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    Donnerstag, 20. Juli 2023
    Urlaub T-3

    Frau Herzbruch hat gesagt, ich soll unseren Urlaub verbloggen. Um das vollständige Bild zu geben, muss ich heute anfangen, denn heute begannen bei mir die Vorbereitungen.

    Zum einen kam die Katzensitterin zur Einweisung. Sie kennt die Katzen schon viele Jahre, es gibt da wenig bis nichts zu erklären, der Kater hat sie sicherheitshalber zur sofort zur Leckerchenschublade geführt, die natürlich schon aufgefüllt ist. Ich habe mehr über die Wohnung erklärt, die jedes Jahr mehr Tücken entwickelt. Dieses Jahr zwei neue Tücken, dachte ich, nämlich zum einen das Rollo am Balkon, aber das war letztes Jahr schon anweisungsbedürftig in der Handhabung, sagte mir die Katzensitterin, also da wusste sie schon Bescheid, ganz wunderbar. Irgendwann bestelle ich auch mal wen dafür. Es scheitert immer daran, dass ich ja dann an dem Tag zu Hause bleiben muss, am Ende noch von zu Hause arbeiten und allein der Gedanke stresst mich, also konzentriere ich mich lieber einen Augenblick, wenn ich das Balkonrollo bediene. Und die Klinke der Küchentür, den einen Klositz, den anderen Wasserhahn und noch ein paar Dinge. Ich habe eine Liste. Irgendwann wird der Tipping Point erreicht sein und ich lasse wen kommen.

    Die zweite Sache, über die die Katzensitterin Bescheid wissen muss ist aber wirklich neu, nämlich: Ameisen. Hier steht seit Anfang Juni ununterbrochen die Balkontür auf wegen Sommer, ja, ist scheiße, ich kann es nicht ändern, ich hätte auch lieber keinen Sommer aber sind nunmal noch ca. 5 Wochen, eine davon verbringe ich in Dänemark bei 19 Grad und Nieselregen und werde sehr glücklich sein, dann hasse ich nochmal 4 Wochen alles und jeden und dann geht das Leben weiter. Derweil kommen Ameisen über den Balkon in die Wohnung. Ich mag Ameisen ganz gern, deshalb habe ich sie mehrfach alle eingesammelt (vorsichtig mit dem Kehrbesen auf große Papierbögen geschoben und mit freundlichen Worten wieder ausgesetzt), da es nun aber auf die Abreise zugeht und ich nicht in eine völlig verameiste Wohnung zurückkehren möchte, habe ich gestern zum Staubsauger gegriffen und gestern in der Drogerie Gift gekauft. Ich werde die Ameisen heute Abend vergiften, die Balkontür bleibt dann zu, morgen Abend entferne ich die Leichen, Samstagmorgen reinige ich den Balkon und danach dürfen die Katzen wieder raus. Die Katzensitterin wurde über die Situation informiert und angewiesen, die Balkontür geschlossen zu halten, falls weitere Ameisen (tot oder lebendig) auf dem Balkon auftauchen.

    Gerade wäscht die Waschmaschine das letzte Mal Wäsche vor der Reise und gleich werde ich mit M die Koffer vom Schrank holen, sie will morgen schon packen. Ich selbst brauche zum packen nur wenige Minuten, weil ich eine ewige Packliste habe, ich packe also erst Samstagabend irgendwann.

    Was ich aber heute mache, neben Wäsche und Ameisen vergiften und kurz nochmal mein gesamtes Büro auf den Kopf stellen, kein Witz, ich muss das morgen irgendwie noch wieder einfangen, ist: Verderbliches aufessen. Und zwar zuerst das, das Fiene nicht fressen darf (sonst kann man es ja einfach mitnehmen und sich beliebt machen). Heute gab es viel Tomatensalat mit Pfirsich, für morgen was mit Paprika und die Trauben schaffen wir auch noch oder nehme sie als Snack für die Menschen mit. Zum Tomatensalat mit Pfirsich gab es aus übrigen Pellkartoffeln noch Kartoffelsalat und dazu Käsewürfel, denn Käse muss auch noch weg. Und für jeden einen Apfel. Äpfel gibt es noch ziemlich viele, die kann Fiene essen aber ich auch, ich bin momentan bei drei am Tag. Alles übrige überlebt, bis wir zurück sind (Joghurt, Kartoffeln, Eier, Zwiebeln, Müsli).

    Das war T-3. Bleiben Sie dran für T-2 mit weiterem Resteessen, Büro bügeln und Tatortreinigung!


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    Sonntag, 9. Juli 2023
    Der Tag in der Therme


    Ich habe wirklich nicht mehr die geringste Ahnung, wie es dazu gekommen ist. Eine verlorene Wette war es nicht, es war irgendeine andere Art der Kommunikation, die außer Kontrolle geriet und ich könnte es gern nachvollziehen, um in eine ähnliche Falle nicht wieder zu tappen, aber ich kann mich ums Verrecken nicht mehr erinnern. Ich spreche von dem Vorfall, der dazu führte, dass ich den gestrigen Tag von 9:29 Uhr bis 23:40 Uhr mit Violinista in der Therme verbracht habe und ich habe dafür bezahlt. Ich meine: mit Geld. Aber auch ansonsten denke ich: ich habe geliefert.

    Wie jeder Mensch weiß, hasse ich Wärme, habe kein Interesse an Wellness und Entspannung funktioniert bei mir nicht durch Nichtstun. Ich schätze die Stille nicht und ich halte nichts von Detox, digital or otherwise. Ich habe kein Thema mit Nacktheit, aber ich trage unfassbar gerne Kleidung, wegen der Taschen und wegen dem Schutz vor den Elementen (vor allem vor der Sonne!) und dem angenehmen Gefühl, das feine Stoffe auf der Haut erzeugen. Im Gegensatz zu schwitzig am Rumpf klebenden Armen oder aneinander reibenden Beinen. Der Aufenthalt in einer Therme ist daher für mich als Quelle des Amüsements nichts Naheliegendes.

    Was habe ich also in der Therme den ganzen Tag und die halbe Nacht gemacht und wie fand ich das? Ich werde nun berichten, nicht in Reihenfolge des Erlebens, sondern in aufsteigender Reihenfolge, in der mich die einzelnen Aktivitäten amüsiert haben.

    Insgesamt am Unattraktivsten war für mich das diverse Herumliegen. Vorneweg die Wasserbetten - Wasserbetten in einem orientalisch dekorierten Raum, Sprechen war nicht erwünscht, man liegt still auf einem Wasserbett und wartet, dass die Zeit vergeht. In Badesachen. Ich habe keinen Zugang zu dieser Aktivität gefunden.

    Fast ebenso schwer fiel mir der Zugang zum Herumliegen im textilfreien Liegeraum. Ebenfalls orientalisch dekoriert, ebenfalls Sprechen nicht erwünscht. Man liegt hier nackt. Fand ich geringfügig besser als in Badekleidung, denn Badekleidung gehört nicht zu den Stoffen, die ein angenehmes Gefühl auf der Haut erzeugen. Aber auch hier wurde immer wieder die Frage in mir laut, warum ich das gerade tue. Ich kann hervorragend zu Hause auf dem Bett liegen, auf einer Matratze, die ich mir selbst ausgesucht habe, und dort sprechen oder auch nicht, ganz wie ich will, Deko liegt auch in meinem eigenen Ermessen. Warum um alles in der Welt geht man unter Menschen, um sich da hinzulegen und nicht mit ihnen zu sprechen?

    Auf dem dritten Platz von hinten: Das textilfreie Thermalbecken. Violinista hatte mir von diesem Becken mit Grauen in der Stimme berichtet, sie war noch nie zuvor darin gewesen, weil sie es unangenehm fand: man kann um das Becken herumgehen und von oben auf die darin befindlichen Menschen schauen, und durch den Auftrieb des Wassers haben Körperteile unnatürlichen Auftrieb, das sei nicht ansehnlich. Da ich aber nun die Herausforderung "Therme" angenommen hatte, gehörte das textilfreie Thermalbecken natürlich auch dazu. Es war nicht grauenhaft. Grauen bietet ja auch ein gewisses Amüsement. Man sitzt nackt in insgesamt hüfthohem Wasser, Badewannentemperatur, und schweigt oder spricht im Flüsterton. Langweilig.

    Etwas besser, mäßig bequem, man trägt immer noch keine Badebekleidung aber, hurra, Sprechen erlaubt: die Liegen auf der Dachterrasse. Dachterrasse impliziert aber wenig Schatten und unfassbare Hitze. Und Liegen impliziert liegen. Wobei man auch sitzen konnte, dann sitzt man bei Hitze nackt auf einer Dachterrasse und kann sich unterhalten. Also: keine Langeweile. Aber Komfort ist ein anderes Thema.

    Wenn alles so warm ist, kühlt man sich gerne ab. Im Außenpool geht das aber nicht, der hat nämlich 34 Grad Wassertemperatur. Menschensuppe. Dass man im Winter draußen darin herumschwimmt, erschließt sich mir noch annähernd, im Winter haben es viele Menschen (ich nicht) gern "muckelig warm". Aber wer hat es im Sommer gern muckelig warm? Vermutlich die ganzen Menschen in der Menschensuppe, die vor oder unter den unterschiedlichsten Wassermassagedüsen im Wasser standen (es war sehr flach, für mich etwa schulterhoch). Richtiges Schwimmen nicht möglich, vermutlich auch nicht erwünscht, auch dort sollte Entspannung meiner Interpretation nach möglichst in Bewegungslosigkeit stattfinden. Reden war aber erlaubt! Hier trug man Badekleidung. Ich probierte einige der Massagevorrichtungen aus, keine überzeugte mich, in einem runden Bereich des Becken gab es ab und an einen Strömungskanal, der mich im Kreis trug. Das war ein bisschen amüsant, es waren aber zu viele Leute da, um das richtig schnell und mehrfach hintereinander zu betreiben. Später am Abend war der Außenpool beleuchtet, das sah sehr schön aus. Ich ging zu dem Zeitpunkt aber nicht nochmal hinein, die Luft war nämlich jetzt kühler als das Wasser. Vom Rand konnte ich beobachten, wie sich Violinista zwischen knutschenden Liebespaaren hindurchschlängelte zu den Massagedüsen. Ich stellte mir die Ursuppe jetzt vor wie diesen Pool am Abend: ich ibn mir sicher, dort ist neues Leben entstanden!

    Um den Außenpool herum gab es Liegen draußen. Wir fanden zwei im Vollschatten, halleluja. Sie waren okay bequem, man konnte darauf sitzen oder liegen und sich unterhalten. Es gab wenige Insekten, vielleicht, weil es keine Snacks oder Getränke dort gab. Am Abend, als Violinista in der Ursuppe schwamm, hatten wir unbefugt zwei Weizenbiergläser mit an den Pool genommen und, als sie leer waren, auf einem Tisch in der Nähe, aber nicht direkt neben unseren Liegen abgestellt. Zwei andere Personen bekamen vom Bademeister Ärger dafür. Ich habe die Situation nicht aufgeklärt. Um den gesamten Tag mitzuspielen, hatte ich mich gleich morgens in eine absolut passive Gemütshaltung begeben und konnte mich nach nunmehr 12 Stunden daraus nicht auf Anhieb befreien.

    Auf dem nächsten Platz liegt eine Aktivität, die gleichermaßen spektakulär in ihrer Ereignislosigkeit ist, aber weiter vorn rangiert, weil sie eine mir angenehme Temperatur bot. Ein Kneipp-Becken. Also ein Becken, durch das man wie ein Storch stakst und es enthält kaltes Wasser. Naja, kalt. Ich bin schon in kälterem Wasser schwimmen gegangen. Ich glaube nicht, dass es weniger als 18 Grad hatte, aber in Bezug auf Temperaturen wurde ich dankbar für Kleinigkeiten, wir besuchten das Kneipp-Becken, als ich (wieder einmal) kurz davor war, vor Wärme umzukippen und ich war ihm sehr dankbar, dass es mich vor dem Umkippen bewahrte.

    Bis dahin waren mir die Aktivitäten schon im Prinzip bekannt gewesen. Ein grundsätzlich neues Erlebnis für mich war der Besuch in einem Dampfbad. Konkret ein Soledampfbad. Es war ein gefliester Raum mit gefliesten Bänken, an der Stirnseite eine Anlage, die große Hitze verströmte, darin hingen Zweige (dem Geruch nach Thymian) und darüber lief Wasser. Möglicherweise waren die Zweige auch nur Attrappen und der Duft kam von einem Zusatz im Wasser, das weiß ich nicht, weil ich respektvollen Abstand zu der Quelle der Hitze hielt. Der Raum war wechselnd stark mit warm-heißem Dampf gefüllt. Relativ unangenehm aber immerhin ein neues Erlebnis zum Auskosten! Es war warm, feucht und dampfig und roch wie beim Inhalieren bei Erkältung, nur dezenter, was Sinn ergibt, denn das Dampfbad soll künstliches Fieber erzeugen. Man sitzt in Badekleidung in dem Dampf, irgendwann steht man auf und geht raus und duscht sich ab. Möglicherweise ist es gut für die Haut oder für die Atemwege?

    Die Erlebnisse nehmen ab hier in ihrer Befremdlichkeit rapide zu. Die nächste Stufe im ebenso aufsteigenden Amüsement war das Saunaerlebnis "Liebeszauber". Gemischte Sauna, textilfrei, 80°. Es war mein zweites Saunaerlebnis überhaupt (das erste fand wenige Stunden zuvor statt, wenn man von einem kurzen "Kopf reinstrecken" in eine Hotelsauna, als ich im 7. Monat schwanger war, absieht). "Liebeszauber" hatte es dementsprechend schon von vornherein schwer, weiter vorn auf der Liste zu landen. Den Reiz der ganz neuen Grenzerfahrung konnte er nicht mehr bieten, musst sich aber einem fast direkten Vergleich stellen, das ist keine leichte Position. Was hinzukommt: für "Liebeszauber" war Musik angekündigt gewesen, die kam aber nicht und um was für einen Aufguss es sich nun genau handelte - er roch dezent gut - und was das alles mit Liebeszauber zu tun hat, wurde nicht erklärt.

    Besser als "Liebeszauber" war daher Aquafitness im Thermalbecken drinnen, bekleidet. Sie haben meine Berichte über Aquafitness vor sieben Jahren ganz sicher gebannt verfolgt. Ich bin Aquafitness-Aficionada. So fanden wir uns pünktlich um 10:30 Uhr im Thermalbecken drinnen (das genauso ist, wie das Thermalbecken draußen, nur zu dem Zeitpunkt mit weniger Menschen und halt drinnen) ein und warteten gespannt in dem Bereich, in dem die Wassergymnastik stattfinden sollte. Außer uns war dort niemand. Violinista fragte einen vorbeieilenden Bademeister, ob keine Aquafitness stattfände, er fragte etwas ungläubig "ihr wollt Aquafitness machen?" und wir bejahten. So gab es für uns zwei ganz exklusiv Aquafitness. Sogar mit Spielzeugen, nämlich Wasserhanteln. "Wie hat der denn geguckt?", fragte Violinista später, denn sie trug keine Kontaktlinsen. "Resigniert-amüsiert", erwiderte ich. Qualitativ war das Erlebnis nicht ganz überzeugend, aber da wir keine körperlichen Beschwerden haben, konnten wir darüber hinwegsehen. Bonuspunkte natürlich für Exklusivität.

    Das Erlebnis, das ich erst auf Platz 1 setzen wollte, weil es mir am allermeisten entspricht, ist das Abklingbecken. Violinista meint, ich solle nicht Abklingbecken schreiben, weil dann niemand weiß, was ich meine. Ich denke doch. Das Abklingbecken stand auf der Dachterrasse, das Wasser darin hatte geschätzt "kaltes Wasser aus dem Wasserhahn"-Temperatur, der Zweck war, sich nach der Sauna darin zu versenken, zwecks Abkühlung und sich danach wieder aufzuwärmen. Ich hätte in Bezug auf die Temperatur den ganzen Tag darin verbringen können. Das ist Wasser, wie ich es im Sommer mag! Und außerdem war es - neben dem Kneipp-Becken - die einzige Attraktion, die nicht auf "muckelig warm" ausgerichtet war. Warum also ist das Abklingbecken nicht auf dem höchsten Listenplatz? Ich muss zugeben, dass hier das Amüsement fehlte. Man hockt halt in einem Trog mit kaltem Wasser, das ist zwar angenehmer, als in einem Becken mit warmen Wasser zu sitzen aber auch keine Beschäftigung, die speziell meine Interessen bedient. Dem Abklingbecken an dieser Stelle vielen Dank, ich habe mich darin körperlich wohl gefühlt, das war ein Alleinstellungsmerkmal. Ausreichend Anreiz für einen erneuten Thermenbesuch bietet es mir aber nicht.

    Mein erster Saunabesuch jemals fand gleich am Morgen als erste Aktivität in der Therme (nach dem Duschen) statt. Es handelte sich nämlich um das Saunaerlebnis "Kaffeeritual", in der bereits in Bezug auf den "Liebeszauber" erwähnten Sauna, die neben textil- auch gesprächsfrei war. Die Intensität der Veranstaltung war mit "mild" angegeben. Ich war sehr gespannt, vor allem, ob ich überleben würde. Um meine Chancen zu erhöhen, setzte ich mich ganz nach unten. Violinista bot mir noch eine Crushed-Ice-Kugel an, ich wollte die Situation bzw. mich in der Situation erst einmal unter Kontrolle bringen, ohne noch zusätzliche Reize hinzuzufügen.
    Der Saunameister kam, stellte sich namentlich vor und erklärte, was nun geschehen würde. Nämlich ein Erdbeer-Champagner-Aufguss. Das roch sehr ähnlich, wie ein Duftbleistift, den ich in der Grundschule einmal hatte. Was mir nicht klar war: dass noch mit Tüchern oder fächerartigen Gegenständen herumgewedelt wird, damit die heiße Luft auch definitiv noch von oben nach unten kommt. Aber nun gut. Ich war sehr mit Überleben beschäftigt. Es gab dann eine Unterbrechung, in der alle in den Duschraum traten und eine Mischung aus Kaffee und Salz angereicht bekamen, um sich damit einzureiben. Zu meiner großen Überraschung duschte die Gruppe danach aber nicht, sondern ging zurück in die Sauna, um sich noch ein paar Mal von 80 Grad heißer Luft einhüllen zu lassen. Völlig verrückt, wirklich. Insgesamt war ich überrascht, wie schnell das Ritual vorbei war. Ich hatte überlebt. Und etwas Neues erlebt. Nichts, dass ich in meinen Alltag integrieren möchte, aber es macht mich froh, zu wissen, dass ich in einer Sauna nicht zu Staub zerfalle. Man weiß ja nie, wofür das mal gut ist.

    An nächster Stelle stehen zwei Erlebnisse, bei denen ich absolut nicht sagen kann, welches mich mehr amüsiert hat. Das eine fand ich wirklich schön, das andere war an Irrsinn nicht zu überbieten.

    Das schöne Erlebnis war das Solebad. Absolute Stille war in diesem Raum gefordert, er war verdunkelt mit kleinen bunten Lichttupfern in der Decke, das Wasser von unten in wechselnden Farben dezent beleuchtet und darin "klebten" am Rand Menschen, die sich mit einer Schwimmnudel eine Art Pod zurechtgebogen hatten, in der sie in der dunkel schillernden Flüssigkeit trieben. Ich schwöre, ich dachte im ersten Moment, die Matrix ist bewiesen und hier haben wir die Menschen in der Nährflüssigkeit. Ich brauche ja keine Schwimmnudel, um an der Wasseroberfläche zu treiben, hakte also meine Füße am Beckenrand ein und trieb einfach so. Unter Wasser lief Musik, gerade begann die Mondscheinsonate. Das war sehr schön. Auf diese Weise könnte ich auch Hörbücher hören, denke ich. Später zogen Violinista und ich uns noch gegenseitig ein bisschen an den Füße durchs Wasser, das Rangieren war aber wegen der vielen Menschen eher beschwerlich. Treiben und Musikhören war besser.

    Das bizarrste Erlebnis des insgesamt höchst befremdlichen Tages war die Veranstaltung "Cool Day", die im textilfreien Dampfbad stattfand. Der Name hatte uns angesprochen und unsere Neugier, wie "Cool Day" im Dampbad stattfindet, war entfacht. Also fanden wir uns kurz vor der festgelegten Uhrzeit im Dampfbad ein. Wir waren die einzigen Anwesenden und es sah nicht so aus, als würde irgendwas mit "cool" oder irgendetwas Spezielles überhaupt stattfinden. Es handelte sich um ein Sea-Salt-Lemongrass-Dampfbad, der Geruch war angenehm und die Intensität deutlich höher als im Soledampfbad. Wir saßen ein wenig herum, der Dampf wurde blickdicht, plötzlich öffnete sich die Tür und einer der Saunameister kam mit einer großen Schüssel herein. "Oh, passiert hier jetzt etwas?", sagte ich überrascht und er erwiderte "Ja, ich habe hier Sahnequark mit Honig zum Einreiben". So wurde es gemacht. Der Saunameister rieb uns die Rücken ein, kippte uns dann mehr Quark in die Hände, als wir irgendwie festhalten konnten und überließ uns uns selbst. Violinista verkostete den Quark und befand ihn für köstlich. Das Ganze wurde in Verbindung mit dem Dampf eine sehr glitschige Angelegenheit. Ich schildderte zur Tür und holte noch etwas Salz-Lemongrass-Peeling, in der Illusion, das könnte uns ein wenig Grip geben. Tat es nicht. Es war eine unglaubliche Sauerei. Irgendwie gelangten wir zu den Duschen. So lustig das alles war, mein Tipp wäre: reiben Sie sich nie mit Sahnequark ein. Man wird den Geruch nicht mehr los und mit Zeit und Wärme beginnt es, ranzig zu riechen. Auch, wenn das Dampfbad textilfrei war, klebte der Geruch später an Badesachen, Handtüchern und Transporttaschen. Ich glaube, sogar meine Waschmaschine riecht jetzt ein bisschen nach Quark. Es ist grauenhaft. Und unglaublich lustig, ich hätte dieses "Cool Day im Dampfbad" um nichts in der Welt verpassen wollen.

    Der Gipfel der Erlebnisse, weil es eine Mischung aus völliger Beklopptheit und Herausforderung war und gleichzeitig keine Geruchsspuren hinterließ, war der Besuch der Eukalyptus-Sauna. Dieses Saunaerlebnis ist mit "intensiv" markiert, das ist die höchste angebotene Stufe des Saunierens in dieser Therme. Auf den Steinen lagen Eukalyptus-Zweige, ein sehr gut gelaunter Saunameister schaltete Musik ein und erzeugte dann mit Eukalyptusaufgüssen und Wedeln eine wirklich höllische Hitze, ich meine, ich hätte verbranntes Haar gerochen. Einige Personen verließen fluchtartig die Sauna. In zwei Bottichen ruhten Eukalyptuszweige in Sud, damit spritzte er uns zwischendurch noch nass und begann später, uns zu verprügeln. "Abklopfen" ist die offizielle Bezeichnung, und "Quasten", nicht Zweige. Unfassbar.

    Zusammenfassend: nein, Therme ist nichts für mich. Die Art der Entspannung, die dort geboten wird, funktioniert für mich nicht und mir ist einfach alles zu warm. Große Teile des Angebots finde ich langweilig, einzelne Aspekte unterhaltsam-bizarr. Eine Integration in meinen Alltag sehe ich nicht. Eine punktuelle Wiederholung auf mein Bestreben hin auch nicht, aber wenn ich mal irgendwo bin und alle Anwesenden gehen in die Sauna oder in ein Dampfbad oder sich mit Quark einreiben, würde ich vermutlich mitgehen (bei letztem nur, wenn wer anders die Handtücher stellt und später wäscht). Das ist gut zu wissen. Und darüber hinaus bin ich sehr froh, das gesamte Thermenprogramm erlebt zu haben, es hätte ja sein können, dass mir irgendwas davon wider Erwarten enorm entspricht und ich hätte davon nie erfahren. Das kann ich jetzt ausschließen, insofern war der Tag ein voller Erfolg!

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    Mittwoch, 5. Juli 2023
    WmdedgT 7/2023


    Heute WmdedgT, also Tag der simplen Nacherzählung des Tagesgeschehens, wie angenehm. Letzten Monat habe ich das verpasst. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Ach ja doch, an dem Tag bin ich nach New York geflogen und als ich da ankam sofort mit 20 Leuten Essen und Trinken gegangen und irgendwann todmüde im Hotel gelandet, wo ich keinen Lichtschalter finden konnte, um das Licht im Bad auszuschalten (später erfahren: es gab auch keinen, es handelt sich um ein „Ambient Light“, das nur die Haustechnik umprogrammieren kann, wenn man es gerne aus hätte, alle irre), jedenfalls hatte ich da zwar einen 30-Stunden-Tag aber dennoch war schlicht keine Zeit übrig. Heute aber. Ach ja, alles weitere zu WmdedgT wie immer bei Frau Brüllen.

    Ich stand heute eine halbe Stunde früher auf, als üblich, weil M auch früher aufstehen musste und wir sonst im Badezimmer-Slot kollidiert wären. M durfte heute nämlich in Physikvorlesungen probehören, hatte daher eine weitere Anfahrt und andere Uhrzeiten. Wir waren also beide früh fertig, dann bewölkte sich der Himmel enorm und es wurde unwahrscheinlich, dass sie den Weg noch trocken per Rad schaffen würde, ich selbst konnte sowieso nicht Rad fahren wegen einer Abendverabredung. So ergab es sich, dass M das Auto nahm und ich mir eine Mitfahrgelegenheit nach Frankfurt erschlich.

    Um 7:30 Uhr wurde ich also auf dem Riedberg-Campus ausgesetzt, schlug mich ohne Kaffee zur U-Bahn durch und fuhr nach Frankfurt. Ich habe momentan eine kleine Sucht nach Chai Tea entwickelt, zu Hause habe ich eine Dose mit Pulver, aus dem ich ihn herstelle aber auch unterwegs benötige ich ihn manchmal. Dann mag ich den von Starbucks sehr gerne. Starbucks hat jetzt ja auch Mehrwegbecher, aber (noch) nicht in der größten Größe, also Venti. Ich will bei Getränken aber immer die größte Größe, also entspann sich folgendes Gespräch:

    Ich: Gibt es den Mehrwegbecher jetzt auch in Venti?
    Verkaufsperson: Das haben Sie gestern schon gefragt!
    Ich: Ich hatte gehofft, es hätte sich geändert. Ich frage jedes Mal, wenn ich komme. Dann fühle ich mich besser.
    Verkaufsperson: Ich fühle mich dann nicht besser!
    Ich: Naja aber Sie haben mehr Einfluss auf die Situation als ich. Geben Sie meinen Wunsch gerne täglich weiter.

    Mal sehen, was sich entwickelt. Morgen habe ich wieder meinen eigenen Tee dabei.

    Im Büro war ich entsprechend früh und hatte einen lockeren Tagesablauf ohne fixe Termine. Ich nutzte die Zeit gut zu Angelegenheiten, die ich als „Verbesserung von Abläufen“ bezeichne und andere bezeichnen es als „extrem auf die Nerven gehen“. Nach wie vor antworte ich auf jede einzelne Mail, die ich erhalte (ausgenommen Spam). Der alte Oberchef hatte mich darum gebeten, warum ist mir völlig unklar, verraten wollte er es nicht, er sagte, wir würden in einem Monat wieder sprechen. Der ist jetzt bald um. Bisher habe ich einen wesentlichen Aspekt festgestellt: ich habe immer das letzte Wort. Das kann ich nicht kleinreden, natürlich schafft das eine gewisse Wirklichkeit. Zwei weitere Aspekte, die mir (indirekt) berichtet wurden: es entsteht einerseits ein Eindruck von Kontrolle, andererseits fühlen sich Personen gesehen. Absurd wird es natürlich da, wo die andere Person auch immer wieder antwortet. Das kommt allerdings bisher nur bei genau einer Person vor, nämlich beim neuen Oberchef und auch hier eine interessante Erkenntnis: dem überlasse ich dann das Feld und antworte, bevor es weird wird, nicht mehr.

    Ansonsten Kostenplanung für das 2. Halbjahr aktualisiert, an der einen Stelle ein bisschen Wogen geglättet, an der anderen Stelle ein bisschen Wellen gemacht, möglicherweise eine Lücke in einem Ablauf aufgedeckt (mögliche andere Erklärung: niemand will mir verraten, was die Vorgehensweise in Fall X ist), zwei Bewerberinnen eingeladen, eine Entsendung und einen Plan zur Büromöblierung besprochen.

    In der Mittagspause schrieb ich Frau Paus (falls Ihnen der Name kurz nichts sagt: seit April 2022 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, folgte auf Anne Spiegel nach deren unsäglichen Fernsehauftritt vor dem sie, also Anne Spiegel, aus für mich immer noch nicht nachvollziehbaren Gründen niemand bewahrt hatte). Mein neues Hobby ist ja, ich hatte es erwähnt, der „politische Brief“. Ich sage bewusst nicht „Korrespondenz“, weil Korrespondenz ja etwas Gegenseitiges impliziert, ich warte hingegen nicht auf Antwort, wobei, bei Frau Paus würde ich mich schon freuen, ich hatte nämlich Verständnisfragen und bei meinem Schreiben neulich zu einem „Radweg“ (in Anführungszeichen, weil es in Wirklichkeit eine Dooring-Zone ist) hatte ich auch Rückmeldung erbeten.

    Um 17:15 machte ich Feierabend und fuhr mit Fragmente zurück nach Offenbach, dort setzten wir uns vor ein Lokal und aßen und tranken sehr gut. Ich probierte einen Grapefruit Spritz, auch sehr lecker, kann mit Limoncello Spritz mithalten. Wir unterhielten uns über dies und das und hatten – aus meiner Sicht – viel Spaß. Fragmente sagte, in einer derartigen Aggro-Phase wie der jetzigen habe sie mich noch nie erlebt. Das ist vermutlich korrekt, ich reguliere mich ja normalerweise nur jetzt halt nicht, weil Sommer ist und ich mit Selbstregulierung im Sommer nicht gut gefahren bin bisher, ich muss also etwas anderes ausprobieren.

    Ich traf noch bei Sonnenlicht zu Hause ein, auch absurd, man kommt sich ja vor wie ein Kleinkind. Dann spielte ich Klavier. Ich spiele seit dem 19. Juni 23 täglich Klavier, weil eine Freundin zu Besuch war, die mir berichtete, dass sie seit einiger Zeit täglich Klavier spielt. In mir türmten sich sofort alle Gefühle zwischen Neid, Bewunderung und FOMO auf und ich beschloss am nächsten Tag, mich weniger mit Gefühlen aufzuhalten und lieber zur Handlung überzugehen und ab sofort halt auch täglich Klavier zu spielen. Ich habe ja ein Silent-Piano, also ein normales akustisches Klavier, das aber eine zusätzliche Technologie enthält, womit man es stumm schalten kann, dann aber durch optische Sensoren und Elektronik Sound über Kopfhörer ausgegeben wird. So kann ich zu jeder Uhrzeit spielen, auch ganz egal, was andere Personen im Haushalt tun. Die Kopfhörerdingsdas, also die Dinger, auf den Ohren, zerfleddern allerdings, so dass ich nun neue Kopfhörer bestellt habe. Bis dahin zupfe ich mir die Schaumgummifetzen aus den Haaren.

    Nun lässt mein Aktivitätsdrang langsam nach, unten im Hausflur stehen noch 26 kg Katzenstreu, aber ich denke nicht, dass ich die heute noch nach oben trage. Das Diebstahlrisiko bei einem Karton mit 26 kg Katzenstreu scheint mir auch sehr überschaubar.

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    Montag, 3. Juli 2023
    3. Juli 2023

    Jetzt ist schon Juli, ein Glück, der erste der drei nervigen Monaten im Jahr ist rum.

    Am Wochenende ging gar nichts. Also wirklich nichts. Ich habe keine Ahnung, was da los war. Ich wachte Samstag gegen 9 Uhr auf, setzte mich in den Sessel aber konnte kaum die Augen aufhalten, geschweige denn mich auf etwas konzentrieren. Ich dachte, eine Fahrradfahrt zum Supermarkt könnte helfen. Der Supermarkt ist 1,2 km entfernt und ich war unterwegs unsicher, ob ich es wirklich bis dorthin schaffe. Im Supermarkt ging ich dann verloren, wieder zu Hause musste ich mich hinlegen. Um 16 Uhr wieder aufgestanden, zurück in den Sessel, versucht zu lesen aber immer weggedöst. Ich hätte Narkolepsie gegoogelt, wenn ich lang genug hätte wach bleiben können. Um 21 Uhr schleppte ich mich wieder ins Bett, schlief 13 Stunden und dann ging es genauso weiter wie am Vortag. Am späten Nachmittag beschloss ich, zum Badesee zu fahren (bzw. mich fahren zu lassen), Wasser ist immer gut. Knapp zwei Stunden war ich im Wasser und trieb umher wie ein Stück Holz. Ich habe das große Glück, dass meine Körperfettverteilung oder Körperspannung oder was auch immer so geartet sind, dass ich im Wasser nicht untergehe, auch nicht, wenn ich mich nicht bewege. Ein enorm großes Glück, selbst Schwimmbewegungen waren mir nämlich zu anstrengend. Wieder zu Hause ging ich nach ein paar weiteren sinnlosen Momenten im Sessel schlafen. Heute war dann alles wieder normal, also - so wie immer, ob das normal ist oder nicht, wer weiß das schon. Jedenfalls konnte ich problemlos mit dem Rad ins Büro und zurück fahren (jeweils 8,5 km) und musste dort auch nicht auf dem Fußboden eingerollt schlafen.

    Mir hängt noch eine Sequenz aus der letzten Italienischstunde nach. Wenn ich richtig verstanden habe (das Gespräch war auf Italienisch und es war gegen Ende der Stunde, ich kann sehr schlecht eine Stunde lang im Unterricht aufmerksam sein, mein Limit liegt eher so bei 40 Minuten) ging es darum, wie wir auf Italienisch sprechen und ich meine verstanden zu haben, die Grundannahme sei, dass wir im Kopf Deutsch denken und dann übersetzen. Das ist bei mir nicht so. In keiner Sprache, die ich spreche. Ich denke immer in der entsprechenden Sprache - wenn ich noch sehr am Anfang des Spracherwerbs stehe, kann ich nur entsprechend wenig denken (was enorm frustrierend ist, deshalb lerne ich am Anfang immer sehr schnell) und stoße links und rechts und vorn und hinten an ins Nichts, weil ich keine Worte dafür habe. Ich kann grundsätzlich natürlich auch übersetzen, aber das fühlt sich ganz anders im Kopf an. Wenn ich zum Beispiel jetzt den Anfang des Blogeintrags lese, "jetzt ist schon Juli" kann ich natürlich "siamo già in luglio" übersetzen, aber das ist irgendwie vorne im Kopf, direkt hinter der Stirn, invece, quando scrivo qualcosa direttamente in italiano, è più in fondo.

    In einer Sprache denken und dann eine andere für das Sprechen verwenden ist aber vermutlich eher wie dolmetschen. Das kann ich nur, wenn ich eine Sprache sehr gut beherrsche, so dass ich einen Rhythmus denken und das in einen anderen beim Sprechen übertragen kann. Zwischen Deutsch und Englisch und Deutsch und Spanisch geht das, aber schon zwischen Spanisch und Englisch nicht mehr und mit anderen Sprachen erst recht nicht.

    Letzer interessanter Punkt für heute: ich habe eine wiederverwendbare Box für die Kantine gekauft. Ich esse ungern in der Kantine selbst, weil ich mich beim Essen nicht gerne unterhalte und sehr gerne beim Essen etwas trinke und keinen Bock habe, dafür zu bezahlen. Also nehme ich, wenn ich mittags etwas essen möchte (was so gut wie nie der Fall ist, aber manchmal ist es aufgrund der Abendgestaltung notwendig), das Essen mit an den Arbeitsplatz. Irgendwann vor Corona hatte ich dafür ein passendes Transportbehältnis gekauft, während Corona war das dann aber verboten, seit neulich ist es wieder erlaubt aber mein Behältnis ist zwischenzeitlich verschwunden. Ich weiß noch, was es damals für ein Aufwand war, einen passenden Behälter zu finde, umso erstaunter sah ich dann heute, dass es jetzt ganz einfach ist, eine "Mehrweg Lunchbox" zu kaufen, man kann sich gar nicht retten vor passenden Modellen. Meines kommt morgen an, für den nächsten Kantinenbesuch bin ich ausgerüstet (außer es gibt Pizza).

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    Mittwoch, 28. Juni 2023
    28. Juni 2023



    Zwei Dinge habe ich heute zu berichten.

    Ad 1: Ich habe eine neues Hobby gefunden. Ich werde nun regelmäßig mit Politiker*innen korrespondieren. Sehenden Auges, dass diese Korrespondenz vermutlich einseitig bleiben wird. Ich peile ca. drei bis fünf Nachrichten pro Woche an, ich schreibe ja gern.

    Das Ganze kommt so: Zum ersten muss ich mich ja, weil Sommer ist, über alles fürchterlich aufregen. Über Dinge, über die ich sonst nach kurzem Augenzucken gelassen hinwegsehe, muss ich mich schon unfassbar aufregen, über Dinge, die mich sonst schon ärgern kann ich mich kaum noch halten und muss im Kreis rennen oder Treppen steigen, bis mir die Puste ausgeht. Persönlich bekannte Menschen aus meinem näheren Umfeld deuten schon an, dass sie an meinem Verhalten den Beginn einer neuerlichen sehr, sagen wir, "beschleunigten" Phase ablesen.

    Zum zweiten bringt es natürlich genau gar nichts, alles, was mich stört, in einem beliebigen Netzwerk herauszutröten. Bestenfalls kann ich mich dann ein bisschen mit Menschen mit anderer Meinung streiten, schlechtestenfalls finde ich mich in einer Echokammer wieder und werde sekündlich noch genervter. Ich benötige daher eine Alternative.

    Und so kam mir, dritter guter Grund, der Gedanke, dass die Personen, die wirklich zuständig sind, vermutlich viel zu wenig sinnvolles Feedback erhalten, also Lob und Kritik, die über Geplärre hinausgeht. Das ist meistens so in Entscheidungspositionen. Ich kenne das beruflich ja selbst.

    Einen vierten Grund gibt es sogar auch noch: ich werde - auch, wenn es gar keine Antworten gibt - sehr viel lernen. Oft weiß ich nämlich gar nicht genau, wer für etwas, worüber ich mich aufrege, wirklich zuständig ist. Das werde ich dann jeweils recherchieren, ich bin heute schon bei einer Kurzrecherche, bei wem ich mich für die neuen Fahrradstraßen in Offenbach bedanken könnte, auf hochinteressante Informationen gestoßen, Offenbach hat ein politisches Informationssystem, in dem man Sitzungsmappen herunterladen und sich wirklich en detail informieren kann. Den Sitzungskalender für Parlament und Ausschüsse konnte ich mit einem Klick in meinen Google-Kalender importieren. Ich glaube, es wird ein zeitintensives Hobby, perfekt für einen langen Sommer, in dem wegen zu warm keinerlei Verabredungen nachgehen möchte.

    Ad 2: Bekanntlich (?) bereite ich mich auf so gut wie jedes berufliche (manchmal auch private) Gespräch vor und habe immer Notizen. Keine Ausführlichen, aber ein Post-it mit den Punkten, die ich auf jeden Fall besprechen möchte zum Beispiel. In der Zusammenarbeit mit dem nOC ist das unerlässlich, da habe ich ja Zeitslots von 5 bis 10 Minuten pro Woche und um da alles bestmöglich weiterzubringen, muss ich nicht nur priorisieren sondern auch nach Themengebieten zusammenfassen und Zeit für ein "ähm" ist da sowieso nicht. Aber auch in anderen Gesprächen. Ich habe sowieso immer verschiedene Post-its mit Namen auf meinem Schreibtisch und darunter sammle ich die Punkte, die ich mit der entsprechenden Person durchgehen möchte, über ein oder zwei Tage, wir wir uns dann zusammensetzen. Oder, wenn es um ein komplexeres Thema geht, bereite ich mir natürlich auch die Hauptpunkte vor, die meiner Ansicht nach thematisiert werden müssen.

    Diesen Zettel lege oder klebe ich dann im Meeting vor mir auf den Tisch, der ist ja nicht geheim, wenn mein Gegenüber Interesse zeigt, schiebe ich ihn auch mal in die Mitte. Vor ein paar Tagen geschah es nun, dass ich eine etwas umfangreichere Verständnisfrage an den Datenschutzbeauftragen hatte und auch da den Zettel mit meinen Punkten auf den Tisch klebte. Er sagte dann "was ist das denn für ein Aggro-Move?" Auf meine Nachfrage sagte er, es wirke auf ihn wie "hier ist meine Agenda und so machen wir das jetzt", also reichte ich ihm den Zettel rüber und sagte "dann machen Sie mal Ihre Agenda und es würde mich freuen, wenn wir meine Punkte berücksichtigen könnten". Kurioserweise hatte er dann gar keine eigene Agenda, wie auch, wie soll er antizipieren, was ich nicht verstanden habe?

    Ich finde es eher einen wertschätzenden Umgang mit der Zeit der anderen Person, wenn ich mich auf das Gespräch vorbereitet habe und nicht später noch zig mal nachfassen muss, weil mir im Meeting gerade irgendein wichtiger Punkt nicht mehr einfiel oder wir uns in eine andere Richtung verquatscht haben.

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    Montag, 26. Juni 2023
    26. Juni 2023

    Es passiert mir neuerdings, dass ich aus gutem Grund mit der Bahn zum Büro fahren will und dann doch mit dem Rad fahre. Heute zum Beispiel, ich musste erst einmal das Auto aus dem Hof wegräumen, hatte also einkalkuliert, ganz eventuell sogar damit fahren zu müssen, ächz, fand aber gleich um die Straßenecke einen Anwohnerinnenparkplatz. Also stieg ich wieder aus, wollte zum Zug gehen, wusste aber bereits, dass ich abends sehr in Eile sein würde und falls ich der Zug dann nicht fährt (mit sowas ist ja immer zu rechnen) mit der S-Bahn ankäme und von da hätte ich zum Zielort weiter laufen müssen, so dass alles knapp würde – also jedenfalls dachte ich, es sei eine gute Idee, das Rad an der S-Bahn abzustellen, so dass Zug und S-Bahn gleichermaßen gut für den Rückweg nutzbar waren. Dann bin ich aber versehentlich einfach mit dem Rad bis zum Büro gefahren. Dieses Leihfahrrad war eine hervorragende Entscheidung. Vielleicht erinnern Sie sich, mein eigenes Fahrrad war ja kaputt, ich konnte mich nicht aufraffen, mich zu informieren und mich noch nicht einmal aufraffen, mich derart zu organisieren, dass ich Fahrräder, die mir andere Personen anboten hätte annehmen können. Und dann erzählte mir im Büro jemand, er führe ein Leihfarrad und sei sehr zufrieden und man bekäme das fußläufig vom Bürogebäude, also ging ich noch am selben Tag dort hin mit dem Gedanken „besser so eins als gar keins“ und seitdem bin ich zufrieden. Irgendwann werde ich mir ein eigenes, passgenaueres Rad kaufen. Aber jetzt erst einmal nicht. Ich sehe beim Radfahren natürlich viele Leute auf anderen Rädern und kann zu einer vorläufigen Einschätzung kommen, schaue mir die Räder von Leuten an, die ähnliche Dinge mit dem Rad tun wie ich, die ähnlich sitzen, wie ich sitzen will, die ähnliches Gepäck haben wie ich. Die Marke „Pegasus“ ist mir bereits positiv aufgefallen. „Cubes“ erkenne ich mittlerweile von Weitem. Ich werde weiter beobachten.

    Im Büro probierte ich heute eine andere Art der Arbeit aus. Normalerweise sammle ich gleichartige Tätigkeiten, aber weniger inhaltlich als räumlich. Ich erledige z.B. alles auf meiner Liste bis zu dem Punkt wo es gescannt werden muss, dann packe ich die hundertfuffzich Sachen, die dabei entstanden sind, und scanne sie alle ein, dann mache ich an allen einzeln wieder weiter. Oder ich erledige alles mögliche bis zu dem Punkt, an dem ein Telefonat notwendig ist, mache dann 20 Telefonate in Serie und dann alles weiter. Neulich hatte ich überlegt, ob das schlau ist. Es führt ja dazu, dass ich lange Zeit gar keine fertigen Dinge vorweisen kann und dann binnen Minuten alle auf einmal. Heute habe ich es anders ausprobiert und eine Sache begonnen und bis zum Ende durchgeführt, mit allen Zwischenschritten wie Telefonaten, Scannen, Informationen zusammentragen. Eins nach dem anderen von A bis Z. Dann den nächsten Vorgang. Überzeugt hat mich das nicht, ich habe mich sehr gelangweilt und es war sehr ineffizient.

    Abends waren wir noch bei einer Schul-Theateraufführung. Daher die Eile. Nach der Aufführung konnte ich Herrn N. und M auf dem Schulhof partout nicht mehr wiederfinden. Eine halbe Stunde lang. Ich habe sie letztendlich geortet. Keine Ahnung, wie man da früher vorgegangen ist. Vermutlich sind diese ganzen Gerüchte von Leuten, die Zigaretten holen gingen und nicht zurückkamen nur entstanden, weil die kein Navi und keine Ortungsfunktion hatten und ihre Familien schlicht nicht wiedergefunden haben.


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    Sonntag, 25. Juni 2023
    25. Juni 2023

    Ein weiterer Tag in der Gluthölle. Vielleicht ist es wirklich das Fegefeuer?

    Ich war schon um 9 Uhr zu Fuß zum Bahnhof unterwegs, da war es mir bereits zu warm. Die Hinfahrt war ereignislos, glaube ich, vielleicht kann ich mich aber auch nicht mehr erinnern, irgendwann gerinnt ja das Eiweiß im Gehirn und was dann weg ist ist weg, das kriegt man nicht mehr flüssig. Ach doch, ich erinnere mich, mir gegenüber saß eine Frau, die versehentlich ein Sparpreisticket mit Bahncard gekauft hatte aber keine Bahncard hatte. Die Fahrkartenkontrolleurin war freundlich und bot ihr an, im Zug ein neues Ticket zu kaufen, halt dann zum regulären Preis. 87 irgendwas. Die Frau war erschreckt über den Preis. Ich schlug vor, die Frau könne vielleicht auch einfach eine Probebahncard jetzt sofort im Zug online für 17,90 kaufen. Das wollte die Frau aber nicht, weil es ja ein Abo ist, die Fahrkartenkontrolleurin wollte es ohne Angabe von Gründen auch nicht, ich setzte mir Kopfhörer ein machte die Augen zu, die beiden waren ja jetzt (mehr oder weniger) zufrieden und ich hatte mit der Sache sowieso in Wirklichkeit nichts zu tun.

    Während des Umsteigens sammelte ich im Kopf wieder neue Begründungen bei Verspätungsdurchsagen, neu dabei war "wegen Böschungsbrand". Bei diesen ganzen sicherlich guten Gründen für Verspätungen muss man sich wundern, dass überhaupt manchmal Züge fahren.

    Bei Papa N. war es auch warm. 28 Grad als ich ankam, 32 Grad als ich ging. Er fand es gut. Zunächst trug er noch Fleecejacke und dicke Socken, als ich ging hatte er die Fleecejacke immerhin geöffnet. Dass er schnell friert, ist erst im Alter so, dass ihm nie zu warm ist, war aber schon immer so, er ist der einzige von uns, der sich je freiwillig in die Sonne begeben hat. Und in die Sauna. Vermutlich entwickelt man ein anderes Temperaturempfinden, wenn man den Arbeitstag zwischen Backöfen verbringt. Ich döste jedenfalls immer weg, Kreislauf, man kennt das.

    Die Rückfahrt war auch ereignislos, mit meinem Gegenüber hatte ich mich gleich nach Abfahrt überworfen und schräg gegenüber saß ein Elternpaar, die ostentativ die Kinder erzogen. Also so in der Art "wir sind so gute Eltern und haben uns alles genau überlegt und der Zug darf daran teilhaben". Ich habe selbst ja keine Erziehungsarbeit zu leisten, also setzte ich mir auch hier wieder Kopfhörer ein.

    Auf dem letzten Bahnstück hatte der Zug keine Klimaanlage, ich begann wieder wegzudösen und kam zum Glück auf die Idee, mir einen Wecker zur Aussteigenzeit zu stellen. Der mich dann auch tatsächlich weckte, aber wir waren nicht in der Nähe meines Zielbahnhofs, den Grund hatte ich leider verpasst. Weil ich so ungern geweckt werde, stand ich sofort auf (mache ich morgens auch immer so) und stellte mich in den Gang, um nicht wieder einzuschlafen.

    Jetzt bin ich wieder zu Hause. Ich habe als erstes meinen Kopf unter den Wasserhahn gehalten, das war vor einer Stunde, die Haare sind schon wieder trocken. Die ganze Zugfahrt über habe ich schon überlegt, was ich morgen anziehen könnte, das temperaturtauglich ist und mir auch gleichzeitig gefällt. Mir ist nichts eingefallen. Vielleicht muss ich zu Hause bleiben.

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    Samstag, 24. Juni 2023
    24. Juni 2023

    Normalerweise blogge ich ja immer abends. Allerdings sitze ich jetzt in der komplett dunklen Wohnung, wegen Jalousien unten, wegen Sommer und es gibt nicht, was ich tun könnte, wegen zu warm, wegen, raten Sie mal, genau, Sommer, nichts hindert mich daran, Sie auch tagsüber an meinem Befinden teilhaben zu lassen, im Sommer gelten keine Standards.

    Ich war sogar schon draußen heute, weil ein Paket abzuholen war. Bei der Post selbst, of all things! Die natürlich nur bis 13 Uhr geöffnet hat. Postfiliale ist so ein Ort des kollektiven Grauens, nicht eine einzige Person schien gern oder freiwillig dort zu sein, Angestellte eingeschlossen. Alle mürrisch, barsch, nichts funktionierte (technische Störungen), ich fühlte mich sehr Teil des Ganzen. Auch draußen schienen alle ganz genauso aggressiv wie ich zu sein, ein Mann offerierte mir sogar am Fahrradständer ein Streitgespräch, das ich dankbar annahm, dann war er aber in Eile und brach rasch auf. Sehr schade, es hätte noch so viel zu sagen gegeben aber andererseits kam auch gerade die Mittagssonne, ich fuhr also auch ohne weitere neue Bekanntschaften heim.

    Zu Hause ein kurzer Moment der Erleichterung: Das Sodabär-Paket war endlich eingetroffen. Sodabär ist einer meiner allerliebsten Onlineshops. Man kauft dort Kohlensäurezyliner für Wasseraufsprudelgeräte, vielleicht kauft man dort auch noch anderes, davon habe ich keine Ahnung, ist mir auch egal, ich kaufe immer einen 4er-Pack von diesen Zylindern. Ich bin seit 2015 dort Kundin, da gab es noch gar keinen Onlineshop und man musste seine Bestellung mailen aber das war ja schon damals viel besser als alles andere. Man musste ja mit seinem leeren Zylinder in ein Ladengeschäft gehen, z.B. von Schlecker (gab es damals noch) oder Kaufhof oder sowas und dort, meist an der Kasse, um einen Austausch gegen einen vollen Zylinder bitten, die Kassenperson kramte dann genervt im Fußraum herum, zu 90 % gab es gerade keinen vollen Zylinder, wegen alle weg oder keine Lieferung oder sonstwas, und wenn es einen gab, musste noch ein kleines laminiertes Etikett an der Kasse aufgefunden werden, das dann wegen des Preises gescannt wurde. In den 90 % der Fälle, in denen kein voller Zylinder an der Kasse war, wurde das barsch beschieden, die Frage, wann denn die nächste Lieferung einträfe mit Schulterzucken abgetan. Wenn ich ganz wild drauf war fragte ich, ob nicht vielleicht im Lager noch was wäre, dann wurde wortlos eine schrille Klingel gedrückt, "gehen Sie auf die Seite" gesagt, manchmal kam dann eine weitere schlecht gelaunte Person durch den Laden gerannt, rannte nach Aufnehmen der Anfrage durch den ganzen Laden zurück um nach unbestimmter Zeit zu 99,9 % mit "Nee da ist nix" nochmal durch den ganzen Laden zu rennen. Manchmal geschah aber auch gar nichts, so wild, dass ich ein weiteres Mal gefragt hätte, war ich nie (ich war da ja noch jünger), ich ging also manchmal nach einer Viertelstunde "auf der Seite stehen" unverrichteter Dinge weg.

    Vielleicht setzen sich auch heute noch Menschen diesen Abläufen aus, das weiß ich natürlich nicht, ich bestelle ja seit 2015 bei Sodabär. Und bin 99 % glücklich. Schöner wäre es natürlich noch, wenn ich 100 % glücklich wäre, dazu fehlt mir der perfekte Ablauf der Bezahlung. Man kann natürlich zwischen verschiedenen Zahlungsmethoden wählen, ich bevorzuge eine ohne Gebühren und dafür gibt es die Vorkasse per Überweisung. Die kommt für mich nicht in Frage, weil der Ablauf mit den leeren Zylindern in meinem Haushalt leicht entglitten ist, seit auch junge Erwachsene, die noch nicht Expertinnen in Haushaltsführung sind, sich mit dem Austausch von Verbrauchsmaterial in Haushaltsgeräten beteiligen. Damit meine ich: M wechselt die Zylinder jetzt selbst, wenn sie leer sind. Generell absolut begrüßenswert. In der Umsetzung ergibt sich das Problem, dass ich noch nicht zuverlässig informiert werde, wenn der letzte volle Zylinder eingesetzt wird. Für mich allein hatte ich den Ablauf perfektioniert, es gibt ein Rotationssystem inklusive optischer Kenntlichmachung PLUS Sicherheitsnetz. Aber andere sind halt nicht man selbst, wir stehen jetzt öfters ohne vollen Zylinder da und dann ist Vorkasse per Banküberweisung zu langsam. Alle anderen Zahlungsmethoden sind entweder nicht ohne weitere Bewegung machbar (Kreditkarte z.B. - an die Handtasche gehen und Karte wegen Sicherheitscode suchen) oder kostenpflichtig, da ich mich bei Hitze tot stellen will, will ich nicht zur Handtasche gehen, daher zahle ich kostenpflichtig mit Paypal, mein Sommerhass ist mir also grob 1 Euro (in 3 Monaten ca. 2 Bestellungen) wert. Wie gesagt, das ist das eine fehlende Prozent. Ich sage es nur, falls hier eine Person mitliest, die etwas daran ändern kann.

    Zahlungscomfort ist sowieso so ein Thema. Neulich, auf Herrn Ns Geburtstagsfeier, besprachen wir noch die Zahlungsmöglichkeiten für Zeitungsartikel. Das ist aber ja eine alte Leier, ich denke, die Fronten sind verhärtet und keine weiteren Gespräche notwendig. Ich für meinen Teil lese keine kostenpflichtigen Artikel, wenn ich für sie nicht einzeln unkompliziert (also: ohne mehr als die Finger zu bewegen) zahlen kann. Für die Zeitungen ist das im Hintergrund sehr kompliziert, unter anderem auch wegen Rechnungsstellungen etc., habe ich aus professioneller Quelle erfahren. Das ist mir aber vollkommen egal, damit habe ich nichts zu tun. Wenn ich einzelne Artikel unkompliziert kaufen kann, kaufe ich sie, wenn nicht, nicht.

    So. jetzt sollte mein Eiskaffee abgekühlt sein und die Haare sind auch wieder trocken, ich muss den Kopf erneut unter den Wasserhahn halten. Vielleicht später mehr, dass es kühler wird, so dass ich irgendwas machen kann, worauf ich Lust habe und/oder dass ich die Jalousien hochmache, ist ja in den nächsten 8 Stunden nicht zu erwarten.

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    Freitag, 23. Juni 2023
    22. Juni 2023



    Es ist unglaublich entspannend, keine Ahnung zu haben, worüber ich einen Blogeintrag schreiben könnte. Im Vergleich zu der Situation, etwas angefangen zu haben, das ich zu Ende führen möchte. Das liegt mir nicht. Ich bin immer bereit, etwas anzufangen, aller Anfang ist schön. Aber im Verlauf verliere ich das Interesse, nicht ganz so schnell zwar, aber ich antizipieren den Verlust des Interesses immer schon sehr schnell und bin dann in Eile, noch zu vollenden bevor es dazu kommt. Was zur Geschwindigkeit meiner Abläufe generell maßgeblich beiträgt.

    Jetzt ist aber nichts zu tun, ich entsann mich der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste, konnte mich aber für kein Thema erwärmen, was weniger an den Themen liegt als daran, dass ich es keinesfalls noch irgendwie wärmer haben möchte, es ist warm genug. Okay, das war zu billig. Schreiben Sie halt was Interessanteres rein.

    Sommer ist aber definitiv ein Thema bei mir. Alle wissen, ich hasse Sommer. Dieser Hass ist extrovertiert, nicht inwendig, ich hasse nicht mich! Warum sollte ich. Deshalb richtet sich meine schlechte Lauen ausschließlich nach außen. Ich sage es immer wieder (aber niemand will es glauben): ich bin ein unglaublich aggressiver Mensch, nur habe ich gleichzeitig eine hervorragende Selbstkontrolle. Im Sommer lasse ich da ein bisschen locker. Machen wir ja alle, im Sommer etwas locker lassen.

    Spannende Sachen habe ich heute nicht gemacht. Wegen Wetter natürlich. Ich bin mit einem Schädel aufgewacht, der kaum durch die Tür passte, nach zwei Ibu und einer halben Flasche Cola ging es dann und da ich von Juni bis September minutiös den Wetterbericht studiere (in den anderen Monaten nie, da ist ja alles gut, ich lege mir immer extra die Kachelmann-Website von Juni bis September auf den Startbildschirm und danach lösche ich sie wieder, Herr Kachelmann ist mir immer Sommer gemütsmäßig sehr nah) hatte ich schon angekündigt, das Haus nicht zu verlassen und auch nicht mit Fragmente Mittagessen zu gehen. Ich musste das Haus dann aber doch verlassen, weil Wassermelone, Salz und Pfeffer aus waren. Und wo ich einmal draußen war, ging ich beim Optiker vorbei und fauchte ihn an, weil eins meiner Brillengläser nach drei Jahren beschädigt ist und ließ mir die Augenbrauen zupfen, denn wer in Rage ist verspürt keinen Schmerz. Irgendwo war ich noch, ach ja, in der Parfümerie, ich habe neulich das passende Parfüm für mich gefunden und weil mich die Dame dort so gut beraten hatte, wollte ich es offline kaufen statt online. Das passiert mir auch nicht nochmal, erstens war es 20 Euro teurer und zweitens war die entsprechende Dame heute gar nicht da. Und verwenden kann ich das Parfüm jetzt auch nicht, weil mir bei Hitze von Gerüchen an mir schlecht wird. Es ist aber nie zu früh, sich auf den Herbst zu freuen und in Bezug auf Duft bin ich jetzt vorbereitet. Es handelt sich um H24 von Hermès, man sagt natürlich nicht Havierunzwanzich sondern Aschväntkattre und der Flakon ist wiederbefüllbar, wer den wiederbefüllt weiß ich nicht, wie stand auf irgendeinem Zettelchen, das dabei war und aus dem mir sofort klar war: ich bin diese Person nicht. Wir werden sehen. Im Dezember oder so.

    Weil ich nicht weiter durch die Sonne radeln wollte war ich für Pfeffer und Salz im schlimmen Rewe, es dauerte etwas, bis ich Pfeffer fand (und zwar genauso lang, bis ich eine Person fand, die ich danach fragen konnte, also etwa tausend Jahre), das „Gewürzregal“ (in Anführungszeichen, weil es eigentlich nur weißen Pfeffer, Kümmel und gerebeltes Basilikum gab) war zwischen zwei Kühlregalen eingepfercht, was mir sehr kurzfristig gute Laune machte, denn da war es kühl. Gegenüber, also in meinem Rücken, waren Tiefkühlschränke und ich stand bald in einer Pfütze, immerhin nicht eigener Schweiß sondern Kondenswasser der Tiefkühlschränke. Ich fragte mich nicht, ob das gut so ist, denn ich finde nichts gut momentan.

    Zuletzt holte ich noch ein Paket ab, Inhalt: Birkenstockschuhe. Fragen Sie nicht. Ich habe den Paketabholladen erst neulich, als ich auf dem Weg nach Flonsheim war, entdeckt, war also insgesamt erst zum zweiten Mal da und daher erstaunt, dass der Besitzer mich ansah, mit Vornamen begrüßte und mir mein Paket hinhielt. „Kennen wir uns?“, frage ich. „Du warst neulich schonmal hier“, sagte er. „Kennst du alle, die hier je ein Paket geholt haben, mit Namen?“ fragte ich und er sagte „Nein, aber du bist auffällig.“

    Ich habe dann nicht weitergefragt.

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    Mittwoch, 21. Juni 2023
    Das dunkle Herz des Kapitalismus - Teil V (und Final)


    Jetzt ziehen wir alles einmal zusammen: Wenn wir uns alle schon genannten Aspekte anschauen, ist klar: Ausschüttungspolitik ist eine unglaublich spannende Sache! Man muss die Form der Ausschüttung wählen, dabei die Interdependenzen zwischen Finanzierungs-, Investitions- und Ausschüttungspolitik bedenken und die teilweise konfliktären Positionen der verschiedenen Interessengruppen, von denen wir gerade sprachen und, ganz wichtig, auch die schon erwähnte Signalwirkung, die die Entscheidung hat.

    Ein paar dieser Interdependenzen umreiße ich ganz grob

    Das Unternehmen möchte den Gewinn natürlich einerseits gern so weit wie möglich im eigenen Interesse verwenden, andererseits aber auch gute Beziehungen zu Shareholdern und Stakeholdern pflegen und muss natürlich einen Gewinnverwendungsvorschlag machen, der im Korridor dessen liegt, was in der Hauptversammlung voraussichtlich angenommen wird.

    Das Unternehmen kann die Dividendenpolitik nutzen, um bilanzpolitisch das Ergebnis zu glätten, Rücklagen zu bilden oder aufzulösen. Gerade wenn ein Unternehmen in einem stark zyklischen Markt agiert, muss es für Senken vorsorgen. Das ist in der Industrie meist der Fall. Ist die Nachfrage an den Produkten/Dienstleistungen des Unternehmens hingegen eher unelastisch, hat das Unternehmen eine relative Preissetzungsmacht und wird von Inflation oder auch Rezession nicht so hart getroffen. Die Vorsorge ist für Unternehmen in solchen Märkten also nachrangiger und die Ausschüttungsquote tendenziell höher, ein Beispiel hierfür ist die Immobilienbranche (was auch an den REITs liegt, aber das ist nochmal ein komplett anderes Thema).

    Auch das Alter des Unternehmens spielt häufig eine Rolle, gerade junge Unternehmen müssen/wollen/können häufig noch viel investieren. Wenn das gut gelingt, kann der Kurseffekt (also der steigende Aktienkurs, weil die Nachfrage an den Aktien des Unternehmens wegen einer spannenden Entwicklung wie z.B Investition in neue Märkte, in Übernahmen, in Forschung, in Entwicklung steigt) ausbleibende Ausschüttungen überkompensieren. Ältere Unternehmen schütten tendenziell eher aus.

    Für die Pflege der Beziehungen zu den Aktionär*innen wie auch für den generellen Ruf des Unternehmens im Markt kann eine zverlässige Dividendenzahlung wichtig sein: über lange Zeit stabile, leicht steigende Dividenden hatten in Deutschland Tradition (Stichwort: Dividendenkontinuität) und Dividenden sind nach wie vor ein zentraler Zweck des Investments in Aktien. Unternehmen, die verlässlich jedes Jahr eine attraktive Dividende ausschütten, signalisieren Erfolg und Kontinität, sie werden auch “Dividendenaristokraten” genannt. Generell sind Ausschüttungsquoten zwischen 25 % und 75 % absolut üblich. Oft wollen Unternehmen auch die Dividendenrendite (oder die Dividende) stabil halten, damit die Aktionär*innen nicht abwandern, und gehen über 75 % oder auch über 100 % Auschüttungsquote hinaus. Mit der Signalwirkung der Dividenden kann und muss das Unternehmen arbeiten. Denn wie schon gesagt: der Aktienkurs spiegelt nicht die wirtschaftliche Realität des Unternehmens wider, sondern das Vertrauen und die Hoffnungen, die in das Unternehmen gesetzt werden.

    Für Aktionär*innen steigt die Attraktivität des Unternehmens in der Regel durch hohe Renditen und niedriges Risiko. Darauf wirken die operativen, investiven und finanzwirtschaftlichen Entscheidungen der Unternehmensleitung natürlich ein. Tendenziell bevorzugen Großaktionär*innen (die langfristig anlegen) eher die Thesaurierung von Gewinnen und Investitionen, Kleinaktionäre eher Dividendenzahlungen und eine konservative Unternehmenspolitik, je nach Vorgehensweise bei der Geldanlage aber auch eine kurzfristige Gewinnmaximierung um jeden Preis. Die Shareholderstruktur muss bei der Ausschüttungspolitik also unbedingt bedacht werden, also welcher Anteil der Aktionär*innen wachstumsorientiert, wertorientiert oder GARP-orientiert ist, Hedging betreibt und so weiter.

    Die Zahlung einer attraktiven Dividende signalisiert zunächst einmal Erfolg. Es ist aber auch möglich, dass nur die Signalwirkung genutzt werden soll, also Erfolg vorgetäuscht werden soll. Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn Dividenden aus der Substanz gezahlt werden, also eine Ausschüttungsquote in Bezug auf den Gewinn von über 100 % vorliegt.

    Dann widerum kann es auch sein, dass ein Unternehmen keine attraktiven Investitionschancen sieht und daher eine hohe Dividende auszahlt. Mangel an Investitionsmöglichkeiten hat aber oft einen schlechten Beigeschmack und stellt langfristiges Wachstum in Frage. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch nochmal der Free Cash Flow: je höher er ist, desto höher ist das interesse der Aktionär*innen, eine hohe Dividende ausgezahlt zu bekommen. So können sie selbst entscheiden, ob sie das Geld in innovativere Projekte (sprich: andere Aktien) stecken.

    Die übrigen Stakeholder bevorzugen meistens eine eher niedrige Ausschüttung, sie profitieren nicht von einer Gewinnmaximierung der Aktionär*innen und eher von Investitionen.

    Die Geschäftsführung des Unternehmens ist – neben der Vertretung der Unternehmensinteressen – auch auf einer persönlichen Ebene involviert und persönlich an Wohlstandsmaximierung, Arbeitsplatzsicherheit, Macht, Prestige etc. interessiert. Sie wird daher auch aus persönlichen Gründen häufig Interesse an Thesaurierung (Reinvestition) des Gewinns haben und befindet sich damit in einer Konfliktsituation zwischen Unternehmen und Kapitalgebern. Unter anderem aus diesem Grund sind Bonussysteme des Managements oft so gestaltet, dass dieser Interessenkonflikt reduziert wird, etwa durch Aktienpakete.

    Shareholder wie auch Unternehmen sind meist daran interessiert, die übrigen Stakeholder nicht vor den Kopf zu stoßen. Niemand braucht Skandale, besser dastehen als der Wettbewerb ist immer gut, zumal Aktienkurse ja an Angebot und Nachfrage gekoppelt sind. Agiert das Unternehmen allzu weit abseits des allgemeinen ethischen Verständnisses, droht möglicherweise Regulierung, das ist für Unternehmen höchst unerfreulich. Hier nähern sich also Unternehmen, Shareholder und Stakeholder Value an.

    In Bezug auf Dividendenzahlungen fragen sich die Kund*innen eines Unternehmens häufig, warum es jetzt sein muss, dass ein Unternehmen so hohe Gewinne einfährt, die es vermeintlich gar nicht braucht und an die Aktionär*innen verteilt, wenn doch stattdessen auch der Preis für das Produkt gesenkt werden könnte.

    Diese Überlegung ist dann sinnvoll, wenn wir das gesamte wirtschaftliche System in Frage stellen, das derzeit von Gewinn als Triebfeder des ökonomischen Handelns ausgeht, als Lohn für die Aufnahme von Risiken. Der überwiegende Teil unserer Gesellschaft strebt nach Selbstbestimmung, um eigene Ideen umsetzen zu können oder um die Ideen anderer nicht umsetzen zu müssen. Ein Weg, dies zu erreichen, ist Geld.

    Wir sind jetzt thematisch nicht mehr im dunklen Herzen des Kapitalismus, sondern im dunklen Herzen des Menschen und nähern uns philosophisch-soziologischen Fragen. Dabei erkennen wir, dass Aktionär*innen ihr Geld überwiegend nicht für die gute Sache geben, sondern für den Profit, um damit wiederum Selbstbestimmung zu erreichen. Zum Beispiel vorsorglich für das Alter. Wenn Sie eine private Altersvorsorge suchen, wird ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung sein, was pro Euro, den Sie einzahlen, am Ende dabei herauskommt.

    Wenn Sie also das derzeitige Wirtschaftssystem in Frage stellen möchten, haben Sie hier einen kurzen Überblick über einen kleinen Ausschnitt der Zusammenhänge, die Sie dabei berücksichtigen müssen, als Hintergrundwissen gefunden.

    Und wenn Sie sich für eine Aktiengesellschaft interessieren, beispielsweise, weil Sie sie blöd finden, dann: informieren Sie sich! Eine Fülle an Informationen – jedenfalls mehr, als Sie in einem halben Stündchen lesen können – steht Ihnen in der Regel online zur Verfügung. Sie finden das auf den Websites der Unternehmen unter den Punkten “Informationen zu Investoren” oder “Shareholder Relations”, dort sind ausführliche Berichte und die bestehen bei weitem nicht nur aus Tabellen mit Zahlen. Es finden sich darin Beschreibungen der Geschäftstätigkeit, Einschätzungen von Chancen und Risiken, Erklärungen, Pläne und das meist in gut verständlicher Sprache. Das hat natürlich einen Grund: Neben der Erfüllung der Reportingpflichten nutzen Unternehmen diese Berichte als Marketinginstrumente. Warum es wichtig ist, gute Beziehungen zu den Shareholdern und Stakeholdern zu pflegen, ist ja sicher im Vorangegangenen deutlich geworden. Also sind die Berichte des Unternehmens selbstverständlich durch die Vorstellungen des Unternehmens gefärbt, so wie meine Blogeinträge durch meine Vorstellungen gefärbt sind und jede Publikation durch die Vorstellungen ihrer Redaktion geprägt ist. Das ist ganz normal. Der Geschäftsbericht des Unternehmens ist also das eine Ende des Spektrums. Fangen Sie dann an, selbst zu denken und Informationen aus anderen Quellen zusammenzutragen, um sich ein differenziertes Gesamtbild zu machen.

    Als niedrigschwelligen Einstieg empfehle ich die Geschäftsberichte der "Zoologischer Garten Berlin AG", wegen der vielen spannenden Berichte über die Tiere.

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