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    Montag, 11. Oktober 2010

    Heute habe ich zwei Dinge zu vermelden: ich werde eine absolut füchterliche Erkältung bekommen und ich habe Rouladen "mit alles" gemacht. Wie sich dies zu einem Erzählstrang zusammendrehen lässt, werden wir (eventuell) im Folgenden sehen.

    Heute morgen wachte ich auch und stellte fest, dass über Nacht etwas anders geworden war. Konkret gesagt: die Welt war plötzlich gefährlich und anstrengend geworden und ich hatte ihr nichts mehr entgegen zu setzen. So kam es, dass ich mich morgens in der Bürotoilette vor einer Kollegin versteckte, war mir doch der Gedanken an "Guten Morgen" oder gar Smalltalk geradezu unerträglich. Ich trödelte also in der Kabine herum, legte den warmen Kopf an die kühlen Kacheln und schloß ein wenig die Augen, um etwas später durch einen Schlag an die Schulter wieder aufzuschrecken - es handelte sich um die Tür, gegen die ich, eingeschlafen, gefallen war. Im Stehen bin ich glaube ich wirklich noch nie vorher eingeschlafen. Spätestens in diesem Moment war klar: etwas stimmt nicht. Dieser Eindruck sollte sich im Laufe des Tages mit zunehmendem Halsentzündungsgeschmack im Mund und kribbelnder Nase verdichten.

    Also, dachte ich, muss ich noch was Gutes essen, bevor ich die nächsten Tage vermutlich nichts schmecken kann. Und so beschloss ich, Rouladen mit alles zu machen, wobei "alles" selbstverständlich Rotkraut, Klöße und ansprechende Soße bedeutet. Am Wochenende las ich nämlich zwischen diesem und jenem das Buch vom Herrn Paulsen und da war ein Rouladenrezept drin. Schnell war Fleisch von glücklichen Kühen (naja, jetzt nicht mehr!) gekauft, auch frische Karotten und sogar Lemberger, der sich mir im Supermarkt sozusagen in den Weg warf. Ansonsten hätte es sicher auch ein Wein aus dem Keller getan, aber Zufällen darf man sich bekanntlich nicht verwehren. An der Wursttheke stand ich dann noch etwas ratlos, was denn Knochenschinken sei. "Hammwanich" war die Antwort. Ich frage nochmal nach, worum es sich bei diesem Produkt denn nun genau handele - ich bin nicht gut in Fleisch, fragen Sie mich was zu Käse oder Gemüse, aber nie zu Fleisch, ich bin aber gut im Alternativen finden, hätte also Knochenschinken aus dem Handgelenk ersetzen können, wenn ich nur gewusst hätte, was ihn ausmacht - und erhielt die Antwort "ich mach eigentlich nur Käs'!". Hartnäckigkeit zeichnet mich aus - ein drittes Mal setzte ich nach, ob der Dame etwa Knochenschinken auch nicht bekannt sei und sie sagte "wollnse jetzt noch was kaufen oder nich??". "Fragen Sie doch mal den Kollegen", schlug ich vor. Der Kollege sagte "Kochschinken?" und ich geriet ins Wanken. Schließlich hatte ich das Buch nicht dabei sondern nur einen Notizzettel auf einer Fahrplanrückseite. Vielleicht hatte ich mich verschrieben oder verlesen, vielleicht war Kochschinken gefragt. Vielleicht existiert gar kein Knochenschinken, was weiß ich schon über Fleisch? "Gibt es sowas, das ein Zwischending aus Kochschinken und anderem Schinken, vielleicht Knochenschinken, ist?", fragte ich. Man betrachtete mich schweigend. Ich nahm Burgunderschinken, des schönen Namens wegen.

    Letztendlich war aber auch alles gut bzw. sogar hervorragend. Und das Lorbeerblatt, das ich beim Aufräumen auf dem Küchenfußboden statt im Bräter auffand, tat der Sache keinen Abbruch. Lorbeerblatt schmeckt auch eigentlich nach nicht viel, ich habe es nämlich testgegessen um herauszufinden, welche Geschmacksnote dann später evtl. fehlen könnte. Und auch, die Möhren als Ganzes hinzuzufügen und nicht zerschnitten fand ich eine hervorragende Idee, auch wenn ich nicht sicher bin ob dies tatsächlich so gedacht oder einer meiner üblichen Rezeptverkürzungen geschuldet war.

    So gab es also eine Henkersmahlzeit vor der einsetzenden Erkältung. Und für den Fall, dass ich morgen wider Erwarten noch über Geschmackssinn verfügen sollte, sind auch noch Reste da.

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