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    Montag, 25. März 2024
    25. März 2024

    Gleich heute Morgen um 8 traf ich die erste komplett verrückte Person. Kurz eine Gedankenschleife – seit ich in München war, bin ich etwas nachdenklich in Bezug auf meine Behauptung, dass mich immer alle möglichen Leute ansprechen. Mir wurde dort – nach einigen Stunden des Beisammenseins in der Öffentlichkeit – gespiegelt, dass ich es bin, die die Personen anspricht. Also so eine Form von „selbst schuld“ oder, wie wir heute sagen, vielleicht auch „victim blaming“, ich spreche die Leute ja nicht ohne Grund an und zwinge sie auch schon gar nicht dazu, sich verrückt zu benehmen.

    Die Frau heute stand in der Fußgängerzone, morgens um 8, keine äußeren Auffälligkeiten erkennbar und rief „Hilfe! Kann mir jemand helfen?“ Ich hielt mit dem Rad an und sagte „Guten Morgen, wie kann ich Ihnen denn weiterhelfen?“ Es stellte sich heraus, dass sie eine Post, also ein Postamt, heißt das heute noch so, sagen wir eine Postfiliale suchte, weil sie einen Nachforschungsantrag stellen wollte oder vielmehr musste. Und die Postfiliale, vor der sie stand, hatte noch geschlossen, das war ein Problem.

    Es gibt eine weitere Postfiliale im Innenstadtbereich, das sagte ich der Frau, sie kannte sich aber nicht aus und der Weg war für mich nicht ganz einfach zu erklären, also sagte ich „ich zeige Ihnen den Weg mal im Handy auf der Karte und dann können wir auch gleich schauen, ob die schon auf hat, sonst laufen Sie ja umsonst hin“. Während ich also auf dem Handy tippte, begann die Frau herumzunörgeln, „also wenn die jetzt auch nicht auf hat, das ist ja ein Armutszeugnis für eine Stadt, die Infrastruktur ist sowieso blablablabla“ – weiter wollte ich nichts hören, hob die Hand und sagte „Stopstopstop ich habe keinen Bock, mir Ihre miese Laune anzuhören, ich suche Ihnen den Weg und die Öffnungszeiten raus und Sie halten einfach so lange den Mund, wenn Sie nichts normales sagen können.“ „Ich verzichte auf Ihre Hilfe!“, sagte die Frau empört, also steckte ich das Handy wieder ein und fuhr weiter. Irgendwas rief sie mir noch nach, habe ich aber nicht mehr verstanden, das Fahrrad ist ja nach der Reparatur jetzt so schnell.

    Der Arbeitstag war voll mit Gesprächen. Zunächst mit dem Chef, ungeplant, daraus ging so viel Zeugs hervor, dass ich mein Meeting danach vergaß – das ist auch eigentlich Mittwochs, war nur auf den Montag vorgeschoben, Freitag wusste ich das noch und hatte mich vorbereitet, nunja, Haben wir dann mit einer halben Stunde Verspätung nachgeholt. Dann einen Mitarbeiter, der im Urlaub war in Bezug auf die Bauthematiken auf den aktuellen Stand gebracht, Mittagspause mit ein paar anderen, ein Grundsatzgespräch über Vorgehensweisen, dass der Versuch, bei etwas, das man sich wünsche Probleme wegzureden nicht zuträglich ist sondern – meiner Meinung nach – die Variante, die Probleme zu benennen, klarzustellen, dass der Wunsch dennoch besteht und folglich Lösungen anzubieten zielführender ist. Dann ein Makler-Meeting, spannende Dinge erfahren und im Tausch ein paar für den Makler (vermutlich) spannende Dinge erzählt und danach noch ein Personalgespräch. Ich glaube, ich habe heute überhaupt gar nichts geschrieben, kann das sein? Vielleicht so ein paar Sachen nebenher.

    Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Ist es so, dass in ihrer Familie viele Menschen gerne Dinge ordnen oder ist Ihnen das ohne genetische oder sozialisationsbedingte „Vorbelastung“ einfach zugefallen?“

    Alle Personen in meiner Herkunftsfamilie sind ordentlich. Ob sie gern Dinge ordnen, weiß ich nicht. Ob das genetisch ist, weiß ich auch nicht. Ich bin mit Eltern und zwei Geschwistern auf 65 qm aufgewachsen und einen Teil meiner Kindheit hatten wir – wegen einer Notsituation – noch drei Cousinen und zweitweise eine Tante im Haushalt, also acht bis neun Personen. Auf 65qm, ein Kinderzimmer, ein Wohnzimmer, eine Wohnküche, ein Schlafzimmer, ein Bad. Das geht nicht, wenn Leute ihren Krempel herumliegen lassen und wenn nicht alles seinen Platz hat. Insofern ist es vermutlich weniger genetisch als vielmehr sozialisationsbedingt, es ist für mich völlig normal, Ordnung zu halten und ich finde Unordnung unattraktiv und habe dafür auch keine sonderliche Toleranz in meinem eigenen Haushalt. Herr N ist mit mehr Platz und weniger Menschen um sich aufgewachsen, wir sind da anfangs manchmal aneinander gerasselt, wenn zum Beispiel Dinge, die ja alle einen festen Platz haben, dort nicht aufzufinden sind. Das hat sich schnell eingependelt und nur bei einigen wenigen Gegenständen hartnäckig gehalten – die habe ich dann noch einmal für mich separat angeschafft und irgenwie markiert und die darf halt niemand außer mir überhaupt anfassen, sonst eskaliere ich. Ein Cuttermesser beispielsweise. Wir haben eines für den Haushalt, keine Ahnung, wo das ist und wir haben ein orangefarbenes, das ist meins und das liegt in der obersten Schublade vom Küchenblock relativ weit rechts in einem der vorderen Fächer. Außer, ich habe es gerade in der Hand, dann liegt es in meiner Hand. Dazwischen gibt es nichts. Dasselbe gilt für einen bestimmten Zollstock und einen bestimmten Inbus-Schüssel und für eine bestimmte Taschenlampe. Das ist hier allgemein bekannt, auch bei sämtlichen jungen Erwachsenen, die hier ein und ausgehen. Man kann hier alles Mögliche machen, den Kühlschrank leer essen, alle Kosmetik verwenden, immer ein Bett finden oder ein Transportmittel oder Kondome oder vorübergehende Finanzhilfe, aber wenn das Cuttermesser, der Zollstock, der Inbus-Schlüssel oder die Taschenlampe fehlen brennt der Himmel über Offenbach.

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