Als ich gestern wie üblich vor dem Schlafengehen gemütlich im Sessel bloggen wollte, geschah es, dass ich statt dessen den Gefrierschrank durchsortierte. Ich habe jetzt ein Fach mit Brot, ein Fach mit Gemüse und zwei Fächer mit Früchten. Dann war es Mitternacht und ich ging schlafen.
Heute fuhr ich noch vor der Arbeit beim Wertstoffhof vorbei, um einen aufgeblähten Akku und eine suspekte große Batterie zu entsorgen, die bis dahin in einer Blechdose unter dem Apfelbaum auf dem Balkon gelagert waren. Seit über einem Jahr. Ich fand die Gelgenheit gut – der Balkon gerade schön gemacht und ich musste wegen eines Termins bei der Zahnärztin sowieso das Auto bemühen. Der Wertstoffhof hat enorm schlechte Öffnungszeiten (8:30-17:00 Uhr, samstags bis 14:00 Uhr), dennoch liebe ich ihn. Er ist komplett durchorganisiert. Am Eingang wacht eine Person, man muss sich als Offenbacherin zu erkennen geben und sagen, was man bringen will, währenddessen kann man schon auf eine große Tafel schauen, auf der ein Lageplan mit Beschriftung ist. Die Wachperson erklärt auch nochmal, wo man was abladen muss und das Gelände ist wunderbar durchdacht angeordnet.
Heute war die Wachperson eine furchteinflößende Frau in meinem Alter, auch mit mir ähnlicher Frisur und Statur doch trug sie statt Blazer eine orangefarbene Weste der Autorität. Ich fühlte mich gleich unterlegen. „Gude, Audos nemmewer nich!“ brüllte sie gut gelaunt durch mein Fenster. Ich war mit dem Wagen mit den Lackschäden da. „Boah sinn Sie ne fiese Möpp!“ erwiderte ich. Die Frau lachte. „Mid demm Gebabbele komme se ned aus Owwebach!“ – „Migrationshintergrund“, sagte ich. Ich wurde ohne Ausweiskontrolle eingelassen und durfte meine beiden Mitbringsel auf den Elektrotisch legen.
So endete der gestrige Tag hervorragend und der heutige fing hervorragend an!
Frage in der täglichen Contentvorschlagliste: „Warum legen Sie so entschieden Wert auf physische Büropräsenz? Ist Homeoffice als Instrument zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit aus Ihrer Sicht ungeeignet?“
Zum ersten Teil der Frage möchte ich zwei unterschiedliche Aspekte unterscheiden. Zum einen meine eigene Präferenz und dann das, was ich in meiner beruflichen Rolle vertrete.
Ich selbst möchte nicht von zu Hause arbeiten. Nichts daran macht mir Freude und zusätzlich strengt es mich an. Es macht mir keine Freude, weil ich es langweilig finde, den ganzen Tag allein zu Hause zu sitzen und zu arbeiten. Ich bin gerne unterwegs, ich bin gerne unter Menschen, ich habe gerne ungeplante Begegnungen. Je mehr desto besser. Zusätzlich fällt es mir schwer, mich von meinem Privatleben abzugrenzen, wenn ich von zu Hause arbeite. Die unausgeräumte Spülmaschine, der klingelnde DHL-Bote, die maunzende Katze, der Staub auf dem Bücherregal, das unputzte Fenster – die Abgrenzung kostet mich Energie. Und nach Arbeitsende fällt es mir schwer, mich zu Hause von der Arbeit abzugrenzen. Die Bildschirme stören mich, der Drucker stört mich, die Unterlagen stören mich, alles daran stört mich – die Abgrenzung kostet mich wieder Energie. Und zu letzt ist meine Infrastruktur zu Hause deutlich schlechter als im Büro, ich muss mich selbst um Themen kümmern wie die Bestückung der Kaffeemaschine, Wechsel von Toner, Austausch von Batterien in der Maus oder Tastatur. Kostet mich Zeit und erfreut mich nicht.
In meiner beruflichen Rolle bin ich überzeugt, dass die Arbeit von zu Hause gut funktioniert, wenn eine Organisation sich entschließt dass sie das will und die entsprechenden Strukturen schafft, also die Remote-Tätigkeit bewusst gestaltet, gesteuert und situativ anpasst. Dazu muss in technologische Infrastruktur, Arbeitsdesign, Führungskompetenz, Organisationskultur, rechtliche Compliance und Datenschutz-Compliance instiert werden. Es funktioniert nicht, wenn alle einfach nach Hause gehen.
Ich arbeite in einer Organisation in der die Geschäftsführung eine Präsenzkultur vertritt und damit in die oben genannten Bereiche nicht investiert wird. Damit ist das Thema erledigt.
Zum zweiten Teil der Frage, „Ist Homeoffice als Instrument zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit aus Ihrer Sicht ungeeignet?“
Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden ist kein Selbstzweck sondern ein strategisches Steuerungskriterium – eingebettet in ein Gesamtkonzept, das Leistung, Wertschöpfung, Kundenorientierung und Arbeitsplatzattraktivität gleichermaßen adressiert. Und nicht immer steht die Zufriedenheit im Vordergrund, es gibt durchaus auf Phasen oder Kontexte, in denen der Fokus zum Beispiel eher auf kurzfristigem Erfolg, Profitmaximierung, Wettbewerbsfähigkeit oder Kundenzufriedenheit liegt.
Arbeit von zu Hause ist per se weder gut noch schlecht und kann zufrieden oder unzufrieden machen. Die Flexibilität wird häufig als Wertschätzung erlebt, bei Arbeitsplätzen, die von Präsenz zu hybrid gehen, wird der folgende Abbau von Büroflächen und festen Arbeitsplätzen dann wieder häufig als kränkend erlebt. Manche Menschen arbeiten gern von zu Hause, andere (ich zum Beispiel) nicht, manche Organsiationen sind in der Lage dazu und entschließen sich, diese Option anzubieten andere nicht.
Wert entsteht durch Passung – zwischen Mensch, Aufgabe und Rahmen. Ob dabei physische Präsenz oder flexible Arbeitsmodelle den Ausschlag geben, ist kein Glaubenssatz, sondern eine strategische Abwägung.
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