Ostern ist diese Jahr hier sehr relaxed, ich habe außer der Zubereitung einer Frankfurter Grünen Soße gerade eben keine Vorbereitungen getroffen. Denn – auch wenn alles gut ist – bin ich immer noch sehr auf Kante. Ich schaffe gut die Sachen, die ich muss und so gut wie alle Sachen, die ich will. Für Sachen, die mir überhaupt nicht wichtig sind, sind noch nicht wieder Kapazitäten frei.
So gibt es in diesem Jahr keine gefärbten Eier. M hatte keine Lust auf Färben und mag sowieso keine hartgekochten Eier, mir war das Färben egal und ich esse lieber warme, weichgekochte Eier, Herr N isst alle Eier aber war mit dem Färben, also Streichen, von Türrahmen befasst und interessierte sich nicht für Eierfarben. Unter diesen Voraussetzungen ist es Quatsch unter zeitlichem Aufwand größere Mengen an Lebensmitteln verzehrfertig herzustellen, die dann am Ende nur mit erneutem Aufwand („müssen jetzt echt mal weg!“) verzehrt werden.
Ähnlich mit Deko. Ich mag sowieso überhaupt keine Deko, Herr N mag Deko aber dekoriert nicht, M ist leidenschaftslos. Ich hatte gedacht, dass ich die Kiste mit der Weihnachtsdeko vor Ostern in den Keller bringe und dann die Kiste mit der Osterdeko nach oben hole, das hätte den Vorteil, dass dann für die Weihnachtsdekokiste überhaupt auch Platz vorhanden ist, der Keller muss nämlich auch mal entrümpelt werden. Hatte Fragmente mir nicht mal zum Geburstag geschenkt, dass sie mit mir den Keller entrümpelt, oder hatte ich das abgelehnt wie die Wasserhahnreparatur durch Frau Herzbruch dieses Jahr? Da durfte ich wählen zwischen der Wasserhahnrepartur, irgendwas absurden mit einem Handballspiel und der Biographie von Angela Merkel und ich wählte Frau Merkel, alles andere fand ich anstrengend. Hinterher ist man immer schlauer, jetzt muss ich mich nächsten Freitag um den Wasserhahn kümmern und das Buch von Frau Merkel habe ich noch nicht gelesen, es ist ja viel zu schwer, um es irgendwo hin mitzunehmen, dafür liegt es sehr plan auf dem Tisch neben meinem Sessel und durch seine Schwere verrutscht es auch nicht so schnell, weshalb ich meine morgendliche Teetasse darauf abstelle. Insofern habe ich doch richtig gewählt, ich freue mich ja jeden Morgen über dieses Geschenk.
Jedenfalls kann ich die Weihnachtsdekokiste nicht in den Keller bringen, weil die Katze momentan darauf schläft, also habe ich die Osterdeko nicht hochgeholt, ich glaube, ich habe sowieso nur einen Hasen aus Holz und eine Tischdecke mit Hühnern drauf, wenn ich dann irgendwann den Keller aufräume, könnte ich die Tischedecke zu den anderen Tischdecken in der Wohnung legen (und den Hasen wegwerfen) und dann wäre die Osterangelegenheit hervorragend reregelt.
Das mit dem Keller wird aber noch dauern. Jetzt ist ja erstmal Wasserhahn, dann ist Zahn-OP und eine Woche Auszeit, das kommt mir SEHR ungelegen, dann sind drei Reisen in drei Länder mit knapper Folge, das kommt mir auch ungelegen und für eine davon ist noch nicht einmal ein halbwegs günstiger Termin gefunden worden und dann ist Sommer und sowieso für mich alles schlecht. So vergeht das Jahr.
Bei Deko muss ich momentan sowieso immer an Guido Maria Kretschmer denken, weil ich neulich einen Podcast mit ihm hörte (beim Schwimmen!) in dem er berichtet, dass er gerne dekoriert, auch zum Beispiel seinen Partner, wenn der da so hübsch sitzt im richtigen Licht und ein Buch liest, dann legt er ihm noch einen Plaid um die Schultern, damit das alles noch hübscher aussieht. Das konnte ich mir gut vorstellen. Auch berichtete er, dass er sich so gern eincremt und das berichtet er mit den Worte (aus dem Gedächtnis zitiert) „Alles, was meins ist fasse ich einmal am Tag an“. Ich creme mich ja überhaupt nicht gern ein, muss das nach dem Schwimmen aber, sonst juckt meine Haut und jetzt denke ich dann immer an dieses Zitat, muss dann lachen und finde das Eincremen nicht mehr so blöd, weil ich ja lache.
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Den heutigen Tag habe ich vollständig der therapeutischen Regeneration des Fußes gewidmet (in medizinisch weniger affinen Kreisen würde man sagen: dem Nichtstun). Eine in ihrer Bedeutung oft unterschätzte, dabei jedoch absolut zentrale Aufgabe. Ich begann sie mit einem beherzten Liegenbleiben bis fast zehn Uhr. Der Fuß – mein Fuß – ruhte dabei unter der Decke und unterzog sich vermutlich einem rasanten Heilungsprozess, während ich ausschlief.
Irgendwann gegen später überredete ich ihn, sich gemeinsam mit mir in den Sessel zu begeben, den ich zuvor sorgfältig mit einem passenden Höckerchen ergänzt hatte, damit er, der Fuß, auch weiterhin erhöht und angemessen gelagert verweilen konnte.
Begleitend zu diesem passiven Tageseinsatz las ich ein Buch. Komplett. Kein Herumblättern, kein Kapitel-Überspringen, kein „Ich lese erst mal rein“ – ein ehrliches, aufrechtes Ganzlesen. Das ist erwähnenswert, denn es geschieht nicht oft. Dennoch war das Buch irgendwann aus. Sehr schade, ich hätte gern noch weitergelesen. Ein neues Buch kam für mich nicht direkt in Frage. Wenn ich zu früh mit etwas Neuem anfange, überlagern sich die Stimmen, die Bilder, die Gedanken. Das gefällt mir nicht. Ich möchte das eine erst in Ruhe nachklingen lassen, bevor ich dem nächsten etwas entgegenbringen kann. Deshalb: kein neues Buch. Noch nicht.
Seitdem das Buch also zugeklappt ist – das ist nur bildlich zu verstehen, ich lese ja digital – bin ich in einem Zustand milder innerer Leere. Beschäftigungslosigkeit, ja – aber auf gehobenem Niveau. Ich habe kurz überlegt, ob ich mich einer anderen Tätigkeit widmen sollte, aber der Tag steht unter dem Zeichen der Fußschonung, und alles, was über Lesen, Dösen und gelegentliches Wassertrinken hinausgeht, erscheint mir momentan unangemessen. Ich befinde mich in einem Zustand, den man freundlich als kontemplativ, weniger freundlich als latent gelangweilt bezeichnen könnte.
Ich erwäge, diesem Zustand durch erneutes Einschlafen zu begegnen. Es wäre die logische Fortsetzung eines Tages, dessen primäres Ziel von Anfang an feststand: den Fuß in den Mittelpunkt zu rücken, ihm die Bühne zu überlassen, die ihm – nach allem, was er durchgemacht hat – auch einfach mal zusteht.
Er dankt es mir übrigens mit einem Jucken irgendwo tief unter der Haut, das sich durch Kratzen nicht beseitigen lässt. Morgen mache ich etwas anderes.
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