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    Sonntag, 10. März 2024
    10. März 2024

    Kurze Vorbemerkung: es findet hier seit ein paar Tagen eine kleine Spamkommentarwelle statt, also in Form von sinnlosen Buchstabenkombinationen (nicht abwertend gemeint, sie ergeben nicht Worte, die mir missfallen sondern Worte, die ich keiner Sprache zuordnen kann) zusammen mit dubiosen Links. Sollte irgendwer kommentiert haben und der Kommentar ist nicht freigeschaltet worden, habe ich ihn versehentlich gelöscht. Schreiben Sie einfach nochmal. Es wird nicht an Ihnen gelegen haben. Ich habe noch keinen Kommentar, der aus mir (sprachlich) verständlichen Worten bestand, gelöscht.

    So. Ich habe Wirklichkeit geschaffen und bin mit dem Zug nach München gefahren. Die Zugbindung war wegen Streik aufgehoben, im Büro waren wegen Streik keine Termine, so schlenderte ich 2 Stunden früher zum Bahnhof, stieg in einen Zug zwei Stunden früher ein und traf überpünktlich zum Treffen in München ein. Musste dann feststellen, dass ich versäumt hatte, mich mit dem geplanten Programm vertraut zu machen, ich ging ja davon aus, zu spät zu kommen und dann allen anderen einfach immer hinterherzulaufen. Nun musste ich mich allein zum Hotel bewegen und noch herausfinden, wann ich denn abends nun wirklich verabredet war.

    Ging alles gut, wenn ich auch gleich an der ersten Ampel vor dem Bahnhof von einer anderen Passantin wegen Über-Rot-Gehen zurechtgewiesen wurde, ich dachte schon, ich sei in Wien, vielleicht ist es auch mein heimliches Talent, mich in fremden Städten sofort irgendwie fehlzuverhalten. „Da Sie sich im Straßenverkehr so gut auskennen, sagen Sie mir bitte auch noch, wo ich die Haltestelle der Tram 21 finde?“ fragte ich zurück. So gewinnt man Freundinnen. Den Rest der zwei Tage lief ich sicherheitshalber immer nur noch hinter Excellensa her, wenn man sich irgendwie fortbewegen musste.

    Es ist so: das Treffen, zu dem ich da war, war zum ersten Mal für, haha, März 2020 geplant gewesen. Damals gab es noch kein Deutschlandticket und ich hatte ein ganz anderes Hotel gebucht, fußläufig zur Wohnung von CucinaCasalinga, in die ich eingeladen war, weil ich nämlich überhaupt keine Lust hatte, mich mit Fahrkarten in irgendeinem anderen Verkehrsverbund auseinanderzusetzen. Nun, 2024, ist ja alles anders, ich brauche keine anderweitige Fahrkarte und kann in alle Verkehrsmittel einfach einsteigen, deshalb nahm ich das Hotel, in dem auch die anderen auswärtigen Gäste unterkamen. Lust, mir eine App zu installieren und Verbindungen zu verstehen, hatte ich dadurch allerdings immer noch nicht. Deshalb lief ich einfach immer hinterher, in, sagen wir mal, guten wie in schlechten Zeiten.

    Das Wochenende war sehr kulinarisch und für mich gab es einige erste Male. Ich aß zum ersten Mal Kalbsfleischpflanzerl, was für ein Zungenbrecher, das Wort! Die Speise war lecker, leichter und feiner als Frikadellen, die ich von zu Hause kenne. Glaube ich, ich habe das letzte Mal vor 10 oder 15 Jahren Frikadellen gegessen. Also habe ich da nicht so den Anwendungsfall, wollte nur etwas typisches Essen. Am nächsten Morgen ging es gleich mit etwas typischem weiter, nämlich Weißwurstfrühstück! Weißwurst hatte ich auch noch nie gegessen! War auch lecker! Wenn ich nochmal gerade Wurst essen möchte, würde ich auch nochmal Weißwurst essen, ich hatte vorher gehört, dass die möglicherweise ziemlich eklig ist, das kann ich nicht bestätigen. Sogar eher unauffällig im Geschmack, unaufdringlich gewürzt, keine Stücke darin, die beim Kauen Widerstand leisten. Mir ist unklar, was man daran ablehnen kann, also wie gesagt, außer man lehnt Wurst generell ab. Möglicherweise hat es mit Erwartung zu tun, wenn man Lust auf Rostbratwurst hat, wird Weißwurst nicht glücklich machen. Das habe ich aber als Kind ja schon bei Oliven gelernt. Wenn man da Weintraubengeschmack erwartet, wird man auch nicht glücklich.

    Weitere neue Erlebnisse: Caffè coretto grappa (hat mir nicht geschmeckt) und Cognac-Kirschen (ich glaube, es war Cognac?), die wiederum fand ich hervorragend und habe nur aus Vernunft irgendwann aufgehört, weiter davon zu essen. Leichtbier habe ich auch zum ersten Mal probiert und fand es super. Und das erstes Spaghetti-Eis des Jahres gab es noch, mittelgut, das liegt an mir, ich mochte schon im letzten Jahr Eis plötzlich nicht mehr so richtig gerne.

    Schön war, dass ich ganz viele Dinge von denen CucinaCasalinga mir schon erzählt hatte, live sah. Ein Knuspr-Fahrzeug, Feinkost Käfer, den Rewe und den Kindergarten, das Busle (hoffentlich richtig geschrieben), das virtuelle Büro in echt und mir fällt gar nicht mehr alles ein, zusätzlich sah ich einige Orte, mit denen ich beruflich häufiger zu tun habe, zum ersten Mal wirklich. Zeitweise hatte ich das Gefühl, in der Kulisse meines eigenen Films herumzulaufen. Zusätzlich fuhren wir noch – ein ganz großes Erlebnis für mich – am ehemaligen Wirecard-Firmengelände vorbei.

    Ich bewunderte die Aufbewahrung von Streugut (in Häuschen, die auf Stelzen in der Luft stehen), wir lernten den Blumen-Peter kennen, der von Kundschaft, die am Morgen kurz nach der Öffnungszeit erscheint und dann auch noch einen großen Strauß möchte, zunächst überfordert bis empört war, sich im Verlauf aber sehr gut selbst regulierte und uns am Ende noch Süßigkeiten zusammen mit einer kleinen Geschichte schenkte und ich lernte, dass es möglich ist, meine Begeisterung für Autowaschanlagen nicht zu teilen sondern sogar ganz das andere Ende des Gefühlsspektrums dafür aufzurufen. Ich wollte mir einreden, dass es so kam, weil es eine Aral-Waschanlage war und keine Mr. Wash-Waschanlage; das gelang mir aber nicht. Wobei ich schon glaube, ein Mattentoaster hätte das noch etwas rausreißen können in Bezug auf die gewünschte Emotion. Vielleicht probieren wir das in ein oder zwei Jahren nochmal.

    Zwischen und beim Essen wurde viel erzählt und es wird einige Tage dauern, bis in meinem Kopf alles in den richtigen Kästchen einsortiert ist und nicht mehr ununterbrochen nachdenkenswerte Satzfetzen hochploppen.

    Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Die Benko-Pleite: Wie können immer wieder solche Luftschlösser entstehen, lernt niemand aus vorherigen Zusammenbrüchen?“

    Ich finde das kein bisschen überraschend. Den Wunsch, etwas Besonderes zu machen, das Streben nach Glück, gibt es immer. Vielleicht könnte es ja dieses eine Mal klappen, schauen Sie sich selbst an, haben Sie schon Lotto gespielt, gedacht, dass sie ab jetzt total gesund essen, sich zum zweiten Mal in einem Fitness-Studio angemeldet, obwohl es schon beim ersten Mal nicht geklappt hat, mehrfach den Vorsatz gefasst, früher schlafen zu gehen oder sogar wirklich gelaubt, in diesem Jahr mit der Steuererklärung wirklich nicht in Verzug zu kommen? Wir hoffen, wir wünschen so, so, so sehr, nur dieses eine Mal kann es doch gut gehen, muss es doch gut gehen. Das ist nicht nur menschlich und ok so, das ist der Motor, mit dem wir versuchen, das Unmögliche möglich zu machen und ja, fast immer wird das scheitern. Und doch haben wir diese Dinge, die vor einiger Zeit noch unmöglich schienen und nun möglich geworden sind. Weil jemand es so, so sehr wollte und plötzlich alle Faktoren zusammentrafen, die für ein Gelingen notwendig waren. Wollen Sie darauf verzichten?

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