auf eine neue Software upzugraden, die bei uns eigentlich erst in ein paar Wochen kommt und okay, warum nicht? (Diese Frage beantwortete mir die Frankfurter IT wenig später sehr detailreich). Ich ließ das Gerät also dort und ging in mein Meeting.
Erste Pause gegen 10:30 Uhr, da bekam ich den Laptop zurück, alles etwas besser, die Batterie überzeugt mich immer noch nicht so richtig, vielleicht ist was in den Settings falsch. Müsste die nicht länger als 3,5 Stunden halten? Oder bin ich Chromebook-verwöhnt, das muss ich nur einmal pro Woche laden?
Mittagspause von 12 -13:30, es gab (neben allem möglichen Fleischzeugs) einen wunderbaren Fenchel-Blutorange-Avocado-Salat. Um 13 Uhr hatte ich noch eine Verabredung mit dem Finanzbereich wegen der Steuerprüfung, sie können ja nur mit der englischen Übersetzung arbeiten, ein paar Dinge waren unklar, ich schaute in die deutschsprachige Prüfungsanordnung und konnte das meiste aufklären, für den Rest machen wir morgen früh nochmal einen Termin mit der deutschen Steuerberaterin. Ansonsten liegen aber alle Unterlagen schon vor und es war kein bisschen schwierig, niemand hat auch nur gezuckt, sie hat sich ganz umsonst gesorgt.
Am Nachmittag unter anderem eine Rede des Senior Chairman. In dieser Position sollte man natürlich besser gut Reden halten können, auch vor einem Publikum mit sehr diversen Hintergründen und Interessenlagen, doch auch unter dieser Voraussetzung fand ich sie außerordentlich gut gelungen. Er begann mit "These are uncharted times. We will make mistakes." Der Raum war die ganze Zeit sehr still.
Weitere Meetings bis 17 Uhr, dann zurück ins Hotel zum Umziehen, denn: 18 Uhr Dinner & Dance. Ich verspürte eine kleine Müdigkeit, die letzten Tage waren schon wirklich sehr dicht und ich hatte es mir zum Ziel gemacht, mit mindestens 10 Personen, die ich noch nicht näher kannte, in ein angeregtes Gespräch zu kommen. Diese Quote habe ich übererfüllt, vielleicht damit aber auch mein Glitzerpulver schon ein bisschen verfrüht aufgebraucht. Nicht als einzige, Brüssel hatte schon gestern schlapp gemacht, Hong Kong, Peking und Tokio sagten für Dinner & Dance ab, dafür kam ich an der Bar, während wir auf Paris und Pao Alto warteten, mit Sydney ins Gespräch, dort ist eine neue Kollegin, die erst vor einem halben Jahr angefangen hat Also noch wen Neues kennengelernt und durch das Reden wurden wir beide wieder wacher.
Dinner & Dance war dann wie die letzten Jahre auch: unfassbar laut, unfassbar voll, sehr viel zu schauen - natürlich Kleider, Schuhe, Frisuren und so weiter, ich liebe das. Offizielles Ende war 22 Uhr, mir dröhnten aber schon eine halbe Stunde vor Ende so die Ohren und mein Augäpfel kamen mir klebrig vor, so dass ich Feierabend machte. Der Vorteil: noch keine Schlange bei den Wagen. Der Nachteil: ein super grumpy Fahrer, dem es nicht gefiel, dass das Hotel so nah ist und dessen Fahrzeug es nicht gefiel, dass ich mich nicht anschnallte, weil das Dings halt nicht schloss. Der Wagen drehte quasi piepsend durch und wollte nicht weiterfahren, ich stieg um auf den Beifahrersitz und sagte irgendwas wie "I thought stuff like that was a Tesla thing." und dann war der Fahrer noch mehr grumpy. Insofern für ihn doch irgendwie schön, dass die Fahrt kurz war, so musste er sich auch nur kurz über mich ärgern; ich hingegen wäre gern länger gefahren, ich war nämlich zu müde, auszusteigen.
Zurück im Hotel klärte sich auf, warum es am ersten Abend zu so einer merkwürdigen Zeit kurz nach Ankunft an der Tür geklopft hatte, jemand mir Wasser, Schokolade und eine Karte mit dem Wetterbericht in die Hand gedrückt und gefragt hatte, ob alles sauber sei. Es handelt sich dabei um die Abendroutine, gestern war es so, als ich zurück kam und heute auch. Das Wasser war unglaublich willkommen, weil mir trinken nicht ausreichte, stellte ich mich auch nochmal unter die Dusche, Wasser von überall, hurra.
Jetzt habe ich den Koffer schon wieder gepackt, morgen noch ein halber Bürotag und dann freue ich mich glaube ich darauf, im Flugzeug einfach 8 Stunden die Füße hochzulegen und mit niemandem zu sprechen.
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