1,5 Stunden von Frankfurt nach Köln, und dann nochmal 1,5 Stunden von Köln nach Düsseldorf. Wozu das gut sein soll, muss mir auch erstmal jemand erklären. Und erschwerend kommt ja noch hinzu, dass ich in solchen Situationen nicht, wie jeder normale Autofahrer, laut Musik hören und dazu herumbrüllen kann. Nein. Ich muss dabei nonstop Detailfragen zu Harry Potter erörtern.
Alles, was ich heute hätte schreiben können, ist dabei leider auf der Strecke (sehen Sie! In solchen Zuständen passieren mir schon flache Wortwitze!) geblieben.
(haha.)
Wie es dazu kommen konnte, dass heute morgen mein Kamm durch die in etwa drei Metern Höhe befindliche Öffnung des gekippten Fensters in den Hof gefallen ist, ist vermutlich erklärungsbedürftig.
Der Hintergrund ist, dass die Wohnung ein relativ kleines Bad mit relativ hohen Decken hat. Wenn man darin nun duscht, ist es hinterher wichtig, für gute Belüftung zu sorgen, sonst schimmelt einem der Raum weg bevor man sich fertig abgetrocknet hat. Zum Zwecke der Belüftung werden zwei Fenster auf Kipp gestellt, die übereinander liegen. Nachdem ich heute morgen geduscht hatte, habe ich dies natürlich alles ordnungsgemäß ausgeführt.
Eine halbe Stunde später war dann auch das Kind fertig frisiert und wir wollten aufbrechen. Das Badezimmer war mittlerweile auch ausreichend gelüftet, so dass ich das Fenster wieder schließen wollte (Heizkosten!). Nun ist es so, dass das Kind normalerweise morgens Gleitzeit hat (ein Luxus der Ganztagsklasse), mittwochs und donnerstags jedoch nicht. Mittwochs und donnerstags ist Religion, man muss um Punkt 7:45 Uhr da sein, und wer bei Religion zu spät kommt, darf nicht mehr mitmachen sondern muss zur Gleitzeitbetreuung gehen. Ob diese Regelung auch Bestand hätte, wenn ich mit Mademoiselle um 7:46 vor der Lehrerin stünde, sei dahingestellt. Zweitens dürfen aber nur getaufte Kinder bei Religion mitmachen, Mademoiselle ist nicht getauft, darf aber trotzdem mitmachen (den Grund erkläre ich Ihnen ein andermal, vermutlich können Sie es sich aber so ungefähr denken), jedenfalls finde ich es ungeschickt, sich gegen zwei Grundsätze auf einmal zu stemmen, und es sowieso auch gut, wenn das Kind pünktlich in der Schule ist, weshalb es also mittwochs und donnerstags auf die Minute ankommt. UND heute musste das erste Kalendertürchen geöffnet werden!
Ich wollte also das Fenster schließen. Das Fenster ist, wie gesagt, recht weit oben und aufgrund baulicher Besonderheiten direkt über der Badewanne. Das Fenster ist ein Kippfenster, man muss es also (Hebelwirkung) am oberen Rand erwischen um es gut schließen zu können. Der obere Rand ist in ca. 2,90 m Höhe. Ich bin 1,75 m groß und habe eine Greifhöhe von etwa 2,25 m. Der Badewannenrand ist auf 0,52 m. Wenn ich mich also auf den Badewannenrand stelle, muss ich nur einen sehr kleinen Hüpfer von ca. 13 cm machen, um im Sprung mit dem Handballen gegen den oberen Fensterrand zu schlagen, und es dadurch zu schließen. Dies ist also das Verfahren der Wahl.
Heute morgen hatte ich - Sie erinnern sich an die Religion-/Kalenderproblematik - es ein wenig eilig. Ich hatte also, als ich die 13 cm hüpfte, noch die Haarbürste in der einen und den Kamm in der anderen Hand (für den unkonzentrierten Leser: vom Frisieren des Kindes). Ich habe das Fenster nicht so richtig gut erwischt und es klappte wieder auf. Ich sprang noch einmal und schlug diesmal furios, so dass sich im Sprung der Kamm aus der Schlaghand löste und das Minimalzeitfenster zwischen Schlag und Schließung optimal ausnutzte und durch den Spalt in den Hof flog.
Sie sehen, es ist also alles ganz und gar einleuchtend.
Gerade mal noch schnell die Gemüsekiste aus der Garage geholt, während das Kind sich die Zähne putzte.
Als ich mir den Feststellmechanismus des Hoftors vor die linke Kniescheibe rammte dachte ich noch, auf einem Bein hüpfend, dass ich mich ja echt lang nicht mehr verletzt habe. Beim Sprint zur Garage dann mit dem Schuh in der Jeans verfangen und das rechte Knie aufgeschlagen. Die linke Hand im Garagentor geklemmt. Auf der Treppe nochmal gestolpert, die Lippe an der Kiste blutig gehauen.
Ein bisschen fühlt es sich so an wie ganz früher, als man noch in Prügeleien verwickelt wurde...
Heute morgen wachte ich tränenüberströmt auf. Warum? Wüsste ich auch gerne. Das Unterbewusstsein ist ein merkwürdiges Ding.
Was ich vormittags tat, könnte ich gar nicht mal sagen. Schon vor dem Urlaub hatte ich das Gefühl, nicht mehr so schnell wie sonst zu sein. Jetzt ist es so, als hätte ich Kaugummi unter den Schuhsohle. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit schrieb ich mir morgens auf, was ich alles erledigen wollte. Gegen 11 Uhr revidierte ich die Liste in was ich wirklich dringend erledigen wollte. Gegen 13 Uhr revidierte ich die Liste in was wirklich unabdinglich heute erledigt werden musste. Dazwischen tat ich angestrengt nichts.
Ich bin nicht gut in Urlaub. Ich weiß Zeit erst zu nutzen und zu schätzen, wenn sie knapp wird. Insofern regelte ich ALLES auf der mittlerweile weggeworfenen Liste zwischen 14 Uhr und 15:30 Uhr und fühlte mich wunderbar.
Später am Tag kam die Pfarrerin zu Besuch. Ungeplanterweise war Frau Herzbruch anwesend, nicht jedoch Herr N., und zwar beides aufgrund von Transportbelangen. Herr N. war abwesend wegen Stau auf der Autobahn. Frau Herzbruch war anwesend wegen meiner Monatskarte, die sie unabsichtlich noch in ihrer Geldbörse hatte und mir vorbeibringen wollte und dann kein guter Zug mehr fuhr. Die Erkenntnis, dass sie die Fahrkarte auch einer Kollegin hätte mitgeben können und auch, dass ich die Fahrkarte gar nicht brauche, weil ich ja Urlaub habe und dann der Monat zu Ende ist, hätte man zeitlich optimieren können. Frau Herzbruch übernahm aber engagiert und kompetent den Part von Herrn N. im Pfarreringespräch.
Jetzt ist Herr N. bei Sport und Frau Herzbruch hat grauenhaft schmeckende orangefarbene Sektplörre geöffnet. Da sie sich selbst ein sehr großes und mir ein ziemlich kleines Glas gegeben hat, ist aber auch das in Ordnung.
Morgens, 7:45 Uhr, Supermarkt A.
Frau N. hat einen Wagen voll geladen mit Frühstück für den Besuch und allem, was einem nach einem Partywochenende so ausgegangen ist. Die Schlange an der Kasse ist mittel, Frau N. packt Sachen auf's Band, ein junger Mann drängt sich mit 3 Paketen Weingläsern am Wagen vorbei, stellt diese vor Frau Ns Sachen aufs Band.
Mann: "Ich geh mal vor."
Frau N: "Äh - nein?"
Mann: (stellt sich taub)
Frau Ns Kopf: "Wir sagen jetzt nichts. Wir sind nicht in Eile. Der Mann hat sicher total Wichtiges zu tun. Wir haben alle Zeit der Welt. Man muss sich nicht aufregen. Wir sind heute ein friedlicher Mitbürger, der nicht auf Schritt und Tritt andere ankackt."
Frau Ns Mund: "HE, SIE, SIE SIND JETZT NICHT DRAN!"
Mann: (stellt sich taub)
Frau Ns Mund: "Gehen Sie da weg sonst ramme ich Ihnen den Einkaufswagen in die Hacken!"
Mann: (springt um die Ecke zur Kassiererin und wedelt der mit seiner EC-Karte vor der Nase herum)
Frau Ns Mund, zur Kassiererin: "Wenn Sie den Herrn vor mir bezahlen lassen, lasse ich meine Sachen hier stehen und kaufe sie woanderes ein."
Kassiererin: "Ja, aber was soll ich denn machen?!"
Kassiererin kassiert beim Mann ab.
Frau Ns Mund zum Mann: "Sie sind ein Arsch."
Mann: "Du bist süß, Schnecke!"
Frau N: (sprachlos)
Gut. Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man. Manchmal sollte man überlegen, welche Drohungen man wahr machen möchte, sonst muss man im Supermarkt B nochmal einkaufen.
Wenn man dann aber, etwas ruhiger und eventuell etwas weiser geworden, aus Supermarkt B kommt und einem der Arschlochmann, der wohl eine Kurve zu eng genommen hat, mit seinem Fahrrad und den drei Weinkartons quasi direkt vor die Füße stürzt, mit viel Geschepper und viel über den Asphalt schliddern, dann sagt man einfach - Kopf und Mund im Einklang: "Tschüß. Schönen Tag noch!".
Am Freitagabend, als nach dem Kollegenabendessen alle vernünftigen Menschen nach Hause gingen, noch mit Frau Herzbruch durch die Stadt gezogen. Dementsprechend den Plan, um Punkt Mitternacht das Fleisch für die Party einzulegen ("Mitternachsmariniertes Fleisch" klang irgendwie schön) leicht verfehlt. Nichtsdestroz am Samstag ab 8:30 mit tatkräftiger Hilfe ALLES gemacht, um 15:15 ALLES fertig gehabt, unter die Dusche gesprungen und als die ersten Gäste um 16:00 Uhr klingelten nur gerade noch mit der Bereitstellung der Musik beschäftigt gewesen. Völlig unnötig, wie sich herausstellte, denn die meiste Zeit musizierten die Gäste dann selbst.
Ohne Kompromisse gefeiert bis 4:00 Uhr.
Ich habe ein Sammelsurium an völlig unterschiedlichen Freunden mit den diversesten Eigenarten, die nur eines gemeinsam haben: sie sind absolut wunderbar. Und der Gedanke, dass diese Freunde mir eine Freude machen, indem sie mit mir feiern und sich Aufmerksamkeiten überlegt haben, hat mich sehr gerührt - und hat auch etwas zutiefst Beruhigendes, denn: irgendetwas muss ich relativ richtig machen, sonst würden sie das nicht tun.
Heute Abend stellte sich dann noch heraus: Konterglühwein funktioniert mindestens genauso gut wie Konterbier.
01:19 Uhr: Fleisch eingelegt.
Der Tag heute ist ähnlich vernebelt wie mein Gehirn. Migräneanfälle sind etwas doofes, haben aber trotzdem auch ihren Sinn: hätte ich mich nicht unvermittelt tief über den Büropapierkorb gebeugt, hätte ich nicht bemerkt, dass dort die seit einer halben Stunde dringlich gesuchte Post-it Notiz am inneren Rand festklebte.
Und auch sonst ist der Kopfzustand herzlich egal, denn meine einzigen wirklich relevanten Aufgaben heute bestehen darin, 1,5 kg akzeptables Hühnerfleisch zu beschaffen, das Kind und die ersten Besucher in die Wohnung zu verfrachten und mich am Abend pünktlich zu einem Essen mit Kollegen in einem netten Restaurant einzufinden. Es bräuchte etwas mehr als einen läppischen Migräneanfall, um mich davon abzuhalten.
Seminare zum Sozialversicherungsrecht nehmen mich immer ziemlich mit. Zum einen wird mir immer schlecht vor Ärger und ich muss umgehend in der Pause etwas kaufen gehen, bevor jemand auf weitere perfide Wege kommt, einem das Geld aus der Tasche zu ziehen. Zum anderen zweifelt man am Geisteszustand derjenigen, die sich das ausdenken.
So z.B. das Elena-Verfahren, das vor zwei Jahren noch großartig angepriesen wurde, ja, es sei jetzt erstmal ein erheblicher Aufwand, aber das würde später alles eingepart, und viel Geld, klaro. Dann gab es den Datenschützeraufstand (zu Recht, wie ich finde), mit dem Ergebnis, dass im Juli 2011 beschlossen wurde, Elena schnellstmöglich abzuschießen. "Schnellstmöglich" ist übrigens dann nicht in einem halben Jahr abgewickelt. Die Daten werden aktuell weiter übermittelt, werden auch 2012 erstmal weiter übermittelt, verpflichtend, ein Gesetz zur Einstellung ist nicht vorhanden. Man sammelt also erstmal weiter, vielleicht kann man's ja noch irgendwie gebrauchen. Zum Fenster rausgeschmissen ist das Geld ja eh.
Lustigerweise wird gleichzeitig mit der Einstellung-aber-doch-nicht-Einstellung von Elena der Tätigkeitsschlüssel erweitert. Wo vorher ausgeübte Tätigkeit, Stellung im Beruf und Ausbildung hinterlegt waren, speichert man nun ausgeübte Tätigkeit, höchsten schulischen Abschluss, höchsten beruflichen Ausbildungsabschluss, ob es sich um Arbeitnehmerüberlassung handelt und die Vertragsform. Informationen also, die man durch Elena eh schon hat(te), aber ja (vielleicht) bald (?) nicht mehr nutzen darf, wenn mal wer dazu kommt, das entsprechende Gesetz zu machen. Wozu man die jetzt im Tätigkeitsschlüssel braucht? Man weiß es nicht. Der Seminarleiter faselte etwas von wichtigen arbeitspolitischen Steuerungsinstrumenten. Ich erlaube mir, unüberzeugt zu sein.
Neu jetzt, 2012, gibt es den Sozialausgleich. Wobei der Sozialausgleich vom durchschnittlichen Zusatzbeitrag abhängt, der liegt 2012 bei € 0,00, also bei nix, weshalb der Sozialausgleich zwar neu ist, aber halt dann doch noch nicht stattfindet. Nunja. Ist vermutlich auch besser so, denn beim Sozialausgleich schiebt man dann jeden Monat ein paar Euro hin und her, um Leuten, wenn Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben, einen Ausgleich zukommen zu lassen. Allerdings auch denen, deren Kassen gar keinen Zusatzbeitrag erheben. Verpflichtend. Das Bundesgesundheitsministerium sagt übrigens, dass der Sozialausgleich "unbürokratisch über die Beitragsabführung" erfolgt. Über die Beitragsabführung erfolgt er sicher, in diesem Zusammenhang von "unbürokratisch" zu sprechen, halte ich jedoch für eine glatte Lüge. Irgendwie vermute ich auch ein bisschen, dass der Sozialausgleich, bis er statt findet, auch schon wieder abgeschafft sein wird. Oder verändert. Oder dass man bemerkt, dass die "unbürokratische" (hüstelhüstel) Abwicklung mehr Geld verschlingt, als der Zusatzbeitrag einbringt. Wobei, da würde man dann schon wieder unterstellen, dass so etwas logisch entschieden wird. Davon kann man, denke ich, nicht ausgehen.
Wo war ich? Achso, eigentlich wollte ich nur sagen, dass ich in der 20-minütigen Seminarpause Klamotten gekauft habe. Wo man sonst durch die Läden irrt, alles in der eigenen Größe und einer drüber und einer drunter in die Kabine schleppt und dann doch nichts sitzt, nahm ich im Vorbeigehen eine Jeans, eine Bluse, eine Jacke und ein Nachthemd von den verschiedenen Ständern, ohne auch nur genauer hinzuschauen, und alles saß wie angegossen. Jeder weiß, dass man die Sachen dann kaufen muss, alles andere wäre eine Herausforderung des Schicksals.
War das Seminar also doch zu was gut.
Heute habe ich dem "geschätzen Kollegen" mitgeteilt, dass ich finde, er und sein Team machen alles rundum schlecht und sollten meiner Meinung nach, wenn es um Bonusüberlegungen geht, draufzahlen. Nicht, dass diese Meinung jetzt gefragt gewesen wäre, oder dass ich einen konstruktiven Lösungsvorschlag für ihn gehabt hätte. Es war mehr ein dringendes Bedürfnis, eine Wahrheit an der richtigen Adresse auszusprechen.
Auf dem Heimweg hat das Kind unbemerkt (unbemerkt! Wie kann man sowas nicht merken??!) in einen Hundehaufen von vermutlich Kleinwagendimensionen getreten und damit alles - beide Schuhe, das Fahrrad, die Sporttasche, die Treppe und noch mehr eingesaut.
Da soll nochmal jemand sagen, es gäbe keine ausgleichende Gerechtigkeit.