Wo soll ich anfangen? Es fühlt sich an, als sei ich mehrere Wochen verreist gewesen aber es waren nur zwei Nächte, die wir in einem Schloss – also dem Hofgebäude eines Schlosses – verbrachten. Darauf hatte ich mich sehr gefreut, vor meinem geistigen Auge tänzelte ich wie ein Burgfräulein herum, diese Vorstellung erfuhr aber schon wenige Minuten nach Ankunft einen Reality Check. Da fiel ich nämlich die Treppe von einem offenen Dachboden herunter und landete auf meinem rechten Knöchel.
Das mit dem Dachboden war so, weil die Gartenmöbel nicht im Garten waren und es war aber ja sonnig, zumindest noch, es war auch schon 17 Uhr, also vermutlich nicht mehr lange sonnig, also riefen wir die Vermieterin an, die sowieso sagte, sie möchte eine 5-Sterne-Bewertung und falls ir-gend-was geschehen sollte, das diese 5-Sterne-Bewertung gefährdet, solle man sie anrufen. Also, natürlich, riefen wir sie an. Die Gartenmöbel waren wegen Regen reingeräumt worden und leider nicht wieder raus und der Hausmeister ging nicht ans Telefon, wir könnten sie natürlich selbst nehmen, also vom Dachboden. Ds taten wir und das führte zum Treppensturzt. Die Möbel waren zum Glück bequem. Schanuf fragte mich nach dem Sturz, ob alles OK sei, ich sagte „das weiß ich noch nicht“ und setzte mich auf diese glücklicherweise bequemen Gartenmöbel, um den Fuß hochzulegen und zu kühlen und einen Überblick über seine Situation zu gewinnen. Und über meine Gesamtsituation, die zunächst einmal mäßig war. Wenn ich mich verletze – auch bei z.B. Fingerkuppe halb abschneiden oder so – bekomme ich (vermutlich durch das Adrenalin?) heftig Kreislauf und wenn sich das beruhigt hat will sich schlafen, 100 Jahre lang. Diese Prinzessin mit den 100 Jahren Schlaf gibt es natürlich auch, das war aber nicht die Sorte, die ich imaginiert hatte. Also beschränkte ich mich auf zurücklehnen, kühlen, zuckerhaltigen Schwarztee trinken und die Fotos betrachten, die Schanuf mir von der ersten Erkundungstour des Geländes schickte.
Ich kenne mich mit Krankheiten so gut wie nicht aus, habe aber mit Verletzungen einiges an Erfahrung und predige immer allen erwachsenen Menschen, dass auf Hinfallen immer Schmerzmittel folgt, und zwar gleich, weil man sonst nämlich in eine Schonhaltung geht und dann hinterher alles mögliche andere weh gut, bei Personen in meinem Alter natürlich besonders gern Rücken oder Knie und den Körper wieder in die übliche Haltung zurückzubringen zieht sich dann länger, als die akute Verletzung. Ich selbst befolgte meinen Rat allerdings nicht, weil ich nämlich ganz genau wissen wollte, was wie kaputt ist und das merke ich ja nicht, wenn ich Schmerzmittel nehme.
Nach ein paar Stunden erfolgte eine Bestandsaufnahme des Knöchels: vollständig belastbar, also nichts ganz Dramatisches. Beweglichkeit okayisch, ohne Belastung gut, mit Belastung mittel. Größtes Problem der Kopf, der auf dem unebenen Untergrund (Kopfsteinpflaster, Wiese, Schiefergestien) ständig neues Umnkicken fürchtete, wohingegen das Gehen in der Wohnung relativ problemlos war. Also verbrachten wir den restlichen Abend auf dem Sofa, ich mit Bettdecke und hochgelegten Beinen, snackten dort Baguette, Käse, Antipasti, Hefezopf zu Virgin Mojito, mehr Tee und Maracuja-Radler und ließen es uns gut gehen.
Nach hervorragendem Nachtschlaf – über 8 Stunden ohne zwischendrin aufzuwachen – war der Fuß am morgen zwar nicht ideal, aber weiterhin okay, und ich band ihn mal probeweise in einen Wanderschuh ein. Das war eine sehr gute Idee wegen der zusätzlichen Stütze. So eine gute Idee, dass wir beschlossen, den ursprünglichen Plan weiterzuverfolgen, nämlich: zur Schmidtburg zu spazieren. Die Strecke war vom Parkplatz aus mit „2,7 km, ca. 30 Minuten, vorwiegend flach“ angegeben, das sollte ja machbar sein.
Als ich auf dem Parkplatz selbst stand, wunderte mich die Beschreibung. Wir standen nämlich auf einem Berg und die Schmidtburg lag gegenüber auf einem Berg, es ist eine Spornburg, dazwischen ein Tal mit Fluss. Naja, dachten wir uns, wir gehen einfach erst einmal los, wenn es anstrengend für den Fuß wird, können wir ja umdrehen. Als wir ca. eine halbe Stunde gegangen waren, immer bergab, standen wir ganz unten vor dem Fluss und sahen keinen Überweg. Empfang war nicht viel, aber irgendwann gab Google die verbleibende Reststrecke mit 37 Minuten an. Hmhm. Also drehten wir um, gingen woanders wieder hoch, da gab es dann eine Brücke und dann kam auf der anderen Seite der Aufstieg, wobei das so schlimm gar nicht war, von Gegenüber hatte es höher ausgesehen, als es eigentlich war, ich glaube, wir mussten nur ca. 10 Minuten recht steil bergauf gehen. Sehr, sehr schön war es da oben, tolle Atmosphäre, viel zu sehen, erstaunlich wenige Menschen dort aber eine Familie mit Kindern, die da oben zeltete, super, das hätte ich auch gern gemacht als Kind!
Falls mal jemand in der Nähe ist: absolute Besichtigungsempfehlung. Die Schmidtburg ist eine Ruine aber die Mauern zeigen noch recht gut, wie sie im Mittelalter angelegt war (sie ist älter, wurde da aber wohl umgebaut), mit Ober- und Unterburg und überall tolle Aussicht.
Beim Rückweg gingen wir dann gleich richtig und dementsprechend kürzer, der Fuß verhielt sich weiterhin gut, dafür muckte der linke Oberschenkel jetzt ewas auf, haha, wie gesagt, Fehlhaltung, am Abend dann also Schmerzmittel, damit sich das alles wieder sortiert. Wir gingen noch Essen, in Kirn, sehr schöner Ort, Kirn fassen wir für die nächsten Kurzreise ins Auge, es gibt noch viele schöne Spazierwege drum herum, für die wir dieses Mal keine Zeit hatten und der Ort selbst hat einigermaßen Infrastruktur, also so, dass es für die Versorgung an einem langen Wochenende reicht. Eine passende Unterkunft haben wir schon gefunden. Mit Schwimmteich! Die merken wir uns.
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