Ich sitze noch einmal mit Fragmente am Küchentisch und wir bloggen, wie in Vor-Corona-Zeiten und irgenwann zwischendrin auch, so genau bekomme ich das nicht mehr auf die Reihe, viel präsenter sind mir die Videocall-Blogabende. Es gab ein Curry mit Mandeln und Kokosmilch zu essen, früher, auch vor Corona, war das noch mit Huhn, jetzt war es mit Kichererbsen und Like-Chicken, ein großer Unterschied war nicht feststellbar, so wenig Unterschied, dass es mir vermutlich nur mit Kichererbsen noch besser schmecken würde. Das probiere ich ein andermal aus.
Heute war ich zu allen nett, also so vollkommen unnötig nett, es entsprach nicht so ganz meiner Natur. Ich hatte das Gefühl, die Kapazitäten reichen gerade dafür aus, also habe ich es mal ausprobiert. Schon früh morgens im Büro war ich nett zu Vermieter/Hausverwaltung, denen ich nicht nur die Pistole auf die Brust setzen sondern mittlerweile auch abdrücken könnte. Habe ich aber nicht gemacht, ich habe einfach beschlossen, noch bis morgen zu warten.
Statt dessen bin ich ein paar Treppen gestiegen und als ich zurückkam, war ich schon wieder nett. Eine Mitarbeiterin hatte gerade einen Workshop im Themenfeld Gesundheitsprävention besucht, sie berichtet begeistert davon, wie man mehr Bewegung in den Alltag integrieren könne, also nicht abends ins Fitness-Studio gehen sondern einfach so mitten im Tag, zum Beispiel mehr Wege zu Fuß zurücklegen und mehr Treppen steigen und das könnte sie ja eigentlich gleich am Arbeitsplatz anfangen, mal Sachen selbst zu jemandem bringen, statt sie in die Hauspost zu legen oder in der Mittagspause mal ein paar Stockwerke Treppen steigen. Ich stimmte zu, dann wurde sie zögerlich, es könnte sein, dass sie dann gerade in wichtigen Momenten zufällig nicht am Arbeitsplatz wäre und es könnte auch sein, dass sie sich im Gebäude verirrt oder im Treppenhaus komischen Menschen begegnet. Was dann genau geschah, weiß ich nicht mehr aber wir gehen jetzt gemeinsam jeden Tag um 10:30 und um 16 Uhr ein paar Stockwerke Treppensteigen und danach eine Runde durch ein Stockwerk, damit sie da mehr Orientierung gewinnt und sich nicht sorgen muss, in einem kritischen Moment nicht erreichbar zu sein, schließlich ist sie ja dann mit mir unterwegs und damit ist alles gut.
Weitere Personen haben sich auch schon gefunden, um 10:30 Uhr waren wir noch allein, um 16 Uhr schon zu acht. Meine Güte. Das ist eigentlich das letzte, was ich noch brauche, ich schnüffele ja schon völlig ausreichend im Gebäude umher und steige immer Treppen, wenn ich verärgert bin, was halt häufig vorkommt. Ich werde das so drehen müssen, dass sich da ein Spin-off von dieser Treppengruppe bildet, sich selbst ermächtigt und mich zurücklässt, Freitag habe ich sowieso schon Urlaub und ja auch immer mal Termine, da lässt sich sicher etwas in die richtige Richtung schubsen.
Später im Auto war ich total nett zu Fragmente, sie fragte nämlich, was wir essen, ich berichtete von meinem Plan und sie hatte Appetit auf etwas anderes, so dass ich den Einkaufszettel änderte, um das andere zu kochen (also: das Curry).
Und im Supermarkt war ich schon wieder nett! Die Kassierin war fürchterlich aufgebracht, als ich an die Kasse kam, sie sprach mit sich selbst und sie sprach mit einer Kollegin, wenn so etwas nochmal passiert, würde sie kündigen, sowas lässt sie sich nicht gefallen, sowas darf man zu ihr nicht sagen und so weiter. Mein Default-Modus ist ja eher Genervtheit, es ist gerade ein Job zu erledigen, man möge sich zusammenreißen und das später klären. Heute aber sagte ich „Ohje, was ist denn passiert?“ und ob das gut war, weiß ich nicht, die Kassiererin fing nämlich an zu weinen und berichtete, dass eine betrunkene Kundin schlimme Worte zu ihr gesagt habe. „Das tut mir total leid, dass Ihnen das passiert ist“, sagte ich und wir schimpften gemeinsam auf die betrunkene Kundin, immerhin hörte sie dann auf zu weinen und ich ging weg, ich hoffe, sie hat nicht hinterher wieder angefangen.
Die tägliche Contentvorschlagliste fragt heute nach meiner Lieblingssüßigkeit: Haribo Phantasia.
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