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    Dienstag, 19. April 2011

    Am heutigen Spätnachmittag nahm ich mit Mademoiselle eine schon lange ausstehende Einladung an, ihre Kindergartenfreundin und deren Mutter auf einem Spielplatz zu treffen.

    Sie müssen wissen - ich finde Spielplatz hauptsächlich gut, wenn es ausreichend Sitzgelegenheiten im Schatten gibt und außerdem frischen Kaffee und eine saubere Toilette. Also eigentlich nie. Als folglich nicht allzu großer Spielplatzfan hatte ich diese Einladung immer wieder aufgeschoben. Wobei es auch gar keine richtig konkrete Einladung war, es war eher ein "wir sind jeden Tag bis 20 Uhr da, kommt doch auch". Das taten wir also heute.

    Und sie waren tatsächlich da - nicht nur die Mutter und die Tochter, sondern das ganze Dorf die gesamte (italienische) Großfamilie, oder vielleicht auch nicht die gesamte, aber jedenfalls noch die Tante und die Großtante und die Oma und vier alte Männer, vier Cousinen, fünf Cousins, eine nicht mehr überschaubare Anzahl an Kindern und so weiter. Wie man es so kennt, standen die vier alten Männer am Schachbrett, Mutter und Tanten und Oma saßen auf Bänken, die Cousinen lungerten auf den Bankrückenlehnen und die Cousins lungerten ums Schachfeld. Mademoiselle und ich wurden augenblicklich und vorbehaltlos integriert, mit Arm-um-die-Schulter-legen und Vorstellung als "meine Freundin". Dann wurde Mademoiselle unter die Kinder geschubst und mir ein Platz auf der Bank freigerückt. Wenig später schon brachte einer der Cousins den Frauen Eiskaffee. Ein anderer Cousin schleppte eine ganze Alditüte voller Stangen-Wassereis an und verteilte es unter den Kindern. Aus anderen Taschen materialisierten, Hasen-Schokolollies, Gebäck und bunte Getränke. Dann meckerte die Tante über die fußballspielenden Jungs, weil es sehr staubte und ihre Schuhe davon schmutzig wurden. Wenig später erschien ein weiterer Cousin mit Erdal-Schuhglanz in der Hand und säuberte allen Banksitzerinnen die Schuhe. Fast gleichzeitig kam eine weitere, vorher nicht dagewesene Tante. Sie trug diverse Tüten voll Rhabarber herbei und verteilte die Stangen unter den Anwesenden. War bei Lidl im Angebot, sie habe alles aufgekauft, um es uns mitzubringen. Jede wurde gefragt, was sie mit dem Rhabarber machen würde. Ich konnte mich spontan nicht zwischen Crumble, Kuchen und Kompott entscheiden und erhielt daher noch ein zweites Paket. Ich habe nun zwei Kilo Rhabarber im Haus.

    Die Krone wurde dem Ganze aufgesetzt, als Mademoiselle aufs Klo musste. Neben dem Spielplatz ist eine Gaststätte mit einem höchst unfreundlichen Besitzer, der Mademoiselle und mir schon häufiger die Nutzung seiner Örtlichkeiten verwehren wollte. So jammerte ich ein bisschen, dass ich mich nun wieder mit diesem Herrn auseinandersetzen müsse - woraufhin eine der Cousinen sagte, das sei doch gar kein Problem, der Besitzer sei der Bruder von der Freundin vom Freund (oder so ähnlich) des einen Cousins, der auch den Kaffee gebracht hatte, jedenfalls solle ich sagen, ich kenne Federico. Wir betraten also mit den Worten "Federico hat gesagt wir können hier mal zur Toilette" das Etablissement - und wurden gleich durchgewunken.

    Als sich die Toilettentür gerade hinter uns schloss, hörte ich noch, wie einer der Gäste an der Theke fragte, wer wir denn wohl seien. Der Besitzer antwortete: "Freundin von Federico. Hat der jede Woche ne andere. Weiß nicht wie der das macht."

    Wir korrigierten diesen Irrtum nicht. Möge Federico so lange er möchte der Ruf als umtriebiger Casanova erhalten bleiben - wer Müttern auf dem Spielplatz zu Kaffee und sauberen Toiletten verhilft, hat zweifelsfrei etwas sehr Wesentliches verstanden.

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