Mit Stolz und Freude verkündig ich Ihnen heute, dass ich 1/3 meiner Neujahrsvorsätze heute, also nur knapp nach der Halbzeit, schon umsetzen konnte. Und das geschah so:
Gestern - 11:00 Uhr, Telefon:
Malermaurerparkettmeister Bart&König, am Apparat Meister Bart: "Ja?!"
Frau N., flötend: "Meister Bart! Hier spricht Frau N. Sie erinnern sich? Vor 1,5 Jahren hatte ich einen Wasserschaden in der Küche und Sie wollten mein Parkett ausbessern, vor 10 Monaten haben Sie dazu ein paar Bretter abgeholt. Haben Sie morgen schon was vor?"
Meister Bart: "Ei - das kommt ganz drauf an! Wieso fragen Sie?"
Frau N: "Ich dachte, Sie könnten morgen zu mir kommen und der Sache ein Ende bereiten."
Meister Bart: "Ich muss gerade ganz schnell weg, ich geb Ihnen mal meine Tochter und dann ruf ich zurück."
Frau N: (hinterläst bei der Tochter Anschrift, Telefonnummer, Verfügbarkeit, ohne große Hoffnung)
Gestern - 18:00 Uhr, Telefon:
Meister Bart: "Ei - ich komme dann morgen, ich fahr noch im Baumarkt vorbei wegen dem Leim und dann bin ich um 9 da."
Heute - 9 Uhr, Telefon:
Meister Bart: "Der Baumarkt hat nur 80-Liter-Eimer. Ich fahre in einen anderen Baumarkt und komme etwas später!"
Heute - 9:30 Uhr, Telefon:
Meister Bart: "Der andere Baumarkt hat g a r n i x. Ich fahre in einen dritten und komme dann."
Heute - 10:00 Uhr: Meister Bart klingelt.
Dann verbrachte er vier lange Stunden mit seiner Tochter und viel Lärm in unserer Küche. Jetzt weiß ich alles über alle Schwimmbäder in der Gegend, die Tochter möchte ein Praktikum bei mir machen und Meister Bart hat das Parkett repariert, ganz ohne Leim.
Soweit, so gut. Das Traurige ist: nach der ersten Euphorie fällt gar nicht mehr auf, dass der Boden kein Loch mehr hat. Es ist alles einfach ganz normal.
Neulich fiel mir ein, dass ich für den Urlaub am Meer Kontaktlinsen benötige, denn mit Brille schwimmt es sich so schlecht. Schon lange habe ich zusätzlich zur Brille Tageslinsen für diverseste Gelegenheiten, in der Schachtel waren jetzt aber nur noch zwei oder drei Stück. Also begab ich mich ins nächstgelegene Internet und bestellte die Linsen, die beim gängigen Händler an dritter Stelle angezeigt wurden. Ich bekam eine Bestätigungsmail und löschte sie, das mache ich immer so, denn im Müll hält die Mail noch zwei Wochen, bis dahin sind Lieferungen normalerweise da und man muss nichts mehr unternehmen, selbst das Maillöschen hat man schon gemacht und fühlt sich entspannt und effizient zugleich. Kommt eine Lieferung nicht, merkt man das nach etwa einer Woche und reanimiert die gelöschte Mail. Ein ideales Verfahren. Ich finde, jeder sollte das so machen wie ich.
Am Montag dachte ich dann, hm, was ist eigentlich mit den Kontaktlinsen? Sollten die nicht längst da sein? Ich überlegte, wann ich sie bestellt hatte, konnte mich aber partout nicht mehr erinnern. Ich schaute in den Postfachmüll, fand aber keine Bestellbestätigung. Hatte ich eine andere Mailadresse verwendet? Ich schaute in diverse andere Postfachmüllemer, ich verwendete sogar Suchfunktionen: nichts. Sollte ich etwa irgendwas ausgedruckt haben?? Aber nein, auch der Stapel-für-alles ergab keine Bestellbestätigung.
Ich seufzte ein bisschen ob der Aussicht, ein Optikergeschäft betreten zu müssen, durchsuchte die Nachttischschublade noch einmal und fand tatsächlich noch 8 Paar Kontaktlinsen. Ausreichend für den Urlaub. So fand ich mich mit dem Gedanken ab, in einer Art übermotivierten Effizienz sogar den Bestellvorgang nur in Gedanken stattfinden gelassen zu haben.
Heute kam dann eine Versandbestätigung vom Linsenhändler. Tja, diese Linsen dürfen jetzt aber nicht mehr mit in den Urlaub. Über zwei Wochen, ich bitte Sie - so lange hätte ich ja nichtmals bei Fielmann in der Schlange gestanden.
Heute im Palmengarten gab es eine Situation, die nur auf einer kompletten Fehleinschätzung durch Frau Herzbruch beruhen konnte.
Es war so: Frau Herzbruch war bereits mit den Kindern auf dem Wasserspielplatz, als ich frisch aus dem klimatisierten Rapunzelturm hinzustieß. Die Kinder plantschen fröhlich im Wasser, Frau Herzbruch saß mit sprechendem Gesichtsausdruck auf einem Mäuerchen. Sie hasste. Und zur Begrüßung sagte sie etwas wie "Als Du Wasserspielplatz sagtest, hatte ich vergessen, dass hinter Wasser noch der zweite Teil des Kompositums kommt und jetzt ist es ja so, dass ich nie auf Spielplätze gehe, weil ich mich dann immer so ärgern muss!" Natürlich erkundigte ich mich sofort mitfühlend, was vorgefallen sei, und Frau Herzbruch verwies auf eine Sitzbank, auf der eine Tasche stand. Zu jeder Seite der Bank war ein Buggy geparkt, Menschen saßen weder auf der Bank noch im Buggy. Ich erfuhr, dass zwei Japanerinnen diese Bank mittels der Tasche für sich reserviert, aber seit mehreren Stunden dort nicht gesessen hätten. Frau Herzbruch wollte lieber auf der Bank sitzen als auf dem Mäuerchen, wollte sich aber nicht streiten.
Während ich noch überlegte, ob ich das sehr bequeme, schattige Mäuerchen überhaupt aus empathischen Gründen gegen eine nur halbschattige Sitzbank eintauschen wollen würde, fuhr eine Bimmelbahn vor, Ona Herzbruch wollte Bahn fahren, es war alles sehr spontan und wir hatten massig Gepäck, im selben Moment kam Herr N. an, ich rannte zur Bahn und besprach mit dem Fahrer, wann die Bahn das nächste Mal kommt und da wurde ich signifikant vom Bahnfahrer angeschwindelt, er sagte nämlich etwas wie "um Viertel vor Sechs fahr ich nochmal, aber nur noch hin, nicht mehr zurück!", so dass wir uns alle sehr beeilten, die Kinder einzusammeln und in die Bahn zu hechten, Herrn N. mit Gepäck zurückließen, zahlten, zweimal den Waggon und dreimal das Abteil wechselten. Danach war die Bimmelbahnfahrt komplett uninteressant und später fuhr die Bahn noch etwa hundert Mal hin und her, auch noch nach Viertel vor Sechs, aber das nur nebenbei.
Von der Bahn zurück war das Mäuerchen besetzt. Die Bank war aber immer noch - bis auf die Tasche - frei, so dass ich mich natürlich auf die Bank setzte. Dann musste ich einen kurzen Moment angestrengt arbeiten, ich habe bald Urlaub und ein paar Sachen sind noch mit Zeitverschiebung zu klären, ich war also kurz, aber intensiv, geistig abwesend. Als ich wieder zu mir kam, sah ich mich um, vermisste Frau Herzbruch und fragte mich, wo sie wohl sei. Da fielen mir die Japanerinnen wieder ein. Wo waren die eigentlich? Hatten Sie Frau Herzbruch verschleppt? Frau Herzbruch hatte im Zuge ihrer Bahnktirade erwähnt, körperlich wären die Taschenbesistzerinnen uns keinesfalls gewachsen, dass sie es verbal mit uns aufnehmen könnten, hielt ich für außerordentlich zweifelhaft, aber ich hatte die Japanerinnen ja noch gar nicht gesehen, vielleicht waren es auch gar keine, sondern walkürenhafte Däninnen? Oder noch schlimmer, liegenreservierungserprobte Mallorcadeutsche? Ob es doch zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen würde oder möglicherweise schon gekommen war? War asiatische Kampkunst im Spiel? Aber das konnte ja alles gar nicht sein. Es ist nichts Streitwürdiges dabei, sich auf einem Spielplatz auf eine Bank zu setzen, auf der eine Tasche steht. Zusätzlich ist es auch überhaupt nicht akzeptiert, auf auf Spielplätzen Bänke zu reservieren, in deren Nähe man danach Stunden am Stück überhaupt nicht kommt. Es konnte sich also nur um ein Missverständnis handeln.
Als ich mich derart beruhigt hatte, kam Frau Herzbruch auch schon zurück, setzte sich neben mich auf die Bank und zeigte mir die zwölf anwesenden wasserspielenden Kleinkinder namens "Paula". Später tauchten tatsächlich auch zwei Japanerinnen auf, denen die Buggys und die Tasche gehörten. Sie begannen aber keinen Streit - warum hätten sie das auch tun sollen. Es war ja alles ganz normal. Frau Herzbruch, die neben der Tasche saß, behauptete im Nachhinein allerdings, die Damen wären auffällig unhöflich gewesen, die eine habe andauernd stark geseufzt und sie unter anderem auch angerempelt, ohne sich zu entschuldigen. Vielleicht hatte sie Zahnschmerzen oder war einfach etwas grobmotorisch? Ich kann mir jedenfalls nach wie vor nicht vorstellen, dass das in irgendeiner Weise mit dem Reservierungsversuch einer Bank in Zusammenhang gestanden haben könnte. Wie absurd wäre das denn?
Nun ist der Punkt gekommen, an dem ich sagen muss: so, war schön, aber: ich hatte jetzt für mich persönlich genug Sommer.
Naja. Allzu lang kann es ja nicht mehr dauern.
Eins meiner großen Talente ist es - das ist mir heute wieder bewusst geworden - mich geistig aus Situationen komplett zurückzuziehen. Zahnarztbesuche sind ein gutes Beispiel dafür, uninteressante Gespräche zwischen Personen, derer mich mich nicht umgehend entziehen kann oder auch Autofahrten auf der Rückbank neben mehr als einer weiteren Person, in besonders schlimmen Fällen inklulsive Kindersitzen. Dies war heute der Fall, und zwar saß neben mir (und bald an der Hüfte mit mir zusammengewachsen) Frau Herzbruch und neben ihr Ona Herzbruch im Kindersitz, letzterer hatte noch einen Tobsuchtsanfall, zusätzlich war es heiß und sonnig und die Klimaanlage und Lüftung dröhnten, nur übertönt von inhaltlich wie musikalisch höchst fragwürdigen Frederik-Vahle-Kinderliedern.
So schloss ich die Augen, lächelte milde und begab mich an einen besseren Ort. Von außen mag es den Anschein gehabt haben, ich wäre eingeschlafen. Das ist natürlich blanker Unsinn.
Jedenfalls wurde mir vom später eintreffenden Besuch attesttiert, dass ich die einzige Person in diesem Haushalt bin, die heute Abend halbwegs frisch aussieht.
Das Kind ist wieder da, ich habe nach einem kompetent durchs Haus schweifenden Blick Frau Herzbruchs seit zwei Wochen verschollenen Hosen lokalisiert, es gibt Gegrilltes und gute Getränke. Besser geht es ja gar nicht.
(Nur die Mücken...)
Sehr lecker gegessen - erst die Hälfte einer Vorspeisenplatte mit verschiedenen Dips, schwarzen Linsen, Melone-Parmaschinken und so, danach Nudeln mit Pancetta, Schafskäse, Oliven und Kirschtomaten und dann am Ende bei der Nachspeise gedacht: man hätte das vorher einfach alles weglassen und statt dessen am Ende nicht einen halben warmen Brownie mit Walnusseis, sondern vier davon essen sollen.
Warum man auf die besten Ideen immer erst kommt, wen es zu spät ist...