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    Mittwoch, 27. September 2023
    27. September 2023


    Weiter geht es. Täglich bloggen. Heute etwas früher, ich möchte heute nämlich noch die zweite Hälfte eines Buches lesen, über das ich morgen mir Freundinnen sprechen will, ich bin knapp dran, das Thema ist „Zeit“, oh the irony, ich denke mir das nicht aus.

    Heute wird in der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste gefragt: „Was, meinen Sie, nimmt man Ihnen übel und was nehmen Sie selbst übel, und wenn es nicht dieselbe Sache ist: wofür bitten Sie eher um Verzeihung?“

    Eine dreiteilige Frage. Teil 1, was meine ich nimmt man mir übel – ich denke darüber nicht sonderlich viel nach, ich verlasse mich darauf, dass man mir sagt, was man mir übel nimmt. Mache ich bei anderen ja auch. Mir zu überlegen, was mir jemand übel nehmen könnte, vielleicht aber auch nicht, wer weiß das schon, wie käme ich überhaupt darauf, möglicherweise würde ich Verstimmung wahrnehmen und wenn ich Dinge dann häufig auf mich beziehe könnte ich annehmen, ich hätte etwas getan, dass diese Stimmung in der anderen Person auslöst. Ganz schön vermessen eigentlich, zu meinen, man selbst wäre irgendwie maßgeblich für die Stimmung anderer, oder? Ich befasse mich mit solchen hypothetischen Fragen nicht. Wenn ich natürlich bemerke, dass ich etwas falsch gemacht, einer anderen Person Unrecht getan habe, spreche ich das aus oder an oder was auch immer gerade möglich ist. Wenn ich es nicht selbst bemerke, sagen Sie es mir einfach.

    Teil 2, was nehme ich mir selbst übel? Nichts. Ich habe großes Vertrauen zu mir.

    Ich vertraue nicht darauf, dass ich alles genau richtig mache aber ich vertraue darauf, dass ich es im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten so gut mache, wie ich es gerade vermag. Ich kann es nicht besser. Ich bin kein gemeiner, gleichgültiger oder grundfauler Mensch der andere ausnutzt und wenn es geht, mache ich Sachen gerne richtig. Dafür habe ich eine gewisse mentale und kognitive Kapazität, manchmal ist sie ausgereizt, ich habe Leben im Gepäck und manchmal bin ich müde. Wenn ich Zeit, in der ich eigentlich tausend Dinge tun wollte, vertrödele, vertraue ich darauf, dass es einen guten Grund hat, der irgendwo in mir liegt – ich brauche das Trödeln offensichtlich gerade. Sonst würde ich es ja nicht machen. Mir selbst das übel zu nehmen ist Unfug, bindet noch mehr mentale und kognitive Kapazität und bringt daher noch weniger Gutes hervor.

    Es gibt viele Dinge, die ich sehr gern tun würde aber über Jahre nicht schaffe. Ein Thema kommt jetzt bald wieder hoch: Weihnachtskarten schreiben. In meinem Kopf bin ich ein Mensch, der Weihnachtskarten schreibt, besonders schöne, mit Gebäck und Heißgetränk am Küchentisch, draußen knackige Kälte, die Katzen liegen im Flur, das Kind liest auf seinem Bett, Herr N schaut Fernsehen. Ich habe viele Weihnachtskarten gekauft in den letzten Jahren, geschrieben habe ich seit ungefähr 20 Jahren keine einzige. Kriege ich einfach nicht hin, ich mache immer andere Sachen in der Adventszeit und mit der Hand schreiben kann ich sowieso kaum noch (knackig kalt ist es auch nie, aber das nur nebenbei) und Texte für unabdingbare Karten (im beruflichen Kontext) google ich (bzw. nutze jetzt ChatGPT, weil mir nichts einfällt, wenn ich vor so einer Karte sitze. Das alles nehme ich mir nicht übel. Andere Leute schreiben Weihnachtskarten, manchmal schicken sie mir welche, ich freue mich dann.

    Mich selbst muss ich also nie um Verzeihung bitten. Ich bin generell sehr versöhnlich, weil ich ja davon ausgehe, dass andere – genau wie ich – im Rahmen ihrer Möglichkeiten und ihrer Wirklichkeit ihr bestes tun. Ich nehme Entschuldigungen gern entgegen als Gesprächseröffnung darüber, wie es zu einer Situation gekommen ist, in der mir Unrecht getan wurde. Die Leben anderer interessieren mich, die Gründe für das Scheitern im Zwischenmenschlichen auch, eine Entschuldigung löscht nichts Vorgefallenes, (außer in der katholischen Kirche natürlich, aber da bin ich kein Mitglied mehr). Die Gründe sind für mich interessant und wichtig, um die notwendigen Folgen einschätzen zu können, um abwägen zu können, ob das mentale Gepäck einer Person, die mir Unrecht getan hat, vielleicht gerade mehr wiegt als meines und ich ein Stück der Last mittragen kann, indem ich nicht auf Korrektheit bestehe.

    Mir fällt nur eine einzige Person ein, gegen die ich seit längerem einen Groll hege und deren Namen habe ich vergessen, irgendsoein SPD-Politiker, der gesagt hat, es gibt keine große Koalition und dann gab es doch eine. Name mit „u“. Schulte, Schuster, Schulze, irgendwie sowas, egal. Daran denke ich aber immer nur, wenn ich wähle (so wie gerade eben Briefwahl) und dann steht das SPD und ich denke „ah, nein, sicherlich nicht“. Würde ich ohne diesen Zwischenfall vermutlich auch denken.

    Zurück zur eigentlichen Frage, Teil 3: wofür bitte ich eher um Verzeihung? Da sind wir dann natürlich bei den Dingen, die mir andere übel nehmen. Wie gesagt, die anderweitige Vorgehensweise halt ich für etwas größenwahnsinnig, nur weil ich denke, ich hätte jemanden gekränkt muss sich diese Person ja noch lange nicht gekränkt fühlen, geschweige denn die zeitliche Investition einer Aufarbeitung des Themas über sich ergehen lassen, nur weil ich einen übersteigertes Selbstwirksamkeitsgefühl habe, meine Güte, was für ein Mindfuck das wäre, das muss man schon in seinem eigenen Kopf mit sich ausmachen, ohne andere zu belästigen.

    Ich bitte um Verzeihung bei Dingen, die andere mir übel nehmen (wenn ich davon erfahre) und stelle mich zur Verfügung für was auch immer dann notwendig ist, um wieder ein Gleichgewicht herzustellen.

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