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    Donnerstag, 12. Mai 2011

    Nach recht arbeitssamen drei Stunden im Büro machte ich heute Morgen eine kleine Pause, verließ zu diesem Zwecke gen Kaffeemaschine meinen Arbeitsplatz und sicherte und schloss vorher brav die gerade bearbeitete Datei. Mit dem Kaffee kehrte ich frohgemut und mit dem Vorsatz, hochmotiviert weiterzuarbeiten an den Computer zurück. Ich öffnete das verwendete Verzeichnis – dort war meine Datei aber nicht. Was mich noch nicht ungebührlich ins Schwitzen brachte, speichere ich doch häufig mal anderswo, als ich beabsichtige. Ich klickte mich also munter durch Verzeichnisse und Netzwerke und war nach fünf Minuten dann doch etwas irritiert, weil sich auch unter den zuletzt verwendeten Dateien mein Meisterwerk der Textverfassung nicht verorten ließ. Also mailte ich der IT, ob man mir bei diesem – zugegeben – Deppenfehler behilflich sein könne. Keine Antwort. Mir fiel auf, dass ich auch auf andere, teilweise dringliche, Kommunikationsversuche mit anderen Personen per Mail bisher keine Antwort erhalten hatte. Ich telefonierte ein bisschen. Man sagte mir, ich habe keine Mails verschickt. Ich öffnete den Ordner mit verschickten Mails, um sie nochmals abzusenden – es waren keine da.

    Mir wurde jetzt ein bisschen warm – weniger wegen des Gedankens, es möglicherweise mit einem tiefergehenden technischen Problem zu tun zu haben, als aus Angst um meinen Verstand. Ich trank ein Schlückchen Kaffee, schrieb mir selbst eine Testmail, trank noch ein Schlückchen Kaffee und klickte beherzt auf den Sent-Ordner. Nichts. Und natürlich auch nichts in der Inbox. Ich schickte ein paar weitere Testmails an andere Leute, nichts. Ich schickte als letztes Mittel – sowas geht doch immer schief! - eine Mail mit „Wer das liest ist doof!“ an den Chef – nichts.* Ich informierte die Technik, man kam und schaute zu, wie ich sich-selbst-vernichtende Mails mit zunehmend bissigerem Inhalt verschickte und man sagte „brillant!“. Ich erwähnte auch meine Datei, man suchte, runzelte die Stirn, und lief nach geraumer Zeit eilends mit den Worten „keinesfalls irgendwas arbeiten, bis ich wieder da bin!“ aus meinem Büro.

    Stunden vergingen mit diversen Rückfragen, Tests, Ratlosigkeit und Unmut, bis mir beschieden wurde, mein Rechner sei nun wieder „da“, alles, was ich bisher gemacht hätte, sei aber „weg“. „Wie, weg?“, fragte ich ungläubig. „Sorry, weg.“, war die Antwort. „Wo weg??“, insistierte ich. „Wo gehen Mails hin, die einfach verschwinden? An eine Fehlerstelle? In ein Kabel? In eine andere Realität? Auf die Road not taken, wo sie mit den Leuten, die ich knapp nicht kennengelernt habe, weil ich einen Moment zu früh oder zu spät um die Ecke gebogen bin, bei den Desserts, die wir uns verkniffen haben mit dem Bier, auf das man sich immer gern mal verabredet hätte, eine zügellose Party? Liegen da auch die ganzen Geburtstagskarten, die ich immer schreiben wollte, fein säuberlich neben den ausgedruckten (denken Sie sich hier hysterisches Kichern) verschwundenen Mails? Und finden dort die Unfälle statt, die wir nur beinahe hatten? Da wo die Realität mit meinem großen Lottogewinn ist??“

    Vielleicht wolle ich jetzt einfach nach Hause gehen und mir einen schönen Nachmittag machen, war die Antwort. Ich mache das jetzt auch.

    (Keine Pointe)

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    *Diesen Satz können Sie streichen, das hab ich nicht gemacht, es passt nur so gut dass ich es nicht ungeschrieben lassen kann. Der Leser muss ja auch unterhalten werden.

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