Zu meinem unfreundlichen Nachhaken zur Thematik von gestern wurde mir beschieden, es bestünde doch gar kein Problem. Der Zugriff zu dem korrekten Report sei mir eingeräumt worden, die anderen eben, nunja, man wolle nicht sagen falsch, nur anders. Und viele Jahre alt, einer sei für eineinhalb Dekaden erstellt worden, damals hatte man ja nichts! Jedenfalls: kein Problem. Allenfalls kann man darüber sprechen, diesen sehr alten Report zu löschen. Vielleicht.
Ich sehe schon, das wird eine längere Angelegenheit. Macht nichts, der nächste Winter kommt, da muss man sich die Finger warmtippen.
Weitere Merkwürdigkeiten heute: es gab ein Missverständnis zwischen Chef und Fahrdienst, das dazu führte, dass der Fahrdienst den Chef nicht mehr fahren möchte und der Chef mit dem Fahrdienst nicht mehr fahren möchte. Eine klare und gute Situation, meiner Ansicht nach, wir beauftragen einen anderen Fahrdienst und alle haben, was sie wollen, können fortan zufrieden damit sein, wie das Leben gespielt hat. Irritierenderweise hatten aber alle beteiligten Parteien Gesprächsbedarf. Also mit mir.
Dann eine Zollrechnung für drei Flaschen Ahornsirup. Wir haben im Büro üblicherweise keinen Ahornsirup vorrätig, benötigen ihn auch nicht für unsere Arbeitsprozesse. Ich ging daher von einem Privatkauf aus und gab die Rechnung nicht frei. Dies führte zu Empörung beim Empfänger, das Paket sei keineswegs privat, er wüsste nämlich gar nicht davon. Das erschien mir nun wieder sehr einfach: wenn wir keinen Ahornsirup bestellt haben, keinen Ahornsirup erhalten haben, keinen Ahornsirup wollen, dann müssen wir uns nicht befassen, wir bezahlen wir de Rechnung natürlich nicht. Jedoch: auch hierzu Gesprächsbedarf.
Mir ist völlig unklar, warum die Menschen in meinem Umfeld die Schönheit der einfachen, pragmatischen Lösungen nicht zu schätzen wissen.
Und dann gab es noch ein Bewerbungsgespräch. Ich fand die Kandidatin gut. Das Team fand die Kandidatin auch gut, spricht sich gleichzeitig gegen eine Einstellung aus, denn die Kandidatin bringt einige positive Eigenschaften mit, die bei uns etwas unterrepräsentiert sind. Es entspann sich – also aus meinem Mund – ein Monolog zu der Thematik, ob man so einstellt, dass Dinge sich möglichst zum Positiven verändern oder ob man so einstellt, dass alles immer gleich bleibt. Und wie sinnvoll es in letzterem Fall dann ist, das, was immer gleich schlecht ist, immer wieder zu betrauern. Ich diagnostizierte eine implizite Loyalität zum Bestehenden, die stärker ist, als die immer wieder verbal formulierten Wünsche nach Veränderung und die bestehende Machtverhältnisse, Rollenmuster, Kommunikationsformen schützt. Natürlich ist es vollkommen okay, die Kandidatin abzulehen und zwar nicht als Votum gegen sie sondern als Votum für den Status Quo. Das dann nur bitte sehenden Auges und mit dem Bewusstsein, eine Loyalität zu dem zu leben, worunter man gleichzeitig leidet.
Jetzt wollen alle noch eine Nacht nachdenken. Ich glaube übrigens nicht, dass die Kandidatin zu uns kommen möchte. So, wie ich sie verstanden habe, sucht sie ein moderneres, flexibleres Umfeld.
Heimweg per Bahn, ich führte meinen neuen gelben Einkaufstrolley aus LKW-Plane, den ich Fragmente nachgekauft habe, bei mir. Ich muss etwa einmal im Monat größere Mengen an Zeug aus dem Büro abtransportieren – Dinge die sich immer mal ansammeln. Ich schleppe bekanntlich ungern Dinge und schon gar nicht möchte ich jeden Tag eine Kleinigkeit tragen, ganz im Gegenteil, ich bin ja häufig sogar ohne Handtasche unterwegs. Bisher fuhr ich etwa einmal im Monat mit dem Auto, ein Auto dabei haben ist natürlich noch sperriger, als eine Handtasche dabei haben, also auch nichts für mich. Nun habe ich den gelben Trolley gekauft, um ihn bei Bedarf zu nutzen. Heute waren darin: neue erhaltene Blumensamenpapiere, eine Weinflasche, Werbekulis, drei paar Schuhe, zwei Shirts, ein Blazer, eine Wolljacke, zwei Kaffeetassen. Der Trolley passt leider nicht aufs Fahrrad, ich haderte die Fahrt über damit, um dann festzustellen, dass ich gar nicht mit dem Rad zur Bahn gefahren war. Mühsam versuchte ich mich zu erinnern, wie ich überhaupt ins Büro gelangt war, doch die letzten Tage waren von so viel Bahnchaos und kurzfristigen Verkehrsmittelwechseln geprägt, dass ich mich kaum erinnern konnte.
Zu Hause dann noch Gesangsstunde. „Wenn du einfach mal richtig üben würdest, könntest du richtig gut singen!“, sagte der Gesangslehrer verzweifelt. Naja, was könnten wir denn nicht richtig gut, wenn wir einfach mal richtig üben würden?
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