Gleich kommt der ESC, Violinista versucht, ein Tablet mit einer Box zu verbinden, ich wollte helfen aber sie möchte es allein machen. Ich muss mich nun ablenken, damit ich ihr das Ding nicht aus der Hand reiße, auf meine Empore klettere und die Leiter hochziehe.
Frage in der täglichen unverbindlichen Frageliste heute: wie verhindern Sie, selbstgerecht zu werden. Macht und Einfluss korrumpieren jeden. oder?
Ich verhindere sehr einfach, selbstgerecht zu werden, in dem ich haufenweise Fehler mache. Kein Witz. Bei den folgenden Aufräumarbeiten habe ich immer ausreichend Zeit, mich zu ärgern ("zu reflektieren" sagt man wohl auch).
Weiter versuche ich, Selbstgerechtigkeit zu verhindern, in dem ich mich bevorzugt mit Menschen umgebe, die mir zwar wohlgesonnen sind aber mir nicht nach dem Mund reden. Das ist in der Kombination schwierig zu finden. Personen, die einem nicht wohlgesonnen sind, tun sich mit Widerspruch leicht aber es wird (fälschlicherweise meiner Meinung nach) als ein Zeichen von Zuneigung angesehen, derselben Meinung oder Haltung zu sein. Dabei ist es doch gerade bereichernd, im offenen Gespräch mit Personen zu sein, die ich mag aber die Dinge ganz anders sehen als ich. Meine engeren Freundinnen - Schanuf, Fragmente, Violinista, Herzbruch, CucinaCasalinga, um mal die Ihnen vermutlich bekannten zu nennen - sehen und machen viele Dinge völlig anders als ich, ihnen ist aber gemeinsam, dass sie in ihrer Kritik an mir zugewandt bleiben.
Zum zweiten Teil der Frage, "Macht und Einfluss korrumpieren jeden. Oder?" - Nein, natürlich nicht. Macht und Einfluss sind gute Dinge, sie sind erforderlich, um das eigene Leben selbst gestalten, um eigene Pläne verwirklichen zu können. Bei uns allen sind das manchmal Pläne, die den Plänen anderer zuwiderlaufen oder Möglichkeiten, die wir für uns nutzen wollen und dabei gehen sie anderen verloren, sei es wegen Verknappung oder wegen Unbedachtheit.
Natürlich gibt es auch moralisch grundverdorbene Typen aber in den allermeisten Fällen, in denen wir jemanden als "korrumpiert" bezeichnen, geht es um Entscheidungen, die wir aus unseren Abwägungen heraus anders treffen würden. Bei Hinz und Kunz fällt uns das nicht weiter auf, aber bei Personen, denen wir sehr viel Macht zugestehen (denn Achtung: Macht kann in einem Vakuum nicht bestehen, sie ist nur da, wenn sie anerkannt wird) fällt uns das natürlich auf und so scheint es, als läge es an der Macht an sich. Dabei wäre Putin auch als politisch einflussloser Normalbürger wohl kein niedlicher alter Herr und Trump würde auch ohne Millionen Frauen begrabschen.
Ein Unterschied ist aber, wie ihrem Fehlverhalten begegnet wird, es wird nämlich von vielen und in vielen Fällen öffentlich toleriert. Und das ist, wie gesagt, Macht, die zugestanden wird. Von anderen. Von den Steigbügelhaltern, die nicht weniger korrumpiert sind als die Person im Rampenlicht, die auch eigene Pläne und Interessen verfolgen, sie fallen uns eben nur nicht so auf. Und dahinter eine weitere Reihe Menschen mit Plänen und Interessen, die von dort das Gesamtbild schon gar nicht mehr sehen können, aber die natürlich auch Ideen und Wünsche und Träume haben. Und so weiter.
Daher: großzügig im Kleinen bleiben, immer mal überlegen, wo man selbst gerade Macht zugesteht und natürlich nicht vergessen, sich selbst zu ermächtigen.
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