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    Samstag, 13. November 2010
    Bewerten Sie diese Verpackung im Internet!

    Heute war der Plan, "schnell" bei der Post vorbeizugehen um eine Sendung, die eigentlich an die Packstation gehen sollte, aber in der Filiale landete (wir müssen nicht darüber reden) abzuholen, um sodann die Brötchen für das Samstagsfrühstück beim Bäcker zu erwerben. Ich erwartete genau drei Dinge, alle klein und nicht sehr schwer, so das ich sehr davon ausging, erst Post dann Bäcker sei der sinnvollste Ablauf.

    Bei der Post gab es zunächst kleine Unebenheiten, weil ich mein "Goldkärtchen" nicht bei mir führte. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wo mein Goldkärtchen sich befindet, die Nummer dazu kenne ich nämlich auswendig und das genügt, um sich an der Packstation einzuwählen. Nun stand aber eine Frau hinter dem Schalter und wollte das Goldkärtchen, das hatte ich nicht, das war schwierig. Ich schlug vor, mich mit Personalausweis zu identifizieren, die Frau wollte aber lieber die Benachrichtigung, die mir per SMS zugegangen war, sehen, so dass ich offenbaren musste, kein Handy dabei zu haben. Ich wollte ja nur mal eben zur Post und zum Bäcker, was brauche ich da ein Handy. "Sie haben kein Handy dabei??" schrie die Frau jedoch entsetzt durch die Filiale und alle Wartenden - es waren viele! - drehten sich um, um die FrauOhneHandy zu betrachten. Ich war noch nicht geduscht und gekämmt, ich wollte ja nur rasch zur Post und zum Bäcker. Ich fühlte mich unwohl.

    Trotz meines suspekt handy- und goldkärtchenlosen Zustandes beschloss die Postfau jedoch überraschend, mir meine Sendung auszuhändigen. Mit den Worten "na gut, das versperrt uns hier sowieso seit Tagen den Weg!". Ich gebe zu: hier hätte ich aufmerken müssen. Die Aussage, sich durch eine transportsicher verpackte Stiftplatte für Bügelperlen oder Handgelenkschiene oder 6 kleine Dessertschälchen maßgeblich behindert zu fühlen, verwunderte mich angesichts meiner Vorerfahrungen mit der Post jedoch nur milde. Ich sagte nichts, und auch als die Frau mich bat, ihr ans Ende der Schalterreihe zu folgen, gehorchte ich schlicht. Dort schob sie mir mit dem Fuß ein Paket mit enormen Außmaßen entgegen. Mit "enorm" meine ich, so groß, dass das Kind locker darin Platz finden würde. Oder auch ein Kinderfahrrad. Oder - etwas zerlegt - auch ein Kinderbett.

    Ich war irritiert, griff jedoch zunächst einmal zu, und zu meiner angenehmen Überraschung konnte ich das Paket locker mit einem Finger unter die Seitenlasche gehakt aufnehmen. Seht her, die FrauOhneHandy hat Pippi-Langstrumpf-Kräfte! Soweit, so gut. Dennoch beschloss ich, mit dem Objekt nicht mehr den Umweg zum Bäcker zu gehen, sondern die Frühstücksbrötchen im auf dem Heimweg liegenden Supermarkt zu beschaffen. Obwohl dieser Weg nur etwa 800 Meter beträgt, wurde das Paket doch recht sperrig. Es schlug mir gegen die Knie, es drückte mir in die Seite oder es piekte mir gegen den Ellbogen. Hielt ich es gerade vor mich, stieß ich beim Gehen mit den Fußspitzen dagegen und drohte zu stolpern. Hielt ich es neben mich, versperrte ich den gesamten Gehweg.

    Währenddessen prangte stets die Seitenaufschrift der Kiste auf Augenhöhe vor mir: "Bewerten Sie diese Verpackung im Internet! Rate this packaging!" Nie hatte ich mich als eine Person gesehen, die Versandverpackungen im Internet bewertet. Nach 400 Metern hielt ich dies aber durchaus für möglich, nach 500 Metern für recht wahrscheinlich und nach 600 Metern sah ich Verpackungsbewertungen als deutlich unterschätzte Tätigkeit und mich selbst als zukünftige Koryphäe dieses Gebietes: feinsinnig-ironisch, den Finger stets genau auf der Wunde, dabei sprachgewandt spöttisch und doch warmherzig-philanthropisch würde ich das Feld der Verpackungsbewertungen neu aufrollen, so dass meine Verpackungsbewertungen bald als Buch - ach was, als mindestens Trilogie, übersetzt in alle gängigen Sprachen, eventuell bald verfilmt (Hollywood, versteht sich) und auch für Theater adaptiert - vorlägen. Nebenher beschäftigte mich die Frage, was sich denn nun eigentlich in dem Monstrum befände. Keine der drei antizipierten Sendungen kam von der Größe her auch nur annähernd in Frage (was ich fast schade fand, besonders passend wäre doch die Handgelekschiene gewesen: Personen, die diese Schiene verpackt nach Hause transportierten, benötigten Sie danach auch wirklich). Mir fiel ein, dass meine Schwester Mademoiselle einen Schlafsack zu Weihnachten schenken wollte, und ich überlegte, ob sie diesen vielleicht aus praktischen Erwägungen direkt an meine Adresse liefern ließ. Eigentlich war das Paket aber auch für einen Schlafsack zu groß. Neulich hatte ich auch mit meinen Eltern über den Mangel an ansprechender Bettwäsche im Hause N. gesprochen. Ob man dort falsch verstanden hatte und mir nun drei Federbetten schickte? Ich war sehr neugierig und, ich gebe es zu, etwas nervös.

    Endlich zu Hause angekommen, öffnete ich im Kreise der Familie das Paket. Darin befand sich: sehr viel Papier und ein weiteres, etwa stiefelkartongroßes Paket. In diesem befand sich: sehr viel Papier und ein drittes, ca. 15x15cm kleines Päckchen.

    Sehen Sie selbst!

    Ein Paket, ein Paket!

    Herr N. erlitt einen Lachanfall.

    Es waren die Dessertschälchen.

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