Spannend sind die Reaktionen, wenn man mit so einem lädierten Gesicht herumläuft, wie ich – wobei es ja schon viel besser ist, es sieht jetzt nicht mehr so aus, als hätte ich einen Boxkampf verloren sondern nur noch so, als wäre ich mit der Stirn gegen eine Tür gelaufen.
Konkret an dem Tag, an dem ich wegen zugeschwollenem Auge vom Augenarzt kam, brauchte ich für den Heimweg von 10 Minuten fast eine Stunde, weil ich ständig angehalten und in längere Gespräche verwickelt wurde – ausnahmslos von Männern, die ich auf ca. 10 Jahre jünger als mich selbst schätzen würde und die alle (sehr wahrscheinlich) nicht muttersprachlich Deutsch sprachen. Sie erkundigten sich wahlweise, ob ich Hilfe bräuchte oder sagten „Entschuldigung, ich glaube, Du solltest das einem Arzt zeigen“. Auf mein Antwort, ich käme gerade vom Arzt fragten sie nach: welcher Arzt? Aha, wo hat diese Ärztin ihre Praxis? Ist die gut, bist du zufrieden? Ist sie jung und modern oder alt und erfahren? Was hat sie gesagt, was wird jetzt gemacht? Das ganze am Kiosk, in der Schlange beim Bäcker, an der Ampel, einfach so auf der Straße.
Einen Tag später war ich auf einer Feier mit insgesamt 60 Personen, von 18 Uhr bis 2 Uhr nachts, zu keinem Zeitpunkt wurde mein Gesicht in irgendeiner Form angesprochen. Gastgeber und Gastgeberin wussten Bescheid aber ansonsten niemand, ich unterhielt mich insgesamt viel, mit Bekannten, mit Fremden – niemand fragte irgendwas.
Heute im Büro ganz ähnlich, wie gesagt, mit deutlich verbesserter Optik aber immer noch eindeutig irgendwie lädiert. In meinem eigenen Umfeld: kein Kommentar. Bei den Köchen in der Kantine, bei den Malern, bei der Security: hast du dich verletzt/was ist Ihnen denn passiert und naja, von der Security eher fragen, ob ich mich wieder mit irgendwem auf der Straße gestritten habe und sie dieses Mal nicht schnell genug da waren.
Spannend.
Ansonsten heute erst leichtes Überforderungsgefühl: diese Informationsdichte, dieses Tempo, diese Komplexität – kann ich das (nach einer Woche!) noch?? Und dann ging es mir wunderbar. Wie es mir immer wunderbar geht, wenn ich spannende Sachen mache und ich mich sofort so viel besser fühle, als wenn ich im Sessel abhänge und über meine Befindlichkeiten reflektiere und ich frage mich, ob das Zufall ist, ob es mir exakt an diesem Tag plötzlich einfach so viel besser geht und es mir vielleicht sogar noch einen Ticken mehr viel besser ginge, wenn ich klassisch ausgeruht hätte oder ob es Hand in Hand geht, also dass mir „klassisch ausruhen“ einfach nicht so richtig bekommt.
Frage in der täglichen Contentvorschlagliste: „Reisepläne – wohin als nächstes?“
Nach Zeeland, in ein Häuschen auf dem Strand, gleich am Freitagmorgen mit Violinista.
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