Wie immer ein Ding das andere nach sich zieht. Es ist unmöglich, nur eine Handlung auszuführen, losgelöst von allem anderen aus der Welt. Immer ergeben sich Kaskaden.
Meine Kaskade wurde heute durch die Bepflanzung des Balkons ausgelöst. Das lief sehr einfach und unkompliziert, ich habe es zum ersten Mal ganz allein gemacht und denke, ich hätte schon früher darauf kommen können, dass das entspannter ist, als sich zu zweit auf einem Balkon irgendwie ständig im Weg zu sein. Natürlich hatte das gemeinschaftliche Balkonbepflanzen mit M in früheren Jahren auch edukative Gründe. Nun wird sie aber ja Physikerin, nicht Botanikerin, also kann ich ohne schlechtes Gewissen den Balkon allein bepflanzen. Inklusive neuer Stabilisierung der Balkonkästen mit Pflanzendraht, das Plastik wird ein wenig mürbe, vielleicht kaufe ich nächste Jahr neue Kästen. Und inklusive Neubefestigung des Katzennetzes (nur unten – oben wurde mir von allen Familienmitgliedern verboten, da hängt es halt jetzt, wie es hängt) mit neuen Klettkabelbindern, die noch nicht so ausgeblichen sind.
Dann fegte ich den Balkon und beschloss angesichts des Ergebnisses, ihn auch Grundzureinigen, mit Fettlöser (wegen Vogelfutterspuren), Spüli und frisch gekochtem Wasser. Das ging ganz hervorragend! Nur lief das Wasser nicht gut ab, die Rinne war bzw. ist ein wenig verstopft, also dauerte alles länger, denn ich wollte nicht den Balkon der Familie untendrunter überfluten.
Die zeitliche Verzögerung verbrachte ich mit der Überlegung, den Balkon per Gartenschlauch nachzuspülen. Ich holte den Gartenschlauch aus seinem Winterlager, leider war der Adapter für den Wasserhahn nicht mehr dran. Was bedeutete, dass ich aus dem Winterlager die ganze Kiste zog, um sie zu untersuchen, mit der Kiste kamen viele Staubmäuse, es endete damit, dass ich die Kommode abzog und die ganze Ecke grundreinigte, dabei fand ich noch einen Karton mit einer Duplo-Eisenbahn und einen mit einer Ersatz-Kaffeemaschine, all das wird in den Keller umziehen. Allein, den Adapter fand ich nicht. Ich schaute noch unter dem Bett, dort sind Bettkästen, in die verpackte ich schnell noch Wintermäntel, die ich zuvor noch vakuumierte. Kurz legte ich mich danach aufs Bett, um mich an meine ursprüngliche Tätigkeit zurückzubesinnen.
Genau, der Balkon. Mittlerweile war Wasser abgelaufen, ich konnte mit klarem Wasser aus der Gießkanne nachspülen, ein Hoch auf den neuen Küchenwasserhahn!
Ich recherchierte, ob es den Adapter einzeln nachzukaufen gibt: nicht zweifelsfrei den richtigen. Ich recherchierte, wann ich den Schlauch gekauft hatte: vor mehr als fünf Jahren und im letzten Jahr hatte ich ab und an das Gefühl, dass er möglicherweise an einigen Stellen ein kleines bisschen leckt. Da ich den Schlauch – es ist ein Schrumpfschlauch, 5 auf 15 Meter – quer durch die Wohnung ziehe, habe ich Sorge vor Materialermüdung und bestellte daher einen neuen Schlauch. Die Marke vom letzten Mal gab es nichte mehr, wohl aber einen Schlauch, der meinem zum Verwechseln ähnlich sieht. Die Bewertungen waren sehr gut und ein Rezensent beschrieb exakt meine Erfahrung mit dem vorherigen Schlauch: „Was die Funktion anbetrifft: Auch wenn der Schlauch durch die verwendeten Materialien sehr „günstig“ aussieht und die Farbe diesen Eindruck maximal unterstreicht, ist der Brausekopf im Wechsel der Sprüvarianten überraschend gut bedienbar. Die Verbindungskupplung musste mit ein bisschen Fingerspitzengefühl dazu überredet werden, sich anschliessen zu lassen – aber dann funktionierte auch das.“ Ich hätte es selbst nicht besser ausdrücken können und vollzog den Kauf.
Der Balkon war nun wieder aufbaubereit. Ich stellte zunächst die Balkonstühle raus. Die Auflagen sind winterlich verschmutzt, ich trug sie in die Badewanne, um sie zu reinigen, stellte dort fest, dass sie auch massiv ausgeblichen und etwas ausgefranst sind. Weil ich sowieso gerade dabei war, schaute ich auch dazu nach und ja, die Auflagen hatte ich im selben Jahr gekauft, wie den Schlauch. Ich brach die Reinigung ab und kaufte neu.
Die Getränkekisten können im Sommer natürlich nicht auf dem Balkon lagern, genausowenig wie Milch und Hafermilch. Zu den Orten in der Wohnung, die die Sommerresidenz für Getränke darstellen, hatte in den Wintermonaten ungesteuerte Migration stattgefunden. Eine neue Reisetasche von Herrn N, eine Einkaufstasche mit einer größeren Menge Kaffeebohnen, ein Karton mit Katzenkratzmöbeln aus Wellpappe und aus irgendeinem Grund war die Tasche mit den Dosen für Weihnachtsgebäck auch dort hingeraten. Die zieht nun in den Keller um, der Katzenkratzmöbelkarton wurde umfunktioniert und steht nun bis zum Einsatz der Möbel (sie waren auf Vorrat für den Kater gekauft, weil er durch seine Blasenkrankheit einen hohen Verbrauch an Pappsitzgelegenheiten hatte wie ein kleines Bänkchen and der Wand neben meinem Bett, die Katze hat das bereits inspiziert und für gut befunden. Meine Schwimmtasche kann auch darauf stehen, statt immer halb unter dem Bett zu verschwinden. Seine Reisetasche hat Herr N nun irgendwo anders verstaut, also alles zur Zufriedenheit aufgelöst. Ich frage mich nur, wie lange ich noch auf den Balkon gehen werde, um Milch zu holen, vermutlich nur noch die paar Wochen, bis es unangenehm warm wird und ich lieber nachdenke, bevor ich mich sonnverstrahlen lasse.
Alles in allem hat das nur einen ganzen Tag gedauert. Wie lange es dauert, die Kisten, die für den Keller bereit stehen und das Altpapier, das sich aus der ganzen Aktion ergeben hat, abzutransportieren, wird sich noch zeigen.
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11 Stunden habe ich geschlafen! Von kurz vor Mitternacht bis kurz vor 11, mit einer Katzenfütterpause. Dann brachte ich die Wohnung erst in Ordnung und dann in Unordnung, indem ich mehrere Sachen begann, die ich alle nicht fertigstellen konnte, weil der Gesangslehrer nämlich heute einen Auftritt in der Innenstadt hatte und durch den kurzfristigen Ausfall eines anderen Acts ging dann alles viel schneller, als geplant und wir mussten etwas hastig per Rad aufbrechen. Die Hektik hat sich gelohnt, ich habe ihn heute zum ersten Mal live gesehen – also, live bei einem Auftritt – und Himmel, ja, Unterricht und Bühnenpräsenz sind unterschiedliche Dinge.
Von dort mussten wir dann genauso schnell wieder zurück, denn auch, wenn es früher begann, ging es länger als gedacht und ich hatte M versprochen, sie zu einer Party in einer anderen Stadt zu fahren. Und weil die Zeit dann schon wieder knapp war, ging ich in dieser anderen Stadt in ein Gartencenter, um endlich die Pflanzen für den Balkon zu kaufen.
Ich hatte eine lange Liste in der Tasche, denn sowohl im Fediverse als auch auf Bluesky hatten mir Menschen Tipps zu Pflanzen gegeben, die knallige Mittagssonne und nachlässige Pflege vertragen und ihrerseits unschädlich für Katzen sind. Da ich die wenigsten davon hätte erkennen können – und da auch nur noch eine halbe Stunde bis zur Schließzeit war, also nicht ausreichen, um per mobilem Internet alles genau zu erkunden – bat ich um Hilfe. Die ersten drei Herren, die ich ansprach, wussten nichts über Pflanzen und waren nur zufällig heute in dieser Abteilung eingesetzt wegen des guten Wetters. Sie schickten mich zu einer Frau, die wiederum sagte, die Ringelblume und Löwenmäulchen seien vielleicht irgendwo bei den winterharten Stauden und der Duftsteinrich vielleicht vorne rechts. So richtig hilfreich war das alles nicht. Vielleicht bestelle ich nächste Jahr Pflanzen online.
Dieses Jahr nahm ich jetzt das mit, was sich mir zu erkennen gab: Kapkörbchen in orange und lila, Margarite, Chilipflanze, Salbei, roter Basilikum, Lavendel und Rosmarin. Eigentlich wollte ich 11 Pflanzen kaufen, dann kam aber schon die Durchsage, man solle sich jetzt zu den Kassen begeben, also nahm ich noch zwei Packungen Samen für „essbare Blüten“ mit und das wird dann schon reichen. Das Ergebnis werde ich den „Balkon des Möglichen“ nennen.
Vielleicht begegnen mir ja auch noch irgendwo weitere Pflanzen und ja, tatsächlich begegnete mir Löwenmäulchen gleich im eigenen Hinterhof. Es wuchs aber so aus dem Asphalt, dass ich nicht an die Wurzeln kam, eine Transplantation war daher nicht möglich. Ich halte weiter die Augen offen.
Morgen wird der Balkon bepflanzt, also: vielleicht. Wenn ich vor Mittag wach genug bin. Ab Mittag kommt nämlich die Sonne rum und es wird hier sehr sonnig morgen, dann kann ich es auf dem Balkon nicht aushalten. Die Katze hat schon alle Pflanzen inspiziert. Ich hatte noch ein Katzengras dazwischen versteckt, das hat sie gleich identifiziert und angenagt, die anderen Pflanzen nicht.
Vielleicht brauche ich in diesem Jahr auch gar nicht meinen Gartenschlauch, weil es jetzt in der Küche ja auch fix geht, die Kanne zu befüllen, da der Wasserdruck nun in Ordnung ist? Vielleicht gieße ich dann häufiger, weil es nicht so lange dauert? So viele Optionen! Vielleicht wird der Sommer schön für mich!
Nach dem Gartencenter war ich dann auch noch im Supermarkt, nach dem Hafermilchdebakel neulich bevorzug M jetzt nämlich Mandelmilch. Und siehe da: die schmeckt mir jetzt auch. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie superscheußlich ich sie früher fand. Mein Geschmack scheint eine Wandlung zu vollziehen, vielleicht werde ich irgendwann auch noch andere Dinge mögen, die ich heute verwerfe. Vielleicht sitze ich bald auf meinem zu heißen Balkon, mit Innereien vom Grill auf dem Teller, Aperol in der Hand und Jazz im Ohr.
Möglich ist alles.
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